Unruhe rund um die Kümpers-Fabrik

Interessengemeinschaft Kuba-Emsaue geht mit vielen Fragen an die Öffentlichkeit

  Mit einem Offenen Brief wendet sich die Interessengemeinschaft Kuba-Emsaue an die Öffentlichkeit:                                                                                                                                          

Sehr geehrte Damen und Herren,

Herr Bürgermeister Dr. Peter Lüttmann, Frau Beigeordnete Milena Schauer, die Vorsitzenden der im Rat der Stadt Rheine vertretenen Fraktionen, die Ratsmitglieder der betroffenen Wahlkreise, Mitglieder des Stadtteilbeirates Schotthock, sehr geehrte Herren Ulrich Dienhart und Michael Maas von GMP, sehr geehrter Herr Klaus Bichmann (Hermann Kümpers GmbH).

Man darf sagen höchst überraschend haben wir als Rheiner Bürger und Bewohner, Mieter, Haus- und Grundeigentümer aus dem Stadtteil Schotthock in dem Bereich nahe der denkmalgeschützten Spinnerei Kümpers an der Ems vom Verkauf der Liegenschaft sowie großer Teile der umliegenden Flächen Kenntnis erhalten. Seit dem vorausgehenden, internen Gespräch im Rathaus sowie der daraus resultierenden Erst-Information der Lokalpolitiker im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz am Mittwoch, 23. September, und der weitaus späteren, öffentlichen Berichterstattung in der Münsterländischen Volkszeitung am Dienstag, 6. Oktober, sind wir als Anwohner in ganz erheblichem Maße beunruhigt und sehr besorgt über die Zukunft unseres Wohnviertels. Die gewaltige Dimension des Grundstücksverkaufes mit knapp 10 Hektar Fläche sowie die im Augenblick nur als äußerst vage zu bezeichnenden Aussagen zu den Absichten der Investoren empfinden wir als verstörend und besorgniserregend.

Unmittelbar nach der „offiziellen“ Verkündung des Grundstücksgeschäftes hat sich noch am Dienstag, 6. Oktober, nach einem ersten Info-Treffen von über 70 zutiefst verunsicherten Anwohnern die Interessengemeinschaft Kuba-Emsaue gegründet. Sie haben die Zeitungsveröffentlichung dazu sicherlich zur Kenntnis genommen. Als Ansprechpartner stehen Ihnen die Unterzeichner dieses Schreibens gerne zur Verfügung.

Namens der Anwohner und der deren Interessen vertretenden IG Kuba-Emsaue möchten wir Sie, sehr geehrte Damen und Herren, freundlich, aber sehr eindringlich bitten, sehr zeitnah über alle Facetten und Rahmenbedingungen des geplanten Projektes ausführlich, offen und öffentlich zu informieren. Das Interesse an diesem Projekt ist verständlicherweise nicht nur bei den Anwohnern der IG Kuba-Emsaue außerordentlich hoch. Dieses Projekt geht weit über die Schaffung eines neuen Stadtquartieres und die Grenzen des Schotthock hinaus. Es hat gesamtstädtische Tragweite und Bedeutung, hat gesamtstädtische Auswirkungen und Relevanz.

Wir möchten Sie daher bitten, der IG Kuba-Emsaue kurzfristig für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen. Einen Termin dafür, der im Bürgerhof Schotthock oder auch im Schafstall (Walshagenpark) stattfinden könnte, bitten wir innerhalb der kommenden zwei Wochen mit uns abzustimmen. Wegen der hoffentlich auch Ihrerseits nachvollziehbaren Dringlichkeit der Angelegenheit und der großen, auch persönlichen Betroffenheit wegen der möglicherweise anstehenden Veränderungen in unserem unmittelbaren Lebensumfeld sollte der Termin allerspätestens bis Mitte November stattfinden. Den bisher öffentlich geäußerten Hinweis darauf „Ruhe zu bewahren und die Planungen erstmal abzuwarten“ halten wir für nicht zumutbar. „Abwarten“ wird der Tragweite und den Auswirkungen eines solchen Mega-Projektes – sofern der Stadtrat dem zustimmt und die juristischen sowie planungsrechtlichen Rahmenbedingungen umsetzbar sind – nicht gerecht. Die zeitnahe, vollumfängliche Information der Anwohner/Bürger ist unseres Erachtens zwingend geboten.         

