München – Über Jahre hinweg hat die Bahn der bayerischen Staatsregierung verschwiegen, wie teuer der Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München wirklich werden kann. Im Landtag hat Verkehrsminister Christian Bernreiter (58, CSU) einen neuen Bericht über Kosten und Zeitplan gegeben.

Er zählte dabei auf, wie seit 2019 die Einschätzung von Kosten und Zeitplan zwischen Ministerium und Bahn abliefen – und auseinanderliefen.

Auslöser der neuen Schätzungen waren große Umplanungen 2019. Bernreiter: „Für die Stadt München wurde am Hauptbahnhof ein Bahnhof für die Linie U9 vorgesehen. Die Strecke zwischen Marienhof und Ostbahnhof wurde völlig neu geplant.“

Offizielle Schätzung der Bahn damals: Kosten von 3,8 Milliarden Euro. Fertigstellung 2028.

Am 1. Mai 2019 gründete das Verkehrsministerium eine Fachstelle „Baubegleitung“. Diese gab am 8. November 2019 eine erste „Grobschätzung“ ab: Fertigstellung frühestens 2033. Im März 2020 wurde sie genauer: Fertigstellung 2033, Kosten bei 4,8 Milliarden Euro.

Die Bahn nannte Kosten von 4,2 Milliarden, schwieg zur Fertigstellung.

Im Oktober 2020 berechnete die Baubegleitung Kosten von 5,2 Milliarden. Fertigstellung 2034. Die Bahn nannte keine neuen Zahlen.

Im November 2021 berechneten die Experten des Ministeriums die Kosten auf 7,2 Milliarden Euro, sahen eine Fertigstellung erst für 2037 als möglich an. Die Bahn nannte weiterhin Kosten von 4,4 Milliarden Euro.

Erst am 30. September 2022 nannte Bahnvorstand Richard Lutz (58) in München konkrete Zahlen. Er musste den Fachleuten aus dem Ministerium weitgehend Recht geben: Die Kosten sollen 7 Milliarden betragen, die Fertigstellung sei 2035 möglich. Lutz damals: „Es bestehen aber noch Restrisiken.“

Das jahrelange Versteckspiel war zu Ende. Den Bau zu stoppen, wäre jetzt aber nicht mehr möglich, erklärte Bernreiter im Landtag. „Ein Rückbau der bisherigen Maßnahmen würde insgesamt 3,1 Milliarden Euro kosten.“ München brauche aber dringend den Ausbau des S-Bahn-Netzes.