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109 Schüsse auf Audi R8: SEK-Einsatz am Kölner Großmarkt: Polizist hat zuerst gefeuert
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109 Mal schoss ein Spezialeinsatzkommando bei dem Versuch, einen Gemüsehändler festzunehmen, seit viereinhalb Jahren behauptet die Kölner Polizei, die Zielperson habe zuerst ihre Waffe benutzt, woraufhin die Elite-Polizisten ihre Magazine leerten. Ein neuer Untersuchungsbericht konstatiert genau das Gegenteil.

Der Mann bleibt in den Ermittlungsakten anonym. Er trägt einzig eine Kennziffer: die 140. Der Anonymus ist ein Beamter eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Düsseldorfer Polizei. Um seine wahre Identität zu schützen, taucht der Elite-Polizist - so wie seine Teamkollegen auch - nur unter einer Tarnnummer auf.

Dabei gilt 140 als Kronzeuge in einer aberwitzigen Polizeiaffäre. Am 19. Juni 2011 soll der Beamte bei einem gescheiterten Zugriff auf einen Gemüsehändler am Kölner Großmarkt als Erster das Feuer eröffnet haben. So lautet nach Informationen von FOCUS Online das Fazit der Aachener Kriminalpolizei, die im Auftrag der Staatsanwaltschaft die damaligen Vorfälle erneut untersucht.

Video als entscheidendes Beweismittel?

109 Mal schossen 140 und seine vier Kollegen bei der Festnahmeaktion auf den Restaurantlieferanten Karim Panahi,  der gerade in seinen Audi R8 eingestiegen war. Von sechs Kugeln getroffen, gelang es dem Kaufmann noch seinen Wagen zu starten und zu flüchten. Erst ein paar hundert Meter weiter verlor er sein Bewusstsein, sein Auto stoppte an einem Bordstein. Seit einem Jahr rollen die Aachener Ermittler nach einer Strafanzeige von Panahis Anwalt Gottfried Reims den Einsatz wieder auf. Das entscheidende Beweismittel dürfte ein Video aus einer Überwachungskamera am Großmarkt sein, das die Geschehnisse an jenem Sonnabend kurz vor 21 Uhr festhielt – und FOCUS Online vorliegt.

Auf der einminütigen Sequenz sei zu sehen, so die Ermittler, dass der SEK-Beamte 140 als Erster einen Schuss auf die Frontscheibe des Audis abgebe. 16 Hundertstel Sekunde später zerplatzte demnach das Seitenfenster auf der Fahrerseite – quasi einen Wimpernschlag nach dem ersten Treffer. Danach leerten die SE-Kräfte ihre Magazine. Wann Panahi geschossen haben soll, geht weder aus dem Video noch aus den Nachforschungen in Aachen hervor.

Auslöser war ein Streit ums Sorgerecht

Damit wäre der Skandal perfekt: Bisher hatten die Einsatzkräfte stets von Notwehr gesprochen. Man habe erst gefeuert, nachdem der Unternehmer geschossen habe. Diese Version hatte das Kölner Polizeipräsidium kurz nach dem Vorfall am Großmarkt ausgegeben.

Der Grund für die Festnahme: Der bislang unbescholtene Geschäftsmann soll im Sorgestreit um seine Tochter seine getrennt von ihm lebende Frau telefonisch mit dem Tod bedroht haben. Da man ihm zwei Mal die Geldeinnahmen geraubt hatte, bewahrte er illegal zwei Schusswaffen im Auto auf.  Daraufhin hatte die Kölner Polizei das Spezialeinsatzkommando aus Düsseldorf angefordert, das an jenem Tag Rufbereitschaft hatte.

Staatsanwaltschaft glaubte Kölner Ermittlern

SEK-Mann 140 behauptete damals in seiner Vernehmung: Er habe sofort und dann mehrfach geschossen, nachdem sie sich als Polizisten zu erkennen gegeben hätten. Seine Kollegen beteuerten, Panahi habe durch das hintere Seitenfenster in Richtung eines heranstürmenden Kollegen gefeuert. Erst dann hätten sie zurück geschossen – reine Notwehr also.

Seit viereinhalb Jahren bleiben die Elitepolizisten aus Düsseldorf bei dieser Behauptung. Die Kölner Ermittler, die das Geschehen anschließend untersuchten, glaubten ihren Kollegen. Sie glaubten ihnen so sehr, dass sie ihre Aussagen nicht ernsthaft hinterfragten - und die Staatsanwaltschaft diese Version schließlich kritiklos in ihre Anklageschrift übernahm – darin wird dem damals schwer verletzten Geschäftsmann versuchter Totschlag vorgeworfen. Seit Jahren liegt die Anklage bei Gericht, bis heute aber wurde der Fall nicht verhandelt.

Behörden wollen Verfahren einstellen

Zumal sich jetzt die Version, die seit Jahren als unumstößlich galt, auch aus Sicht der Polizei in Aachen als eindeutig falsch herausgestellt hat: Demnach hat nicht Panahi, sondern ein Polizist als erster geschossen. Offiziell äußert sich die Staatsanwaltschaft Aachen bisher nicht zu dem Sachverhalt mit dem Hinweis auf die laufenden Ermittlungen.

Video: 109 Schüsse aus Notwehr? SEK-Einsatzkräfte feuern auf Mann in Audi R8  

109 Schüsse aus Notwehr? SEK-Einsatzkräfte feuern auf Mann in Audi R8

109 Schüsse aus Notwehr? SEK-Einsatzkräfte feuern auf Mann in Audi R8
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