Wir bedanken uns im Voraus für Ihre Mühe, hoffen auf Ihre Bereitschaft zu einer Terminfindung und eine alsbaldige Kontaktaufnahme. Zudem überreichen wir Ihnen heute eine erste, anfängliche, aber dennoch umfangreiche Fragen-Auflistung der IG Kuba-Emsaue zu diesem Projekt. Alle unsere Fragen beziehen sich räumlich auf die Liegenschaft der alten Kümpers-Spinnerei an der Ems und die umliegenden Grün- bzw. landwirtschaftlichen Flächen, die von der Bayernstraße, dem Püntenweg, der Walshagenstraße (inkl. Bextenstraße und Helschenweg) eingegrenzt werden. Weitergehende Fragen beschäftigen sich mit der Walshagenstraße/Römerstraße sowie den dort anliegenden Wohngebieten. Wir werden uns erlauben, einen Teil dieser Fragen formell auch in der ersten Sitzung des neuen Stadtrates als Bürgeranfrage schriftlich zur Beantwortung vorzulegen.

Die Fragen

– Welche Grundstücke/Flurstücke genau sind an die Firmen „Sanierung Spinnerei Kümpers GmbH und Co. KG“ sowie an die „SEG Ems Auen GmbH“  (Firmen innerhalb der Unternehmensgruppe GMP Re-Solutions, Nordhorn) verkauft worden?

– Welche Grundstücke/Flurstücke genau sind nicht an die zuvor genannten Firmen verkauft worden?

– Aus welchem Grund sind zwei Gesellschaften gegründet worden?

– Welche zur Ems hin gelegenen Flächen im unteren Teil der „Wiese“ – begrenzt durch Bayernstraße/Püntenweg/Helschenweg – gehören der Stadt Rheine?

– Beabsichtigt die Stadt Rheine, diese Flächen zu veräußern/nutzbar zu machen?

– Wo genau verlaufen die Grenzen der verkauften Grundstücke? Wir wünschen uns eine detaillierte Darstellung in einem amtlichen Lageplan (plus Darstellung mittels Luftbild).

– Welche Teile der die Fabrik südlich umschließenden Flächen in Richtung Bayernstraße sollen bebaut werden?

– Welche Teile der Wiese entlang der Bayernstraße sollen nicht bebaut werden?

– Ist es beabsichtigt, auch die heute noch als „entlang der Bayernstraße freibleibend“ bezeichneten Flächen künftig zu verkaufen? Hat die Stadt Rheine hier ein Vorkaufsrecht?

– Ist es beabsichtigt, auch für die heute noch als „entlang der Bayernstraße freibleibend“ bezeichneten Flächen für die Zukunft eine Bebauung zu ermöglichen?

– Wie sieht der zeitliche Rahmen für die Planungen aus?

– Welche Bauabschnitte oder Projektabschnitte sind geplant?

– Wie kann seitens des Stadtrates/der Stadtverwaltung sichergestellt werden, dass nicht erst die umliegenden Flächen der denkmalgeschützten Fabrik hochpreisig als Bauland vermarktet werden und die Umnutzung sowie der – vermutlich aufgrund der zu erwartenden Altlasten erheblich kostenintensive – Erhalt des Denkmals danach nicht umgesetzt wird?   

– Wie ist die Lösung der Altlastenproblematik in dem zur Umnutzung in Rede stehenden, denkmalgeschützten Spinnerei-Gebäude geplant?

– Wie ist die Lösung der Altlastenproblematik auf dem zur Umnutzung in Rede stehenden umliegenden Industriegelände geplant?

– Ändert sich durch den Eingriff/Sanierung in die bestehende Altlast auf der Fläche und im Gebäude etwas im Hinblick auf das Grundwasser oder die Fließrichtung des Grundwassers auf dem Areal, das eine nennenswerte Hanglage zum FFH-Schutzgebiet Ems hin aufweist?

– Was soll mit den zwölf gepachteten Kleingärten geschehen, die entlang des Helschenweges die Siedlung „Kuba“ umschließen?

– Welche Teile der an der Fabrik östlich anliegenden Flächen in Richtung Walshagenstraße/Römerstraße sollen bebaut werden?

– Welche Teile des Grundstückes „Maisacker Walshagenstraße“ sollen bebaut werden?

– Welche regionalplanerischen Ausweisungen/Vorgaben bestehen aktuell für die genannten Flächen?

– Wie passt der voraussichtliche, enorme Zuwachs von rund 10 Hektar Siedlungs-/Bebauungsfläche in die regionalplanerischen Vorgaben?

