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Schläft da jemand?

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In Nummer 12 der FURCHE wurde auf S. 4 am Ende der Glosse „Geschichte in ACUS- Sicht“ die Frage gestellt: „Schläft da jemand?“ Da die diesbezüglichen kritischen Anmerkungen Angelegenheiten der kirchlichen Zeitgeschichte betreffen, fühle ich mich bei dieser provozierenden Frage zwar nicht unmittelbar betroffen, wohl aber angesprochen. Dies deshalb, weil ich die einzige dies-

bezügliche Abteilung, die es auf einer Theologischen Fakultät Österreichs gibt, als Extraordinarius leite. Diese Abteilung, die übrigens erst im Oktober vergangenen Jahres innerhalb des Institutes für Kirchengeschichte Graz errichtet wurde, ist außerdem ein „Einmannbetrieb“, hat keinen Assistenten und keine Sekretärin.

Damit sei auf ein grundsätzliches Problem, das man mit Fug und Recht als Manko qualifizieren darf, hingewiesen. Während in der Bundesrepublik Deutschland die Kirchengeschichte schon längst geteilt und durch zwei Lehrstühle lehr- und forschungsmäßig betreut wird (Grenze ist etwa die Neuzeit), ist bei uns in Österreich der Ordinarius für Kirchengeschichte nach wie vor verpflichtet, die ganze Kirchengeschichte - vom Pfingst- ereignis bis Johannes Paul II. — zu betreuen.

Eine Auffächerung dieser ungeheuren Zeitspanne mit ihren überreichen Inhalten analog zu den Historikern auf den Geisteswissenschaftlichen Fakultäten in mehrere Forschungsgebiete mit eigenen Lehrstühlen (heute sagt man genaugenommen Planstellen eines ordentlichen Universitätsprofessors) mit Dozenten, Assistenten und Sekretärinnen ist für die Theologischen Fakultäten außerhalb jedweden Uberlegungshorizontes. Im letzten Dezennium fand diese Auffächerung in den heu errichteten Lehrstühlen für Zeitgeschichte auf den Geisteswissenschaftlichen Fakultäten ihre weitere erfreuliche Ausformung und notwendige Ergänzung.

Bei den Theologen ist jedoch nicht einmal die Errichtung eines einzigen Lehrstuhles für kirchliche Zeitgeschichte, geschweige eines solchen Institutes, auf einer der vier Fakultäten in Sicht. Nicht zuletzt ob dieses Mankos liegt die wissenschaftliche Forschung und Historiographie der kirchlichen Zeitgeschichte im argen. Wir müssen daher über jeden außeruniversitären Beitrag froh sein, auch wenn er unvollkommen und einseitig ist, sofern er nur aus ehrlichem Wollen verfaßt ist. Zur rein wissenschaftlichen, objektiven Erforschung und Darstellung sind die Universitäten von Amts wegen verpflichtet.

Ohne der provokanten Frage der FURCHE nachgehen zu wollen, ob hier jemand schläft und wenn ja, wer, sei sie für denjenigen, der ihr nachgeht, ergänzt mit: „Quousque tandem ?“

Der Autor ist Leiter der Abt. Theologiegeschichte der Universität Graz.

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