Werner Sobotka: "Ich habe noch nie spontan gelacht!"

Sobotka und Weichselbraun
Sobotka und Weichselbraun(c) Die Presse (Zötl)
  • Drucken

Mirjam Weichselbraun spielt ab 10. September in den Wiener Kammerspielen die Marilyn-Monroe-Rolle in "Some like it hot" - berühmt durch den Billy-Wilder-Film von 1959. Showspezialist Werner Sobotka inszeniert.

Frau Weichselbraun, Gentlemen prefer Blondes. Ist das heute auch noch so?

Mirjam Weichselbraun: Glaube ich nicht.

Werner Sobotka: Ich schon.

Ein echter Macho will mindestens eine Blondine an seiner Seite?

Sobotka: Ja.

Weichselbraun: Heiraten würde er aber eher eine Braunhaarige.

Weil jeder glaubt, dass die Braunhaarigen sanftmütiger sind?

Weichselbraun: Eine Freundin von mir war lange blond und hat nie einen Freund gefunden. Jetzt hat sie sich die Haare braun färben lassen, um zu testen, ob sie einen findet. Aber sie hat nach wie vor keinen.

Die Monroe entspricht nicht gerade dem heutigen androgynen Schönheitsideal.

Weichselbraun: Nein, aber das ist gerade das Gute. Ich glaube, es gibt genug Mädchen, die gern aussähen wie die Monroe, und viele wären auch gern wie sie. Schließlich ist sie noch immer eine der schönsten Frauen, eine Ikone, wie es sie heute nicht mehr gibt. Sie hat etwas Faszinierendes an sich. Allerdings: Ich bin keine Marilyn Monroe.

Aber auch Sie sind recht prominent. Geht Ihnen das manchmal auf die Nerven?

Weichselbraun: Diese ständige Jammerei von manchen Kollegen, wie schlimm es ist, auf der Straße erkannt zu werden usw., die nervt mich. In Wahrheit brauchen sie doch die Prominenz. Das gehört eben zum Job. Ich möchte mich auch manchmal verkriechen. Aber man sollte nicht vergessen, dass wir es im Prinzip beruflich gut erwischt haben. Ich nehme mir gezielt Auszeiten. Eine Show nach der anderen, das kommt für mich nicht infrage. Dann kann ich ja nichts mehr geben.

Was ist für Sie beide guter Humor? Worüber können Sie lachen?

Weichselbraun: Mich unterhält am meisten Alltägliches. Ich war drehen auf Mallorca. Ein Shuttlefahrer hat mich heimgebracht. 20 Minuten lang hat er geschwiegen, und plötzlich fragte er: „Haben Sie Haustiere?“ Über so was kann ich mich herrlich amüsieren.

Wahrscheinlich hat er die ganze Zeit über ein unverfängliches Gesprächsthema mit einer hübschen, jungen Frau nachgegrübelt. Das ist dabei herausgekommen.

Sobotka: Wahrscheinlich. Bei mir ist das mit dem Humor kurios. Seit ich 16 Jahre alt bin, beschäftige ich mich damit. Aber ich habe einen völlig analytischen Zugang. Ich lache nie. Ich sage höchstens: Mach das, das ist lustig! Ich habe oft mit meiner Mutter ferngesehen. Sie hat sich gefürchtet, wenn der Film zum Fürchten war, sie hat geweint, wenn es traurig war, und sie hat gelacht, wenn es lustig war. Sie hat dann zu mir gesagt: „Hast du gesehen, jetzt hat er sie verlassen!“ Und ich habe gesagt: „Ja, aber da waren der Schatten der Kamera und das Mikro zu sehen.“

Ist das nicht schlimm bei den Proben für die Schauspieler, wenn Sie Komödie spielen und Sie sitzen unten mit eiserner Miene?

Sobotka: Ja, darum lache ich auch manchmal bei den Proben, aber niemals spontan, nur so: „Hahaha!“ Als Ansporn für die Schauspieler.

Weichselbraun: Dir ist jetzt aber schon klar, dass ich das morgen an die Pinwand schreibe, was du da sagst.

Sobotka: Es ist auch schwierig, wenn ich mit Freunden einen lustigen Film sehe. Ich unterhalte mich königlich, aber wenn ich rausgehe, sagen sie: „Was ist los, du hast gar nicht gelacht?“

Wie haben Sie es geschafft, die Monroe-Rolle zu bekommen? Da sind doch jetzt sicher viele neidisch, wo sie doch bisher keine Schauspielerfahrung haben.

Weichselbraun: Werner Sobotka hat mich angerufen und gefragt. Ich habe gesagt: Seid ihr sicher? Ich habe mir da durchaus nicht gleich vertraut.

Sobotka: Wir haben ein Casting mit zehn oder zwölf Geladenen gemacht. Mirjam und ich haben einander nicht gekannt. Es hat funktioniert, und zwar sofort. Das ist Gefühlssache. Diese Castings sind das Wichtigste, ich bin dabei nervöser als bei den eigentlichen Premieren. Wenn ich nicht die richtige Besetzung finde oder die richtige übersehe, weil sie gerade einen schlechten Tag hat, ist alles infrage gestellt.

