Anzeige

Richtig loben Warum du deinem Kind nicht sagen solltest, dass es schlau ist

Du bist schlau: Warum Intelligenz loben, schadet
© k_e_n / Adobe Stock
"Du bist klug!" Mit Sätzen wie diesem versuchen Eltern, das Selbstbewusstsein ihres Kindes zu stärken. Das Gegenteil tritt ein. Es gibt eine Methode, die besser wirkt.

Inhaltsverzeichnis

"Mensch, die Aufgabe hast du toll gelöst ­– du bist echt schlau!" Kennst du solche Sätze? Hast du auch schon versucht, dein Kind auf diese Weise zum Lernen zu motivieren? Damit bist du nicht allein. Viele Eltern versuchen, das Selbstbewusstsein ihrer Kinder zu stärken, indem sie ihnen sagen: Du bist schlau. In der Hoffnung, dass es das Kind glaubt und leichter zu Hausaufgaben zu überreden ist oder widerspruchslos zur Schule geht, um noch schlauer zu werden. Oder einfach als Reaktion auf das frustrierte "Ich kann das nicht!" des Kindes.

Das kann aber nach hinten losgehen. Es gibt einen guten Grund, warum du deinem Kind nicht sagen solltest, dass es klug ist. Und eine Methode, wie du es viel besser dazu motivierst, gerne zu Lernen.

Warum das Loben von Intelligenz schadet

Erst einmal: Keine Sorge, es ist nicht tragisch, wenn du solche Sätze verwendet hast. Deinem Kind geht es trotzdem gut und es hat dieses Lob wahrscheinlich genossen. Damit du es in seiner Entwicklung weiter förderst – wie du es durch solche Sätze bereits versuchst – hilft es, dir bestimmter Mechanismen bewusst zu werden, die solches Lob in Gang setzen kann. 

Die Lerncoachin Caroline von St. Ange beschreibt in ihrem Buch "Alles ist schwer, bevor es leicht ist. Wie Lernen gelingt" was passiert, wenn du deinem Kind sagst, dass es schlau ist: Es wird auf ein Podest gehoben. "Und irgendwann beginnt sich das ganze Leben dieses Kindes darum zu drehen, bloß auf diesem Podest zu bleiben. Wir wollen den guten Eindruck, den andere von uns haben, unbedingt bewahren." Als Konsequenz meide das Kind unsicheres Terrain, also Unbekanntes und schwere Aufgaben. Es verweile dort, wo es sich sicher fühle und keine Fehler fürchten müsse.

In der Forschung wird das "Fixed Mindset" genannt, eine statische Vorstellung von sich selbst. Ein Kind mit einem "Fixed Mindset" geht davon aus, dass bestimmte Merkmale wie seine Intelligenz feststehen. Glaubt es beispielsweise "Ich bin klug" oder konkreter "Ich bin gut in Mathe", kann eine schwere Matheaufgabe dazu führen, dass das Kind sich in seiner Person in Frage gestellt fühlt – denn wenn die Aufgabe sich nicht mehr leicht anfühlt, kann das nur heißen, dass es doch nicht so klug ist wie alle glauben. So der mögliche Gedankengang. 

Das Kind sucht sich deshalb nur Aufgaben, die es in seiner Klugheit bestätigen, meidet aber Herausforderungen. Dabei sind gerade sie es, die das Gehirn und das Kind wachsen lassen. "Das Kind entwickelt Angst vor Neuem – das Gegenteil von Lernfreude, Neugier und Kompetenzerweiterung", schreibt St. Ange. 

Besser als Lob – auf diese Weise motivierst du dein Kind zum Lernen

Das Gegenteil ist das "Growth Mindset", das auf Wachstum ausgerichtet ist. Echtes Lernen bedeute, sich selbst herauszufordern, zu scheitern und es wieder und wieder zu versuchen, so St. Ange. Wenn dein Kind ein "Growth Mindset" lebt, sieht es Aufgaben als Herausforderungen und Fehler als Entwicklungschance.

Unser Impuls ist, Kinder für Ergebnisse und richtig gelöste Aufgaben zu loben. Vor allem Kinder mit wenig Selbstbewusstsein werden übertrieben viel gelobt. Studien zeigen, dass das dazu führen kann, dass sie sich auf Grund der übertriebenen Ansprüche noch mehr zurückziehen und noch weniger zutrauen.

Viel hilfreicher ist es, grundsätzlich die Anstrengung der Kinder und den Prozess wertzuschätzen. Und den Drang des Kindes nach Bestätigung von außen umzulenken, auf eine innere Motivation.

Caroline von St. Ange fragt ein Kind, das gerade eine schwere Matheaufgabe gelöst hat: "Wie fühlt sich das an?" Sie lenkt damit den Fokus des Kindes auf das Gefühl, etwas erfolgreich bewältigt zu haben – so bleibt es ganz bei sich und seiner Wahrnehmung. Die Motivation bei der nächsten Aufgabe wird dadurch hoffentlich eine innere sein, und keine, die nach dem äußeren Lob und Urteil strebt. 

Was du statt "Du bist ja schlau!" sagen kannst

Natürlich braucht dein Kind anfangs deine Unterstützung, damit sich der Lernprozess gut anfühlt und es ein Growth Mindset entwickelt. Caroline von St. Ange hat in ihrem Buch ein paar Formulierungsvorschläge, als Alternativen zum klassisches Lob. Du kannst sie einfach als Inspiration sehen, um zu verstehen, was der Unterschied ist:

  • Statt "Du bist ja schlau!", kannst du sagen: "Diese Idee gefällt mir, wie bist du darauf gekommen?"
  • Statt "Alles richtig! Super!", kannst du sagen: "Null Fehler! Das ist wirklich gut. Leider hat diese Aufgabe deinem Gehirn keine Chance gegeben, zu wachsen. Komm, wir suchen eine Aufgabe, die dein Gehirn wachsen lässt."
  • Statt "Physik kannst du einfach. Beeindruckend", kannst du sagen: "Es freut mich zu sehen, dass du so viel Spaß und Interesse an Physik hast. Was ist dein nächstes Ziel? Was willst du als nächstes lernen?"
  • Statt "Das stimmt! Sehr clever" kannst du sagen: "Gut nachgedacht!"

Letztlich geht es nie um genau die richtigen Sätze. Du tust, was du kannst und das in bester Absicht. Das ist das Wichtigste. Allein die Intention, dich in deiner Elternrolle zu entwickeln und dein Kind zu unterstützen, ist unglaublich wertvoll. 

Was für das Mindset deines Kindes zählt, ist auch deine Vorbildfunktion. Zeig deinem Kind, dass Fehler dazu gehören und Menschen genau daraus lernen. Lebe ihm vor, dass du an Rückschlägen nicht verzweifelst und wie du mit Misserfolgen oder Alltagsfehlern umgehst. Das stärkt dein Kind, und ist auch für dich eine schöne Übung in Richtung Growth Mindset. Denn diese Freude am Wachstum tut uns allen gut.

Verwendete Quellen: Caroline von St. Ange "Alles ist schwer, bevor es leicht ist. Wie Lernen gelingt", Rowohlt 2023; psychologie.uzh.ch

Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel