DER F&E MANAGER 02 2011

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DER F&E MANAGER 02/2011

> INHALT 02/2011Preis: 15,- Euro

www.fue-manager.de

DER F&E MANAGER

S. 16

GOLDEN YEARS Dr. Heinrich Esser, Sennheiser S. 26

RUNDE SACHE Manfred Neubert und Niklas Beyes, SKF S. 32

CARBONAERA! Dr. Hubert Jäger, SGL S. 42

DAS OK -PRINZIP Dr. Lars Förster, Braun/Oral-B

INNOVATIONSFÜHRERSCHAFT Dr. Heinrich Esser, Mitglied des Executive Management Board, Sennheiser electronic GmbH & Co. KG

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> INHALT 02/2011

Wir sind Innovationsführer, …

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> EDITORIAL

behaupten viele! Warum ist es so wichtig, Innovationsführer zu sein? Weil man als Unternehmen positiver wahrgenommen wird. Kunden kaufen bei gleichen Leistungen lieber beim Innovationsführer – bei besseren Leistungen sowieso. Innovationsführer genießen eine höhere Aufmerksamkeit bei guten Bewerbern. Und sie können eine technologieorientierte Mannschaft auf ein Ziel ausrichten, für das es wert ist, sich zu engagieren und sich zu konzentrieren. Es bringt Anerkennung, wenn darüber berichtet wird; wenn möglich über Fachzeitschriften hinaus. Die Öffentlichkeitserregung wiederum schafft Bekanntheitsgrad und damit Interesse bei Kunden und guten Bewerbern – eine Erfolgsspirale mit positivem Gradienten. Wann ist ein Unternehmen Innovationsführer? … Wenn es die meisten Patente anmeldet? Aber was ist mit den Unternehmen, die auch intellectual properties schaffen, sie aber nicht durch Patentanmeldungen veröffentlichen wollen? … Wenn es die höchsten umsatzanteiligen Ausgaben für F&E hat? Die Höhe der F&E-Ausgaben ist eine Inputzahl, sie garantiert sicher nicht die Qualität des Outputs? … Wenn es den höchsten Umsatzanteil mit neuen Produkten macht? Was ist ein neues Produkt? Welcher Umsatz in welchen Jahren? Und was, wenn man diesen Umsatzanteil auch mit den alten Produkten hätte schaffen können; wenn die neuen Produkte die alten nur ersetzt, aber keine Marktanteilssteigerung geschafft hätten? Lesen Sie in der aktuellen Ausgabe, wie Unternehmen ihre Innovationsführerschaft definieren und – viel wichtiger – was sie getan haben, um es zu werden; oder tun, um es zu bleiben!

Ihr

Axel Schröder Geschäftsführender Gesellschafter AXEL SCHRÖDER & PARTNER UNTERNEHMENSBERATUNG

Bitte sagen Sie uns, wie Ihnen diese Ausgabe gefällt – wir versuchen uns ständig zu verbessern und sind offen für Ihr Feedback! as@asup.de

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> INHALT 02/2011

> > > I N H O USE

>> > BEST P RACTICES

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2 6 RUNDE SACHE

DER WEG ZUR INNOVATIONSFÜHRERSCHAFT

SKF ist Spezialist rund um Wälzlager-, Dichtungs- und Schmiersystemeherstellung. Im Gespräch: Manfred Neubert, Geschäftsführung SKF Deutschland und Niklas Beyes, Leiter Finanz- und Rechnungswesen

3 2 CARBONAERA! Axel Schröder, Geschäftsführer von AXEL SCHRÖDER & PARTNER, über das Gelingen einer dauerhaften Innovationsführerschaft durch das Aufbauen und Nutzen von Alleinstellungsmerkmalen

> > > K ARI ERRE 14 WIE WERDE ICH CTO? Fragen an Prof Dr.-Ing. Peter Gutzmer, Geschäftsführer Technische Produktentwicklung, Schaeffler GmbH

Die Investitionen der SGL Group in ihre Forschungsabteilung „Technology & Innovation“ machen sich bezahlt: Das Portfolio und der Umsatz der Carbonexperten wächst. Im Inter view: Dr. Hubert Jäger, Leiter der Konzernforschung „Technology & Innovation“

> > > T I T EL

>> > WISSE N

16 GOLDEN YEARS

3 6 CHECKLISTE: BEST PRACTICES DER INNOVATIONSFÜHRER Welche organisatorischen Rahmenbedingungen hat Ihr Unternehmen bereits verankert?

3 8 KENNZAHLEN: POTENZIALE ERKENNEN Die repräsentative Umfrage – über hundert Teilnehmer – zum Thema Innovationsführerschaft Sennheiser führt den Markt im professionellen Bereich und in der Consumerkategorie an. Wie Sennheiser seine Spitzenposition verteidigt, darüber gibt Dr. Heinrich Esser, Mitglied im Management Executive Board, Auskunft.

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4 6 LEXIKON: F&E-MANAGEMENT A-Z Drei Innovationstypen: disruptiv, inkrementell und breakthrough


> INHALT 02/2011

> > > SP EC I AL

Impressum: DER F&E MANAGER 02/2011

4 2 DAS OK-PRINZIP

Herausgeber: AXEL SCHRÖDER & PARTNER UNTERNEHMENSBERATUNG

V.i.S.d.P: Axel Schröder Redaktionsleitung: Gabriela Weitenauer Korrektorat: Tom Seidel, www.die-korrigierer.de Schlussredaktion: Gabriela Weitenauer Satz und Layout: Eva M. Goroll Druck: Druckhaus Weppert, Schweinfurt Mitarbeiter dieser Augabe: Axel Schröder, Maximilian Riehl

Mit kreativer Organisation und organisierter Kreativität zur Innovationsführerschaft Von Dr. Lars Förster, Braun GmbH/Oral-B

> > > KO LUMNE 4 8 VOM WERT DER WERTE Von Boris Grundl, Grundl Leadership Akademie

> > > WO R K - L I F E - BA L A N C E 5 2 BORN TO PERFORM! Wie Sie Gewohnheiten dauerhaft zum Positiven verändern, beschreibt Ralph Goldschmidt

Verena Graf: SFC Energy AG Dr. P. Köhler: Weidmüller Holding AG & Co. KG

> > > STANDARDS 3 5 24 40 54

Anzeigen: Seite 13: Euroforum: Handelsblatt Konferenz Seite 56: F&E Management-Konferenzen Anschrift der Redaktion: Rudolf-Diesel-Ring 15, D-83607 Holzkirchen, Tel.: +49 (0) 80 24/99 35-0, Fax: +49 (0) 80 24/99 35-45 E-Mail: redaktion@fue-manager.de Internet: www.fue-manager.de Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung oder Nachdruck sowie Aufnahme in Online-Dienste darf nur nach Genehmigung der Redaktion vorgenommen werden.

>> > PERSONALIE 47

Bildquellen: Titel: Dr. Heinrich Esser (Sennheiser) wurde fotografiert von Thorsten Jochim, www.thorsten-jochim.de // Seite 2: Elke Bonnetsmüller // Seite 3: Barbara Donaubauer // Seite 5: fotolia // Seite 7 und 8: AS&P // Seite 9: Thorsten Jochim // Seite 11 und12: AS&P // Seite 13: Euroforum // Seite 15: Schaeffler // Seite 16, 20 und 21: Sennheiser // Seite 19 und 22: Thorsten Jochim // Seite 23: G.Weitenauer/E. Goroll/Dr. Esser // Seite 27-31: Thorsten Jochim // Seite 33 und 35: SGL // Seite 36 und 40-41: AS&P // Seite 43: istockphoto // Seite 44: Dr. L. Förster // Seite 45: Dr. L. Förster/E.Goroll // Seite 46: Brose Group, Giesecke & Devrient // Seite 47: Eckelmann AG, SFC Energy, Weidmüller-Gruppe // Seite 49 und 50: Grundl Leadership Akademie // Seite 51: Econ Verlag // Seite 52: PS:PR Agentur für Public Relations // Seite 53: Gabal Verlag // Seite 55: Thorsten Jochim // Seite 56: AS&P

E D I TO RI A L I M P RE S S UM DER F&E MANAGER im ABONNEMENT DER F&E MANAGER S H OP PS

Bezugspreise/Abonnements: Einzelheft: 15 Euro Probeabo: 2 Ausgaben inkl. Versand zzgl. MwSt.: 15 Euro Jahresabo: 4 Ausgaben inkl. Versand zzgl. MwSt.: 60 Euro Studentenabo: 4 Ausgaben inkl. Versand zzgl MwSt.: 42 Euro (unter Vorlage des Studentenausweises) Bestellservice: www.fue-manager.de, bestellung@fue-manager.de Fax: +49 (0) 80 24 / 99 35-45 Personalie: Seit der Ausgabe 04/2010 zeichnet Eva Maria Goroll verantwortlich für die Gestaltung des Magazins. Die Dipl.-Designerin (Grafik) studierte beim „Werbepapst” Prof. Michael Schirner und arbeitete u. a. für das IITB Fraunhofer Institut.

> > > VORSC H AU DER F&E MANAGER 03/2011 e rs c h e i n t a m 2 2 . S e p t e m b e r 2 011 : TIME-TO-MARKET • Durch welche Organisationsstrukturen lassen sich Schnittstellen reduzieren? • In welchen PEP-Phasen lassen sich welche Zeitreduzierungspotenziale erzielen? • Welche Kennzahlen sind sinnvoll und ermittelbar?

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> INHOUSE

DER WEG ZUR INNOVATIONSFÜHRERSCHAFT Alleinstellungsmerkmale aufbauen und nutzen von Axel Schröder AXEL SCHRÖDER & PARTNER UNTERNEHMENSBERATUNG

„Wir sind der Innovationsführer in unserem Segment und nun fragen wir uns, ob wir mehr in F&E oder mehr in Marketing investieren sollen“, so ein Managementmitglied eines Automobilherstellers. Vielen berühmten Innovatoren wie Thomas Alva Edison, James Watt und Carl Friedrich Benz sagt man nach, dass sie Techniker und Verkäufer (besser Überzeuger) in einer Person waren. Einige Unternehmen wie Rohde & Schwarz, Miele & Zinkann oder Hewlett Packard haben oder hatten es in der Gründerzeit in der Doppelspitze verankert: der eine macht die Technik, der andere den Verkauf und Marketing. Eines haben Innovationsführer gemeinsam: Sie produzieren keine „one-hit-wonder“, sondern sorgen durch ihre Organisation mit Systematik für Dauerhaftigkeit im Innovationsprozess.

Innovationsführer produzieren keine „one-hit-wonder“ Der sichere Tritt auf dem schmalen Grat zwischen Marktflops, Qualitätsdesaster und „zu früh für den Markt“ braucht mehr als Bauchgefühl und Eingebung. Nur wer in Regelmäßigkeit dem Markt das Unerwartete bietet, kann sich echte Innovationsvorsprünge sichern und mit diesen Vorsprüngen wiederum den Invest in Marketing und Forschung/

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Vorentwicklung finanzieren. Wie kommt man auf diese Erfolgsspirale?

Innovationsführer zu sein hat Vorteile: Innovationsführer tun sich leichter in ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Früher musste die Firma Claas für die Umsetzung ihrer neuen Mähdrescher in Modellautogröße als Kinderspielzeugsätze Geld bezahlen, heute bekommt sie Geld dafür. Innovationsführer können Qualitätskosten sparen. Apple hat eine Garantiezeit von einem Jahr und überlässt die Qualitätskosten für die in Deutschland geforderten zwei Jahre den Händlern – „die müssen ja nicht mitmachen“. Innovationsführer bekommen „Bonus“. Befinden sich die Wettbewerber auf Gleichstand, geht die emotionale Kaufentscheidung häufiger zugunsten des Innovationsführers. Hat man das Image eines Innovationsführers einmal aufgebaut, ist es Fluch und Segen zugleich. Trumpf z. B. muss ständig dem Anspruch gerecht werden, mit jeder neuen Laserbearbeitungsmaschine präziser, rationeller und flexibler zu sein. Verliert man jedoch gegen Mitbewerber wiederholt den Innovationsvor-


> INHOUSE

nachvollziehbar. Ein messbares Kriterium für den Status des Innovationsführers existiert jedoch nicht.

sprung – wie Sony gegen Samsung bei TV-Geräten oder Nokia gegen Blackberry bei den Handys –, ist die Bestrafung des Marktes umso gnadenloser. Innovationsführer bekommen bessere Bewerber Brose in Coburg, Claas in Harsewinkel oder Sennheiser in Wennebostel haben eines gemeinsam: ihr Standort ist jenseits der Metropolen und sie würden ihre Bewerber ohne den Ruf des erfolgreichen Innovators wohl kaum allein wegen der (vorhandenen!) landschaftlichen Reize des Umlands gewinnen. Sie bekommen Topbewerber durch den Mythos, der einen Innovationsführer umgibt.

Verliert man gegen Mitbewerber, ist die Bestrafung des Marktes umso gnadenloser Damit wiederum schaffen sie eine der wichtigsten Stufen auf der ansteigenden Erfolgsspirale, denn mit den qualifizierteren Mitarbeitern schafft man die besseren Ergebnisse. Warum sehr viele Unternehmen danach streben Innovationsführer zu werden oder zu bleiben, ist

Ein hoher Innovationsumsatz (>40 – 50 % Umsatz mit Produkten <2 Jahre Markteinführung) allein ist als Kriterium zu wenig, weil branchenspezifisch. Ist er höher als bei den relevanten Wettbewerbern, dann ist die Zugehörigkeit zum Kreise der Innovationsführer klarer. Ist man z. B. mit mehr als 80 % aller Produkteinführungen der erste mit neuen kaufentscheidenden Features und Produktfunktionen und hat man das größte natürliche (ohne Akquisitionen) Marktanteilswachstum unter den Wettbewerbern, dann liegt die Wahrscheinlichkeit, als Innovationsführer wahrgenommen zu werden, höher. In manchen Branchen existieren regelmäßige Befragungen zur Wahrnehmung der Kunden: „Welchem Anbieter würden Sie die Bezeichnung Innovationsführer bescheinigen?“ Damit existiert zwar kein betriebswirtschaftlicher, mathematischer Beweis, doch in Bezug auf die zuvor genannten Vorteile ist es wichtig, dass man als solcher auch wahrgenommen wird. Anlass genug, der Frage auf den Grund zu gehen: Wie wird oder bleibt man Innovationsführer?

Strategie – Konzentration! Strategiearbeit beginnt damit, dass eine in die Zukunft extrapolierte Umsatzkurve zu einem negativen Wendepunkt kommt und man sich die Frage

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> INHOUSE

stellt: Mit welchen neuen Produkten setzen wir das Wachstum fort oder steigern es? Es entsteht die sogenannte „strategische Lücke“. Dann beginnt man Kernkompetenzen zu formulieren sowie die relevanten Markttendenzen zu suchen. Beide Blickrichtungen kann man sich wie Lichtkegel aus einer Leuchtquelle vorstellen. Aus

Strategie ist die Kunst des Verzichtens den Überschneidungen von den Lichtkegelflächen ergibt sich eine Fläche mit doppelter „Erhellung“: das sogenannte Suchfeld. Es definiert sich als Fläche, die den Kriterien Kernkompetenz und Markttendenz entspricht. Wenn man diese Suchfelder mit präzisen „Wortformeln“ belegt, dann bekommen sie eine Energie, die auf andere wichtige Menschen im Unternehmen übertragen werden kann. Präzise durchdachte Wortformeln regen die Mitarbeiter zu Produktideen an und zeigen ihnen gleichzeitig die Leitplanken für die strategische Ausrichtung. Sie sind das richtige Maß aus Freiraum und Fokussierung.

Webasto nutzt für die Zielfokussierung ihrer Innovationen für Schiebedächer die Wortformeln „Solar in Motion“ oder auch „Moving Surfaces“. SKF hat das Suchfeld für die Entwicklung innovativer Dichtungen in die Formulierung „Pimp up your Sealing“ gebracht! Darin steckt die motivierende Aufforderung und technische Herausforderung, eine intelligente Dichtung zu erschaffen: Durch Biosensoren bemerkt sie am Lager Schichtdickenunterschiede und dies wird durch Signale aufgezeigt – ein Warnsystem vor Undichte. Mit dem Claim „Pimp up your Sealing“ wird der Entwicklungsmannschaft ein Feld eröffnet, in dem in Kreativitätsworkshops das Neue erdacht werden kann. Diese Ideen werden durch einen strategischen Trichter geführt und nach budgetären Gesichtspunkten bewertet. Am Ende entsteht ein Ranking der besten Ideen. Der in aller Kürze beschriebene Weg ist der Initiierungsprozess für den Weg zu neuen Produkten. Doch wie sieht die betriebliche Praxis aus? Der

Die Methode CPM (Customer Process Monitoring) bringt Marktnähe in die Produktentwicklung

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> INHOUSE

Axel Schröder: Der F&E Performance-Award – Innovationsführer haben die besseren Kennzahlen im Benchmarking.

größte Fehler im Strategieprozess liegt im mangelnden Verzicht. Wer alles macht, macht nichts richtig! Sogenannte „Innovationsoffensiven“ bergen hierfür die größte Gefahr. In dem Begriff verbirgt sich schon der offensichtliche Nachholbedarf und die fehlende Kontinuität. Innovationsführer schaffen sich dauerhaft das Luxusproblem, dass sie in ihrem Innovationstrichter ein Überangebot an hoch profitablen Produktideen erzeugen. Mit diesem Überangebot ergibt sich per definitionem die Notwendigkeit der Selektion, der Priorisierung und damit des Verzichtens.

Prozess – Systematik! Produktflops sind Antworten auf nie gestellte Fragen und Lösungen für fehlende Probleme. Das zeigt, wie wichtig die Gewissheit über das richtige Problemverständnis ist. Doch wo soll diese Gewissheit herkommen, wenn Innovationsprozesse in der Praxis mit Ideenworkshops beginnen, in denen die Teilnehmer das Wissen über reale Kundenprobleme nur antizipieren? Wenn die konzeptentscheidenden Entwickler die Aufgabenstellungen nicht aus der Anwendung in direkter Praxis kennen, das Produktmanagement Lastenhefte nur aus Befragungen und anonymen Marktanalysen interpretiert und schließlich durch „Stille-Post-Effekte“ missinterpretiert?

