Hochwasser in Rheinhessen erreicht seinen Höchststand

Gerade so ragt die „Marke 2“ am Wormser Pegelhaus noch aus dem Wasser. Wäre sie nicht mehr zu sehen, müssten Containerschiffe Halt machen. Freitagmittag lag der Pegel hier bei 6,09 Metern – am Abend war mit 6,11 Metern der Höchststand erreicht. Seither fällt der Pegel wieder.
© Andreas Stumpf/pakalski-press

Bei Worms ist der Höchstwert am Freitagabend erreicht, in Mainz stagniert der Pegel Samstagfrüh. Und dazwischen: Ein Flusskreuzfahrtschiff, das in Nierstein angelegt hat.

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Rheinhessen. „Wine or no wine?“ In Nierstein fragen sich das am Samstagmorgen Scharen verschlafener Touristen, als sie von Bord der „Travelmarvel Vega“ gehen. Ein wenig überrascht sehen sie aus, aber gut gelaunt. Das Flusskreuzfahrtschiff hat angelegt, in die Haltebucht am Imbiss Kunz haben sich drei große Reisebusse gezwängt. Statt den Niersteiner Wein zu genießen, soll’s für die Touristen aus den Staaten ins Mittelrheintal gehen. Also: Die Weintour – oder lieber doch die andere? „Which bus are we on?“, ruft eine Frau – „Welcher ist unser Bus?“ Die Reiseführer lassen sich das nicht zweimal fragen. „Wiiiine“, ruft der eine. „Regular tour“, der andere. Die Touristen verschwinden nach und nach in den Bussen, dann geht’s noch mal dahin, wo sie hergekommen sind. Rheinabwärts mit dem Reisebus.

Pegel in Worms sinkt seit Freitagabend

Zwischen Karlsruhe und Speyer ist die Hochwassermarke II überschritten, die Rheinschifffahrt eingestellt. Wer kann, legt vorher an. Bis Worms dürften sie fahren. In der Nibelungenstadt hat die „Marke 2“ am Pegelhaus am Freitag noch aus dem Wasser geragt. Wer um die Mittagszeit mit dem Containerschiff vorbeifuhr oder über die Rheinbrücke spazierte, konnte die 609 Zentimeter auf der Anzeigetafel ablesen. Auch am Samstag ist die Marke, die 6,50 Meter markiert, noch gut zu lesen. Sähe man sie nicht mehr, würde die Schifffahrt auf dem Abschnitt um die Nibelungenstadt eingestellt.

Davon ist in Worms am Samstagmorgen nicht mehr auszugehen. Zwei Zentimeter mehr sind es im Verlauf des Freitags noch geworden. Um 22.15 Uhr erreichte der Pegel am Abend mit 6,11 Metern seinen Höchststand. Eine Dreiviertelstunde später, Punkt 23 Uhr, waren es dann schon wieder 6,10 Meter. Seither sinkt der Pegel stetig. Samstagmorgen, 9.30 Uhr, sind es noch 6,03 Meter.

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Mit 6,11 Metern kam der Pegel nicht ganz an ein fünfjährliches Hochwasserereignis heran. Für Worms wäre das bei 6,40 Metern der Fall gewesen. Für den einen oder anderen seltenen Anblick hat das Wasser in der Nibelungenstadt trotzdem gesorgt. Im Wäldchen war der Friedrichsweg tags zuvor von der Feuerwehr gesperrt worden. Wohin man spazierte, irgendwann grüßte irgendwo das Wasser. Ein Stück weiter nördlich, um den Floßhafen, nahmen Rheingucker ihre Vierbeiner lieber an die Leine.

Niersteiner Fähre nach Plan unterwegs

Im nördlichen Stadtgebiet kennt man das Spiel: Ist Hochwasser, werden in Rheindürkheim zuerst die Übergänge ins Rheinvorland gesperrt. Von Letzterem sieht man im Stadtteil am Wasser am Wochenende nicht viel. Wer mit dem Containerschiff unterwegs ist, fährt an Baumkronen vorbei, die aus dem Wasser ragen. Für Spaziergänger ein ungewöhnlicher Anblick.

