Kirche: Bibelfeste Jobaussichten

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Schlechter Ruf, beste Jobchancen: Priester, Pastoralassistenten und Religionslehrer werden dringend gesucht. Was man dafür können sollte, und wo man es lernen kann.

Skandale, Verbrechen, Austritte: Die katholische wie die evangelische Kirche erlebte schon bessere Zeiten. Doch so vermaledeit das Image, so gebenedeit die Chancen auf einen krisenfesten Job mit teils guten Aufstiegsmöglichkeiten. „Den stärksten Bedarf gibt es natürlich im Bereich der geistlichen Berufe, also Priester, Ordensleute“, sagt Erich Leitenberger, Sprecher der Erzdiözese Wien. Aber auch bei den seelsorglich orientierten Laienberufen wie Pastoralassistenten und Jugendleitern gibt es Nachwuchsprobleme – und das nicht erst, seit die Kirche mit Missbrauchsvorwürfen massiv in die Schlagzeilen geraten ist. Nämliches gilt für sekundäre kirchliche Berufe (Mesner, Pfarrhaushälterinnen). „Interessanterweise gibt es hier aber einen Zustrom von Personen mit Migrationshintergrund“, so Leitenberger.

Wie aber wird man Priester, Ordensfrau, Pastoralassistent oder Religionslehrer? Wer sich für die Aufnahme an einem Priesterseminar entscheidet, muss sich auch für ein Theologiestudium an einer Uni inskribieren. Dieses dauert fünf Jahre, die Ausbildung am Priesterseminar sieben Jahre, erzählt Thomas Schuhmann, in der Verwaltung des Priesterseminars der Erzdiözese Wien tätig. Aufgenommen werde entsprechend der fachlichen und psychologischen Eignung jeder, der sich bewerbe, meist seien im Schnitt 20 bis 25 potenzielle angehende Priester in Ausbildung.

Berufung prüfen

Drop-outs stehen allerdings an der Tagesordnung: Entweder kommt der Studierende selbst darauf, dass dieser Beruf nichts für ihn ist, oder der Regens lege ihm nahe, das Seminar zu verlassen. „Priester zu sein ist eine Berufung“, betont Schuhmann, selbst einmal Seminarist, der sich aber schließlich für einen anderen Weg entschieden hat. Gerade nach den zahlreichen Missbrauchs- und Vertuschungsvorwürfen ist besondere Sensibilität gefragt. In einem Orden wird nicht direkt auf einen kirchlichen Beruf vorbereitet – das Noviziat dient hier vor allem dazu, um das Leben in einer Ordensgemeinschaft kennenzulernen, „sich zu prüfen, ob diese Lebensform die für die Person passende ist, um geistliches Leben einzuüben“, so Kunigunde Fürst von den Franziskanerinnen. „Bei den gemeinsamen Kursen geht es um Gemeinschaftsleben, Berufung, Gottesbild.“ Monika Rapp-Pokorny leitet das Seminar für kirchliche Berufe (SKB), das sowohl Pastoralassistenten als auch Jugendleiter ausbildet.

Beide Gruppen „nehmen seit über 60Jahren die seelsorgerischen Aufgaben in der Kirche Österreichs wahr“, so Rapp-Pokorny. Voraussetzung für die vierjährige Ausbildung sind die Matura oder eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie psychische Stabilität, Teamfähigkeit und „die Bereitschaft, in Gemeinschaft mit anderen Zeugnis unseres Glaubens geben zu wollen“. Die Ausbildung umfasst neben Theologie auch Gesprächsführung, Konfliktbewältigung, Persönlichkeitsbildung, Psychologie und Sozialpädagogik sowie musisch-kreative Fächer.

Religion vermitteln

Wer an einer höheren Schule Religion unterrichten will, studiert an einer Uni das entsprechende Lehramt. Für Pädagogen an Pflichtschulen sind die Pädagogischen Hochschulen zuständig. Die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems bildet angehende Religionslehrer für die Konfessionen katholisch, evangelisch, orthodox, orientalisch-orthodox und altkatholisch aus. „Eine Beziehung zu Kindern aufbauen zu wollen, ihnen beizustehen und Anwalt der Kinder zu sein, das sind die Aufgaben des Religionslehrers, die heute bei der Vermittlung des Glaubens und der Glaubensinhalte gefragt sind“, sagte der Leiter des Instituts für die Ausbildung von Religionslehrern an der PH, Heribert Bastel. Diese Ausbildung ist übrigens „zukunftssicher, auch wenn die Zahl der römisch-katholischen Schüler zurückgeht“, so Bastel – denn: „Bei den Religionslehrern wird ein Generationswechsel stattfinden. Viele gehen in Pension.“ Allerdings werden sich die künftigen Religionslehrer darauf einstellen müssen, dass sie ihre Lehrverpflichtung an mehreren Schulen wahrnehmen müssen. „Religionslehrer werden so ein bisschen Reisende in Sachen Glauben sein und in drei, vier oder fünf Schulen unterrichten.“

Angesprochen auf den Umgang mit dem Thema körperlicher und sexueller Missbrauch, betont Bastel: Angehende Religionslehrer würden heute umfassend vorbereitet und sensibilisiert, und zwar sowohl aus entwicklungspsychologischer als auch aus moraltheologischer und fachdidaktischer Sicht. „Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Sensibilisierung besonders im Bereich der Schule. Aber da die meisten Studierenden auch ehrenamtlich in der Kirche, insbesondere in der kirchlichen Jugendarbeit tätig sind, wird diese Thematik auch für den Bereich Kirche behandelt.“

Im Team arbeiten

Leitenberger sieht im Bildungsbereich übrigens die besten Aufstiegsmöglichkeiten in einem kirchlichen Beruf. Christa Baich, Personalentwicklerin und Leiterin des Referats für Berufungspastoral in der Erzdiözese Salzburg, ortet gute Entwicklungsmöglichkeiten auch für Priester sowie „teilweise für Pastoral- und PfarrassistentInnen“. Frauen stehen mit Ausnahme der geistlichen Berufe im engeren Sinn, für die also eine Weihe nötig ist, alle kirchlichen Berufe offen, betont Leitenberger. „In der Erzdiözese Wien sind zahlreiche Spitzenpositionen – die Leitung der Finanzkammer, des Schulamts, der Kontrollstelle, der Wirtschaftsstelle, des Diözesanarchivs, der Chefredaktion der Kirchenzeitung – in der Hand von Frauen.“ Als grundsätzlich nötige Voraussetzungen für einen kirchlichen Beruf nennt Baich „menschlich-soziale, spirituelle, theologische, seelsorgliche, institutionelle Kompetenz und die Fähigkeit zu selbstständiger Arbeit sowie zu Teamarbeit“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2010)

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