Einige wenige Unternehmen wie Dräger, Hilti und Stihl setzen die Methode des CPM (Customer Process Monitoring) ein. Dabei werden Kunden in

Urteile nicht über einen Menschen, ehe du nicht eine Meile in seinen Mokassins gegangen bist realen Anwendungsprozessen mit Videoaufnahmen aufgezeichnet. Ähnlich systematisch wie bei internen Prozessanalysen werden extern Kunden „live“ an der Mensch-Maschine-Schnittstelle analysiert. Dabei werden i. d. R. drei Problemfelder erkannt: 1. Offensichtliche Fehlbedienungen, die direkt ins Auge stechen und im Rahmen von Produktpflege eliminiert werden können. 2. Gezielte neue Produktfunktionen, die mit wenig Aufwand, ohne Over-Engineering erzeugbar sind. 3. Ideen für völlig neue „Begeisterungsfunktionen“. Das Wichtigste ist eine wesentlich tiefere Einsicht in die Lage des Produktanwenders: „Urteile nicht über einen Menschen, ehe du nicht eine Meile in seinen Mokassins gegangen bist“ – das gilt in gleicher Weise für die Produktentwicklung. Je genauer die Probleme der Kunden bekannt sind, desto größer die Trefferwahrscheinlichkeit von Innovationen. Unternehmen, die es schaffen, Lösungen zu erzeu-

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> INHOUSE

gen bevor sie als Aufgabenstellung von Kunden formuliert werden können, sind schneller, schaffen Überraschungen und verschaffen sich echten Vorsprung – das sind die Fähigkeiten der Innovationsführer!

Projektmanagement – Heldenkampf! Kaum ein Thema ist so positiv besetzt, wie das der Innovation. Und trotzdem hat die Innovation viele interne Gegner. Ein Motiv: Eifersucht. Da droht ein Thema verdammt erfolgreich zu werden und die zuarbeitenden Fachbereiche blockieren, weil die Lorbeeren des Managements nur dem Projektleiter zufallen. Ein möglicher Karrieresprung. Aber für wen?

Wertschätzung des Managements für Projekt- und Linienorganisation gleichermaßen Ein zweites Motiv: Risiko – Angst vor dem Misserfolg. Wenn der Erfolgsdruck extrem hoch ist, wenn Misserfolge in der Vergangenheit sanktioniert wurden – Projektleiter degradiert wurden oder, im gegensätzlichen Extrem zu Motiv 1, die Fachbereichsleiter zu stark am Projekterfolg beteiligt sind. „Dann wird derjenige Projektleiter, der nicht schnell genug weglaufen konnte“, so erlebt in einem Elektronikunternehmen. Beide Motive sind hervorragende Innovationsverhinderer. Die Ursache: Das Management hat die Balance zwischen Projekt und Linie nicht austariert. Wie kann man das Gleichgewicht erreichen? 1. Das Projektlenkungsgremium (PLG) tagt einmal im Monat mindestens einen ganzen Tag und lässt sich standardisiert Projektfortschritte berichten. Soweit noch nichts Besonderes. Entscheidend ist der „Tonfall“, der die Wertschätzung des Managements wie zwei ausgestreckte Arme auf beide Achsen – Projekt- und Linienorganisation– ausdrückt. Es gibt keine Bevorzugung. 2. Projekte und damit Projektleiter sind nicht auf die funktionale Organisation aufgestülpt. Sie sind disziplinarisch keinem Fachbereich wie F&E oder Produktmanagement, sondern einer fachgebietsneutralen Business-Unit zugeordnet. In der Business-Unit liegt die Profit&Loss-Verantwor-

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tung für alle Projekte eines Kunden oder einer Produktgruppe und damit die richtige Anbindung für die Projektleiter. 3. Patenschaften einzelner Managementmitglieder für die wichtigsten Innovationsprojekte sorgen für Fokus an der richtigen Stelle. Der latenten Gefahr, dass alle anderen Projekte „hinten runterfallen“, wird vom PLG Rechnung getragen. Hochleistungsorganisationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie das eine tun, ohne das andere zu lassen. Sie streben nach Optimum und dabei nimmt man bewusst in Kauf, dass Verantwortung mehrfach zugeordnet wird. „Wenn die Überschneidungen zu Konflikten führen, dann fangen wir es durch unsere Kommunikationskultur wieder auf!“, so Jürgen Otto, Vorsitzender der Geschäftsführung von Brose. Die Installation einer passenden Gremienstruktur bewirkt, dass die Konfliktparteien die richtigen „Probleme“ eskalieren lassen. Probleme sind nicht per definitionem zu vermeiden, sondern zu lösen; und zwar von den Stellen, die die Kompetenz dazu haben – man muss ihnen nur die Befugnis dazu geben!

Struktur – Macht! „Ich betrachte die Systematik zur Erzeugung von Ideen wie die Produktion unserer Produkte in unseren Werken – kontinuierlich und nach Prozessen!“, so Dr. Klinkner, Vorsitzender des Vorstands der Knorr-Bremse. Wer eine kontinuierliche Ideen-„Produktion“ installieren will, muss dafür feste Rollen in seiner Organisation installieren. Innovationsführer haben Innovationsscouts: Innovationsscouts pflegen Kontakt zu den relevanten externen Know-how-Trägern, die das Unternehmen als Wissensnetzwerk braucht, und bauen diese nach außen gerichteten „Synapsen“ weiter aus. Sie beherrschen die Kunst, aus den über den Glo-


> INHOUSE

Der Innovationsmanager

bus verteilten Einzelhotspots durch Kombination ein Big Picture zu zeichnen: Der Innovationsführer für Mikrofone: Sennheiser aus dem kleinen Örtchen Wennebostel nördlich von Hannover unterhält ein Büro in Palo Alto inmitten des Silicon Valley, um mit einem hochkarätigen Netzwerk auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Ziel ist die Übertragung neuer Technologien auf die eigene Anwendbarkeit. Die wichtige Funktion des Innovationsmanagers: Er ist der Ansprechpartner für alle, die eine Idee haben. Er ist die Brücke zwischen den Ideengebern und dem Management. Er erarbeitet die Innovationsstrategie, sorgt dafür, dass die Suchfelder mit Produktideen gefüllt werden und „bewegt“ das Management zu Entscheidungen. Er ist der, der die Ideengeber vor dem Lenkungsgremium vortragen lässt sowie den nächsten Schritt definiert; z. B. das Budget für eine Machbarkeitsstudie festlegt. Eine tragende Rolle nimmt die Vorentwicklung ein: Unternehmen, die die Serienentwickler immer nur dann Vorentwicklungsprojekte machen lassen,

wenn sie Zeit dafür haben, haben de facto keine Vorentwicklung. Eine funktionierende Vorentwicklung braucht 1. andere Talente als die Serienentwicklung, 2. fest zugeordnete Grundkapazitäten und 3. eine geregelte „Nahtstelle“ für den Übergang zur Serienentwicklung. Wer Innovations- und Plattformentwicklung kontinuierlich installieren will, benötigt für das Unternehmen eine Art „Reservat“: 10 % von der Anzahl der Entwickler plus einen Leiter. Das ist eine funktionierende Faustformel.

Mitarbeiter – Visionsarbeit im Führungsteam! Sind Sie Mitglied des Managements Ihres Unternehmens? Dann schreiben Sie bitte auf drei Karten Ihre Gedanken zu den folgenden Fragen: 1. Karte: Was ist meine ganz persönliche Vision, um das Unternehmen zum Innovationsführer zu machen? 2. Karte: Was ist die Vision meines Verantwortungsbereiches, um das Unternehmen zum Innovationsführer zu machen? 3. Karte: Was ist unsere (Managementteam) gemeinsame Vision, um das Unternehmen zum Innovationsführer zu machen?

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> INHOUSE INHALT 02/2011

INNOVATIONSFÜHRERSCHAFT

Mein Unternehmen

Mein Verantwortungsbereich

Visionsarbeit verbindet das Individuum mit dem Ziel

ICH

Will man die beschriebenen Wege zur Innovationsführerschaft wirklich mit Energie versehen, dann ist dies die wichtigste Maßnahme. Wenn Ihre Vision in diesen drei Stufen nicht stimmig ist, können Sie davon ausgehen, dass Sie vielleicht alle Methoden richtig implementieren, aber das Innovationsmanagement dennoch keinen Output bringt. Die vollständig geschlossene

Es braucht dieses 100%ige persönliche Commitment Motivationskette von der Identifikation mit der Unternehmensstrategie über den persönlichen Einflussbereich bis zu den persönlichen Zielen der Keyplayer ist die entscheidende Lebensader der Innovationsführerschaft. Mit einer To-do-Liste, wer was bis wann erledigt, ist es nicht getan! Es braucht dieses 100%ige persönliche Commitment und dieses braucht Raum, Zeit und Führung. Die viel beschworene Innovationskultur lässt sich dann gar nicht mehr verhindern. <

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FAZIT Um Innovationsführer zu werden oder es zu bleiben, ist eine vollständige Durchdringung dieses Anspruchs in der gesamten Organisation geforder t. Er braucht in seiner Strategie die Bestimmung der Kernkompetenzen und der Markttendenzen. Anhand der Identifikation von Suchfeldern mit ausdrucksstarken Wor tformeln wird das Ziel fokussier t, das Team intellektuell ausgerichtet und werden kreative Querdenker stimulier t. Die Methode CPM (Customer Process Monitoring) ist ein leistungsstarkes Werkzeug der Innovationsführer, um mit höherer Sicherheit auf Begeisterungsfeatures zu kommen. Zudem gilt es drei Aufgabenrollen zu installieren: die Innovationsscouts, den Innovationsmanager und den separaten Bereich der Vorentwicklung. Die Visionsarbeit ist das Herz einer er folgreichen Umsetzung: Das Ziel der Innovationsführerschaf t muss im Führungsteam vollständig durchdrungen und mit den persönlichen Zielen verbunden sein. Erst dann kann es authentisch und damit überzeugend auf die Keyplayer im Unternehmen über tragen werden.


Veranstaltungen

2. Handelsblatt Konferenz

Open Innovation.

ie über ender Stud hland Mit umfass n in Deutsc o ti a v o n In Open

27. und 28. September 2011, Hotel nhow, Berlin

International Keynotes

„Bigger, Bolder, Better Innvovations @ Nestlé Germany“

„Connect + Develop – P&G’s 10 Year Open Innovation Journey“

Adrienne Héon Kleinen Strategy & Innovation Corporate Marketing, Nestlé Deutschland AG

Dr. Michael Duncan European Director of C+D, Procter & Gamble

„Inside Cisco Innovation – Changing the way we work, live, play and learn“

„Use of Prediction Markets at Ford Motor Company“ Dr. ir. Paul Moraal Leiter Business Analytics, Ford Forschungszentrum Aachen

Matt Asman Head of Innovation, Cisco Europe

National Keynote

„Consumer Interaction als Innovationsquelle für Unternehmen“

„Open Innovation im vertraulichen Netzwerk mit externen Partnern“

Dr. Bernd Becker Leitung Consumer Interaction Management, Volkswagen AG

Andreas Clausen R&D Group Manager, Beiersdorf AG

Open Innovation Best Practices von:

Bayer Beiersdorf Cisco Deutsche Bank Ford Google

Highlight:

Nestlé Procter & Gamble Schmitz-Werke smatch.com (otto group) Volkswagen Wittenstein

Verleihung des „Open Innovation Award 2011“

Open Innovation Award 2011

Medienpartner:

Weitere Informationen im Internet:

Konzeption und Organisation:

http://vhb.handelsblatt.com/openinnovation Tatiana Sacchi, Info-Telefon: 02 11.96 86 – 34 48

Substanz entscheidet.


> KARRIERE

WIE WERDE ICH CTO? Fragen an Prof. Dr.-Ing. Peter Gutzmer

Welche Grundqualifikation ist für eine F&E-Karriere notwendig? Bereitschaft und Begeisterung, sich permanent mit neuen Themen, Herausforderungen und neuen Disziplinen auseinanderzusetzen, solides Grundlagenwissen in den Naturwissenschaften, rasche Auffassungsgabe, Strukturierungsfähigkeit, Kommunikations- und Teamfähigkeit, Methodenkompetenz. Soll man im Laufe seiner F&E-Ausbildung auch in andere Ressorts wie Produktion, Vertrieb u. Ä. wechseln? Ja, unbedingt, die Komplexität der heutigen Problemstellungen erfordert eigene Erfahrungen und Persönlichkeitsentwicklung in verschiedenen Disziplinen und auch Kulturkreisen; als sehr positiv sind Erfahrungen in der Projektleitung großer komplexer Projekte zu bewerten. Über welche Schlüsselqualifikationen muss ein CTO verfügen? Fähigkeit zum Visionär und gleichzeitig genügend Realismus, um Risiken und Unwägbarkeiten rechtzeitig zu erkennen, Mut zu Entscheidungen, Denken in Systemen und Gesamtzusammenhängen, ausgeprägtes Verständnis für technische und betriebswirtschaftliche Zusammenhänge. Welche Managementkompetenzen sind ganz besonders gefragt? Teamfähigkeit, Führen in Teams, Mut, Entscheidungen durchzusetzen, Überzeugen durch Vorleben der

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Erwartungen und Anforderungen, Kommunikation und zuhören, die Fähigkeiten der Mitarbeiter permanent fördern und herausfordern. Wie wichtig ist eine internationale Ausbildung? Das Lösen technischer Aufgaben erfordert heute Erfahrungen in multikulturellen Teams und die Kommunikation in wenigstens zwei Sprachen, insofern hilft eine internationale Ausbildung. Sehr wichtig ist für mich aber die Bereitschaft zur Persönlichkeitsentwicklung neben der permanenten Erweiterung der Fach- und Methodenkompetenz und Erstere wird durch Auslandsaufenthalte im Job stark gefördert. Erfordert die Führung von vielen Entwicklern besondere Qualifikationen bzw. Tools? Führen von Entwicklern ist genauso komplex wie in der Regel die Aufgabenstellung. Überzeugungsfähigkeit und Ausdauer ist erforderlich, um die verschiedenen Interessen aller Spezialisten zusammenzuführen, straffes, klar gegliedertes Projekt- und Ressourcenmanagement ist genauso obligatorisch wie klare Priorisierungen. Wie kann man die Führung von Entwicklern lernen? Für mich ist der Schlüssel zum erfolgreichen Entwicklungsmanager das Beherrschen von Projektmanagement-Tools und der erfolgreiche Abschluss einer großen Projektleitungsaufgabe. Über wie viel technisches Wissen muss ein CTO verfügen? Wie schafft man als CTO die optimale Grat-


> KARRIERE

wanderung zwischen zu viel und zu wenig Technik-„Einmischung“? Vom CTO wird Kompetenz, Erfahrung und Anwendungswissen in Systemen und Gesamtzusammenhängen genauso erwartet wie in Detaillösungen. Solange man in der Führung authentisch, berechenbar und zuverlässig bleibt, gibt es kein „optimales" Verhältnis für die Einmischung in Details, wichtig ist, die Teammitglieder an Problemlösungen heranzuführen und zu begleiten. Tiefgang schadet nie. Welcher Weg führt schneller in die F&E-Leitung: der Weg über die Leitung der Vorentwicklung, die Leitung der Abteilung Versuch oder die Leitung der Abteilung Konstruktion? Die Übernahme von F&E-Leitungsfunktionen ist keine Frage der Schnelligkeit oder der Fachdisziplin, entscheidend ist die Entwicklung der genannten Schlüsseldisziplinen bei der Erledigung der zugeteilten Aufgaben und die Bereitschaft, Verantwortung für Aufgaben und Menschen zu übernehmen und dabei erfolgreich zu sein. Und der Weg an die Spitze hat auch viel mit Glück zu tun. <

Prof. Dr.-Ing. Peter Gutzmer studierte Maschinenbau mit Schwerpunkt Verbrennungsmotoren an der Universität Stuttgart, wo er anschließend promovierte. Ab 1984 war er bei Porsche in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt als Hauptabteilungsleiter Projektmanagement und Gesamtfahrzeug und als Stellvertreter des Entwicklungsvorstands. Seit 2001 ist Prof. Gutzmer Geschäftsführer bei Schaeffler, zuständig für die Technische Produktentwicklung, von 2003 bis 2006 war er ferner Vorsitzender der Geschäftsleitung von LuK, anschließend zusätzlich Stv. Vorsitzender von Schaeffler Automotive. Von September 2009 bis Dezember 2010 verantwortete er außerdem den Bereich Engine System in der Division Powertrain von Continental. Darüber hinaus ist Prof. Gutzmer Mitglied im Beirat des Chinesisch-Deutschen Hochschulkollegs (CDHK) an der Tongji-Universität Shanghai und im Hochschulrat der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg sowie Lehrbeauftragter am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

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Luftsprünge durch das „ew G3 Vocal-Jump“

DER F&E MANAGER: Herr Dr. Esser, wo liegen Ihre Hauptaufgaben? Dr. Heinrich Esser: Ich trage zwei Hüte: Ich habe die Verantwortung für eine Business Division und damit für Profit and Loss in diesem Geschäftsbereich. Ich möchte meine Business Division natürlich positiv weiterentwickeln, muss aber auch den Rest des Unternehmens überblicken, da ich auch Mitglied der obersten Leitung, im Executive Management Board bin. Als Mitglied der Unternehmensleitung trage ich für

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unsere Kultur Verantwortung: Es gilt, ihren Ursprung in den prägenden Werten der Familie Sennheiser zu verstehen, sie umzusetzen und zu den Mitarbeitern zu transportieren, um sie im Tagesgeschäft zu verankern. Außerdem treiben wir die Strategie voran und setzen sie im operativen Geschäft um. 2009 hatte Sennheiser einen Markteinbruch von 20 % im professionellen Bereich, aber einen Marktzuwachs von 20 % in der Consumerkategorie. Haben Sie die-

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> TITEL

se neue und – vor allem im Krisenjahr 2009 – so wichtige Stärke im Private-Audio-Bereich strategisch geplant? Wir waren in der glücklichen Lage, dass der Umsatz komplett durch den gestiegenen Absatz im Consumerbereich ausbalanciert wurde. Ich muss ehrlich sagen, dass dieser konkrete Effekt nicht langfristig geplant war. Allerdings war auch die Krise nicht durch uns geplant. Jedoch steht Sennheiser bewusst auf sehr vielen Beinen, damit die Gruppe sich stetig entwickeln kann. Wir haben die Möglichkeit, bei klarer Fokussierung auf elektroakustische Produkte wie Kopfhörer, Mikrofone und Headsets einen diversifizierten Markt mit unseren unterschiedlichen

zu verändern. Im Bereich Elektronik kommt dann natürlich noch unser Spezialthema der Funkübertragung hinzu. Unsere Ressourcen fokussieren wir auf diese aktuellen und zukünftig zu entwickelnden Kernkompetenzen. Dabei legt Sennheiser großen Wert auf die Umsetzbarkeit im Produktionsbereich, also in den Produktions- und Prüfprozessen. Wir müssen diese Kernkompetenzen ständig weiterentwickeln, da sie von der Konkurrenz natürlich immer wieder angegriffen werden. Ein anderer wichtiger Aspekt ist unsere starke Marke. Die ist nicht das Ergebnis von Werbemaßnahmen, sondern von allen Dingen, die wir tun!

