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Zum 30. Jahrestag der Gründung des Römisch-Katholisches Theologisches Lyzeums Gerhardinum in Temeswar

Untergebracht ist das Gerhardinum in dem 1908-1909 errichteten Gebäudekomplex des ehemaligen Piaristengymnasiums.

In Corona-Zeiten tragen auch die Kinder in den Grundschulklassen einen Mund-Nasen-Schutz. Fotos: Diözese Temeswar

Das Römisch-Katholische Theologische Lyzeum Gerhardinum in Temeswar besteht seit mittlerweile 30 Jahren. Als Gründungsdatum gilt der 29. April 1991, als die zuständige Bukarester Kultusbehörde dem Antrag des Bistums Temeswar auf Schaffung eines römisch-katholischen Gymnasiums stattgegeben hat. Die Schule konnte aber erst anderthalb Jahre später, mit Beginn des Schuljahres 1992/1993, ihre Tore öffnen. In den 30 Jahren seines Bestehens hat sich das Gerhardinum als Bildungs- und Erziehungsanstalt etabliert und sich einen guten Ruf erworben. Es ist heute eine anerkannte Schulanstalt, unter deren Dach Kinder und Jugendliche vom Kindergarten bis zum Abitur in den Genuss einer gediegenen, vielseitigen, christlich geprägten Bildung und Erziehung kommen.

Da coronabedingt das Jubiläum nicht gebührend gefeiert werden konnte, wandten sich Schuldirektor Pfarrer Zoltán Kocsik und die stellvertretende Direktorin Ilona Jakab in Videobotschaften an die Öffentlichkeit. Glückwünsche zum Jubiläum überbrachte ebenfalls in einer Videobotschaft der Bischof der Diözese Temeswar József-Csaba Pál, der einerseits die Alleinstellungsmerkmale des Gerhardinums hervorhob, andererseits die Bedeutung dieser Schulanstalt unterstrich und deren Leistungen entlang von 30 Jahren würdigte. Während der Schulleiter in seiner Stellungnahme an die Umstände der Gründung und die Anfangsschwierigkeiten erinnerte, umriss die stellvertretende Direktorin den besonderen Bildungs- und Erziehungsauftrag dieser Einrichtung. Die beiden Videobotschaften werden hier zusammenfassend präsentiert. Die Redaktion

Aufbruch aus den Ruinen der Vergangenheit

„Gehen wir daran und bauen wir die Mauern Jerusalems wieder auf!“  (Neh 2,17)

Im August 1948, zu einem Zeitpunkt, als das atheistisch-kommunistische Regime in Rumänien kaum installiert worden war, wurde die edle Erziehungsaufgabe durch den Staat der Kirche entzogen. Auch in Temeswar mussten das Piaristen-Lyzeum und die Schulen der Armen Schulschwestern Unserer Lieben Frau (Notre-Dame) ihre Tore schließen. Der Jahrhunderte alten Tradition des kirchlichen Bildungswesens wurde mit einem Schlag ein Ende gesetzt. Die Schulgebäude wurden verstaatlicht. Die Ordensleute wurden entlassen – noch mehr: Sie mussten ihre Ordenskleidung ablegen. Die kirchliche Erziehung erlebte Jahrzehnte der Zerstörung und Zerstreuung. Die Flamme der Hoffnung wurde aber von den Kirchenleuten weitergetragen, die ihrer erzieherischen Arbeit beraubt worden waren, und doch irgendwie, irgendwo weitermachten. Die Kirche erlebte diese Zeit genauso wie das jüdische Volk im Alten Testament während der bitteren Jahrzehnte des babylonischen Exils. Der Feind besetzte Jerusalem, nahm dem Volke die Eliten weg und zerstörte den Tempel.
Die Kirche begrüßte die Wende von 1989 und sah es als eine Rückkehr des auserwählten Volkes aus der babylonischen Gefangenschaft an. Sie musste den Neubeginn wagen. Dazu gehörte auch der Wiederaufbau des katholischen Schulwesens, das in Trümmern lag. Es musste aus den von der kommunistischen Diktatur hinterlassenen Ruinen, aus verstreuten Steinen mühselig aufgebaut werden. Das Römisch-Katholische Bistum Temeswar suchte beim Staatssekretariat für Kultus und beim Bildungsministerium um die Genehmigung zur Eröffnung einer Seminarschule in Temeswar an. Am 29. April 1991 genehmigten die zuständigen Behörden die Gründung der Schule unter der Bezeichnung „Seminarul 
liceal romano-catolic Timişoara“ beginnend mit dem Schuljahr 1991/1992. Es gab nun eine offizielle, vom Staat erlassene Gründungsurkunde, aber kein Schuldgebäude, keine Lehrer und keine Schüler. Und trotzdem, es gab das Wichtigste: der Glaube an die Fürsorge Gottes. 

