Eurofighter-Absturz über Mecklenburg-Vorpommern: So funktioniert ein Schleudersitz

Der Schleudersitz ist eine jahrzehntealte Technik, die schon viele Menschenleben gerettet hat: Das Kabinendach wird abgeworfen, eine Sprengladung zündet den Schleudersitz. Hier rettet sich der Pilot einer MiG-29 bei einer Flugshow über Paris im Jahr 1989

Der Schleudersitz ist eine jahrzehntealte Technik, die schon viele Menschenleben gerettet hat: Das Kabinendach wird abgeworfen, eine Sprengladung zündet den Schleudersitz. Hier rettet sich der Pilot einer MiG-29 bei einer Flugshow über Paris im Jahr 1989

Foto: Sygma/Getty Images

Die Erfindung kommt aus Deutschland – und rettete erneut ein Menschenleben!

Dramatischer Unfall an der Mecklenburger Seeplatte: Zwei Eurofighter-Kampfjets rauschten am Montag ineinander, die Piloten betätigten den Schleudersitz. Einer der beiden Männer konnte dadurch dem Tod entrinnen!

Die Maschinen stürzten nahe Plau am See über einem Wald ab. Rettungskräfte fanden den Piloten des einen Unglücks-Fliegers „wohlauf“ in einer Baumkrone. Der andere Pilot überlebte den Absturz nicht.

Schon im Januar 2014 stürzte ein Kampfflugzeug ab: Der Pilot blieb mit seinem Fallschirm im Baum hängen

Im Januar 2014 stürzte ein Tornado der Bundeswehr bei Kaisersesch (Rheinland-Pfalz) ab: Pilot und Copilot retteten sich zuvor per Schleudersitz, der Pilot blieb mit seinem Fallschirm im Baum hängen

Foto: picture alliance / dpa

Doch wie kann man so einen Absturz überhaupt überleben? BILD erklärt das Technikwunder Schleudersitz!

Prozess dauert maximal drei Sekunden

Der erste Schleudersitz wurde 1938 in Deutschland erfunden und wird seither immer wieder weiterentwickelt. Obwohl es unterschiedliche Modelle gibt, sind der Aufbau des Sitzes und die blitzschnellen Funktionsabläufe ähnlich:

► Am Schleudersitz, meist zwischen den Beinen, gibt es eine Schlaufe, die den Abschuss auslöst. Die Schlaufe kann man nicht versehentlich betätigen. Sie ist schwarz-gelb markiert und hat einen Widerstand, muss fest gezogen werden. ► Beim Auslösen ziehen Rückhalte-Gurte Arme, Beine und Schultern an den Sitz, damit der Körper in der richtigen Position ist. ► Das Kabinendach wird abgeworfen. Wenn es sich nicht löst, wird es notfalls abgesprengt.

Der Inhalt ist leider nicht mehr verfügbar.

► Danach zünden Sprengladungen unter den Schleudersitzen. Erst fliegt der hintere Sitz (leicht nach rechts), dann der vordere (leicht nach links). Die Sitze fliegen in entgegengesetzte Richtungen, damit sie nicht zusammenstoßen. ► Der Schleudersitz hat „0/0 Capability“. Das heißt, er kann sogar aus dem Stand und ohne Vorwärtsgeschwindigkeit den Piloten in 80 Meter Höhe katapultieren. Dabei wirken sehr starke Kräfte auf den Körper, der Schub beträgt das 16-fache der Erdbeschleunigung. Zum Vergleich: In einer Achterbahn gibt es etwa dreifache Erdbeschleunigung. ► Direkt beim Abschuss öffnet sich ein kleiner Steuerschirm am Schleudersitz, damit er in die richtige Position gebracht wird. Außerdem wird automatisch ein Notsignal gefunkt.

► Der Fallschirm selbst wird über 5000 Metern Höhe nicht geöffnet, damit die Piloten keine Erfrierungen erleiden. Instrumente am Sitz messen automatisch die Flughöhe. Sobald 5000 Meter unterschritten werden erfolgt die Sitz-Mann-Trennung: Der Hauptschirm öffnet sich, Arm- und Beinrückholgurte werden durchschnitten, der Pilot hängt nun am Schirm. Der Sitz fällt weiter nach unten und gibt dabei den Piloten und die Sitzwanne frei. Darin ist eine Überlebens-Ausrüstung, u.a. mit Säge, Werkzeug, Signalmittel, einem Schlauchboot und Trinkwasser. ► Alles geht rasend schnell: Maximal drei Sekunden nach dem Ziehen der Schlaufe hängt man schon am offenen Fallschirm – sofern man nicht über 5000 Metern Höhe ist. ► Es gibt u.a. das Risiko eines Schleudertraumas, weil der Druck auf die Halswirbel so groß ist. Beim Landen gibt es oft Knöchelbrüche. Aber im normalen Fall kann ein Pilot auch völlig unverletzt bleiben.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.