GOLDEN YEARS Seit über sechs Jahrzehnten steht die Marke Sennheiser für zeitgemäße, hochbegehrte Produkte. Die DNA des Unternehmens spannt den Bogen von Forschergeist zu strategischem Weitblick, von der Wedemark bis ins Silicon Valley. Dr. Heinrich Esser, President Professional Systems Division, beschreibt Markt, Mannschaft und Magie des stolzen Innovationsführers.

Produktkategorien in den drei Divisions „Professional Systems“, „Consumer Electronics“ und „Installed Sound“ zu bedienen. Wie verteidigt Sennheiser seine Spitzenposition? Zum einen fokussieren wir uns auf unsere Kernkompetenzen: Diese liegen z. B. im Bereich Akustik und akustische Wandler. Wandler gibt es ja schon seit über hundert Jahren. Aber man kann sie immer noch anders und besser machen. Unser kleinstes Ansteckmikrofon hat mittlerweile einen Durchmesser von nur noch 3,5 mm. Das können Sie überschminken und sehen es noch nicht einmal mehr. Oder wir machen Kopfhörer mit räumlichem Klangbild, basierend auf einem radikal neuen Wandlerdesign. Darüber hinaus wird die digitale Signalverarbeitung immer wichtiger. Zu der Akustik des Wandlers lassen sich digitale Effekte hinzubringen, um z. B. durch die Kombination mehrerer Mikrofonsignale die Richtcharakteristik des Mikrofonsystems gezielt

Zum Beispiel durch die Art und Weise unserer Produktentwicklung, wie wir Innovationen auf den Markt bringen und uns hinsichtlich Innovationskraft und Produktqualität positionieren. Vor diesem Hintergrund entwickeln wir immer wieder Flaggschiffe, also herausragende Produkte. Aus meiner Sicht gibt es wenige Dinge, die besser für unsere Marke wirken, als solche Flaggschiffe, an denen sich der Kunde orientiert.

Herausragende Flaggschiffe sorgen für die Strahlkraft der Marke Eine weitere Kernkompetenz ist unser Vertriebsund Servicenetzwerk aus Partner- und Tochtergesellschaften. Diese bekommen von uns z. B. Informationen über Tourneen und Proben unserer Kunden. Diesen weltweit tourenden Künstlern stellen wir

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über unser Artist Relationship Management Spezialisten zur Verfügung und damit einen besonderen Service bereit. Wenn die Künstler auf ihren Tourneen Unterstützung brauchen, bekommen sie technischen Support in höchster Qualität, on the spot und ohne warten zu müssen. Weiterer Pluspunkt: die Unabhängigkeit und Entscheidungsfähigkeit eines mittelständischen Familienunternehmens. Wir haben einen klaren Fokus. Kopfhörer sind für uns ein zentrales Thema. Unsere besten Leute machen bei uns Kopfhörer und das häufig über Jahrzehnte! Im Gegensatz dazu hat ein Kopfhörer bei Sony nicht dieselbe Bedeutung. Wenn jemand bei Sony gut ist, dann macht er wahrscheinlich Playstations. Zu alldem kommt dann noch der Sennheiser-Spirit: Immer wieder schaffen wir es, unsere Mitarbeiter hinter einem Ziel zu versammeln und – wie der Engländer sagt – the extra mile gehen zu lassen. Mit Innovationen die Nase vorn zu haben, heißt doch die Kundenbedürfnisse von morgen sehr gut und immer rechtzeitig zu kennen? Wir versuchen auf verschiedenen Ebenen vorauszuplanen. In der strategischen Innovation blicken wir am weitesten nach vorne, d. h. zehn bis fünfzehn Jahre. Unser Augenmerk liegt auf den soziologischen Merkmalen unserer Kunden, die mit Technik sehr progressiv umgehen. Speziell für diese Kenntnisse beschäftigt Sennheiser ein Team in Zürich, das sich im Umfeld der ETH Zürich (Eidgenössische Technische Hochschule) befindet.

Nur Luft in den Kosten rauslassen, schafft keine Dynamik Unsere Ingenieure verfolgen dagegen technische Fragestellungen, z. B. die Frage nach der Signalverarbeitungstechnologie im Jahr 2020. Indem unsere Ingenieure mit unseren Zukunftsforschern zusammentreffen, brechen wir also das soziologisch erworbene Know-how auf unsere Produktkategorien runter: Die Ingenieure skizzieren die technologische Entwicklung und der Zukunftsforscher aus dem strategischen Innovationsteam skizziert die Anforderungen hinsichtlich der Nutzerbedürfnisse. Außerdem erhalten wir durch die Produktroadmaps unserer Produktmanager weitere Vorgaben. Diese blicken wiederum fünf bis sieben Jahre in die Zukunft. Alles zusammen führt zu unseren Technologieroadmaps: Technologien werden beobachtet,

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bewertet und in konkrete Projekte zur Technologieentwicklung überführt. Das bedeutet Prototypen-, Plattform- und schließlich Produktentwicklung mithilfe von Plattform- und Produktroadmaps: Wann ist eine Technologie reif? Auf welche Plattform können wir sie applizieren? In welches Produkt kann sie wann einfließen? Zum Thema der kontinuierlichen Innovationsführerschaft: Gibt es konkrete organisatorische Dinge, die Sennheiser kultiviert hat, um den Anspruch auf Innovationsführerschaft in der Entwicklermannschaft zu verankern? Dazu gehört die Strategiearbeit auf der einen Seite und sämtliche Roadmapping-Aktivitäten auf der anderen Seite. Doch dahinter steht die konkrete Arbeit an den Technologien. Sennheiser ist aus einem Forschungsinstitut für Elektroakustik und Hochfrequenztechnik, das damals in Hannover von Fritz Sennheiser geleitet wurde, entstanden. Forschung war nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst nicht mehr möglich. Aus der Not heraus entwickelte sich zunächst der handwerkliche Betrieb und dann das Industrieunternehmen. Die Herstellung und der Verkauf waren nötig, damit man weiter forschen konnte. Das ist die DNA des Unternehmens. Wir stecken in Technologieentwicklung viele Ressourcen und entwickeln stark fokussiert auf unsere Kernkompetenzen. Wie hat es Sennheiser – als „High-End-Boutique“ kleiner Stückzahlen – ohne Anspruchs- und Imageverlust geschafft, den Massenmarkt erfolgreich zu bedienen? Wir hatten dafür in den 90er-Jahren hervorragende Voraussetzungen: ein weltweites Vertriebssystem, eine starke Marke und bereits gute technische Kernkompetenzen sowohl in den Produktfeatures als auch in der Fertigungstechnologie, z. B. mit ersten Erfahrungen in der Automatisierungstechnik. Was uns zu diesem Zeitpunkt noch fehlte, war der Part des Produktmanagements und der Mut zu Massenpreispunkten. Das hatte ein hohes Risikopotenzial! In diesen Preispunkten waren wir noch nicht zu Hause und insofern war es nicht leicht, das Produkt dafür zu definieren. Unser erster Ansatz, überall gnadenlos Kosten abzuspecken, funktionierte nicht: er führte zu einer Mikrofonlinie mit nicht besonders hochwertig aussehenden Plastikgehäusen. Akustisch okay, waren sie dennoch eine Sackgasse. Wir konnten also nicht mehr weiterhin in Deutschland sitzen, alles so machen wie bisher und lediglich versuchen, die Luft in den Kosten rauszulassen.


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Dr. Heinrich Esser, im Unternehmen entspannt „Heiner“ genannt, Mitglied des Executive Management Board

Wir haben dann zwei grundsätzliche Dinge getan und so gehen wir heute noch vor:

Weltmarktsteigerung von 2 % auf 20 % innerhalb eines Jahrzehnts Erstens die Frage nach dem Kernelement des Produktes, über das wir uns definieren wollen. Das ist z. B. der akustische Wandler. Dieses Kernelement musste in sehr guter Qualität, aber zu niedrigen Kosten hergestellt werden! Wir hatten den Mut, einen dynamischen Mikrofonwandler vollautomatisch

herzustellen. Er musste von Grund auf neu konstruiert werden und wir mussten in eine entsprechende Anlage investieren. So haben wir die Kosten des Wandlers deutlich reduziert. Zweitens definierten wir, was nicht unsere Kernkompetenz ist: das Gehäuse, der Griff, der Einsprachekorb. Das brachte die Partnersuche in Asien mit sich. Diese Teile haben wir nach unseren Zeichnungen, Spezifikationen und Ansprüchen dort zu Weltmarktpreisen gesourct. 1997 waren wir dann im Big Bang mit einer ganzen Produktfamilie auf der Messe. Das hatte man uns als High-End-Produzent nicht zugetraut. Was passierte? Unser Hauptkonkurrent aus den USA war scho-

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Legendär: die Abbey Road Studios, London. Immer wieder in der Mitte der Stars – von den Beatles, bis Cliff Richard und Yehudi Menuhin – Technik von Sennheiser

ckiert, weil unser neues Produktportfolio in deren Hauptmarkt einbrach. Die Stückzahlen dieser Mikrofonfamilie gingen dramatisch in die Höhe, sodass wir mit einer Funkmikrofonfamilie sofort nachzogen. Auch hier erfolgte zunächst die Frage nach der Kernkompetenz, dann die nach der Fertigungstechnik. Wir haben in moderne Schaltungskonzepte investiert, aber die Mechanik – Gehäuseteile, Displays, Module – komplett ausgesourct. So haben wir die Preispunkte der Konkurrenz erreicht, aber hatten technische Produktvorteile, mit denen wir der Konkurrenz einige Jahre voraus waren. Das Ergebnis: Unser Weltmarktanteil stieg in wenigen Jahren von zwei auf ca. 20 Prozent. Auf welche Weise schafft man es bei Stars, und damit bei vielleicht eher exzentrischen Kunden, zu einem Lastenheft zu kommen? An diesem Prozess sind immer mehrere beteiligt. Der Künstler und seine Toningenieure haben spezifische Anforderungen, die von unseren Mitarbeitern verstanden werden müssen. Herbert Grönemeyer könnte z. B. sagen: Mit diesem Mikrofon fühle ich weniger Stress. Warum er so empfindet, hinterfragen wir dann mit unserem technischen Verständnis.

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Daneben gibt es auch konkretere Anforderungen: einige Künstler gehen zum Beispiel gerne ein Stück ins Publikum hinein und damit entstehen – gerade bei Sängern mit weniger starken Stimme – schnell Probleme mit akustischem Feedback. Für solche spezifischen Anforderungen entwickeln wir dann spezielle Mikrofone, die die Stimme im Mix der PA hervorheben und dabei Feedback so weit wie möglich unterdrücken. Das ist alles andere als trivial. Es gibt bei einem Mikrofon zahlreiche Parameter, die dieses Verhalten bestimmen.

Golden Ears übersetzen das Hörbare – auch den Sternenstaub auf dem Klang Neben dieser direkten Quelle erhalten wir viele Anforderungen aus unserer Vertriebsorganisation. Sie geben die Informationen von den Endanwendern an die Produktmanager weiter. Auch sie sind intensiv im Markt unterwegs und holen sich dort Anregungen und Ideen. Hinzu kommt der Informationsaustausch auf den Messen. Sind erste Produktkonzepte entstanden, diskutieren wir diese oft in Fokusgrup-


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pen mit Anwendern, die sehr gut ausdrücken können, womit sie etwas anfangen können und womit nicht. Wie verhält es sich mit Ihrem Mitarbeiter, der das „absolute Gehör“ hat? Wir haben mehrere Mitarbeiter mit dem sogenannten „absoluten Gehör“. Das sind unsere Golden Ears. Solche Mitarbeiter haben die Fähigkeit, das, was sie hören, konkret und präzise zu beschreiben. Eine solche Beschreibung lautet zum Beispiel: Ich finde, er klingt ein bisschen scharf bei zweieinhalb bis drei Kilohertz und er klingt unter sechzig Hertz ein bisschen schwach. Wie kann man sich in der Entwicklung nach den Einschätzungen der Golden Ears richten? Je besser sie alle erforderlichen Daten messen können, desto hilfreicher ist das. Aber der subjektive Eindruck wird unbedingt benötigt. Ich bin kein besonderer Weinkenner, aber vielleicht lässt es sich mit einer Parallele zum Wein gut erklären: Jene, die den Klang unserer Produkte beschreiben, nutzen in-

Unternehmen SENNHEISER Gründung: 1945 als „Laboratorium Wennebostel“ durch Prof. Dr. Fritz Sennheiser Portfolio: drahtgebundene Mikrofone, Kopfhörer, drahtlose Mikrofon- und Monitorsysteme, Konferenzund Informationstechnik, Audiologie-Produkte, Headsets für die Luftfahrt Produktionsstandorte: Deutschland, Irland, USA

teressanterweise oft ähnliche Begriffe wie Weinkenner. Die leichte Note der Vanille oder die holzige Note ist wohl schwer messbar. Das subjektive Empfinden ist also ein unerlässlicher Teil der Beurteilung. Die Frage „Wie klingt es?“ wird von den Golden Ears beantwortet. Die andere Frage lautet: Wie soll es denn klingen? Diese wird durch Messungen der Techniker beantwortet. Beide müssen zusammenkommen, dann erreichen wir das optimale Ergebnis. Und das muss sich immer an der Spezifikation des Produktmanagements messen. Beim Studiomikrofon unterscheiden sich z. B. Sennheiser- und Neumann-Mikrofone deutlich voneinander. Das ist auch eine Frage des Geschmacks. Das Sennheiser-Mikrofon ist klanglich eher neutral. Das Neumann-Mikrofon hat einen ganz spezifischen Neumann-Klang. Diesen Klang lieben die Kunden. Die leichte Überhöhung im oberen Frequenzbereich übersetzen unsere Golden Ears dann z. B. mit: „da liegt Sternenstaub auf dem Klang“. Haben Sie große Geduld für Happy Engineering? Es gibt natürlich Bastler ohne Ergebnisorientierung. Dafür habe ich wenig Geduld. Aber es gibt auch die Tüftler mit dem Ziel, Bahnbrechendes abzuliefern. Da muss man Geduld haben. Manchmal zwei, drei oder vier Jahre, im Vertrauen darauf, dass das Ergebnis den Zeit- und Ressourceneinsatz rechtfertigt. Genau solche Mitarbeiter machen unsere Flaggschiffe. Wir wissen: Du wirst uns den Kopfhörer entwickeln, der in der Szene für Furore sorgt. Das ist wertvoll. Ohne Freiraum ist das nicht möglich. Und dafür strapaziere ich dann auch gerne einmal meine Geduld.

Vertriebstochtergesellschaften: Frankreich, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark (Nordic), Russland, Hongkong, Indien, Singapur, Japan, China, Kanada, Mexiko und den USA F&E-Investitionen: 7,2 % vom Umsatz Umsatz: 389,9 Millionen Euro (2009) Größter Absatzmarkt: EMEA - 246,5 Millionen Euro Größte Absatzgruppen: Kopfhörer - 131,7 Millionen Euro; Drahtlose Mikrofone - 94,8 Millionen Euro Mitarbeiter weltweit: 2.132 Mitarbeiter Deutschland: 1.180 Aufsichtsratsvorsitzender: Prof. Dr. Jörg Sennheiser Zur Gruppe gehören: Georg Neumann GmbH, Berlin (Studiomikrofone und Monitorlautsprecher; seit 1991), Joint Venture Sennheiser Communications A/S (Headsets für PC, Office und Call Center; seit 2003) Stilvoll: Kopfhörer HD 598

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Dr. Heinrich Esser arbeitete nach dem Maschinenbaustudium mit Schwerpunkt Fertigungstechnik von 1988 bis 1993 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre (WZL) der RWTH Aachen. Am dortigen Lehrstuhl promovierte er mit einer Dissertation zum Thema „Montageorientierte Logistik“. 1994 übernahm er die Leitung der Abteilung Produktionstechnik bei einem Hersteller von Groß-Hydraulikbaggern in Dortmund. 1997 begann er seine Tätigkeit bei Sennheiser im Bereich „Business Process Reengineering“. Die Verantwortung für die Produktion an den Standorten Wennebostel und Burgdorf übernahm er ein Jahr später. Im Januar 2000 wurde er zum Mitglied der Geschäftsleitung ernannt, im Oktober 2000 zum Geschäftsführer Produktion. Im Juli 2002 wechselte er seinen Aufgabenbereich und war bis zum Ende des Jahres 2010 als Geschäftsführer F&E tätig. Mit der Einführung einer neuen divisionalen Unternehmensstruktur trägt Dr. Heinrich Esser seit Januar 2011 die Verantwortung für die beiden Business Divisions „Professional Systems” und „Installed Sound” und ist darüber hinaus Mitglied des Executive Management Boards der Sennheiser-Gruppe.