– Darf die Stadt Rheine – zusätzlich zu allen neuen Baugebieten (u.a. großformatige Projekte in der Gartenstadt Gellendorf, General-Wewer-Kaserne und perspektivisch der zehn Hektar großen Fläche der Damloup-Kaserne, ehemalige Standortverwaltung) sowie der vom Land NRW geforderten und der in Rheine bereits praktizierten innerstädtischen Nachverdichtung – überhaupt noch neue Bauflächen ausweisen?    

– Welche Ausweisungen/Nutzungen sind im Flächennutzungsplan für die Flächen der Fabrik und das gesamte umliegende Areal vorgesehen?

– Welche Bebauungspläne gelten aktuell für die genannten Flächen?

– Soll der gültige Flächennutzungsplan für das gesamte Areal geändert werden?

– Aus welchem Grund sollen die ökologisch wertvollen, umliegenden Flächen der Fabrik mitgenutzt werden? Bekanntlich hat die nun aktive Investorengruppe andernorts in Nordhorn oder auch in Ochtrup ebenfalls auskömmlich solche Projekte umgesetzt, ohne umliegende Flächen mitnutzen zu können.

– Entstehen durch das Projekt neue Arbeitsplätze zum Nutzen der Stadt Rheine (nicht in Bezug auf die per se schon auftragsüberlastete Baubranche inkl. Sub-Unternehmen)?

– Welche Planungen bestehen für die bis heute nicht ausgebauten Straßen Helschenweg, Bextenstraße, Walshagenstraße im Bereich von der Bayernstraße bis zur Römerstraße?

– Werden die Anlieger/Grundstückseigentümer im Falle eines Ausbaus der genannten Straßen Erschließungskosten zu tragen haben?

– Ist eine bauliche Veränderung der Bayernstraße von der Walshagenstraße bis zum Wendehammer an der Ems geplant?

– Werden die Anlieger der bereits einmal endgültig abgerechneten Bayernstraße im zuvor genannten Bereich im Falle einer baulichen Veränderung Kosten zu tragen haben?

– Ist eine bauliche Veränderung der bislang nur teilweise ausgebauten Römerstraße geplant?

– Ist der Bau eines Kreisverkehrs Römerstraße/B 481 Lingener Damm geplant? Wann, wie hoch sind die Kosten, wer trägt diese Kosten?

– Ist wegen der verkehrstechnischen Erschließung des in Rede stehenden Plangebietes auch eine Veränderung der dann logischerweise erheblich mehr belasteten Walshagenstraße von der Bayernstraße bis zum Konrad-Adenauer-Ring geplant?

– Wie soll unter dem gleichen Gesichtspunkt die problematische Querung der ganzjährig Tag und Nacht befahrenen, unbeschrankten Bahnübergänge Römerstraße/Bayernstraße erfolgen?

– Wie soll eine künftige Sicherung der offen in der Landschaft liegenden und frei zugänglichen Bahntrasse erfolgen?

– Wer trägt die Kosten für solche zwingend nötigen Absicherungsmaßnahmen der Bahntrasse (Beispiel: der Radweg hinter dem Bahnhof Richtung Neuenkirchen musste mit einem Zaun gegen Zugang gesichert werden)?

– Ist vorgesehen, die bislang als Bolzplatz/Spielplatz genutzte Freifläche an der Walshagenstraße/Bayernstraße zu bebauen?

– Wie viele Wohneinheiten sollen neu entstehen

         – in der denkmalgeschützten Fabrik inkl. Sheddach-Hallen durch Umnutzung des

           Gebäudebestandes?

         – in geplanten Neubauten auf dem bisherigen Fabrik-Areal (der als

           Industrie-/Gewerbegebiet ausgewiesenen Fläche)?

– Wie viele Geschosse sind geplant für Neubauten rund um die denkmalgeschützte Fabrik?

– Welche Personen/Altersgruppen sollen den neuen Wohnraum nutzen?

– Wird Wohnraum für Familien geschaffen, wird sozialer Wohnraum geschaffen, wird mehr-generationenfähiger Wohnraum geschaffen?

– Werden durch die geplante, in Rede stehende Umnutzung sowie die Neubauten bezahlbarer Wohnraum für viele Menschen aus Rheine geschaffen, oder wird teurer Wohnraum für wenige Vermögende geschaffen?

– Wie wird dem Denkmalschutz für das Spinnereigebäude Rechnung getragen?

