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Vom Starmanager zum «Totengräber des Nationalheiligtums»

Startete in der Finanzkontrolle der Swissair: Philippe Bruggisser.

Der heute 63-jährige Philippe Bruggisser ist 1979 in die Dienste der Swissair eingetreten. Nach dem Start in der Finanzkontrolle arbeitet er sich die Karriereleiter hoch und kommt 1997 ganz oben an auf dem Posten des Konzernchefs.

Unter dem Namen SAirGroup führt er eine Holdingstruktur ein, unter welcher auch alle flugverwandten Aktivitäten gebündelt und die Fluglinie Swissair selber nur noch eine von vielen Tochtergesellschaften ist.

Die «Hunter-Strategie»

Die SAirGroup wagt eine aggressive Allianzstrategie, die von den Beratern der amerikanischen McKinsey ausgearbeitet und vom Verwaltungsrat 1998 abgesegnet wird: Mit der «Hunter-Strategie» will sich die Gruppe der Hindernisse im Marktzugang entledigen, welche das Volk mit dem Nein zum EWR-Beitritt der Schweiz 1992 nicht wegräumen wollte.

Bereits 1995 war mit der Übernahme von Anteilen an der belgischen Fluggesellschaft Sabena ein Expansionsschritt gemacht worden. Es folgen Beteiligungen an verschiedenen, meist ebenfalls angeschlagenen Fluglinien wie Volare, Air Littoral, AOM, Air Liberté, LOT, South African Airways und LTU. Oft benötigen die Gesellschaften Kapitalspritzen.

Mitte 2000 übernimmt Philippe Bruggisser vorübergehend auch die operative Führung der Swissair nach dem Abgang des Amerikaners Jeffrey Katz. Gleichzeitig wird die Kritik an der kostspieligen Übernahmestrategie lauter.

Am 23. Januar 2001 zieht der Verwaltungsrat die Notbremse, kündigt eine Überarbeitung der Strategie an und stellt Bruggisser per sofort frei. Der Konzernchef erhält aber noch eine Abgangsentschädigung von 2,2 Millionen Franken und Pensionskassenbeiträge in Höhe von 3,75 Millionen Franken.

Einst gelobt

Zu diesem Zeitpunkt trägt Philippe Bruggisser noch nicht den Ruf des Totengräbers der Swissair, auch wenn dem Verwaltungsrat beim Abgang kein Wort des Dankes über die Lippen kommt.

Die Westschweizer Zeitung «24 Heures» etwa billigt ihm mildernde Umstände zu: «Welche Fluggesellschaft kann sich rühmen, den Turbulenzen in der Zivilluftfahrt durch die Liberalisierung am Himmel entronnen zu sein?»

1999 war Bruggisser, der das Unternehmen nach dem Absturz von Flug SR-111 bei Halifax in Kanada souverän leitete, für den «Blick» noch «der Superstar in der Schweizer Managergilde», bei der Wahl zum «Manager des Jahres» der «Handelszeitung» schaffte er es auf Platz zwei.

Angeklagt und freigesprochen

Doch dann tritt die desolate Situation der Airline zu Tage. Als Nachfolger Bruggissers versucht sich dessen Intimfeind, der Gründer der Regionalfluggesellschaft Crossair, Moritz Suter. Nach nur sechs Wochen wirft Suter das Handtuch, ihm folgt Mario Corti, bis dahin Finanzchef des Nahrungsmittelmultis Nestlé, dem die Wende aber auch nicht gelingt.

Im April verkündet die Gesellschaft einen historischen Verlust von 2,9 Milliarden Franken. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA bricht der Flugverkehr weltweit ein, der Nachfrageschock bricht der wieder in Swissair umbenannten Gruppe das Genick.

Neun Monate nach dem Rauswurf von Philippe Bruggisser bleibt die Swissair-Flotte am 2. Oktober am Boden, buchstäblich weil ihr das Benzin ausgeht. Im Jahr 2002 beginnt die Liquidation der Gesellschaft, aus deren Trümmern die Swiss entsteht.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt im März 2006 Anklage gegen Philippe Bruggisser und 18 andere Personen. Ihm werden mehrfache Falschbeurkundung und ungetreue Geschäftsbesorgung vorgeworfen. Im Juni 2007 spricht das Bezirksgericht Bülach alle Angeklagten frei und gesteht ihnen 3 Millionen Fr. an Prozessentschädigungen zu. Bruggisser erhält 162'000 Franken.

Durch die Wüste gegangen

Nach seiner Entlassung blieb der ehemals starke Mann der Swissair längere Zeit ohne Arbeit. Im November 2006 scheitert er mit einer Kandidatur für den Verwaltungsrat der South African Airways. 2009 ist er vorübergehend Vizepräsident von Centurion Cargo, einer privaten US-Frachtfluggesellschaft.

Im August des gleichen Jahres übernimmt er die Geschäftsleitung von VistaJet, einer österreichischen Gesellschaft mit Sitz im Kanton Zug, die Privatjets für Manager und Reiche fliegt. Im Oktober 2010 übernimmt VistaJet-Gründer Thomas Flohr allerdings wieder die operative Führung.

Laut der Internetseite des Unternehmens ist Bruggisser heute als Berater von Otus tätig, einer 2002 gegründeten britischen Gesellschaft, die sich auf die Beratung in den Branchen Transport, Catering und Tourismus spezialisiert hat.

SDA/Anne Césard