Krieg gegen die Ukraine :
Bürgermeister: Keine Evakuierung von Charkiw geplant

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Ein Polizist inspiziert am 27. März 2023 in Charkiw einen Krater vor einem beschädigten Wohnhau, das bei einem russischen Angriff getroffen wurde
In den letzten Märztagen wurde die Großstadt im Nordosten der Ukraine verstärkt beschossen. Die Energieinfrastruktur ist weitgehend zerstört. Doch der Bürgermeister gibt sich kämpferisch.

Nachdem die Großstadt Charkiw im Nordosten der Ukraine in den vergangenen Tagen verstärkt von der russischen Armee attackiert wurde, gibt sich der Bürgermeister der Stadt kämpferisch. In einem Interview mit dem ukrainischen Medium „LIGA.­net“ sagte Ihor Terechow, weder die Verwaltung noch das Militär sähen einen Grund dafür, Charkiw zu evakuieren.

„Die Evakuierung aus dem Gebiet, in dem die Kämpfe andauern, ist im Gange, und diese Menschen sind auf dem Weg nach Charkiw“, sagte er. Die Stadt habe derzeit 1,3 Millionen Einwohner. Laut Terechow greift die russische Armee die Stadt derzeit mit weiterentwickelten Waffen an, die einen größeren Wirkradius hätten. Meistens kämen Drohnen und das S-300-Raketensystem aus dem Gebiet Belgorod zum Einsatz, dessen Geschosse Charkiw in 40 Sekunden erreichten.

Die Stadt liegt nur gut 40 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Ende März beschossen die Russen die Energieinfrastruktur der Ukraine, vor allem Charkiw war betroffen. Terechow sagte nun, fast die gesamte kritische Energieinfrastruktur sei praktisch zerstört, darunter alle Umspannwerke. Auch das Heizkraftwerk sei beschädigt worden. Es kam zu Problemen mit der Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung.

Auch in der Nacht zum Montag ist Charkiw nach ukrainischen Angaben beschossen worden. Wie der Gouverneur des Gebiets auf Telegram mitteilte, wurde bei Raketenangriffen ein Mann getötet, eine Bildungseinrichtung, ein Studentenwohnheim und ein Wohnhaus wurden beschädigt.

Gedenken an Butscha

Das Gebiet Charkiw war zu Beginn der groß angelegten Invasion im Winter 2022 teilweise von russischen Truppen besetzt worden. Im Herbst darauf hatte die Ukraine mit ihrer Gegenoffensive die meisten Ortschaften zurückerobern können. Wenig später wurden dort wie in den Vororten Kiews nach dem Rückzug der Russen Massengräber mit Hunderten Toten entdeckt.

Am Sonntag hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj an die Gräueltaten nahe der Hauptstadt erinnert. Butscha, Borodjanka, Irpin und andere einst umkämpfte Orte stünden für den Kampf der ­Ukrainer für ihr Land und für ihr Leben, sagte er in einer Videobotschaft.

In Butscha erinnerte er an das Massaker an Zivilisten, die mit einem neuen Denkmal gewürdigt wurden. Dort versammelten sich auch Botschafter mehrerer Staaten, um der Opfer zu gedenken. „Die Präsenz von uns Botschaftern bezeugt, dass die internationale Gemeinschaft zur Ukraine steht. Das Verbrechen von Butscha muss gesühnt werden“, schrieb der deutsche Botschafter Martin Jäger auf der Plattform X. Am 2. April 2022, kurz nach dem russischen Abzug, gingen die Bilder von den auf der Straße liegenden Leichen um die Welt.

Russland begann am Montag mit der alljährlichen Einberufung von 150.000 Wehrpflichtigen. Die Soldaten würden regulär zum zwölfmonatigen Grundwehrdienst einberufen, aber nicht im Kriegsgebiet in der Ukraine eingesetzt, hatte das russische Verteidigungsministerium vorher mitgeteilt.

Es veröffentlichte ein entsprechendes Dekret von Präsident Wladimir Putin, das zugleich die Entlassung jener vorsieht, die den Grundwehrdienst absolviert haben. Die ausgebildeten Soldaten können sich aber auch zum Kriegsdienst in der Ukraine verpflichten. Beobachter gehen davon aus, dass der Druck innerhalb der Truppe groß ist, einen solchen Vertrag zu unterzeichnen.