Mit moralischer und finanzieller Unterstützung der Diözese Temeswar konnte die Schule, die später in Römisch-Katholisches Theologisches Lyzeum Gerhardinum umbenannt wurde, im September 1992 ihren Lehrbetrieb aufnehmen. Seitdem widmet sich das Gerhardinum in Fortführung der Lehrtradition des ehemaligen Piaristengymnasiums, in dessen Gebäude die Schulanstalt untergebracht ist, der Bildung und Erziehung junger Menschen.

Die Frohbotschaft Jesu durch Bildung vermitteln

Aus einer 30-jährigen Perspektive können wir sagen, dass unsere Schule eine große Familie geworden ist. Wir übernehmen Verantwortung füreinander, vor Gott und vor den Menschen. Wir kennen uns und versuchen, sowohl in Freude als auch im Trauer Seite an Seite zu stehen. Wir sind Teil des Lebens des anderen und erleben gemeinsam in der alltäglichen Arbeit die Erfolge und Errungenschaften des Einzelnen wie auch die feierlichen und erhebenden Momente der Festlichkeiten, die an dieser Schule stattfinden.

Die Hauptaufgabe unseres Lyzeums ist es, durch Bildung die Frohbotschaft unseres Herrn Jesus Christus, das Evangelium, zu vermitteln. Im Gerhardinum kann ein Kind aus einer religiösen Familie seinen Glauben vertiefen, ebenso kann aber auch ein junger Mensch, dessen Glaube wenig gefestigt ist, seine Beziehung zu Gott entdecken. Das Wichtigste ist, in allen die Freude an einem Leben mit Gott zu wecken, die Kinder und Jugendlichen eng mit Gott in Berührung zu bringen und ihnen zu helfen, ihre eigene, von Gott gegebene Mission zu entdecken.

Heutzutage erleben wir einen Identitätsverlust und Werteverfall. Wir geben leicht die konfessionelle Zugehörigkeit, die nationale Identität, unsere eigene Kultur und unsere Muttersprache auf. Unsere Schule möchte diesem Prozess entgegenwirken, ihn bremsen und so gut wie möglich umkehren, damit die Kinder und Jugendlichen wie auch deren Familien ihren christlichen Glauben bewahren können. Sie bestärkt die Schüler ungarischer, rumänischer, deutscher, slowakischer, tschechischer, bulgarischer, kroatischer und Roma-Herkunft, die das Gerhardinum besuchen, darin, ihre Wurzeln und die Traditionen der eigenen Ethnie anzunehmen.

Es sind nun 30 Jahre her, seitdem das Gerhardinum von Kirche und Staat gegründet wurde. Aus den Ruinen des alten, traditionsreichen Piaristenlyzeums und der vielen, berühmten Schulen der Notre-Dame-Schwestern ist es gelungen, eine neue katholische Bildungseinrichtung aufzubauen, die durch die Gnade Gottes wirkt. Seit 1991 wurden die einst abgerissenen Mauern Jerusalems wieder aufgerichtet, mit dem Ziel, eine starke Festung für die kommenden Generationen zu schaffen. Dafür sei Gott und allen, die dies ermöglicht haben, Lob und Dank!

Das Gerhardinum im Schuljahr 2020/2021

Bezeichnung: Liceul Teologic Romano-Catolic Gerhardinum
Anschrift: Piața Regina Maria 1, Timișoara 300004, Rumänien
Schultyp: Staatliche Schule unter der Obhut des Römisch-Katholischen Bistums Temeswar 
Unterrichtssprachen: Rumänisch und Ungarisch
Schularten:
• Kindergarten: 4 Gruppen
• Grundschule (Vorbereitungsklassen und Klassen 1-4): 10 Schulklassen
• Gymnasium (Klassen 5-8): 5 Schulklassen
• Lyzeum (Klassen 9-12): 8 Schulklassen 
Anzahl der Schüler nach Schularten und Unterrichtssprachen: 
• Kindergarten: insgesamt 70 Kinder, davon 39 in der rumänischen Sektion und 31 in der ungarischen Sektion
• Grundschule: insgesamt 172 Schülerinnen und Schüler, davon 121 in der rumänischen Sektion und 51 in der ungarischen Sektion
• Gymnasium: insgesamt 104 Schülerinnen und Schüler, davon 91 in der rumänischen Sektion und 13 in der ungarischen Sektion
• Lyzeum: insgesamt 141 Schülerinnen und Schüler, davon 90 in der rumänischen Sektion und 51 in der ungarischen Sektion
Zahl der Internatsschüler: 82 Schülerinnen und Schüler
Zahl der Lehrkräfte:
• 8 Erzieherinnen
• 9 Grundschullehrerinnen
• 25 Lehreinnen und Lehrer am Gymnasium und Lyzeum
Fremdsprachen:
• erste Fremdsprache: Deutsch
• zweite Fremdsprache:Englisch
Partnerschulen:
• Staatliches Gymnasium St. Josef Dingelstädt (Thüringen/Deutschland)
• Dugonics András Piaristengymnasium in Szegedin (Ungarn)
Website: gerhardinum.ro
Soziale Medien: Facebook, YouTube