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«Die EU ist eine gefährliche Fehlkonstruktion»

«Das klassische Beispiel einer Fehlkonstruktion ist der Euro»: Tito Tettamanti, Financier und ehemaliger CVP-Regierungsrat im Tessin.

In der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ) wird die Frage diskutiert, ob die EU eine Fehlkonstruktion sei. In einem Kommentar hat dies Thomas Cottier, Professor für Europa- und Wirtschaftsvölkerrecht an der Universität Bern, dezidiert bestritten (Artikel vom 29. September 2011, online nicht verfügbar). Wer – wie die SVP und ihre Vordenker – die europäische Integration als Fehlkonstruktion bezeichne, «hätte 1848 auch die Grundlagen der modernen Eidgenossenschaft infrage gestellt und sähe sich ausserstande, diese nachträglich zu überhöhen und zum alleinigen Massstab guter Staatlichkeit zu machen».

Laut Cottier sind direkte Demokratie, Föderalismus, Finanzausgleich und Rechtsstaatlichkeit in der Schweiz das Ergebnis einer langen Entwicklung mit einem Vorsprung von hundert Jahren auf die EU. «Zwischen der EU und der Schweiz bestehen entwicklungsgeschichtlich zahlreiche Parallelen», betonte der Berner Rechtsprofessor. Wer die Geschichte kenne, müsse zur Schlussfolgerung kommen, dass die EU keine Fehlkonstruktion sei.

«EU verhöhnt die Diversität Europas»

Eine andere Meinung vertritt Tito Tettamanti, Financier und früherer CVP-Regierungsrat im Tessin, der auch als Verfasser eines «Manifests für eine liberale Gesellschaft» (1996) in Erscheinung getreten ist. «Die EU ist nicht nur wenig demokratisch, ihre Mängel werden auch durch immer neue Zentralisierung übertüncht», schreibt Tettamanti in der heutigen Ausgabe der NZZ. «Und dies verhöhnt die Diversität Europas.» Dabei habe gerade die einstige Konkurrenz der Systeme den Europäern erlaubt, die Welt zu erobern.

Die EU sei eine von oben geschaffene und ungenügend demokratisch abgestützte Struktur. «Wir blicken auf eine schwerfällige Kommission mit heute 27 (!) Kommissaren; auf 37 Generaldirektoren mit fast unbegrenzten Kompetenzen, auf einen Ministerrat, in dem Frankreich und Deutschland dominieren; auf ein Parlament mit 785 Mitgliedern und mit wenigen Befugnissen, das eher Demokratie vorspielt, als sie wirklich auszuüben.»

«Verwischung der Verantwortlichkeiten»

Die Fehlkonstruktion der EU zeige sich auch «am Wirrwarr der Kompetenzen, an der Verwischung der Verantwortlichkeiten», schreibt Tettamanti weiter. Beispielsweise gebe es drei Präsidenten in Konkurrenzstellung. Dabei handelt es sich um den Premierminister oder Präsidenten jenes Mitgliedlandes, das die sechsmonatige Präsidentschaft der EU innehat, den Präsidenten der EU-Kommission sowie den Präsidenten der EU.

Nach Ansicht von Tettamanti ist die EU ein Konglomerat, das dem französischen Zentralismus entspricht und damit die Diversität Europas demütigt. Und weiter hält er fest, dass der Euro das klassische Beispiel einer Fehlkonstruktion sei. Angesichts der Euro- und Schuldenkrise drohe jetzt noch mehr Brüssel. Dabei sei die Macht der Bürokratie in der EU jetzt schon besorgniserregend. Tettamanti zieht folgendes Fazit: «Wer sich für liberal und demokratisch hält, kann zu keinem anderen Schluss kommen, als dass die heutige EU eine Fehlkonstruktion ist. Schlimmer: eine gefährliche Konstruktion.»