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Urteil Pflegeversicherung: So viel sparen Eltern künftig durch ihren Nachwuchs

Eltern halten Händchen, während sie mit ihrem Baby im Kinderwagen über einen Markt gehen
Eltern mit Kindern werden bei der Pflegeversicherung entlastet
© Annette Riedl / picture alliance/dpa
Die neue Pflegereform sieht Beitragsabschläge für Eltern vor, die mehrere Kinder haben. Dafür müssen sie ihre sogenannte Elterneigenschaft bis spätestens Juli 2025 nachweisen

Zum 1. Juli wird die gesetzliche Pflegeversicherung teurer – zumindest für Kleinfamilien und kinderlose Personen. Familien mit mehreren Kindern sollen hingegen entlastet werden. Der Gesetzesentwurf wurde Ende Mai vom Bundestag beschlossen, er basiert auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2022. Damals hatte das Gericht entschieden, dass Eltern mehrerer Kinder entlastet werden sollten, schließlich hätten sie durch ihren Nachwuchs besonders hohe Kosten und meist Lohneinbußen, da oftmals ein Elternteil bei der Berufstätigkeit zurückstecken muss.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Bundesverfassungsgericht Eltern begünstigt: Schon 2001 hatte es entschieden, dass Familien bessergestellt werden müssten, da sie einen „generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems“ leisten.

Nach Anzahl der Kinder gestaffelt

Wer zahlt also jetzt wie viel? Ausgangspunkt ist immer der allgemeine Beitragssatz. Er gilt für Eltern mit einem Kind ein Leben lang, egal, wie alt ihr Sprössling mittlerweile ist. Und ebendieser allgemeine Satz steigt jetzt um 0,35 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent. Die Pflegeversicherung wird hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen, jeder muss also 1,7 Prozent abführen. Bei einer Person mit einem Kind und einem Bruttogehalt von 4000 Euro liegt der neue Beitragssatz ab Juli also bei 68 Euro – statt wie bisher 61 Euro.

Versicherte ohne Kinder müssen zusätzlich zum allgemeinen Beitragssatz künftig noch einen Zuschlag von 0,6 Prozentpunkten zahlen. Dieser gilt nur auf den Arbeitnehmeranteil, sodass sie nach der Umstellung 2,3 Prozent in die gesetzliche Pflegeversicherung abführen müssen – 1,7 Prozentpunkte plus 0,6 Prozentpunkte. Sie mussten bislang 1,7 Prozent an die Pflegekasse abführen.

Familien mit mehreren Kindern erhalten künftig 0,25 Prozentpunkte Abschlag je weiteres Kind. Anders als der allgemeine Beitrag gilt das aber nicht ein Leben lang, sondern nur solange die Kinder unter 25 Jahre alt sind. Und auch hier gilt der Abschlag nur für den Arbeitnehmeranteil, Arbeitgeber zahlen weiterhin konstant 1,7 Prozent für ihre Beschäftigten. Eltern von zwei Kindern führen demnach 1,45 Prozent für ihre Pflegeversicherung ab (1,7 Prozent – 0,25 Prozent), bei drei Kindern sind es folglich 1,2 Prozent Arbeitnehmeranteil. Die Stafflung der Abschläge endet bei fünf Kindern: Wer fünf oder mehr Sprösslinge hat, muss einheitlich nur 0,7 Prozent Arbeitnehmeranteil zahlen.

Die Geburtsurkunde muss zum Arbeitgeber

Nun kommt die Reform nicht ohne Bürokratie. Arbeitnehmer müssen ihre sogenannte Elterneigenschaft gegenüber den beitragsabführenden Stellen (also dem Arbeitgeber) nachweisen. Dabei reicht es nicht, dass der Vorgesetzte den Nachwuchs schon mal auf einem Sommerfest gesehen hat. Der Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen hat bereits im Jahr 2017 Empfehlungen abgegeben, wie dieser Nachweis zu erbringen ist: So lässt sich die Elterneigenschaft beispielsweise über die Geburts-, Vaterschafts- oder Adoptionsurkunde beweisen, aber auch eine steuerliche Bescheinigung des Einwohnermeldeamtes oder der Kindergeldbescheid der Bundesagentur für Arbeit seien dazu geeignet.

Hat man einen solchen Nachweis noch nicht beim Arbeitgeber hinterlegt, muss das aber nicht sofort passieren. Bis spätestens zum 31. März 2025 soll ein digitales Verfahren entwickelt werden, über das man die Existenz seiner Kinder beweisen kann. Das soll „sowohl die Mitglieder als auch die beitragsabführenden Stellen und die Pflegekassen vom Verwaltungsaufwand entlasten“, heißt es dazu vom Bundesgesundheitsministerium.

In der Zwischenzeit und sogar etwas darüber hinaus (30. Juni 2025) gilt eine Übergangszeit, in der ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen ist. In dieser Zeit ist es völlig ausreichend, wenn Versicherte ihrem Arbeitgeber oder den Pflegekassen bei einer entsprechenden Aufforderung mitteilen, dass sie Kinder im Alter von unter 25 Jahren haben. Auf konkrete Nachweise dürfen sie in diesem Zeitraum jedoch verzichten, heißt es weiter vom Bundesgesundheitsministerium. Spätestens nach dem Übergangszeitraum müssten die beitragsabführenden Stellen und die Pflegekassen die angegebenen Kinder tatsächlich überprüfen.

Sollten Arbeitgeber oder die Pflegekasse die Abschläge zum 1. Juli nicht berücksichtigen, weil sie beispielsweise auf die Einführung des digitalen Verfahrens warten, müssen sie die Abschläge rückwirkend bis spätestens zum 30. Juli 2025 erstatten. Für dieses Geld werden zusätzlich Zinsen fällig.

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