– Die denkmalgeschützte Spinnerei Kümpers sowie die mit einem Erhaltungsgebot belegte Werkssiedlung mit Kleingärten, die in Rheine als „Kuba“ bekannt ist, sind zur Zeit ihres Baues ganz bewusst, absichtlich und planvoll weit außerhalb des im Zusammenhang bebauten Stadtgebietes der Stadt Rheine gebaut worden. Die gesamte Liegenschaft ist frei in der Landschaft erkennbar und sichtbar. Sie gehört auch heute de facto eindeutig nicht zum Bereich der rund zwei Kilometer entfernten Innenstadt! Wie soll die Lage des Denkmals in der Landschaft auch mit den optischen Sichtachsen zwischen Fabrik und Werkssiedlung/Kleingärten erhalten werden?

– Wie soll der erhaltenswerte, kulturhistorische Hintergrund des Ensembles aus Spinnerei, Werkssiedlung und Kleingärten erhalten werden?

– Wie verändert sich in den Planungen die Geschosshöhe rund um die denkmalgeschützte Fabrik mit zunehmender Entfernung vom Gebäudebestand?

– Wie viele Wohneinheiten sollen in Neubauten entstehen auf den umliegenden Flächen (Maisacker Walshagenstraße; Wiese Bayernstraße)?

– Welche Gesamtzahl von neuen Wohneinheiten ist vorgesehen?

– Wie viele „neue Bewohner“ könnten insgesamt in dem geplanten neuen Stadtquartier Wohnraum finden?

– Wie passen die öffentlich verkündeten Absichten einer Bebauung der umliegenden Flächen der denkmalgeschützten Fabrik zu dem im Stadtrat beschlossenen Ziel der Stadt Rheine, den Flächenverbrauch zu verringern und dem Flächensparvorhaben des Landes NRW?

– Wie wirkt sich die geplante Bebauung der Fläche auf die Biodiversität der angrenzenden FFH Schutzgebiete „Emsaue“ und des LSG Schutzgebietes „Bentlage-Hengemühle“ aus?

– Das gesamte zur Überplanung in Rede stehende Areal ist eine Grünzone in Rheine und ein Tor/Zugang nach Bentlage. Auf dem und rund um das Areal befinden sich weit über 120 sehr große und alte Bäume (Eiche, Ahorn, Linde, Pappel etc.). Wie soll mit diesem an allen Standorten schützenswerten Baumbestand umgegangen werden?

– Der Wendehammer Bayernstraße sowie der Parkstreifen Bayernstraße auf der Länge von Walshagenstraße bis zur Ems ist gleichzeitig ein Parkplatz für das Naherholungsgebiet „Kuba-Emsaue“. Wegen der Grünlage wird dieser Standort von vielen Rheinensern sowie Auswärtigen angefahren. Wie kann der „Erholungscharakter“ des nun zur Überplanung in Rede stehen Areals, bsd. der umliegenden Grünflächen erhalten werden und der Eindruck einer Zubetonierung oder eines „Wohngebietes für Millionäre“ vermieden werden?

– Welche Maßnahmen sind angedacht, um die Auswirkungen der geplanten Umnutzung/Bebauung auf den Klima- und Artenschutz zu verhindern?

– In welcher Art und Weise soll der Hochwasserschutz gewährleistet werden?

– An der Spinnerei „wohnt“ und brütet ein Uhu, Fledermäuse gibt es in der ganzen Gegend reichlich und allerarten. Wie werden die Naturschutzbelange berücksichtigt?

– Wann kommt das Thema zur Beratung in die Gremien des Stadtrates?

– Hat es im Vorfeld der Veröffentlichung der Pläne sowie der Grundstücksverkäufe Gespräche zwischen den Investoren und Vertretern der örtlichen CDU gegeben? Im Kommunalwahl-Programm der CDU heißt es dazu (Zitat): Ebenfalls positiv begleiten werden wir die Entwicklung der denkmalgeschützten Kümpers-Spinnerei und die Umgestaltung der umliegenden Flächen am Walshagenpark zu einem Wohnquartier an der Ems. Hier wünschen wir uns eine Gesamtlösung, um das schöne Fabrikgebäude zu erhalten.“  Ist von Vertretern der CDU bereits vor Abschluss der Kaufverträge zugesagt worden, dieses Projekt im Stadtrat zustimmend zu begleiten?

– Hat es bei der Stadtverwaltung vor Abschluss der Kaufverträge Gespräche über das beabsichtigte Projekt gegeben? Sind den Investoren bereits Zusagen gemacht worden?

– Entstehen durch das geplante, in Rede stehende Projekt Kosten – gleich welcher Art – für die Stadt Rheine?

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