Was gab den Ausschlag, dass Sie Frau Weichselbraun genommen haben?

Sobotka: Es gab Schauspielerinnen, die haben versucht, Marilyn Monroe zu imitieren – und es gab jene, die versucht haben, es ganz anders als die Monroe zu machen. Beides hat mich nicht interessiert. Mirjam hat keines von beiden getan. Sie war furchtlos, nach dem Motto: Wenn ihr glaubt, ich kann das, dann mache ich es. Das ist genau der Charakter der Sugar Kane.

Sugar Kane (im Film: Monroe) spielt Ukulele und ist Sängerin. Sie sucht einen reichen Mann. Wie sehen Sie Ihren Charakter sonst?

Weichselbraun: Reich und alt reicht ihr nicht. Sie hat Sehnsucht nach Romantik. Sie ist ein sehr gefühlsbetonter, leidenschaftlicher Mensch. Was ich an ihr besonders liebe, ist, dass sie immer einmal mehr aufsteht, als sie hinfällt. Sie ist auch ganz gerade, sie denkt nicht hinterrücks. Sie wurde schon öfter verletzt. Aber sie lässt sich nicht entmutigen.

Ist es aufbauend, diese Rolle zu spielen?

Weichselbraun: Ich finde es schön. Diese Figur hat eine Leichtigkeit. Sie suhlt sich nicht lang in ihrem Selbstmitleid. Es ist nicht alles gut gewesen in ihrem Leben, was passiert ist, aber sie ist optimistisch, dass es besser wird.

Sind Sie auch so?

Weichselbraun: Eigentlich ja. Es gibt Momente, in denen ich sage: Dies läuft nicht und jenes läuft nicht. Aber im Prinzip glaube ich, wenn irgendwo eine Tür zufällt, wird irgendwann auch wieder eine aufgehen.

Wie gehen Sie bei Ihrer Inszenierung vor, Herr Sobotka? Sie sind vor allem für schräges Entertainment bekannt, wie man auch beim „Weißen Rössl“ gesehen hat, das Sie nicht lieblich inszeniert haben, wie man es früher zu sehen gewohnt war.

Sobotka: Das „Weiße Rössl“ war nicht als lieblich gedacht, sondern ursprünglich eine Satire. Schräg? Nein. Ich versuche mich jeweils auf mein Publikum einzustellen. Ich arbeite anders, ob ich für die „Hektiker“, den „Simpl“ oder die Vereinigten Bühnen Wien tätig bin. Ich will den Leuten etwas bieten. Sie sollen nicht sagen: Das habe ich schon hundertmal gesehen. Aber auch nicht: Ich erkenne das Stück nicht. Ich gehöre auch nicht zu jenen Regisseuren, die sich freuen, wenn 30 Prozent der Besucher in der Pause empört rausgehen. Das ist nicht mein Ziel.

Warum werden hauptsächlich angelsächsische Stoffe immer wieder neu aufgelegt? Ist die Ursache dieses Recyclings eklatante Einfallslosigkeit europäischer, österreichischer Komödienschreiber? Ist das Land zu klein? Liegt es an der Allmacht der angelsächsischen Entertainmentindustrie? Allerdings: Es gibt ja enorm erfolgreiche heimische Serien wie „Mundl“, „Kaisermühlen Blues“, „Kottan“. Aber die können nicht oder nur beschränkt exportiert werden.

Sobotka: Prinzipiell wird doch bei uns sehr viel Humoreskes geschrieben. Gerade in Österreich gibt es viele Comedians. Trotzdem ist das Land natürlich nicht mit dem amerikanischen oder englischen Markt zu vergleichen. Die Serien, die Sie genannt haben, entstanden nicht auf Befehl. Es ging dort durchaus ähnlich vor sich wie bei „Some like it hot“, das auch kein Kultfilm war, sondern erst mit der Zeit einer geworden ist. Im Gegenteil, viele Leute waren in den Fünfzigerjahren irritiert über Männer in Frauenkleidern. Billy Wilder hat auch immer betont, dass dies kein Plädoyer für Schwule ist.

Marilyn Monroe küsst im Film Tony Curtis sehr lange und intensiv. Beim Drehen dieser Szene war sie derart mühsam, dass er nachher meinte, er hätte lieber Adolf Hitler geküsst. Wie wird das auf der Bühne sein? Küsse sind im Theater oft peinlich.

Weichselbraun: Selbstverständlich küssen wir uns, der Martin Niedermair (Darsteller der Curtis-Rolle, des Joe) und ich. Nach dem ersten Mal hat Martin gesagt: Jetzt ist es passiert. Der erste Probenkuss ist immer der Schwierigste. Ich dachte: Was soll denn daran schwierig sein?

Wie entspannen Sie sich? Fahren Sie auf Urlaub?

Weichselbraun: Ich entspanne mich beim Kochen. Da kann ich völlig abschalten.

Sobotka: Ich brauche keinen Urlaub. Ich erhole mich am besten, wenn ich einmal im Jahr nach New York fahre und mir dort Shows anschaue.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.