Wie motivieren Sie Ihre Entwicklungsmannschaft dazu, Höchstleistungen zu bringen? Ich habe bei uns den Spezialisten für dynamische Mikrofone, der jetzt gerade für Sades neue Welttournee ein Spezialmikrofon entwickelt hat. Das ist motivierend: sich mit dem Künstler und den Toningenieuren um das beste Klangergebnis für eine Welttournee zu kümmern. Im Labor mit dem Team

Visionen entwickeln: vom Valley bis in die Heide daran zu arbeiten, die Wünsche und Anforderungen des Künstlers umzusetzen. Dann wiederum das Ergebnis bei den Proben des Künstlers zu überprüfen und schließlich bei dem ersten Konzert dabei zu sein und das Produkt live zu erleben. Andere Mitarbeiter haben wir z. B. schon zu Ferrari geschickt. Aufgabe: Macht das Headset für die Boxencrew von Ferrari. Da braucht es keine zusätzliche Motivation. Wir achten auch darauf, dass bei unseren Ingenieuren von vornherein eine Leidenschaft vorhanden ist. In Bewerbungsgesprächen fragen wir, was das Thema Audio, Akustik und Musik dem Bewerber bedeutet. Wir haben eine hohe Dichte an Leuten, die eine tiefe Beziehung zur Musik haben. Sie machen entweder

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selber Musik, arbeiten in ihrer Freizeit technisch mit Bands oder haben eine hohe Hi-Fi-Affinität. Außerdem gehört zur Motivation das Vorleben von Werten dazu. Sie werden von den Shareholdern zu den Führungskräften transportiert und heruntergebrochen. Die Mitarbeiter spüren die Authentizität der Werte. Darauf ist Verlass. Risiken können auf dieser Basis gezielt eingegangen werden. Und basierend auf unserer Kultur und der Erfolgsgeschichte von Sennheiser können wir auch authentisch das Ziel formulieren, die besten Produkte im weltweiten Vergleich zu entwickeln. Welche Bedeutung hat das Entwicklungsbüro im Silicon Valley? Als wir mit unserem Office 2003/2004 starteten, waren vier Leute dort. Jetzt sind es schon acht. Wir haben einen regen Wissensaustausch, fliegen hin, nutzen den Ort als ständige Innovationsquelle, treffen uns mit Professoren und Spezialisten und entwickeln dort neue Technologien. Es gibt für Ingenieure kaum einen inspirierenderen Ort. Dieser Standort gibt uns auch die Möglichkeit, Mitarbeiter für eine gewisse Zeit in einer anderen Kultur leben und arbeiten zu lassen. Wir sind mit den amerikanischen Universitäten wie Berkley, Stanford und UC Davies eng vernetzt. Dazu braucht man eine Plattform vor Ort. Mit unserem schönen, loftartigen


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Büro in nächster Nähe zur Stanford University sind wir an einem Ort, wo man Trends schnell und früh erkennen kann. Wenn Sie auf der California Avenue zu Starbucks gehen, dann sitzen da alle möglichen Leute von Google, Apple und anderen innovativen Firmen. Die Mentalität ist von Offenheit geprägt: Jeder erzählt dem anderen begeistert, was er gerade

macht. Beispielhaft ist auch das dortige Rapid Prototyping, das schnelle Entwickeln und Zusammenbauen von Prototypen. Unser Ziel ist, so früh wie möglich Technologien, die über den State-of-the-Art hinausgehen, zu identifizieren und gezielt zu erschließen. So gelingen uns Produkte mit Features, die andere nicht haben. <

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> INHALT 02/2011

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> INHALT 02/2011 V E R V OL L S T Ä ND I GEN S IE IH R E SA MMLUNG

02/2005 Globalisierung der F&E

01/2005 Strukturen im Wandel

VERGRIFFEN!

03/2005 Bessere Prozesse leben

04/2005 Strategie für die Praxis

01/2006 Innovationen managen

VERGRIFFEN!

02/2006 Starke Projektleiter

03/2006 F&E-Performance

01/2007 Kreativität

02/2007 Low-CostEngineering

03/2007 Mitarbeiterführung in F&E

04/2007 Erfolgreiche Vorentwicklung

01/2008 IT-Wissen für F&E-Manager

02/2008 Change Management konkret

03/2008 Methoden in der F&E

04/2008 Wissensarchitektur

01/2009 Schneller besser werden

02/2009 PlattformManagement

03/2009 Herstellkosten senken

04/2009 Wege zu neuem Wachstum

01/2010 F&E-Strukturen

02/2010 F&E-Projektmanagement

03/2010 F&E für China

04/2010 Die besten Ingenieure

01/2011 Lean Development

02/2011 Innovationsführerschaft

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Eine Sache ist rund, wenn nichts an ihr fehlt. SKF – global erfolgreicher Wälzlager- und u. a. Dichtungs- und Schmiersystemehersteller – setzt zur Entwicklung seiner Produkte auf

RUNDE SACHE die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit seinen Kunden: Erste Voraussetzung, um technologisch wachsen zu können. Manfred Neubert, Vorsitzender der Geschäftsführung SKF Deutschland, und Niklas Beyes, Leiter Finanz- und Rechnungswesen, zwei von über 44.000 Mitarbeitern, tragen durch Erfahrung und Offenheit zum innovativen Geist der runden und damit vielseitigen Sache bei.

DER F&E MANAGER: Herr Neubert, wie führt man in einem internationalen Großkonzern einen Verantwortungsbereich Deutschland mit globalen Business Units? Manfred Neubert: SKF ist ein Unternehmen, das aufgrund seiner Größe und Komplexität verschiedene Führungsdimensionen hat. Vor etlichen Jahren hat sich die SKF für eine globale Divisionsstruktur entschieden. Diese drei Divisionen werden zentral geführt und betreuen die jeweiligen Geschäfte weltweit: Die Industriedivision – im Wesentlichen handelt es sich dabei um die OEMs – deckt das gesamte industrielle Erstausrüstergeschäft ab. Die Servicedivision betreut unsere rund 15.000 Vertragshändler und baut diese Plattform weiter aus. Und die dritte Division, die Automotive Division, betreut unser weltweites Automobilgeschäft. Darüber hinaus gibt es eine Matrixebene, die länderbezogene Organisation der SKF. Damit decken wir die länderspezifischen Notwendigkeiten ab: von der z. B. rechtlichen Seite bis zum Sprechen der Kundensprache durch unsere Nähe. So stellen wir – in Ergänzung der global existierenden Divisionen – eine Klammerfunktion in einem Land dar. Während die global agierenden Divisionen die Geschäftsautorität hinsichtlich Entwicklung, Produktion und Markt innehaben.

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Die deutschen SKFGesellschaften verzeichneten im 1. Quartal 2011 einen Umsatzzuwachs von 34 %. Ein Erfolgsergebnis auch durch Innovationen? Manfred Neubert: Diese Zahl ist für SKF von großer Bedeutung. Sie erklärt sich aber nur, wenn man die Zahlen des Rückgangs in der Krise von 2009 dazunimmt. Unsere Industrie erlebte tiefe Abstürze, bei uns lagen sie zwischen 30 % und 40 %. Nun erfahren auch wir zum Glück den berühmten v-förmigen Aufstieg. Wächst das Geschäft jetzt mit 34 %, ist das bisher sogar nur eine Teilerholung. Ich bin nicht so vermessen, diese kurzfristigen Zyklen direkt in Verbindung mit Innovationskultur oder -strategien zu bringen. Herr Beyes, an welchen Kennzahlen machen Sie fest, ob ein Unternehmen ein intaktes Innovationsmanagement hat? Niklas Beyes: Zum einen gibt es die üblichen Kennzahlen, wie beispielsweise die Anzahl der Patente, die Forschungs- und Entwicklungskostenquote, den Umsatz mit neuen Produkten im Vergleich zum Gesamtumsatz. Das ist aber nur die quantitative Seite, die für die operative Steuerung von Bedeutung ist. Ich meine jedoch, dass die qualitative Seite viel wichtiger ist: es gilt, eine Innovationsstrategie,


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ein Technologieportfolio zu entwickeln, wobei folgende Perspektiven einfließen: der Kunde, die Mitarbeiter, der Benchmark zum Wettbewerb sowie die neuesten technologischen Entwicklungen am Markt und in der Wissenschaft. Wie geht die SKF mit den beiden Strategien – interne innovationsintensive Maßnahmen und Absicherung durch Unternehmenszukäufe – zur Sicherung von Innovationsführerschaft um? Manfred Neubert: Die SKF hat sich vor einem Jahrzehnt ganz bewusst, mit großen Investitionen in Ressourcen, auf den Weg gemacht, unsere Plattformstrategie umzusetzen. Das heißt, uns als traditionellen Hersteller und Produzenten von Wälzlagern beim Kunden attraktiver zu machen, indem wir unsere Plattformen – Service, Lubrication/Schmiertechnologie, Mechatronik, Dichtungen – weiter ausbauen. Zum Teil waren diese Produkte und Lösungen schon vorhanden. Sie sind Teil unserer Wälzlagerkernkompetenz: Es handelte sich also nicht um eine breite Diversifizierungsstrategie, sondern konzentriert sich auf die Themen Friktionsreduzierung, Verlässlichkeit und effizientere Nutzung

der Ressourcen beim Kunden und bei SKF. Hinzu kommen regelmäßige Bestandsaufnahmen unserer Stärken sowie mittel- und langfristige Ziele, z. B. wie weit wir in den Segmenten, wo wir bisher Nischenanbieter waren, kommen möchten. Bei dieser Zielsetzung kann auch das Instrument der Akquisition zum Einsatz kommen: um Wachstum zu generieren, zusätzliches Wissen und eine verstärkte Marktposition ins Unternehmen zu holen. Das jüngste Beispiel ist die Akquisition der bedeutenden Schmiersystemfirma Lincoln mit weltweit rund 3.000 Mitarbeitern. Damit haben wir tatsächlich eine führende Position im Bereich der Schmiersysteme erreicht.

Know-how-Gewinn statt numerischer Größe Wenn es für unsere Plattformen passende Gelegenheiten gibt, technologieergänzende oder markterschließende Akquistionen zu machen, steht nicht das Thema Größe, sondern Ergänzung und Abrun-

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365 Tage in Betrieb: Funktionsprüfstand für Wälzlager, Dichtungs- und Schmiersysteme


> BEST PRACTICES

Niklas Beyes und Manfred Neubert im Gespräch

dung unserer weltweiten Marktpräsenz und unseres Know-hows im Vordergrund. Was verhindert eine erfolgreiche Innovationsoffensive? Manfred Neubert: Mangelndes Durchhaltevermögen der Beteiligten und mangelndes Bereitstellung von Ressourcen durch das Unternehmen. Außerdem müssen die Menschen ausreichend gestalterische Freiräume haben. Eine große Organisation wie unsere, hat neben den Vorteilen wie Markenstärke, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und breite Kompetenz auch ein gewisses Trägheitsmoment, dem man stets entgegenwirken muss. Es ist zudem nicht immer leicht, den zu finden, der wirklich verantwortlich zeichnet und Projekte bis zum Ende fördert und begleitet. Je nachdem, ob der/ die Verantwortliche am Innovationsentstehungsprozess oder in der Umsetzungsphase beteiligt ist; damit im EBIT ein positiver Effekt auftaucht, sind unterschiedliche Charaktere oder Fähigkeiten von Menschen notwendig!

Spagat zwischen globalem Wettbewerb und notwendigem Individualisierungsgrad Niklas Beyes: Das ist in einer großen Organisation wie der SKF eine große Herausforderung, da die Kosten von Innovationen oftmals zusätzlich zum Business Plan anfallen und gesteuert werden müssen. Dazu ist Überzeugungsarbeit notwendig. Sonst kann das Neue oder Große nicht entstehen. Manfred Neubert: Ja, der Verkauf nach innen kann

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schwierig sein. Der interne Wettbewerb hat zwar positive Effekte, aber gerade die globalen Pläne können nur einen gewissen Grad der Individualisierung berücksichtigen. Wie lange dauert es von der Initiierung der Innovationsoffensive bis zum Erreichen quantitav messbarer, EBIT-relevanter Erfolge? Niklas Beyes: Mittel- und langfristig ist das entscheidende Ziel, gegenüber den Wettbewerbern unsere Marktposition auszubauen. Ob wir dazu ein Jahr mehr oder weniger brauchen, ist nicht entscheidend für den Erfolg von Innovationen. Wir wollen die Ersten am Markt sein! Manfred Neubert: In jeder unserer Plattformen gelten auch unterschiedliche Gesetze. Auch, wenn man relativ strukturiert vorgeht, ist es doch ein großer Unterschied, auf welchem Weg Innovationen marktfähig werden: In der Automobilindustrie existieren mehr formale Prozesse, denen der Kunde zustimmen muss, bevor eine Innovation wirksam werden kann. Anders, wenn Innovationen auf direktem Wege ohne zeitraubende, formalistische Schritte in den Markt gebracht werden können, da Angebot und Nachfrage die Akzeptanz bestimmen, z. B. im Endverbrauchermarkt. In welchem Verhältnis zum Output sehen Sie den monetären Invest in die Offensiven? Niklas Beyes: Als Technologieunternehmen ist Voraussetzung unseres langfristigen Erfolges eine gewollte und gelebte Innovationskultur. Wir sind in der glücklichen Lage, gute Ergebnisse zu erwirtschaften und Innovationskultur betreiben zu können. Es ist jedoch schwierig, Aufwand und Ertrag dieser Innovationskultur exakt zu bewerten. In erster Linie gehören unternehmerischer Mut und Initiative dazu,


> BEST PRACTICES

LKW-Radlager, Originalteile eines chinesischen Herstellers in Prüf-Vorbereitung

um auch „Pioniergewinne“ zu realisieren. Außerdem tragen diese Investitionen dazu bei, die Attraktivität unseres Unternehmens zu steigern, um wiederum junge, neue Leute für uns zu gewinnen und unsere SKF-Mitarbeiter zusätzlich zu motivieren. Lässt sich eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellen? Manfred Neubert: In unseren regelmäßigen Milestonebewertungen sehen wir, in welchen Entwicklungsbereichen die wirtschaftlichen Aussichten nicht mehr

Kontrolle über Returns durch den Blick von außen gut sind, sie also gewissermaßen beginnen ein Hobby zu werden. Dann muss man Projekte stoppen können, dazu muss es Prozesse geben und dazu gehört wiederum Mut. Diejenigen, die das mit Kompetenz und Herzblut vorantreiben, dürfen Fehler machen – aber es obliegt anderen zu bewerten, ob man sich noch auf Kurs befindet und das Unternehmen noch Chancen hat, Erträge zu bekommen. Letztlich können wir aber unsere Investitionen nur am Gesamterfolg messen. Unser Unternehmen wächst seit über 100 Jahren, folglich sind die Summe dieser Anstrengungen und die Balance zwischen dem Risiko und der Ernte positiv. Insbesondere in den letzten Jahren fördern wir daher Innovati-

onen; z. B. erhöhen wir in unserem mittelfristigen Geschäftsplan gruppenweit unsere Ausgaben für R&D um 15 %. Welche Managementfehler verhindern Innovationen? Niklas Beyes: An erster Stelle ist die sogenannte NullFehler-Mentalität zu nennen: Man muss zulassen, dass Projekte scheitern können! Weitere „Sünden“: die fehlende Etablierung einer Innovationskultur innerhalb der Unternehmensstrategie bzw. Unternehmensphilosophie, der fehlende Blick von außen auf das eigene Unternehmen – hier ist die externe Unterstützung sehr wichtig – sowie die interne und externe Information über tatsächliche Erfolgsgeschichten. Im letzten Punkt kann die SKF ein wenig „lauter“ werden, das bedeutet für uns auch Öffnung und Dazulernen. Die drei Divisionen Industrie, Service und Automotive tragen in der SKF ungefähr zu je einem Drittel zum Umsatz bei. Was unternimmt die SKF hinsichtlich der technologischen Weiterentwicklungen z. B. im Bereich Automotive, neue Energien und dem Ausstieg aus der Kernenergie? Manfred Neubert: Zum Thema Emissionsgrenzen: Verabschiedet die EU Messwerte, wie 125 g CO 2 Ausstoß pro gefahrenen Kilometer, haben wir auf das Erreichen dieses Wertes einen indirekten Einfluss. Als Lieferant sind wir von unseren Kunden gefordert – z. B. mit neuen, besseren Wälzlagerkon-

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Niklas Beyes arbeitete nach seinem Betriebswirtschaftsstudium als Wirtschaftsprüfer zehn Jahre bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche in Berlin. Anschließend wechselte er 2005 zum Automobilzulieferer Neumayer Tekfor; als Finanzchef der nordamerikanischen Einheit war er in die Aufgabe, das weltweite Innovationsmanagement aufzusetzen, eingebunden. Mit der Rückkehr nach Deutschland im Jahr 2008 wechselte er zur Schaeffler Gruppe als Verantwortlicher für die Finanzen in der Region Europa. Seit Juli 2010 ist er bei der SKF GmbH für das Finanz- und Rechnungswesen verantwortlich mit der Aufgabe, deutschlandweit das plattformübergreifende Innovationsmanagement zu stärken.

zepten in Verbindung mit anderen Plattformtechnologien –, eine Ersparnis von vier bis fünf Gramm zu bringen. Das klingt zunächst wenig. Aber unser Lieferanteil in Prozent an einem Fahrzeug insgesamt ist noch geringer: Die technologische Weiterentwicklung fördern wir weltweit durch enge Partnerschaften mit führenden Kunden in ihren Branchen dadurch, dass wir Entwicklungstrends genau verfolgen und sie in unsere Pläne einbauen, indem wir das SKF-Know-how aus allen Plattformen maßgeschneidert zum Kunden bringen. Dabei spielen die erneuerbaren Energien eine ganz wichtige Rolle. Niklas Beyes: In allen fünf Plattformen – Lager und Lagereinheiten, Schmiersysteme, Dichtungen, Dienstleistungen und Mechatronikbauteile – definieren wir unsere Kernkompetenzen kundennah.

Ständige Know-how-Anpassung honoriert der Kunde Das gelingt vor allem, weil wir in der SKF eben den direkten Zugang zu Neuentwicklungen unserer Kunden haben. Hierin liegt das große Potenzial, plattformübergreifende Synergien für technologische Entwicklungen und für den Kunden zu heben! Manfred Neubert: So ist es. In den Windkraftanlagen gibt es ebenfalls bereits einen Wandel: Es gibt jene mit Getriebe und es gibt die getriebelosen. Bei beiden ist SKF dabei.

