1. Costa Nachrichten
  2. Service
  3. Gastronomie

Delikatesse Schnecken: Córdoba huldigt uraltem Streetfood - Tapas-Tour im Schneckentempo bis Juni

KommentareDrucken

Stand mit Schnecken in Cordoba.
Schneckenzeit in Córdoba: Caracoles en escabeche oder salsa picantón sind beliebt, aber der Klassiker sind die kleinen Schnecken (chicos) in einer einfachen Brühe. © Salas/EFE

Der Klassiker an den 35 Ständen sind chicos en caldo, die kleinen Schnecken in Brühe. Doch Córdobas Schneckenverkäufer bieten mittlerweile die aberwitzigsten Kreationen des einstigen Armenessens an. Die Schneckensaison hat in der Kalifatsstadt begonnen.

Córdoba – „Der Schneckenmarkt wird immer schwieriger, denn die Tiere werden immer teurer“, lamentiert Rafael Pérez Rojano, der in vierter Generation „Caracalero“ ist, Schneckenverkäufer. Ihm gehört der Stand „Magdalena“, der älteste Córdobas. Anfang März startete die Schnecken-Saison, eine sehr spezielle Tradition in Córdoba. Zwar gehören die kleinen Tierchen, die in diversen Brühen und Saucen gereicht werden, in vielen Küchen Andalusiens zum Street- und Taberna-Food und überhaupt zur einzigartigen spanischen Tapas-Kultur, doch in Córdoba zelebriert man sie auf besondere Weise: 35 Stände, die ausschließlich Schnecken kochen, stehen in der Stadt verteilt, die Saison geht bis Anfang Juni, schwappt also durch Semana Santa und das berühmte Festival der Patios de Córdoba im Mai.

Chicos in Brühe oder „Mexikanerin“ mit Schäumchen : Córdobas vielseite Rezepte für Schnecken

Saison der Schnecken in Córdoba
Noch bis in den Juni läuft die Saison der Schnecken in Córdoba, eine uralte Tradition. © Salas/EFE

Was sich am meisten verkauft, sind die „Chicos in Brühe, die Cabrillas in milder roter Sauce oder „picantón“, scharfer Sauce. Sein Stand führe aber auch die „Schwarzfußschnecke“, eine iberische Cousine der Weinbergschnecke, die „Mexikanerin“, eine gestreifte, mittelgroße Art, die gibt es mal mit Chorizo mal mit Callos (Kutteln) als Beilage. „Wir bevorzugen die traditionellen Rezepte aus Córdoba, doch jedes Jahr kommen exotische Varianten hinzu, man muss den Leuten was bieten“, so der Schneckenkoch. Und so tauchen an Ständen auch Varianten wie „Carbonara“ oder „al coco“ auf, sogar einen Schnecken-Kebab bietet einer der Stände.

Neben der einfachen Brühe (Lorbeer, Pfeffer, Fenchel, Weißwein, Knoblauch) ist auch „en escabeche“, also ein mit Essig angereichtertes sofrito, eine Konservierungsmethode der Mauren, klassisches Habitat der cordobesischen Schnecken-Delikatessen, die gewöhnlich in Glas-Tassen oder Schälchen gereicht werden, zusammen mit einem Zahnstocher zum herauspicken der Tierchen. Kenner allerdings schwören auf das Dippen mit frischem Weißbrot, denn der ganze Geschmack lande schließlich in der Brühe oder Sauce., ganz ähnlich wie bei den Albóndigas, den berühmten Fleischbällchen. Die Andalusier bevorzugen dabei auf die „natürliche“ Schnecke und verzichten weitgehend auf die französische Methode, die Tiere sich tagelang durch ein Kräuter-Mehl-Gemisch fressen zu lassen, bis sie so fett sind, dass sie nicht mehr in die Häuser zurückkommen.

Liste und Karte der Schnecken-Kioske von Córdoba 2024

Schneckentour durch Córdoba, Karte
Auf Schneckentour durch Córdoba. Karte mit den Standorten der 35 Kioske für Schnecken. (Link zur großen Karte und einer Liste über dem Bild). © Ayuntamiento de Córdoba.

Wie die Schnecken zu Córdobas Streetfood wurden

Heute kommen die Schnecken Córdobas fast immer von spezialisierten Farmen, auch der Hygiene wegen. Die wild gesammelten sind eigentlich gar nicht zugelassen, tauchen aber an Marktständen immer mal wieder auf und auch in den kleinen Kneipen fragt lieber niemand so genau nach, woher die Tiere kommen. Ursprünglich kamen die Schnecken ohnehin mit den Bauern nach Córdoba, die ihre Waren von den Feldern ankarrten. Schnecken wurden am Wegesrand abgesammelt, waren eine kostenlose und hochwertige Eiweißquelle für die Selbstversorgung. Marktkunden fragten neugierig, was da im Hintergrund in den Töpfen dampfte und einige Bauern wie auch wandernde Gitanos begannen, sich auf die Schnecken zu spezialisieren, Gasthäuser übernahmen das Angebot. Mindestens 300 Jahre alt sei diese Tradition, andere Quellen gehen zurück bis in die Maurenzeit, denn arme Bauern gab es in Andalusien immer schon und Streetfood sowieso.

Das Volkstümliche der Schnecken-Saison hat sich in Córdoba erhalten. So sind die meisten Stände gar nicht im touristischen Zentrum zu finden, sondern weit verteilt in den Barrios, sogar in den Vorstädten Córdobas. Doch gibt es auch einige Gourmets, die die Schnecken auch zum Weltkulturerbe Córdobas zählen wollen.

Schnecken mit Häubchen: Córdobas Streetfood an Kiosken in der ganzen Stadt

Bei „Caracoles Noreña“, einem weiteren Stand in Córdoba, bereiten sie die Schnecken fast schon auf Michelin-Stern-Niveau zu, da kommt ein Häubchen Alioli-Schaum auf die Tiere oder es werden gelatinierte Würfel des Pedro-Ximénez-Süßweins oder aus Amontillado (siehe unser Sherry-ABC) untergemischt. Bereits aus ihren Häusern „zwangsgeräumte“ Schnecken werden als Farce in gedämpfte Pan Bao-Brötchen geschmiert. Für Unentschiedene haben sie sich einen „Degustationsteller“ einfallen lassen, darauf finden sich Schnecken mit Ochsenschwanzfleisch vermischt, denn der „Rabo de Toro“ ist ja - neben dem Salmorejo - das eigentliche Nationalgericht Córdobas. Die Einheimischen können darüber nur milde lächeln, Chicos en caldo bleibt der Klassiker in Córdoba, wärmt in den kalten Tagen. So ein Tässchen kostet um die 3 oder 4 Euro und die gehen weg wie warme Semmeln. Einige Stände verarbeiten am Tag 250 Kilogramm Schnecken.

Tipp: Besuche in den ältesten Sherry-Bodegas von Jerez und Sanlúcar

Auch interessant

Kommentare