Wien - Da soll noch einmal einer behaupten, dass Frauen ununterbrochen quasseln: Die aktuelle Redezeit-Statistik von weiblichen und männlichen Abgeordneten während vom ORF übertragenen Plenarsitzungen im Parlament zeigt jedenfalls eine völlig andere Realität.

Die Grünen haben sich die Mühe gemacht, die Minuten seit Angelobung des neuen Nationalrats im vergangenen Oktober bis zur Budgetdebatte Ende April zu zählen. Das bemerkenswerteste Ergebnis: In diesem Halbjahr klafften die Redezeiten von freiheitlichen Frauen und Männern am weitesten auseinander. Magere acht Minuten durften blaue Mandatarinnen zur Sendezeit sprechen, mehr als fünfeinhalb Stunden dagegen ihre Kollegen (siehe Grafik). Insgesamt beträgt der Frauenanteil im 34-köpfigen FPÖ-Klub 17,6 Prozent, also nicht einmal ein Fünftel.

Ein ähnliches Bild lieferte auch das BZÖ in die heimischen Wohnzimmer. 15 Minuten zu fünf Stunden, 33 Minuten lautet das orange Ergebnis nach Geschlechtern. Von den 21 BZÖ-Abgeordneten sind nur zwei weiblich - was einem Anteil von nicht einmal zehn Prozent entspricht.

Aus emanzipatorischer Sicht ebenfalls trist: die zeitlichen Differenzen bei den Großparteien SPÖ und ÖVP. Während der Fernsehübertragungen durften die roten Frauen bloß etwas mehr als eineinhalb Stunden ans Rednerpult, ihre Genossen dagegen gute vier. Dabei besteht der 57 Mandatare starke SPÖ-Klub aus immerhin 21 Frauen, macht einen Anteil von 36,8 Prozent.

Ähnliches ergibt der schwarze Rückblick. Knappe vier Stunden an männlichen Debattenbeiträgen stehen etwas mehr als einer Stunde an weiblichen gegenüber. 51 Abgeordnete zählt der ÖVP-Klub, davon sind nur 12 Frauen, ergo ein knappes Viertel.

Geschlechterparitätisch am gerechtesten verteilt ist die Redezeit - Überraschung! - bei den Grünen. Eva Glawischnig, Ulrike Lunacek und Co kamen insgesamt sogar um 14 Minuten länger zu Wort als die grünen Männer. Frauensprecherin Judith Schwentner zur weiblichen Sprechbilanz im Nationalrat: „Wir hätten viel mehr zu sagen als wir dürfen. Das Parlament ist und soll schließlich kein Zigarrenklub für Männer ab 50 sein." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 28.5.2009)