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In der Nuklearindustrie sind wir kaum vertreten. Die regenerativen Energien, allen voran die Windenergie, bieten uns hingegen enorme Potenziale für alle SKF-Technologieplattformen. Unsere Kernfrage lautet: Welchen Wert schaffen wir mit unseren zu entwickelnden und weiterzuentwickelnden Produkten und Lösungen beim Kunden? Und nicht: Welchen Wert schaffen wir zuerst bei uns? Unsere Innovationen müssen helfen, unsere Kunden erfolgreicher zu machen. Wie lässt sich die SKF-Innovationskultur im Unterschied zu anderen Unternehmen beschreiben? Manfred Neubert: SKF ist traditionsgemäß ein Unternehmen, das in sich diverser, also unterschiedlicher ist und diese Unterschiedlichkeit von Menschen und Herangehensweisen bewusst fördert. Das liegt wohl auch an der nordischen Kultur und an der über hundertjährigen internationalen Unternehmensgeschichte: Schweden ist ein kleiner Markt. Man muss sich, wenn man wachsen will, öffnen, im Ausland expandieren. SKF hat sich gezielt Anfang 2000 auf den Weg gemacht, eine Knowledge-Engineering-Organisation zu werden. Aus unserem globalen Auftritt, aus unserer jahrzehntelangen Präsenz und Zusammenarbeit mit Kunden in über 40 Marktsegmenten hat sich unser Wissen in den verschiedensten Kompetenzbereichen ergeben. Dieses gebündelte Wissen wollen wir dem Kunden in Zukunft noch besser verfügbar machen, um für beide Seiten messbare Werte zu schaffen. <


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Manfred E. Neubert hat nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften bei der Messer Griesheim GmbH, einem Unternehmen der damaligen Hoechst-Gruppe, seine Berufskarriere begonnen. Er hatte dort verschiedene Managementpositionen im In- und Ausland inne. 1996 wurde er zum Vorstandsvorsitzenden der Willy Vogel AG, Berlin, berufen. Unter seiner Leitung entwickelte sich die VOGELGruppe zum weltweit führenden Anbieter für Schmiersysteme. 2004 hat SKF im Rahmen der strategischen Ausrichtung die Willy Vogel AG als „Kompetenzbereich Schmiersysteme" übernommen. Seit Juli 2007 ist Manfred Neubert Vorsitzender der Geschäftsführung der SKF GmbH und übernahm im September 2010 zusätzlich die Länderverantwortung für Italien, Spanien und Fankreich.

Unternehmen SKF Gründung: 1907 Svenska Kugellagerfabriken in Göteborg, Schweden Divisionen: Industrial, Service, Automotive Plattformen: Lager- und Lagereinheiten, Dichtungen, Schmiersysteme, Mechatronikbauteile,. Dienstleistung Fertigungsstandorte und Niederlassungen: 141 in 32 Ländern

Anzahl der Unternehmen: Mehr als 130 Umsatz: 6.853 Millionen Euro (2010) Mitarbeiter weltweit: 44.000 Mitarbeiter Deutschland: 6.324 F&E-Investitionen: 133 Millionen Euro (1,9 % vom Umsatz) Patentersteinreichungen: 251 President und CEO: Tom Johnstone

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Panoramablick auf einen Teil des SKF-Standortes in Schweinfurt aus dem 12. Stock des Bürogebäudes

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> BEST PRACTICES

CARBONAERA! Die SGL Group ist heute einer der weltweit führenden Hersteller von Produkten aus Carbon mit einem Portfolio von Kohlenstoff- und Graphitprodukten bis hin zu Carbonfasern und Verbundwerkstoffen. Das Unternehmen erschließt sich Märkte, die ein Wachstumspotenzial bieten: Raum- und Luftfahrt sowie alternative Energiesysteme. Wie profitables Wachstum in neuen Märkten gelingt, erläutert Dr. Hubert Jäger, Leiter der Konzernforschung „Technology & Innovation“ (T&I).

DER F&E MANAGER: Die SGL Group entstand u. a. durch Ausgründung aus der Hoechst AG und war zunächst als Hersteller von Graphitelektroden erfolgreich. Auf welcher Historie basiert das heutige Geschäft? Dr. Hubert Jäger: Wir kommen aus einer Organisationsstruktur, bei der Siemens und Hoechst die Partner waren. Nach der Loslösung aus dem Hoechst-Konzern in den 90er-Jahren globalisierten wir zunächst unser größtes Geschäft, die Produktion von Graphitelektroden für die Stahlerzeugung, durch Akquisition und bauten unsere Position zur Marktführerschaft aus. Anschließend erweiterten wir unser Portfolio bei Grafitspezialitäten und Prozesstechnologie und stellten es ebenfalls auf eine globale Basis. Nach einer schwierigen Phase der Restrukturierung erfolgte 2007 die Neuausrichtung mit Fokus auf drei Geschäftsfelder: Performance Products, Graphite Materials & Systems sowie Carbon Fibers & Composites. Wie war die Vision der SGL Group Ende der 90er und wie ist sie heute? Unsere Vision der 1990er-Jahre war: Der Weltmarktführer im Graphitelektroden- und Kathodengeschäft zu werden. Diese Vision haben wir weiterentwickelt: Sie lautet seit 2007 „We are the leading Car-

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bon Company“. Diese Vision wird gestützt durch unser „Broad Base. Best Solutions“. „Broad Base“ – bietet in dieser Form keiner unserer Mitbewerber. Erstens: Kernkompetenzen – breites Rohstoffverständnis, Know-how in Herstellung, Anwendung und Engineering. Zweitens: umfassendes Technologie- und Produktportfolio. Drittens: die globale Präsenz. „Best Solutions“ – Produkte, Service und Innovationen.

Ziele definieren – Wege offenlassen Eine Unternehmensvision muss das Ziel hinreichend klar beschreiben, den Weg aber offenlassen, sodass eigentlich jeder im Unternehmen mitdenken muss. Unser Anspruch ist es, die besten Lösungen für unsere Kunden zu entwickeln. Wie gelingt Ihnen das und welche Rolle spielen dabei Innovationen? Für ein Technologieunternehmen wie die SGL Group sind ständige Verbesserung und Wachstum zentrale Aufgaben. Wir müssen immer einen Schritt voraus sein und dabei unsere Kompetenz- und Performancefelder weiterentwickeln. Dafür sind neue


© SGL GROUP

> BEST PRACTICES

Carbonfasern werden zu Verbundwerkstoffen – Prepregs – verarbeitet; Werk Willich

Ideen und Innovationen gefragt. Am Ende entscheidet die Leistung über den Erfolg, denn ohne Innovation können Sie keine Geschäftsposition halten. Was zeichnet für Sie ein innovatives Unternehmen aus? Ein innovatives Unternehmen muss Innovation leben und sich Strukturen geben, die dies ermöglichen. Eine nach vorn gerichtete Vision gehört genauso dazu wie die richtigen Mitarbeiter. Ein innovatives Unternehmen muss gemeinsam mit Kunden die Märkte und Produkte der Zukunft entwickeln. Welche Eigenschaften sind Ihnen bei Ihren Entwicklern wichtig, worauf legen Sie Wert? Außer den technischen Kompetenzen sind natürlich die Eigenschaften Kommunikations- und Teamfähigkeit, Eigeninitiative und Verantwortungsbewusstsein wichtig. Sich zu entwickeln und an ihrer Expertenlaufbahn zu arbeiten, diesen Willen müssen unsere Mitarbeiter mitbringen. Die entsprechenden Freiheitsgrade sind durch unsere Unternehmenskultur und flache Hierarchien besonders bei T&I gegeben. Speziell für die Entwicklungsorganisation T&I haben Sie als Ziel formuliert: vom Material zum Solution Provider. Was verbirgt sich dahinter?

Innovation erfordert einen Markt, eine erfolgreiche Innovation muss ein Problem lösen und eine bessere und/oder kostengünstigere Lösung anbieten. Für uns als Entwicklungsabteilung heißt das: Einbindung aller Entwicklungsprojekte in die Roadmaps unserer Geschäftseinheiten. Und für unsere Portfolio-Erweiterung gilt: kein Entwicklungsprojekt ohne Kunden.

Carbon – sogar als „grüne“ Lösung Wie finden Sie Kunden und Zukunftsmärkte? Durch Orientierung an den Megatrends mit anschließender Analyse dieser Märkte. Wir nutzen verschiedene Methoden: Roadmapping, Ideenfindungsworkshops und Open Innovation. Damit erweitern wir unser Portfolio beständig, aber fokussiert. Zuletzt hatten wir ein sehr spannendes Lead-UserProjekt mit der TU München. Wichtig ist, sich auf Wachstumsmärkte oder -segmente zu konzentrieren. An welche Märkte und Anwendungen denken Sie dabei konkret? Von den erwähnten Megatrends sind für uns die wichtigsten: Klimawandel und damit verbunde-

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> BEST PRACTICES

Dr. Hubert Jäger startete nach seinem Studium der Chemie und Spezialisierung auf Chemische Technik an der Universität Karlsruhe bei der SGL Group zunächst in der Rohstoffentwicklung im Werk Meitingen. Seit 1986 war er in unterschiedlichen leitenden Funktionen für Entwicklung, Produktion, technischen Kundendienst und Vertrieb tätig und verantwortete Produkt-, Prozess- und Organisationsentwicklungen sowie Erschließungen für globale Märkte. Heute leitet Hubert Jäger die Konzernforschung „Technology & Innovation” mit Hauptsitz in Meitingen.

ne Notwendigkeit der Emissionsreduktion, die Ressourcenknappheit und damit die Entwicklung alternativer Antriebstechnologien und Systeme zur Energieerzeugung und -speicherung sowie generell energieeffiziente Lösungen.

Hochfliegende Pläne – Carbon für die Luftfahrt Die Möglichkeiten der Carbon- und Graphitprodukte sind im Bereich der „Green-Technology“ aufgrund ihrer ausgezeichneten Materialeigenschaften längst nicht ausgeschöpft. So entwickelte die SGL Group Produkte zur Gebäudeklimatisierung, deren Temperierfähigkeit sich durch den Zusatz von Graphit gegenüber herkömmlichen Produkten deutlich steigern ließ. Ein weiteres hochaktuelles Beispiel für umweltschonendere Energieerzeugung und -speicherung sind Kohlenstoff-Anoden für LiIonen-Batterien. Die letzten Pressemeldungen bezogen sich vor allem auf Aktivitäten im Bereich Carbonfaserverbundwerkstoffe. Carbonfasern und darauf basierende Composites sind im Wortsinne innovative Materialien. Beispiel Automotive: Die steigenden Anforderungen an die Automobilhersteller im Zuge der CO 2 -Diskus-

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sion beschleunigen den Einsatz von Carbonfasern. Im „Megacity Vehicle“, dem BMW i3, werden Carbonfaserverbundwerkstoffe erstmals eine tragende Rolle in der automobilen Serienproduktion übernehmen. Unser dafür mit BMW gegründetes Gemeinschaftsunternehmen SGL ACF ist ein Meilenstein in der Industrialisierung der Carbonfasertechnik. Beispiel Luft- und Raumfahrt: Im Mai haben wir am Konzernforschungsstandort in Meitingen unsere neue Carbonfaserpilotanlage, die modernste ihrer Art, eingeweiht. Die Anlage ist Kernbestandteil des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projektes „AirCarbon“. Im Rahmen dieses Projektes entwickelt die SGL federführend gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung zum ersten Mal in Europa luftfahrtgeeignete Carbonfasern. Welche Rolle spielen solche gemeinsamen Projekte mit Partnern aus der Industrie und Forschung? Eine wichtige Rolle: Unser Netzwerk mit Forschungseinrichtungen, aber auch Kunden und Partnern entlang der Wertschöpfungskette ist wie unser Nervengeflecht, ohne das uns das Gespür fehlen würde. Durch unser universitäres Netzwerk können wir aus der Grundlagenforschung neue Erkenntnisse zur Portfolioerweiterung gewinnen und gemeinsam mit den Instituten an der Kommerzialisierung arbeiten. Industrienetzwerke mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette sind die Grundlage für eine beschleunigte Markterschließung. Daher engagieren wir uns bei Gründungen und dem Ausbau von Industrienetzwerken wie Carbon Composites Süddeutschland, das auf den Strukturen des Car-


© SGL GROUP

> BEST PRACTICES

Für den Flugzeugbau: Sigratex® Gewebe der SGL Group

bon Composite e. V. basiert. Wir sind auch einer der Hauptinitiatoren des deutschlandweiten „Kompetenznetzwerkes Lithium-Ionen-Batterien“ (KLiB), das Kompetenzen aus Industrie und Forschung entlang der gesamten Wertschöpfungskette bündelt und vernetzt, um im vorwettbewerblichen Umfeld den Hightech- und Produktionsstandort Deutschland zu stärken und zum Leitanbieter von Batterien zu entwickeln.

Wie weit reicht Ihre Innovationsstrategie in die Zukunft? Unsere typischen Roadmaps für Innovationsstrategien reichen bis ins Jahr 2020. Für einzelne Segmente, die sich in einer sehr frühen Maturitätsphase befinden, auch länger. Ein Beispiel hierfür sind Hochleistungskeramiken, die derzeit im Weltmarkt nur in ganz speziellen Bereichen eingesetzt werden. Hier gilt es ebenfalls, neue Märkte erschließen. <

Unternehmen SGL Gründung: 1878 Gebr. Siemens & Co, Aufnahme der Kohlenstoffproduktion. 1985 SIGRI GmbH – 50 % Siemens, 50 % Hoechst, Fusion Siemens Plania und Hoechst AG, Griesheim. 1989 SIGRI GmbH – 100 % Hoechst/Fusion mit Ringsdorff, Bonn. 1992 als Zusammenschluss zwischen SIGRI/Deutschland und Great Lakes Carbon/USA. Business Units: Graphite and Carbon Electrodes, Cathodes and Furnace Linings, Graphite Specialties, Process Technology, New Markets, Carbon Fibers and Composite Materials, Aerostructures, Rotor Blades Produktionsstandorte: 24 in Europa, 12 in Nordamerika und 9 in Asien

Servicenetz: In über 100 Ländern Umsatz: 1.381,8 Millionen Euro (2010), 83 % außerhalb Deutschlands Größte Kundenindustrie: Stahl mit 47 % Mitarbeiter weltweit: 6.300 Mitarbeiter Deutschland: 2.480 F&E-Investitionen: 37 Millionen Euro (2,7 % vom Umsatz) F&E-Standort: Technology & Innovation in Meitingen, 127 Mitarbeiter Vorstand: Robert J. Koehler (V), Jürgen Muth, Theodore H. Breyer, Armin Bruch, Dr. Gerd Wingefeld Aktionärsstruktur: ca. 59 % Free Float, 5,12 % Voith AG, 8,18 % Volkswagen AG, 27,27 % SKion GmbH

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BEST PRACTICES Innovationsführer wird und bleibt man nicht ohne organisatorisch verankerte Rahmenbedingungen. Welche das sind und wie stark diese in Ihrem Unternehmen ausgeprägt sind, können Sie selbst bewerten:

© AS&P

Der Innovationsprozess: In 6 Phasen vom Suchfeld zum Markt. t in ung voll tzt ich tzt h n ese reits setz hon gese sc um noc umg be Um

STRATEGIE 1. Unternehmensstrategie Ist das Ziel Innovationsführer zu werden oder zu bleiben Teil der veröffentlichten Unternehmensstrategie? Beispiele: 2. Key Performance Indicator Beispiele:

Internet, Intranet, Leitlinien, Werte Sind KPI definiert, die dieses Ziel messbar machen? Innovationsrate, Marktanteilswachstum, Patentrate, Anzahl Alleinstellungsmerkmale bei Produktneueinführungen im Vergleich zum Wettbewerb

PROZESS 3. Phasenmodell

Beispiele: 4. Produktentstehungsprozess

Beispiele:

Gibt es in Ihrem Phasenmodell des Ideenfindungprozesses für die folgenden Stufen – 1. Problemdefinition, 2. Ideenselektion, 3. Bewertung der Machbarkeitsstudien, 4. Entscheidung zum Vorentwicklungsstart – adäquate Meilensteine? Siehe Grafik "Der Innovationsprozess"! Sind die Ergebnisse der im Produktentstehungsprozess enthaltenen Arbeitspakete strikt an den Anforderungen der nachfolgenden Bereiche ausgerichtet? Validierungsumfänge, Konstruktionsmodelle, Pflichtenheft

Anzahl

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> WISSEN | CHECKLISTE

DER INNOVATIONSFÜHRER t in ung voll tzt ich tzt h n ese ereitsmsetz hon gese b U sc um noc umg

PROJEKTMANAGEMENT 5. Eigenständiges Projektmanagement Beispiele:

6. Fulltime-Projektleiter

Beispiele:

Existiert Projektmanagement als eigener „Fachbereich” neben Produktmanagement, F&E, Produktion, Einkauf etc.? Project-Management-Office (PMO), projektübergreifendes zentrales Projektmanagement, Projektpläne und Projektberichte, interne Dienstleister Setzen Sie Fulltime-Projektleiter ein, die sich auf die wichtigsten Innovationsprojekte mit ausreichender Kapazität konzentrieren können? Fulltime-Projektleiter; Fokus auf Qualität, Kosten und Termine (QKT); Steuerung und Lenkung des Projektes; keine fachliche Arbeit

7. Interdisziplinärer PEP Sind alle an der Produktentstehung beteiligten Fachbereiche in einem interdisziplinären PEP synchronisiert? Beispiele:

interdisziplinäre Projektteams, interdisziplinäre Design Reviews, fertigungsgerechte Konstruktion, Set-based Concurrent Engineering

STRUKTUR 8. Innovationsscout Beispiele:

Haben Sie die Rolle des Innovationsscouts implementiert? Personen, die zu relevanten externen Know-how-Trägern Beziehungsnetzwerke aufbauen

9. Innovationsmanager Haben Sie die Rolle des Innovationsmanagers implementiert? Beispiele:

10. Eigenständige Vorentwicklung Beispiele:

Gestaltung und Optimierung von Innovationsprozessen, Dienstleister für Methoden und Tools (Kreativitätstechniken, Instrumente zur Ideengenerierung und -bewertung) Ist die Vorentwicklung eine separat geführte/angeordnete Organisationseinheit? Die Vorentwicklung ist eine an den F&E-Leiter berichtende Funktion mit einem Budget von ca.10 % des gesamten F&E-Budgets.

