4 bewährte Korrekturtechniken im Lektorat: So werde ich nicht betriebsblind

Den ganzen Tag lesen – das klingt für mich Leseratte wundervoll. Wenn Lesen aber zum Beruf gehört – ich bin Lektorin –, braucht es ein paar Korrekturtechniken im Lektorat, um nicht betriebsblind zu werden. Welche das sind, verrate ich hier.

Damit ich auch den letzten Buchstabendreher und die versteckteste Unlogik im Text aufspüre, wende ich vor allem diese vier Korrekturtechniken im Lektorat an:

  • Fokus setzen
  • Optik verändern
  • Perspektive wechseln
  • Rückwärts lesen

Fokus setzen

Texte bearbeite ich immer in mehreren Durchgängen. Das liegt einfach daran, dass es so viel zu beachten gibt und ich mir das nicht alles in einem Durchgang merken kann. Meistens fallen im ersten Durchgang die meisten Änderungen an. Beim ersten Lesen korrigiere Rechtschreibung, Interpunktion und Grammatik, wo es mir auffällt. Allerdings lege ich hier keine gesteigerte Aufmerksamkeit auf dieses sogenannte Korrektorat. Das Korrektorat kommt bei mir erst ganz am Ende. Das ist ein eigener Fokus, den ich dann setze.

Im ersten Durchgang liegt mein Fokus auf der Logik im Text: Im Roman sollte die Handlung folgerichtig aufeinander aufbauen, in Sachtexten die Argumentation lückenlos und stringent sein.

Einen weiteren Fokus lege ich auf Stilistik. Sind Ausdruck und Wortwahl gelungen, Satzstrukturen angemessen und so weiter?

Im ersten Durchgang lerne ich außerdem den Text kennen. Das heißt: Ich mache mir viele Notizen, worauf später noch zu achten ist. Vielleicht möchte ich überprüfen, ob ein bestimmter Terminus einheitlich verwendet wird oder die Überschriftenhierarchie sinnvoll ist. Solche Sachen notiere ich mir auf einem Zettel. In späteren Durchgängen kann ich dann den Fokus nur darauf legen.

Nicht jeder Durchgang besteht aus einer kompletten Lektüre des ganzen Textes von vorne bis hinten. Für die Überschriftenhierarchie zum Beispiel blättere ich das Manuskript nur durch und vermerke die Änderungen jeweils.

Wie bereits erwähnt bekommt das Korrektorat ganz am Ende einen eigenen Fokus. Denn es gibt so viele Fallstricke in der Rechtschreibung, dass ich die unmöglich alle so nebenbei berücksichtigen kann. Das meiste korrigiere ich zwar beim ersten Lesen schon mal mit, aber dabei geht mir viel durch die Lappen, weil ich mich ja auf anderes konzentriere.

Optik verändern

Manchmal werde ich müde. Klar, Pause machen. Wenn das aber nicht geht, weil die Deadline drückt, helfen Korrekturtechniken im Lektorat. Überraschend effektiv ist es, die Optik zu ändern. Am Rechner geht das kinderleicht: Einfach mal die Schriftgröße anpassen, vielleicht auch die Schriftart wechseln. Manchmal wirkt es auch Wunder, den eintönigen weißen Hintergrund mit einer Farbe aufzupeppen. Die Schriftfarbe können Sie gleich mit ändern.

Hinweis: Das geht bei Windows Word über den Reiter „Entwurf“. Dort ganz rechts oben gibt es den Button „Seitenfarbe“.

Probieren Sie es mal aus! Wenn die Augen müde werden, können diese Tricks als Muntermacher wirken.

Perspektive wechseln

Das ist eine meiner liebsten Korrekturtechniken im Lektorat: Einfach mal die Perspektive wechseln. Ich drucke dafür meistens den Text aus. Ich kann nicht genau erklären, woran das liegt: Aber wenn ich die Seiten vor mir auf dem Tisch liegen habe, fallen mir andere Sachen auf. Was ich vorher mehrfach überlesen habe, springt mir nun ins Auge. Auch das Layout kann ich meistens besser beurteilen, wenn ich die Seite physisch vor mir habe. Vielleicht bin ich altmodisch und die Digital Natives brauchen das nicht mehr. Mir aber hilft dieses Vorgehen enorm.

Rückwärts lesen

Das klingt ein bisschen merkwürdig, ich gebe es zu. Aber manchmal drohe ich wirklich, betriebsblind zu werden. Besonders dann, wenn ich einen Text schon zig Mal durchgeackert habe und einfach nicht mehr sicher sein kann, dass ich nichts übersehe. Denn das menschliche Gehirn ist da zu Höchstleistungen fähig: Es ersetzt fehlende Buchstaben, bringt Buchstabendreher automatisch in die richtige Reihenfolge und denkt sich fehlende Wörter einfach dazu. Für das Textverständnis ist das grandios. Bei der Überarbeitung aber fatal. Damit ich mein eigenes Gehirn also austricksen kann, lese ich rückwärts. Dann kann ich mir fehlende Wörter nicht mehr so leicht dazudenken. Jedes Wort ist aus dem Kontext gerissen und mir fällt dann auf, wenn etwas falsch ist.

Zugegeben: Für die Überprüfung der Satzzeichen ist diese Technik nicht ideal, für die Rechtschreibung aber top! Dieses Vorgehen dauert ziemlich lang, deshalb wende ich es auch nicht bei jedem Text an. In Härtefällen ist die Methode aber unbezahlbar.

Ein Glück gibt’s Korrekturtechniken im Lektorat!

Meine Top 4 haben Sie nun kennengelernt. Ich bin immer wieder dankbar, dass es diese Kniffe gibt. Sie erleichtern mir die Arbeit und geben mir das gute Gefühl: Auch unter Zeitdruck kann ich gute Qualität abliefern.

Haben Sie auch ein paar Korrekturtechniken im Lektorat? Verraten Sie Ihre Lieblingsmethode im Kommentar!

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4 comments on “4 bewährte Korrekturtechniken im Lektorat: So werde ich nicht betriebsblind

  1. Vielen Dank für den interessanten Beitrag! Kann ich nur bestätigen, besonders Änderung der Optik. Haben Sie absichtlich den kleinen Fehler eingebaut, damit man sich testen kann? Fröhliche Grüße

    1. Liebe Frau Blanke,
      schön, dass Ihnen der Beitrag gefällt! Einen Testfehler habe ich aber eigentlich nicht eingebaut. Verraten Sie mir, wo sich der Fehlerteufel versteckt, damit ich korrigieren kann? Vielen Dank!

  2. Liebe Frau Doerr, vielen Dank für die Tipps. Vor allem der Punkt ‘Perspektive wechseln’ ist für mich ganz wichtig. Ich brauche in der Endphase immer den Ausdruck, bin also auch altmodisch 🙂
    Viele Grüße
    Martina Schmid

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