Feinde überall! Hitchcock funktioniert auch im Theater

Werner Sobotka.
Werner Sobotka.(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Kammerspiele. Werner Sobotka inszeniert rasant-witzig „Die 39 Stufen“.

Ein junger, reicher Müßiggänger langweilt sich und beschließt „irgendwas Triviales und Stumpfsinniges“ zu machen, er geht ins Theater, sieht dort einen genialen „Mr. Memory“, der sich alles merkt, dann fällt ein Schuss. Trivial und stumpfsinnig ist nichts an der Theaterversion von Alfred Hitchcocks Klassiker „Die 39 Stufen“, die seit Donnerstagabend in den Kammerspielen zu sehen ist. Im Gegenteil, hier ist alles sehr raffiniert.

An dem Film kann man geballt Hitchcocks Suspense-Kunst studieren, vor allem die Bedrohung von allen Seiten, die 1935, als der Film entstand, wohl auch politisch ein Thema war, selbst wenn Hitchcock selten aus dieser Perspektive gesehen wird.

Werner Sobotka, der „Die 39 Stufen“ (der Name einer weltumspannenden Geheimorganisation) inszenierte, hat Hitchcock gründlich erforscht. Es ist ja kein Geheimnis, dass die meisten Theaterregisseure lieber beim Film wären, aber hier geht es um mehr: Sobotka erzählt nicht nur die Geschichte vom bedauernswerten Richard Hannay (Alexander Pschill), den eine verführerische Dame (Ruth Brauer-Kvam) nach Hause begleitet, sie stirbt, worauf Hannay unter Mordverdacht steht; Sobotka umrundet die britische Unterhaltungsindustrie zwischen Stand-up und Improvisation; und er beschreibt „The Making of Cinema“, damals, als noch alles real hergestellt werden musste, was auf der Leinwand erschien, und es keine Simulation am Computer gab. Am Schluss dieser stark akklamierten Aufführung sitzen weit mehr Leute auf der Bühne als gespielt haben. Die Produktion wirkt speziell für die Schauspieler strapaziös, ununterbrochen müssen sie Rollen und Kostüme wechseln, was viel Heiterkeit weckt.

Bühnentraumpaar Brauer/Pschill

Diese „39 Stufen“ handeln auch vom Theater als Maschine, als Wunderbox, aus der ständig ein „Jack“ oder ein Jokus heraus knattert. Manches ist viel zu laut (vor allem Sängerschauspieler Boris Pfeifer sollte sich etwas dämpfen). Wozu braucht man Mikroports im kleinen Raum? Alles in allem aber: Ein interessanter, amüsanter und, was bei einer Komödie selten, aber durchaus willkommen ist, lehrreicher Abend. Der Parforce-Ritt hat sich für das Ensemble gelohnt. Das Bühnen-Traumpaar Brauer/Pschill hat seine bisher anspruchsvollsten, aber auch seine tollsten Rollen gefunden. (bp)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2017)

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