MITARBEITER/FÜHRUNG 11. Vollständige Verankerung Beispiele:

Ist das Ziel „Innovationsführerschaft halten/erreichen” im Topmanagement vollständig verankert? Das Topmanagement des Unternehmens committet sich persönlich mithilfe der Methode der „Visionsarbeit” zu 100 % mit dem Ziel: Innovationsführerschaft.

Ihr Ergebnis aus 11 Fragen

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> WISSEN | KENNZAHLEN

POTENZIALE ERKENNEN Innovationsführerschaft bedeutet de facto hundertprozentig die Nummer eins zu sein. 104 Umfrageteilnehmer lassen erkennen, dass es bis zur eigenen 100%-Marke noch großen Spielraum gibt. Sehen Sie Ihr Unternehmen als Innovationsführer? Traumwetter Weniger als ein Fünftel der Befragten sehen ihr Unternehmen in allen Produktsegmenten als Innovationsführer. Und sogar 56 % schätzen ihr Produktprogramm so ein, dass ihre Produkte überwiegend die Siegerposition einnehmen.

Ja, in allen Produktsegmenten In mehr als 50 % der Produktsegmente In weniger als 50 % der Produktsegmente

Welches fremde Unternehmen würden Sie als Innovationsführer bezeichnen? Innerhalb der eigenen Branche

Bosch Audi Siemens BMW, Continental, INA, Philips 3M, Borg Warner, Fendt, John Deere, Johnson & Johnson, Johnson controls, Smith & Nephew, VW

Stimmen

Außerhalb der eigenen Branche

9 6 5 3

Apple Bosch Audi, Google 3M, Daimler Samsung BMW, Siemens, Trumpf Amazon, BASF, Bayer, General Electric, Hilti, Roche, Toyota, VW, ZF

2

Heiter bis wolkig Die Hitliste durch die Frage nach Innovationsführern innerhalb der eigenen Branche: Kein neuer Weltrekord, aber Bosch, Audi und Siemens sind auf dem Podium.

Stimmen

45 8 7 6 5 4 2

Hochausläufer Die Hitliste durch die Frage nach den Topligisten außerhalb der eigenen Branche macht Apple zum ungeschlagenen Sieger. Damit werden alle anderen an den Rand des Paradieses gedrängt.

Wie hoch ist der Anteil des Umsatzes (2010) der Produkte, die 2008 und 2009 Markteinführung hatten? Wie hoch ist also Ihre Innovationsrate? < 10 % 10 % - 20 % 20 % - 30 % 30 % - 40 % 40 % - 50 % 50 % - 60 % > 60 %

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Dehnungsachse Circa ein Fünftel (18 %) der Befragten können sich über eine Innovationsrate oberhalb von 40 % erfreuen. Ein weiteres Fünftel liegt zwischen 30 % und 40 %. Dann folgen jeweils ein Viertel mit 20 % bis 30 % und ein Viertel mit 10 % bis 20 %. Nur 13 % der Teilnehmer haben einen Umsatzanteil von weniger als 10 %.


> WISSEN | KENNZAHLEN

Wie viel Prozent Ihrer im Jahr 2010 neu eingeführten Produkte gehören zu den folgenden Kategorien? Sustaining Innovations Incremental Innovations Breakthrough Innovations Disruptive Innovations

Sustaining Innovations: Die Leistungsdimensionen des vorhandenen Produktes werden nachhaltig und langfristig verbessert. Es wird Produktpflege betrieben. Das Produkt wird in seinem Markterfolg erhalten. Beispiel: Wählscheibentelefon wird, statt in traditionellem Grau, in Orange und Grün sowie ergonomisch geformt angeboten! Breakthrough Innovations: Das Produkt hat einen hohen Neuheitsgrad und eine hohe Akzeptanz. Es erzielt in einem bestehenden Markt einen Durchbruch. Beispiel: Das kabelgebundene Telefon wird von dem Schnurlostelefon abgelöst.

Woher der Wind weht Das große, umwerfend Neue ist das Risikoreichste: Insgesamt 19 % aller 2010 eingeführten Produkte sind durch „Disruptive“- und „Breakthrough“-Produkte entstanden. Das Gros, 81 %, haben am bestehenden Produkt weitergearbeitet und auf die Attraktivität der Verbesserung in kleineren Schritten gesetzt.

Incremental Innovations: Ein bestehendes Produkt wird mit sichtbarem Nutzen für den Kunden schrittweise verbessert, so dass es als Neuheit vermarktet werden kann. Beispiel: Das Telefon mit Wählscheibe wird durch die Tastatur weiterentwickelt. Disruptive Innovations: Das Produkt bietet durchschlagende neue Leistungsdimensionen, es erscheint als Marktneuheit und verändert bisherige Marktstrukturen durch Schaffung eines neuen Kundennutzens. Beispiel: Das Mobiltelefon schafft einen zusätzlichen Markt und ein neues Kundensegment.

Bei wie viel Prozent Ihrer Produkt-Neueinführungen sind Sie die Nummer eins, also der Erste mit dieser Innovation auf dem Markt? Anzahl Nennungen in % 35 % 32 %

30 %

28 %

25 % 20 % 19 %

15 %

18 %

10 % 5% 0%

3% 100 % (immer)

>75 %

50 % - 75 %

25 % - 50 %

<25 %

Anteil der Nummer-eins-Hits

Turbulenzen Immer die Nummer eins auf dem Markt: das schaffen nur 3 % der Teilnehmer mit jedem neuen Produkt. Fast die Hälfte eilen durch die beiden Segmente von weniger als 25 % bis 50 % Nummer-eins-Hits. Die andere Hälfte ist von 50 % bis mehr als 75 % auf ingeniösem Entwicklerniveau.

Wie hoch ist das Marktanteilswachstum Ihres Unternehmens in den Marktsegmenten der Produkte, die Sie im Jahr 2010 neu eingeführt haben (ohne Unternehmenszukäufe)? Anzahl Nennungen in % 40 %

40 %

35 % 30 % 25 % 20 %

21 % 18 %

15 % 13 %

10 % 5%

6% 2%

0% <0 %

0 % - 2,5 %

2,5 % - 5 %

5 % - 7,5 %

7,5 % - 10 %

>10 %

Marktanteilswachstum

Warmfront So wenig sich mit unablässiger Innovationsführerschaft brüsten können, so wenig – nämlich nur 2 % – mussten sich 2010 mit einem nahezu Nullprozent-Marktanteilswachstum auseinandersetzen. 40 % der Unternehmen konnten ihr Terrain mit 2,5 % bis 5 % wachsen lassen. Und fast ein Viertel hatten mit 7,5 % bis über 10 % Marktanteilswachstum eine sehr starke Ausdehnung erreichen können.

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>> PIMP UP >>

> INHALT 02/2011

F&E-Spiel: Fun & Educate Sie planen mit Ihrem Entwicklungsteam einen Workshop und suchen nach einer passenden Auflockerung für die Pausen? Wir haben 60 Begriffe mit Best Practices des F&E-Managements ausgewählt, die entweder pantomimisch, in Worten oder als Scribble charakterisiert und von Ihrem Team erkannt werden müssen. Ein Spiel, das Spaß macht und mühelos Wissen vermittelt!

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40 DE R F & E MA N AG E R 0 2 / 2 0 1 1

Damit visualisieren Sie Ihre F&E-Performance im Ist-Zustand und machen Sie für alle Mitarbeiter sichtbar!


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> INHALT 02/2011

Smallkit for Big Ideas Gut gerüstet in den nächsten Workshop: In der kleinen Ideenbox aus Metall finden Sie alles, was Sie für große Ideen benötigen. Kreativitätstechniken Die zwölf besten Kreativitätstechniken als praktischer Posterblock – pro Seite eine Technik, u. a. mit Synektik-Sitzung, Osborne-Checkliste, Disney-Methode. 6-3-5-Kreativblock Block im DIN-A4-Format mit Vorlagen für die 6-3-5-Methode: 6 Teilnehmer, 3 Lösungsvorschläge in nur 5 Minuten. Preis: 60 Euro zzgl. MwSt. und Versand

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> SPECIAL

DAS OK-PRINZIP Von der kreativen Organisation zur organisierten Kreativität von Dr. Lars Förster Initiative and Technology Leader, Global Product & Project Engineering Braun GmbH/Oral-B

I

nnovationen verändern die Welt. Doch bevor neue Ideen und Erfindungen prägende Spuren hinterlassen, sind ausschlaggebende Bewährungsproben zu bestehen: Kunden müssen vom Neuen begeistert werden, Märkte sind expansiv zu etablieren oder zu erobern. Und neben all dem spielt die gesellschaftliche Akzeptanz eine wichtige Rolle. Innovationsführer nehmen diese Bewährungsproben proaktiv vorweg, denn sie richten sich kompromisslos auf ihre Kunden aus und stellen sich als professionelle und unterstützende Organisation auf, in der Kreativität gedeiht.

Den Spieß umdrehen Die Neuheiten von heute sind die Alltäglichkeiten von morgen. Folglich ist Innovation die selbst erneuernde Kraft aller Unternehmen, die sich ein einmaliges Profil schaffen. Dennoch leiden viele Unternehmen an ihrem historischen und damit rückwärtsgerichteten Selbstverständnis. Während sie sich noch immer darauf konzentrieren, neue technische Produkt-Highlights als profilierendes Aushängeschild zu entwickeln, tickt der globale Markt längst nicht mehr nur technikgetrieben. Vielmehr geht es um emotionale Wertvorstellungen und Kommunikation in Verbindung mit technischen Lösungen, die einen echten Aha-Effekt auslösen. Das unternehmerische Handeln muss sich von der Konfrontation des Neuen mit dem Kunden hin zur kundenzentrischen Maßanfertigung eines komplexen Leistungsspektrums reformieren. Bestehende und mögliche neue Kunden bestimmen, wohin die Reise der Produktgestaltung und Differenzierung geht.

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Produkte sind das Spiegelbild der sie erschaffenen Arbeits- und Entscheidungsprozesse – folglich hat die Veränderung hier zu beginnen. Der Drehund Angelpunkt ist die Brückenfunktion zwischen ganzheitlichem Kundenverständnis und der im Unternehmen vorhandenen kreativen Schaffenskraft. Beides stimuliert sich gegenseitig wie eine

Der globale Markt tickt nicht nur technikgetrieben Kettenreaktion. Die Bedeutung von Forschung & Entwicklung, Design, Kundenforschung, Marketing und allen anderen Unternehmensbereichen ist emanzipiert. Die gemeinsame Strategie wird geformt von kundenbestimmten Wettbewerbspotenzialen, authentischer Unternehmensprofilierung und der Fähigkeit, eine fachübergreifende, hoch kompetente Ideenschmiede zu sein. Neben die ordnende Hierarchie tritt verstärkt ein frei interagierendes Arbeitsumfeld. In diesem gibt nicht der Wunsch nach Kontrolle und Bewahrung die Richtung vor, sondern das Anliegen einer richtungsweisenden und nachhaltigen Investition. Ähnlich der Ära, in der das Simultaneous-Engineering in vielen Bereichen das bis dato ineffektive, sequenzielle Abarbeiten von Projekten revolutionierte, ist es Zeit für Simultaneous-Innovation. Eine Arbeits- und Handlungsweise, bei der sich disziplinübergreifend alles um den Kunden- und Unternehmensnutzen dreht. Das 2x100 %-Prinzip skizziert die vielfältigen Ebenen, auf denen alle Unternehmensbereiche sich eng verbunden am Kundennutzen orientieren müssen.


> SPECIAL

nicht ins Negative zu verkehren. Die Gegensätze gekonnt unter einen Hut zu bringen, bildet die zentrale Herausforderung. Innovationsführerschaft entsteht aus einer möglichst ausgeprägten Balance der beiden O.&K.-Extreme.

Der O-Faktor

Spitzenleistung in Organisation und Kreativität, wenn die Balance stimmt

Das 2x100-Prozent-Prinzip Das Rezept der Innovationsführerschaft besteht aus zwei elementaren Zutaten: Kreativität und Organisation. Kreativität ist dabei die Quelle alles Neuen. Organisation als Geburtshelfer, der die Idee geordnet in etwas Brauchbares verwandelt. Das 2x100-Prozent-Prinzip zeigt, dass sowohl in den organisatorischen, als auch den kreativen Disziplinen Spitzenleistungen erforderlich sind. Kreativität ohne Organisation endet im Chaos. Organisation ohne Kreativität führt zu lebloser Bürokratie. Jede wertvolle Eigenschaft lebt von einer völlig gegensätzlichen – wird sogar nur so davor bewahrt, sich

Den direkten und beständigen Einflussbereich eines Unternehmens bildet seine eigene Organisation. Diese repräsentiert die eigene Kultur und Struktur, die Arbeitsprozesse und die Art, Innovationspotenziale zu identifizieren. Die Organisation ermöglicht es, die richtigen neuen Wege aufzuspüren und alles nur Erdenkliche und Sinnvolle für deren Umsetzung zu unternehmen. Dies gilt auch für den Schutz der eigenen Leistung durch Patente, einmalige Kompetenzen und strategische Partnerschaften. Unternehmen müssen eine effiziente Systematik entwickeln, um ihren kreativen Gestaltungsprozessen die richtige Richtung zu geben, Risiken zu bewerten und Chancen realistisch einzustufen. In interdisziplinären Innovationsprojekten ist die Zusammenarbeit von Generalisten und Spezialisten effizient zu organisieren und durch flexible Strukturen und entlastende Systeme zu unterstützen. Ein zentraler Aspekt ist die Kultivierung der richtigen Kompetenzstruktur (d. h., wer tut was, mit wem und mit welchen Mitteln – intern oder extern). Unternehmen müssen sich auf bestimmte Bereiche konzentrieren, in denen sie wirkliche Spitzenleistungen erbringen können, genug intellektuellen „Grundumsatz“ erzeugen. Sie müssen Netzwerke mit anderen Unternehmen aufbauen, deren besondere Kompetenzen sie benötigen. Im Interesse des Managements wird nicht in den kreativen Selbstzweck, sondern in das Innovationspotenzial investiert. Je höher die tatsächlichen Chancen, aus kreativen Ideen eine vom Kunden akzeptierte Innovation zu schaffen – desto besser. Denn umso wirksamer zahlen sich die Investitionen aus.

Der K-Faktor Kreativität, ist eine, dem Menschen angeborene Basisfähigkeit (die allerdings häufig im Laufe des Lebens verkümmert). Vorbild ist die kindliche, lernorientierte Kreativität, die im Arbeitsleben eine erweiterte Sinnrichtung erhält. Es geht nun um die

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> SPECIAL

Dr. Lars Förster geboren 1971, studierte Werkstoff- und Arbeitswissenschaften an der Universität Bremen sowie am National Physical Laboratory in London. Seine beruflichen Schwerpunkte bilden die Produktentwicklung, das Programm- und Projektmanagement sowie die Strategie- und Organisationsentwicklung. Nach vielen Jahren der Führungserfahrung bei Audi und Transrapid sowie im Non-Profit-Bereich promovierte er auf dem Gebiet der Kreativität und Unternehmensführung. Sein vielfältiges und fundiertes Know-how vermittelt er als Kongressreferent und Lehrbeauftragter. Seit 2007 leitet er u. a. globale Innovations- und Technologieprojekte der Marken Braun/Oral-B bei Procter&Gamble. Dr. Förster ist verheiratet und Vater einer Tochter.

Value-Balance ISBN 978-3-8334-6727-1

Suche und das Aufspüren unausgesprochener oder realer Bedürfnisse und Kundenwünsche und die Gestaltung entsprechender Lösungen. Unternehmen müssen es lernen, gezielt kreative Mitarbeiter zu rekrutieren und die oft mit kreativen Persönlichkeitseigenschaften einhergehenden Konsequenzen zu tragen. Sie müssen ein kreativitätsförderliches Arbeitsumfeld bieten, das die folgenden, von Walt Disney trefflich zusammengefassten Bedingungen kultiviert: Neugierde, Mut, Zuversicht und Beharrlichkeit. Studien u. a. von Greg Cummings und Ann Oldham belegen: Nur wenn das Arbeitsumfeld so ist, dass die kreativen Potenziale der Mitarbeiter gehegt, gepflegt und verstärkt werden, wird sich die Beschäftigung von Menschen mit kreativen Gaben durch schöpferische Leistungen auszahlen. Es gilt, Mitarbeiter mit hohem Kreativpotenzial richtig in Stellung zu bringen und zu unterstützen. Konkret heißt dies, unter dem Dach einer sinnvollen und verbindenden Vision eine anregende und tolerante Kultur zu fördern, die die notwendige Vielfalt und Komplexität entstehen lässt und diese dann zielorientiert fokussiert. Dies ist nur bei unterstützenden, die Individualität wertschätzenden Führungsstilen möglich. Bei aller Freiheit ist für Klarheit von Zielen, Erwartungen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu sorgen. In der Praxis wird unmissverständlich deutlich, welch zentrale Rolle die Führungspersönlichkeiten im Unternehmen spielen. Je nach ihrer

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Professionalität sind sie Zerstörer oder Multiplikatoren des kreativen Potenzials. Dies gilt in besonderem Maße auch für die Leiter von Innovationsprojekten. Die häufig gegenüber der dominierenden Fachhierarchie unterbewertete Projektführung bedarf einer aufwertenden Anpassung. Auch das grundsätzlich vom Industriezeitalter geprägte Arbeitsverständnis bedarf einer echten Revolution. Es muss einer dynamischen Arbeitsform und einem sinnmotivierten Engagement weichen. Denn nur so lässt sich das vorhandene Potenzial entfalten und dem in all-

Freiwilliges Engagement wecken! jährlichen Gallup-Studien erhobenen Dauertrend entgegenwirken, wonach demotivierte und innerlich gekündigte Mitarbeiter die deutsche Industrie jährlich 200 Milliarden Euro kosten und nur 13 von 100 Mitarbeiter ihr Bestes geben. Kreative Innovationen entstehen, wenn Menschen mehr geben, als formell einforderbar wäre – wo sich Mitarbeiter so einbringen wie im ehrenamtlichen Einsatz. Auf dem besten Weg zum Innovationsführer ist ein Unternehmen, wenn es eine unterstützende, richtungsleitende und profitorientierte Organisation so zu gestalten vermag, dass diese die Kreativität sogar zur besonderen Entfaltung bringt und das freiwillige Engagement der Mitarbeiter weckt. <


> SPECIAL

„Simultaneous-Innovation” Innovation als strategischer Schachzug: Innovation ist als Strategie zwingend zu etablieren – u. a. in Kultur, Führung & Management, Entscheidungspolitik, Auswahl und Entwicklung von Mitarbeitern, Employeer Branding. Offenheit zur Kooperation: Innovationen werden immer komplexer, dass heißt, zunehmend werden Spitzenleistungen auf Fachgebieten benötigt, über die ein Unternehmen gar nicht, nur teilweise oder unausgereift verfügt. Wer sich isoliert und sich alles selbst zutraut, hat längst Innovationspotenzial verloren. Es geht darum, interne und externe Partnerschaften aktiv zu kultivieren und zu formen. Transparenz der realen Möglichkeiten: Innovationen nehmen Form an, wenn brillante Ideen professionell in Produkte übertragen werden. Alle Fachleute müssen auf dieses eine Ziel fokussiert sein, ein gesundes Selbstverständnis ihrer Fähigkeiten und Defizite haben und sich ggf. Verstärkung organisieren. Sich selbst etwas vorzumachen, lässt Innovationsprojekte leiden oder sterben.

