Erinnerungen unseres Redakteurs Franz Beckenbauer – die Lichtgestalt

Dieter Bracke
Dieter Bracke (links) kannte Franz Beckenbauer persönlich gut – er begleitete Beckenbauer während seiner Zeit als Spieler und späterer DFB-Teammanager. Foto: /Archiv

Der oberfränkische Sportjournalist Dieter Bracke hat Franz Beckenbauer jahrelang begleitet. Er erinnert sich an die persönlichen Meilensteine mit dem verstorbenen Kaiser.

 
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Meinem lieben Freund Dieter alles Gute“, so hat sich Franz Beckenbauer auf einem DFB-Wimpel verewigt. Als früherer Sportredakteur unserer Zeitung und der Nürnberger Zeitung habe ich die stolze Laufbahn der jetzt verstorbenen Lichtgestalt des deutschen Fußballs intensiv verfolgt. Auf dem Rasen und danach auf der Trainerbank.

Die Jahrhundert-Elf – ob er den Ausdruck selbst geprägt hat, weiß niemand, aber er hat ihm – und dies völlig zu Recht – bestens gefallen. Die Würdigung gilt der Truppe, die 1972 zum ersten Male gegen England im Wembley-Stadion siegte. „Das war Fußball, wie ich ihn mir vorstelle“, schwärmte er damals. Der Finalsieg gegen die Sowjetunion setzte dem Geschehen die Krone auf. Und der gebürtige Münchner wurde geadelt und zum Kaiser ernannt. Die Lobeshymnen, die – auch auf der internationalen Fußballbühne einstürmten – erreichten ihren Höhepunkte nach dem Gewinn des WM Titels 1974. Verändert haben sie Beckenbauer nicht.

Er war ein Superstar, aber er blieb mit beiden Beinen auf dem Boden. Er blieb ein Mensch zum Anfassen. Ein typisches Beispiel, das nach jedem Spiel zu beobachten war: Während die meisten der Jungstars möglichst rasch die Kabine aufsuchten, widerstand er der Flucht. Er gab Autogramme. Zu lesen war der volle Name Franz Beckenbauer und nicht ein unleserliches Gekritzel. Format setzt eben mehr voraus als ein passabler Umgang mit der Lederkugel.

Trainer-Lehrling

„Ich eigne mich nicht als Trainer“, hatte er mir einmal nach einem Sieg seines FC Bayern gesagt. Eine Behauptung, denn der „Kaiser“ korrigierte sich und irrte sich auch. Er der akribisch tätige Ex-Fußballer, der den glücklosen Jupp Derwall ablöste, begann seine Lehrzeit 1986 bei der WM in Mexiko. Bei einem Gespräch mit der Vorhut der deutschen Medienvertreter, zehn an der Zahl, ließ er eine Bombe platzen. Die Bundesliga sei eine einzige Schrottliga. Wie reagierten seine Zuhörer darauf? Eigentlich kaum vorstellbar. Selbst die Vertreter der Boulevardblätter wollten von einer Berichterstattung absehen Doch der Bundestrainer nahm die Offerte nicht an, goss noch mehr Öl ins Feuer: „Ihr seid doch alles Feiglinge“. Die Reaktion darauf: Entsprechende Artikel tags darauf im deutschen Blätterwald.

Der „Kaiser“ aber sorgte später für einen zweiten Paukenschlag: Er schickte Torhüter Uli Stein nach Hause, weil ihn dieser als „Suppenkasper“ tituliert. Platz zwei nach einer Finalniederlage gegen Argentinien war angesichts der Umstände durchaus respektabel. Vier Jahre später vor der WM in Italien verkündete der Chef Erstaunliches: „Ich habe meine Lektion gelernt.“ Einzelheiten, die er für sich behielt, waren leicht auszumachen waren. Er ließ die Zügel wesentlich lockerer, wie ein Beispiel gut verdeutlicht: Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann und Andreas Brehm weilten mehr in ihren Wohnungen am Comer See als im Trainingslager Erbar.

Der DFB-Truppe gelang die Revanche gegen Argentinien und Franz Beckenbauer der Beweis, doch ein Klasse-Trainer zu sein. Dieses Kapitel endete mit dem Bild, das Beckenbauer dem allgemeinen Jubel entflieht und allein umherläuft. Der Hinweis darauf ist der richtige Schluss für eine jetzt verstorbene Persönlichkeit, die viel für Deutschland getan hat. Und dies nicht nur auf und rings um den Fußballrasen.

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