Etwas später als bei Worms war der Scheitelpunkt im nördlichen Rheinhessen erreicht. Am Pegel Nierstein/Oppenheim hält er sich am Samstagmorgen seit fünf Stunden hartnäckig bei 6,18 Metern. Um 1.15 Uhr hatte er seinen Höchstwert erreicht. Ab 10 Uhr sieht es so aus, als sei der Scheitelpunkt überschritten. Während Nierstein am Samstag zur Sammelstelle für Flusskreuzfahrtschiffe wird, fährt die Rheinfähre Landskrone unbeirrt weiter. „Die Fähre verkehrt nach Fahrplan ohne Einschränkungen“, heißt es im Internet. „Die Landesstraße L3096 Richtung Darmstadt ist frei befahrbar.“

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Der Parkplatz Friedrichsweg im Wormser Wäldchen ist am Freitag baden gegangen. Nur ein Stück der Zufahrt ragt noch aus dem Wasser.
Wo Bäume baden gehen. Im Wormser Wäldchen trifft man am Wochenende an vielen Stellen vor allem auf eins: den Rhein.
Er will, darf aber nicht! Spaziergänger mit Hund nehmen ihren badelustigen Vierbeiner lieber an die Leine. Sonst wird der Hund unfreiwillig zum "Seehund".
Ein Bild fürs Album muss dann aber doch sein. Im Wormser Wäldchen posiert Paul vor dem Wasserspaß, den er nicht so auskosten durfte, wie er es sich wohl erhofft hatte.
Auch an der Sportbootschule Wiking am Wormser Floßhafen herrscht Land unter.
In Rheindürkheim ist das Wasser dem Fußweg ins Rheinvorland ganz schön nahe gekommen. In Rheindürkheim bei Hochwasser eine bekannte Szene.
Wo ist der Uferbereich? Die Baumkronen, die aus dem Wasser ragen, zeigen es zumindest an. Was für Rheingucker seltsam aussieht, ist für Rheinschiffer kein Problem. Sie wissen, wo's langgeht – auch, wenn sich der Rhein von seiner breiteren Seite zeigt.
In Nierstein geht's von Bord: Etwas verschlafen, aber gut gelaunt, machen sich die letzten einer langen Reihe von Flusskreuzfahrttouristen auf den Weg zum Reisebus.
Wohin darf's denn gehen? Auf Weintour? Oder vielleicht doch lieber die andere?

Bei Nackenheim wäre es am Samstag derweil wohl schon schwierig, als Passagier an Land zu gehen. Die Stege im Hafenbecken werden vom Wasser ordentlich nach oben gedrückt.

An Mainz ist die Scheitelwelle am frühen Samstagmorgen noch nicht vorbeigerollt. Von Freitagabend, 21.15 Uhr, bis Samstagmorgen, 7 Uhr, lag der Pegel durchgehend bei 5,94 Metern. Der Schifffahrt um die Landeshauptstadt hatten die 5,94 Meter übrigens keinen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Hochwassermarke II liegt für die Landeshauptstadt bei 6,30 Metern. Im Laufe des Montags wird laut Hochwasservorhersagezentrale erwartet, dass der Pegel die Meldehöhe von 5,50 Metern unterschreitet. Bis voraussichtlich Mitte der Woche sollen die Wasserstände an Oberrhein und Mittelrhein fallen.

Messanlage muss vor Strömung geschützt werden

Neben den Containerschiffen schwimmt in Mainz noch etwas anderes im Rhein: Die Ausleger der Rheingütestation. Sie hängen wie Angeln von den Pfeilern der Theodor-Heuss-Brücke und messen auch bei Hochwasser die Qualität des Rheinwassers. Die daran befestigten Pumpen, die das Wasser für die Messungen in die Station befördern, sind mit Schutzkörben vor der Strömung gesichert – um sich dem Wasserstand anzupassen, tragen sie Schwimmringe, erklärt Joachim Knapp von der Stabsstelle Planung und Information des Landesamts für Umwelt.