Flexibilität der Aufstellung: Innovationen entstehen durch Verbindungen der richtigen Leute, Kompetenzen, Firmen usw. Entsprechend muss sich das Ressourcen-Kompetenzgefüge den Bedürfnissen der Innovationsprojekte anpassen. Eine starke Projektkultur ist hier hilfreich. Organisches Wachstum: Das Unternehmenswachstum muss durch neue Produkte von innen kommen und nicht durch Akquisitionen erkauft werden. Nur so fordern sich Unternehmen zur Innovation heraus, suchen sich die richtigen Zielgruppen und riskieren den Sprung ins neue Terrain. Und sie sind gezwungen, Innovationen möglichst effizient auszuschöpfen. Sinn – Begeisterung für Innovation: Während Mittelmaß und Status quo Innovation ersticken, ist Engagement und Leidenschaft fürs Neue und für Spitzenleistung der zentrale Antrieb und Motivator. Führung – die Energie freisetzt: Die Führungsmannschaft, zu der die Leiter von Innovationsprojekten gehören, spielt eine zentrale Rolle, Vorbild zu sein, Werte authentisch zu leben, Innovationen klar zu fördern, alles zu unternehmen, sie zu ermöglichen und den Führungsnachwuchs entsprechend zu trainieren.

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> WISSEN | LEXIKON

F&E-MANAGEMENT A-Z Drei Innovationstypen Disruptiv

Peter Gresch Geschäftsführer Entwicklung und Elektronik Brose Gruppe

Die Produkte bieten durchschlagende, neue Leistungsdimensionen. Sie verändern etablierte Marktstrukturen durch Schaffung eines neuarti-

gen Kundennutzens und sprechen neue Konsumentengruppen an. Beispiele: die erste Generation der – noch sehr unhandlichen und teuren – Mobiltelefone, Billgfluganbieter wie Ryanair, das MP3-Format, Kleinwagen asiatischer Fahrzeughersteller. In diesen vergleichsweise unteren Leistungssegmenten sind meist geringere Gewinnspannen erreichbar. Aber mit der Chance auf hohe Verkaufsvolumen. Dieses – zunächst – kleinere Kundensegment ist für Marktführer oft nicht interessant genug, weil es als noch nicht wichtig genug bewertet wird.

Inkrementell

Hans Betz Group Vice President, Head of Research & Development Banknote Processing Giesecke & Devrient GmbH

Der Entwicklungs- und Umsetzungsaufwand inkrementeller Innovationen liegt zwischen dem von „Sustaining“- und „Breakthrough“Innovationen. Er beinhaltet die

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Weiterentwicklung, einer Technologie bei der der eingeschlagene Technikpfad nicht verlassen wird. Lässt man diese Innovationen auf Basis eines Plattformansatzes entstehen und bringt sie in geplanten Releases in den Markt, dann wird damit hohe Effektivität zu optimierten Kosten ermöglicht. Durch den Ausbau der Produktfunktionalität bleibt das Unternehmen wettbewerbsfähig oder kann seine Marktanteile ausbauen. Inkrementelle Innovationen bergen aufgrund der bekannten Marktsituation, des abschätzbaren Entwick-

Hierin besteht das hohe Risikopotenzial: Brechen die Produkte durch ihre zunehmende Verbesserung in den Markt ein, wechseln auch anspruchsvolle Konsumentengruppen zu der neuen Konkurrenz. Wollen etablierte Unternehmen disruptive Innovationen im Markt platzieren, müssen sie eine entsprechende Innovationskultur begründen: durch die frühzeitige Suche nach möglichen Produktnachfolgern, Projektführung durch Topmanager, Bereitstellung von Ressourcen, Bildung von Expertenteams und Schulungen, um das Potenzial disruptiver Innovationen zu erkennen. <

lungsrisikos und damit -aufwands und Nutzen, ein geringeres Umsetzungsrisiko. Obwohl sie auf kleinere Innovationshübe konzentriert sind, können inkrementelle Innovationen langfristig zu einem disruptiven Effekt führen. Beispiel: die ständige Weiterentwicklung des Telefons durch Satellitentechnik sowie der PreisLeistungs-Verhältnisse für die Telefonie und dem Internet brachten schließlich das Mobiltelefon derart erfolgreich in den Markt, dass es mittlerweile immer häufiger das Festnetztelefon – trotz Weiterentwicklung von Tastatur, Mehrfrequenzwahl und ISDN – ersetzt. <


> LEXIKON | PERSONALIE

Breakthrough

Dr.-Ing. Gerd Eckelmann Vorstandsvorsitzender der ECKELMANN AG

Das Produkt erreicht bei Markteinführung eine hohe Aufmerksamkeit und eine hohe Akzeptanz durch

einen hohen Neuheitsgrad in der Produktfunktionalität. Es erzielt einen sprunghaft ansteigenden Umsatz und damit raschen „Durchbruch“ in der zuvor etablierten Wettbewerbssituation in einem bestehenden Markt. Beispiel: Das Kabeltelefon wurde durch das Schnurlostelefon abgelöst. Es gelingt nur wenigen Unternehmen kontinuierlich „Breakthrough“Innovationen zu entwickeln. Sie beherrschen das Erkennen eines

Market Pull (Marktbedürfnis) und den dadurch initialisierten Technology Push ebenso gut wie das umgekehrte Vorgehen. Diese sogenannten „Breakthrough“-Innovationen erfordern höhere F&EInvestitionen, haben längere Entwicklungszeiten und ein entsprechend höheres unternehmerisches Risiko als inkrementelle Innovationen. Gelingt das rechtzeitige und gut kommunizierte Platzieren der Produkte im Markt, führen sie durch ihre Attraktivität und eine fehlende Vergleichssituation zu Wettbewerbern zu hohem Erlöspotenzial. <

PERSONALIE

konnte 2010 einen Umsatz von 13,3 Mio. Euro verzeichnen. <

Verena Graf hat zum 01. Januar 2011 die Position Vice President und Chief Technology Officer der SFC Energy übernommen. Frau Graf war zuvor als Entwicklungsleiterin bei SFC tätig. Dr. Jens Müller, hat nach zehn Jahren des Aufbaus für SFC seinen Vorstandsvertrag nicht verlängert. Er ist nun Mitglied im SFC-Aufsichtsrat. SFC Energy AG ist Marktführer für mobile und netzferne Energieversorgungslösungen auf der Basis der Brennstoffzellentechnologie und

Dr. Peter Köhler ist seit 1. März 2011 Vorstandssprecher der Weidmüller-Gruppe in Detmold. Dort gehört er dem dreiköpfigen Vorstandsteam neben Harald Vogelsang (Finanzvorstand) und Volpert Briel (Vertriebsvorstand) an. Dr. Peter Köhler ist seit 2002 Geschäftsführer der W. C. Heraeus GmbH in Hanau. Diese ist ein Geschäftsbereich des Edelmetall- und Technolo-

gieunternehmens Heraeus. Von 1996 bis 2002 war Köhler Mitglied der Geschäftsleitung der Weidmüller-Gruppe. Köhler ist Mitglied des Vorstandes des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), Mitglied der Nationalen Plattform für Elektromobilität (NPE) der Bundesregierung Deutschland sowie Mitglied im OAV, der German AsiaPacific Business Association. Die Weidmüller-Gruppe ist weltweit führender Anbieter von Lösungen für die elektrische Verbindung, Übertragung und Wandlung von Energie, Signalen und Daten im industriellen Umfeld. Im Geschäftsjahr 2009 erzielte die Weidmüller-Gruppe einen Umsatz von 401 Mio. Euro mit 3.700 Mitarbeitern. <

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> KOLUMNE

VOM WERT DER WERTE Ein Plädoyer für weniger, dafür gelebte Werte von Boris Grundl Grundl Leadership Akademie

Was sind Werte? Werte sind persönliche Überzeugungen darüber, was wir für besonders wichtig halten. Werte sind Glaubenssätze in Bezug auf richtig, falsch, gut und böse. Jemandem Gewalt antun ist falsch, einem Gebrechlichen über die Straße helfen ist gut. Doch: Einen Terroristenchef in seinem Versteck zu töten ist etwas anderes. Gar nicht so leicht mit diesen Werten! Werte entwickeln sich, indem uns ein Vorbild vormacht, was wir tun, sagen und glauben sollen. Die Umgebung – vorneweg die Eltern – prägt von Geburt an unsere Werte. Die meisten Werte werden uns durch Strafe und Belohnung programmiert, über Nähe und Distanz. Aber die Ausbildung von Werten geschieht nicht nur durch Vorbilder. Sie vollzieht sich auch am Arbeitsplatz, wo das gleiche Prinzip von Bestrafung und Belohnung gilt wie bei der Erziehung von Kindern. Deswegen ist es schwer, befördert zu werden, wenn man nicht ähnliche Werte vertritt wie sein Chef. Werte verändern sich mit unseren Zielen und mit unserem Selbstbild. So definieren frisch Verliebte „Liebe“ als Leidenschaft. Wenn aus dieser Leidenschaft ein Kind entsteht, so versteht die Frau Liebe eher als Unterstützung. Hoffentlich bekommt der Mann diese Werteveränderung dann mit …

Grundlegende Werte Werte könnten nicht fundamental sein, wenn es zu viele von ihnen gibt. Sie sind wie Säulen, auf denen unser Gemeinwesen ruht. Insofern ist unsere Gesellschaft kein Tausendfüßler. Es gibt viele unterschiedliche Werte, die allerdings in erstaunlicher Weise ähnlich funktionieren. Daher fahren wir mit

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wenigen, tief gehenden und dauerhaften Wertvorstellungen weitaus besser als mit vielen Werten, die flach und austauschbar sind. Halten wir es mit dem Volksmund: Weniger ist mehr. Dass grundlegende Werte „tief“ sind, sieht man daran, dass sie auf allen gesellschaftlichen Ebenen tragfähig sind. Respekt, Vertrauen und Verantwortung funktionieren in Freundschaft und Liebe, in Erziehung und Ausbildung, im Verein, am Arbeitsplatz und in der Politik gleichermaßen – wenn man bereit ist, ihnen zu folgen. Wer sich intensiver mit Werten beschäftigt, wird die Ähnlichkeit in der Tiefe klar erkennen. Niemand würde ernsthaft bezweifeln, dass Respekt etwas anderes ist als Vertrauen und dass Verantwortung nicht dasselbe bedeutet wie die beiden anderen. Dennoch haben Vertrauen und Verantwortung ganz viel mit Respekt und umgekehrt zu tun. Werte sind keine unabhängig im Raum stehenden Säulen, sondern schaffen ein gemeinsames Gebilde, auf dem das Miteinander ruht.

Der Werteüberfluss und seine Folgen Ob in sozialen Bezügen, in der Kindererziehung oder im Unternehmen: Zu viele Werte verwirren und bringen Orientierungslosigkeit. Das kostet unnötig Zeit und Energie. Der Gutmensch ist das klassische Beispiel für jemand, der mit Werten um sich wirft, anstatt Probleme auf einer tieferen Eben grundlegend zu lösen. Das heute so beliebte Moralisieren verunglimpft essenzielle Werte zu Modewellen für Weichgespülte. Dabei sollen diese Werte doch das genaue Gegenteil sein – auf Dauer angelegte, festgefügte und verbindliche Säulen menschlichen Handelns.


> KOLUMNE

Für Gutmenschen – Menschen, die es gut meinen, aber nicht gut machen – ist die heutige Werteflut ein gefundenes Fressen. Sie finden permanent Vorgänge, die zum Einschreiten verleiten. An verantwortlicher Position jedoch verzögern und blockieren sie mit ihren Vorbehalten wichtige Prozesse.

Warum ohne Selbstwert führen mit Werten unmöglich ist Wie wirken Werte? Werte sind die wichtigsten Motivatoren! Nicht alles, was Sie motiviert, motiviert andere! Ihre Werte bestimmen zu einem großen Teil mit, wie Sie etwas wahrnehmen und einschätzen. Ein ehrgeiziger Karrierist deutet die Zurechtweisung

Boris Grundl bei einem seiner Vorträge 2010 – Alter Bundestag

In der Mitarbeiterführung zeigt sich sehr deutlich, ob jemand grundlegende Werte lebt oder ethischen Götzenbildern nacheifert. Wer sich in wichtigen Change-Prozessen nicht zwischen dem Wohlfühlbe-

Werte leben statt proklamieren dürfnis der Mitarbeiter und den Erfordernissen des Unternehmens entscheiden kann, wird zum Bock, den man zum Gärtner gemacht hat. Wessen Charakter nicht auf wenigen kraftvollen Werten ruht, der schlingert in extremen Situationen von einem zum anderen und endet handlungs- und führungsunfähig.

eines Kollegen anders als ein Gewerkschaftler mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsstreben. Diese Wahrnehmung beeinflusst, wie Sie darauf reagieren und handeln. Beachten Sie Ihre und die Werte anderer, dann sprechen wir von einem „wertorientierten Führungsstil“. Eine weitere Wirkung von Werten zeigt sich in ihrer Spiegelwirkung von innen nach außen. Wer sich selbst gegenüber respektlos ist, wird keinen Respekt anderen gegenüber entwickeln. Wer kein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten hat, wird seinen Mitarbeitern ebenso misstrauen. Und wer sich mit Eigenverantwortung schwertut, wird seiner Umwelt nur eine Scheinverantwortung entgegenbringen und zugestehen.

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> KOLUMNE

Boris Grundl gehört als Führungsexperte und charismatischer Kongressredner zu Europas Trainerelite. Er ist Managementtrainer, Unternehmer, Autor sowie Inhaber der Grundl Leadership Akademie und ein gefragter Referent und Gastdozent an mehreren Universitäten. Boris Grundl ist als prominenter Experte gern gesehener Gast und Protagonist in Fernsehen und Radio (u. a. ARD, ZDF, WDR, MDR, 3sat, SWR, RBB, FFH). Seine Grundl Leadership Akademie befähigt Unternehmen, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden. Aus der Praxis für die Praxis. www.grundl-akademie.de und www.diktatur-der-gutmenschen.de

Ein pubertierender Jugendlicher fordert übermäßig viel Respekt von seinem Umfeld ein. Im Prozess des Erwachsenwerdens kommt dann die Einsicht, dass man erst etwas geben muss, bevor man etwas bekommen kann. Das heißt, ich muss erst andere respektieren, bevor ich Respekt erfahren kann. Leider scheinen nicht alle Erwachsenen dieses Prinzip verstanden zu haben. Sie werfen anderen das vor, was sie selbst nicht vorleben. Gleichzeitig sind sie immer schnell darin, andere moralisch infrage zu stellen. In der Führungsverantwortung führen diese Defizite zu einer gefährlichen Spirale. Wer seinen Selbstwert nicht spürt, wird alles tun, um seine fehlende Bestätigung von außen zu erhalten. Er wird dazu neigen, seine Mitarbeiter zu schonen, indem er sie zu wenig fordert und nicht konsequent genug entwickelt. Auf der anderen Seite überfordert er sich, weil ihm der Mut und das Vermögen zum Delegieren fehlen.

Durch Selbstachtung Respekt ernten Damit tut er weder sich noch seinen Mitarbeitern einen Gefallen und er betrügt sein Unternehmen um die Führungsqualitäten, für die er bezahlt wird. Wir sehen hier sehr schön, wie Werte mit dem Wert zusammenhängen, den man sich selbst und anderen beimisst. Wenn ich jemanden wertschätze, äußert sich das, indem ich ihn einem höheren Wertesystem folgend behandle. Viele Antrittsreden neuer Führungs-

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kräfte sind den Atem nicht wert, der zwischen ihren Worten zu hören ist. Wertschätzung wird wortreich und wohlfeil gepredigt, ist aber schon Makulatur, sobald die ersten Entscheidungen anstehen. Deswegen gilt: Weniger darüber reden, als danach handeln!

Mangelnde Wertschätzung und Misstrauen Wir können einen Mangel an Vertrauen, Respekt und Verantwortung anderen gegenüber als einen Mangel an Wertschätzung zusammenfassen. Dies ist deshalb möglich, weil alle diese Werte im Endeffekt zum gleichen Unwert führen: Misstrauen. Dieses Misstrauen ist global und wirkt sich auf allen Führungsebenen aus. • Ich habe kein Vertrauen in die Fähigkeiten meiner Abteilung und übernehme alle halbwegs wichtigen Aufgaben selbst. Damit degradiere ich meine Mitarbeiter zu Marionetten und zerstöre ihre Kreativität. Mich selbst überfordere ich dabei. Ich werde zum Flaschenhals. Meine Fehlerquote erhöht sich. • Ich folge Lenins Maxime „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Viel besser wäre: Vertrauen ist gut, Kontrolle auch. Denn akzeptierte Kontrolle ist eine vertrauensbildende Maßnahme! Vertrauen und Zutrauen lässt Menschen das Beste aus sich herausholen. • Ich traue meinen Mitarbeitern keine Kritikfähigkeit zu und werde sie schonen, wenn klare Worte angebracht sind. Ich könnte aber versucht sein, Sündenbocke zu suchen, wenn mein Versagen beim


> KOLUMNE

Delegieren und Anleiten die Ursache für Fehler ist. • Der wesentliche Wert meiner Mitarbeiter ist der, meine schlechte Selbstwahrnehmung zu überdecken. Deshalb werde ich sie meist so behandeln, dass sie mir nach dem Mund reden und sich abducken. Seien Sie vorsichtig, wenn Sie zu viele angenehme Dinge hören! Menschliche Basiswerte werden im Unternehmen vor allem dann untergraben, wenn die Mitarbeiter und besonders die Führungskräfte ihrer selbst unsicher sind. Dabei wirkt das Prinzip von oben nach unten. Motivierte und kreative Mitarbeiter werden systematisch ihrer Antreiber beraubt. Weil sie nicht mehr gefordert werden, werden sie auch nicht mehr gefördert und klein gehalten. Dadurch bleibt die Führungskraft relativ größer und pflegt ihren Nimbus als Gallionsfigur der Abteilung oder des Unternehmens.

Orientierung versus Orientierungslosigkeit Durch Zickzackkurse werden die Mitarbeiter unglaublich verunsichert. In allen oben genannten

Punkten wird eine immense Ambivalenz offenbar. Mitarbeiter werden mit Samthandschuhen angefasst, wenn deutliche Worte und klares Handeln gefragt sind. Andererseits werden sie drangsaliert und zu Unrecht kritisiert, wenn mangelnde Charakterstärke zu Fehlern führt. Was den Mitarbeitern oberflächlich guttut, senkt die Leistung der Einheit. Mangelnde Wertestabilität führt zu einem Mangel an Selbstwertgefühl und damit zu einem Defizit im gesamten Wertesystem. Es scheint trivial, um Werte zu wissen und von ihnen zu reden. Aber es ist umso schwieriger, sie wirklich immer konsequenter zu leben. Ein Vorgesetzter, der sein Umfeld des Selbstwertes beraubt, wird mit einem schwachen Team belohnt. Auch hier hören wir den weisen Volksmund sagen: Der Fisch fängt immer am Kopf an zu stinken. Bitte legen Sie sich kein stärkeres Parfüm zum Übertünchen des Fischgeruches zu, sondern leben Sie die Werte Verantwortung, Respekt und Vertrauen intensiv. Und übrigens: Diese Werte passen in jedes Firmenleitbild. <

Was Sie sich nicht gefallen lassen dürfen, wenn Sie etwas bewegen wollen Das Gegenteil von gut ist gut gemeint! Dieses Zitat von Kurt Tucholsky zieht sich wie ein roter Faden durch das neue Buch von Führungsexperte Boris Grundl. Diktatur der Gutmenschen. Was Sie sich nicht gefallen lassen dürfen, wenn Sie etwas bewegen wollen: Grundl entlarvt schonungslos, wie eine Gesellschaft, die starke Individuen braucht, schwache Geschöpfe produziert. Wie sie Stillstand erzeugt, obwohl sie Fortschritt benötigt. Das Problem sind die Gutmenschen, die sich auf Kosten der Schwachen Macht und Überlegenheit verschaffen. Sie glauben, etwas Gutes zu tun, bewirken jedoch das Gegenteil. Menschen werden systematisch klein gehalten und zur Abhängigkeit dressiert. Boris Grundl zeigt die fatale Wirkung durch das Kultivieren von Schwäche in Politik, Wirtschaft, Bildung und Erziehung. Er fordert mehr Menschen-Entwicklungshilfe und liefert mit seinem neuen Titel einen Wegweiser zur mehr Verantwortung, besseren Ergebnissen und höherer Wirkung. Econ Verlag, ca. 256 Seiten, ISBN: 978-3430201070

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> WORK-LIFE-BALANCE

Born to perform! Unser stärkster Gegner im Kampf gegen eine ungesunde Lebensweise sind wir selbst. Warum ist das so? Ganz einfach – es fällt Menschen extrem schwer, ihren Lebensstil zu verändern. Dabei wissen die meisten von uns genau, dass unsere Balance zwischen Arbeitsbelastung, Freizeit und Familie der Wertbestimmung der eigenen Gesundheit entspricht. von Ralph Goldschmidt Coach und Autor

„Zwei von drei deutschen Managern fühlen sich im Job ausgebrannt“: So lautet die Schlagzeile einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung aus dem Herbst 2009. 70 Prozent der befragten Manager geben an, unter dauernder psychischer und physischer Erschöpfung zu leiden. Die Hälfte von ihnen findet am Arbeitsplatz kein Zeitfenster mehr für eine Pause. Dabei befindet sich, wer 14 Stunden am Tag arbeitet, im Zustand tätiger Besinnungslosigkeit. Erholung und Regeneration zwischendurch sind unmöglich geworden. Aus Schaden wird man klug? Mediziner schätzen, dass 20-30 Prozent aller Berufstätigen im Laufe ihrer Karriere mindestens einmal von einem Burnout betroffen sind. Mit 10 Prozent nimmt aber nur ein kleiner Teil der Betroffenen professionelle Hilfe in Anspruch. Das Statistische Bundesamt protokolliert: Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sind in Deutschland mit 46,5 Prozent die häufigste Todesursache. Im Gegenzug belegen amerikanische Forschungen, dass ein fitter Mittvierziger nur ein 3,5-prozentiges Infarktrisiko aufweist, während Bewegungsmuffel einem Risiko von fast 14 Prozent ausgesetzt sind. Zehn Jahre später stehen 15,3 Prozent einem Extremrisiko von mehr als 34 Prozent gegenüber. Aber nur 10 Prozent aller Herzinfarktopfer schaffen es, ihre Gewohnheiten dauerhaft zum Positiven zu verändern! Träumen heißt, Ziele zu entwickeln Der Informationsstand ist also offensichtlich nicht das Problem. Die meisten Menschen wissen um die Folgen einer unausgeglichenen Lebensweise. Schwierig ist, konkrete Ziele zu finden, sie umzusetzen und langfristig seine

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Gewohnheiten zu ändern. Studien zeigen Überraschendes, nämlich dass es tatsächlich helfen kann, zu träumen. Also zum Beispiel, sich intensiv vorzustellen, wie Sie ein paar Pfund leichter zu einem entspannenden Abendlauf aufbrechen, um nach dem harten Tag herunterzukommen. Oder wie Sie mit Ihrer Partnerin leger gekleidet beim Italiener sitzen und den Abend bei Saltimbocca alla Romana und einem kräftigen Roten ausklingen lassen, statt daheim vor dem Laptop zu sitzen. Oder wie Sie auf dem Weg zur Arbeit den Umweg über die kleine, romantische Landstraße nehmen, auch wenn es sie 20 Minuten mehr kostet, als auf der Autobahn gegen testosterongeladene Raser anzutreten. Szenarien gibt es genug. Hilfreiches Kontrastprogramm Visualisieren ist aber nur der erste Schritt. Sie müssen anders einkaufen, Ihren Rhythmus umstellen, Zeit für Bewegung einplanen, Wege finden, Ihren Stress zu mindern und vieles mehr. Damit Ihr Traum nicht bei der ersten Realitätsprobe wie eine Seifenblase zerplatzt, sollten Sie sich alle möglichen Hindernisse konkret vorstellen. In der Fachsprache heißt dieser Ansatz „Mentales Kontrastieren“ (nach Oettingen und Thorpe). Er lebt vom Gegenüberstellen der positiven Zukunft und der persönlichen Ziele auf der einen


> WORK-LIFE-BALANCE

ISBN: 978-386936-107-9 ISBN Hörbuch: 978-386936-209-0

Seite und möglichen Hindernissen und Blockaden auf der anderen Seite. Beim Mentalen Kontrastieren sammeln Sie persönliche Gesundheits- und Veränderungsanliegen und machen sich klar, welche positiven Zukunftsaspekte und Hindernisse damit für Sie verbunden sind. Der große Vorteil gegenüber den üblichen und halbherzigen „Ich müsste eigentlich mal …“-Formulierungen liegt auf der Hand: Ihre „Traum-Ziele“ werden verbindlicher und Ihre Hindernisse verlieren den Schrecken. Dem Gehirn sinnvolle Wege bahnen Ihre Hemmschuhe wollen jedoch abgestreift werden, sonst ist es Essig mit den Verlockungen der positiven Zukunft. Deswegen ist jetzt mentales Handeln angesagt: Entwickeln Sie konkrete Strategien. Denn selbst wenn Sie topmotiviert sind, schlägt oftmals der „innere Schweinehund“ zu und sie verlieren Ihre guten Absichten aus den Augen. „Durchführungsvorsätze entwickeln“ heißt hier das Zauberwort. Das bedeutet, dass Sie im Vorfeld eine Art „kognitiver Spuren“ anlegen, auf denen Sie sich bewegen können (nach Gollwitzer, 1993: „implementation intention“) und die es dem Gehirn leichter machen, Vorsätze in Verhalten umzuwandeln. Ebenso nehmen Sie Ihre künftigen Hindernisse mental vorweg und legen bereits im Vorfeld Ihre Reaktion fest. Geschmacksverstärker? Nein, danke! Beispiel: Eine erste Strategie brauchen Sie für den Fall, dass ein konkretes Hindernis auftritt. Ein Hindernis könnte sein, dass Sie spätabends regelmäßig Heißhunger bekom-

Ralph Goldschmidt diplomierter Volkswirt und Sportwissenschaftler, ist Redner, Coach und Experte für schwierige Balanceakte: für berufliche Leistungsoptimierung und private Lebensqualität, für Höchstleistungen und Wohlbefinden, für Arbeitskraft und Lebenslust. Er ist gefragter Interviewpartner in den Medien, Gastdozent an mehreren Hochschulen und Akademien sowie Professional Member der German Speakers Association (GSA). Zu seinen Kunden zählen die meisten DAX-30-Unternehmen, namhafte Mittelständler und Verbände. www.ralph-goldschmidt.de

men. Sie möchten aber möglichst zu festen Zeiten essen und sich dabei gesünder ernähren. Ihre Strategie: „Wenn ich abends vor dem Schlafen Heißhunger bekomme, esse ich Obst statt einen Snack voller Geschmacksverstärker.“ Zum Zweiten: Wie können Sie kritischen Situationen vorbeugen, wenn Sie Heißhunger haben, aber das Obst fehlt? Also nehmen Sie sich vor: „Wenn ich am Samstag mit der Familie unterwegs bin (weil Sie endlich Ihren Vorsatz umsetzen, mehr Zeit mit ihren Lieben zu verbringen), dann kaufe ich so viel Obst, dass ich eine Woche lang damit auskomme.“ Und zum Dritten bestimmen Sie, wie Sie auch in Ausnahmesituationen an Ihren Zielen festhalten. Eine solche Situation wäre etwa, bei einem Geschäftsessen mit Kalorienbomben zum Dessert konfrontiert zu sein. Die passende Strategie: Im Vorhinein festlegen, dass Sie Ihr Essen ausnahmslos mit einem Espresso beschließen und auf ein Stück Konfekt oder einen Keks im Schatten der Tasse hoffen. Aktuelle Studien zeigen, dass diese Kombination aus „Mentalem Kontrastieren“ und „Durchführungsvorsätzen“ als Selbstregulationstechnik sehr erfolgreich ist. Praxistipp: Führen Sie Protokoll Um Ihre Durchführungsvorsätze wirksam auf den Punkt zu bringen, ist ein wenig Vorarbeit unerlässlich. Nur wenn Sie Ihren Status quo kennen, können Sie auch einschätzen, wo Ihre Hindernisse liegen und wie diese zu überwinden sind. Mein Vorschlag dazu: Protokollieren Sie eine Zeit lang – vielleicht einen Monat – in einer Art Tagebuch, was Sie an Sport treiben, wie viel Zeit für Ihr privates Umfeld bleibt und wie Sie sich ernähren. Sie dokumentieren ebenso, wenn Sie abends wieder Klavier auf Ihrem Firmen-Notebook spielen, statt ein gutes Buch zu lesen. Sie müssen nicht Ihr Seelenleben minutiös in belletristische Form bringen; eine stichwortartige oder tabellarische Auflistung genügt. Nutzen Sie die Nischen, die Sie erkennen, für Ihre kleinen Fluchten und gestalten Sie Ihre Freizeit neu. Statt weiter hochtourig zu drehen oder nur passiv „auszuspannen“, suchen Sie die aktive Erholung und schaffen so ein funktionierendes Gegengewicht gegen organische Stresskrankheiten und Burn-out. <

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> PS

Innovationsf端hrer zu werden

ist schon schwer Innovations-

f端hrer sein sogar noch

mehr

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> PS

Vor dem tiefen Fall herab vom Olymp der Marktführer ist kein Unternehmen gefeit: Nintendo schlägt Sony auf dem Spielkonsolenmarkt. Apple schlägt Sony im Mobilfunkmarkt. Samsung schlägt Sony im TV-Herstellermarkt. Apple und Samsung schlagen auch Nokia im Mobilfunkmarkt. Abstiege aus der Topliga. Dem Wettbewerb nicht gewachsen. – Welche Aufgaben wurden versäumt? Oder konnten die Finnen und die Japaner das Smartphone so schnell nicht um die Ecke biegen sehen?! Der Siegeszug des Smartphones aus dem Hause Apple macht nicht nur Handyentwicklern Sorgen. Apple kommt mit dem Produzieren seiner iPads nicht nach, während Microsoft Schwierigkeiten hat, seine PCs zu verkaufen. Wenn es Nokia möglich ist, fließen spätestens jetzt – vielleicht zu spät – große Investitionssummen in die F&E. Der Druck auf die Entwickler wächst enorm, da die Zeit drängt. Nokia will mit seiner neuen Handygeneration erst Ende 2011 auf den Markt kommen – sollten sie das Weihnachtsgeschäft verpassen, steht neben Übernahmegerüchten eventuell eine große Umstrukturierung an. Das hat Nokia im Laufe seiner doch stolzen 150-jährigen Geschichte schon erlebt: Vom Papier- zum Gummistiefelhersteller zum Handykonzern zum … ? Einzig die Vision will gefunden, geschrieben und verwirklicht sein. Sonys Verlust von Innovationsführerschaft ist aber nur teilweise hausgemacht. Erschütterungen von außen: Das Erdbeben führte zu Fabrikschließungen, der Datenklau kostet den Konzern mehr als 100 Millionen Euro. Ein Blick zurück: Was war vor drei Jahren? Wie gehen Sie heute mit der Krise um, die doch erst kürzlich die Weltwirtschaft schockiert hat? Ist Ihr Unternehmen mit einem blauen Auge oder blauäugig daraus hervorgegangen? Die atomare Katastrophe in Japan, die Kriege und Terrorzustände im Nahen Osten – aber die Börsenkurse reagieren nicht mehr als Bulle und Bär, sondern kommen als lahme Ente daher –, fördert das die schleichende Abstumpfung? Kann eine solche Abstumpfung Höchstleistungen verhindern? Welches Unternehmen wurde in unserer Kennzahlenumfrage zum Innovationsführer weit vor allen anderen gekürt? Apple.

Also was zum … macht Apple eigentlich richtiger? Auch Apple hat schon Flops produziert und Krisen erlebt. Sei es, dass die Kühlung einer neuen Mac-Serie nicht funktionierte oder Geräte vom Markt genommen werden mussten, weil Batterien explodierten. Apple nutzt ebenfalls – wie jedes globale Unternehmen – das Schmieden von Allianzen, um im Ring gegen starke Konkurrenten als Sieger hervorzugehen: Langjährige Kämpfe um die Innovationsführerschaft schreiben die Geschichte des markenstarken Unternehmens aus dem Silicon Valley. Als aber um die Jahrtausendwende der PC-Markt gesättigt war, eroberte sich Apple mit neuen Technologien weitere Kundensegmente. Vorhandene Kernkompetenz: Digital Lifestyle! Käufer: Digital Natives. Übersetzung: Vernetze die Sinne digital. Der iPod, das iPad, das iBook fallen in kurzer Folge und steter Verbesserung vom Ast. Noch ist es undenkbar: Aber wer und wann wird Apple vom Baum schütteln? Intel passiert es schon – sie kennen ihren Gegner, der an ihrem Erfolg rüttelt: Die britische Chipentwicklerfirma ARM. Sie ist klein, sie produziert nicht, sondern entwickelt. Und statt Chips sollen es bald auch Prozessoren sein. Intel hat für 2011/2012 nun schnell 7 Mrd. Dollar lockergemacht. Wofür? Für die F&E ... Mehr über Freude und Ergebnisdruck im nächsten DER F&E MANAGER 03/2011 : Time-to-Market.

Am 22. September 2011.

Herzliche Grüße!

Gabriela Weitenauer, Redaktionsleitung

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F&E MANAGEMENT- KONFERENZEN 2011 > INHALT 02/2011

EFFIZIENTE ENTWICKLUNGSPROZESSE

VORENTWICKLUNG

Best Practices und Tools zur Verkürzung von Entwicklungszeiten. 15./16. September 2011

Mehr Effektivität in der frühen Phase.

F&E-PERFORMANCE MESSEN UND STEIGERN

PRODUKT-PLATTFORMEN

F&E-Kennzahlen und Best Practices. 10./11. November 2011

29./30. September 2011

Intelligente Konzepte nachhaltig umsetzen. 01./02. Dezember 2011

Anmeldung & Information: Doris Papaikonomou, dp@asup.de AXEL SCHRÖDER & PARTNER UNTERNEHMENSBERATUNG Rudolf-Diesel-Ring 15, D-83607 Holzkirchen Tel.: +49 (0)8024 / 99 35 -16, Fax: +49 (0)8024 / 99 35-45

Als größter Veranstalter von F&E-Management-Konferenzen im deutschsprachigen Raum nutzen Geschäftsführer, Vorstände und F&E-Führungskräfte seit über zehn Jahren die Veranstaltungen von AXEL SCHRÖDER & PARTNER, um sich über Best Practices zu informieren und ihr persönliches Netzwerk zu erweitern. Während der Konferenzen profitieren Sie von der jahrelangen Praxiserfahrung der Referenten und vertiefen Ihr Know-how in Kleingruppen-Workshops mit den anderen Teilnehmern. Die besondere Atmosphäre der exklusiven Tagungshotels ermöglicht Ihnen entspannte Gespräche und den Erfahrungsaustausch mit Kollegen. Wir freuen uns, auch Sie persönlich begrüßen zu dürfen!

www.management-konferenzen.de


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