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Givaudan-VRP: «Wir pflegen eine offene Gesprächskultur»

Im Interview mit «Finanz und Wirtschaft» betont Jürg Witmer, Verwaltungsratspräsident von Givaudan, mehrmals die offene Gesprächskultur im Gremium. Einen besonderen Beitrag dazu leisten die Frauen, sagt er. Witmer möchte deshalb noch mehr von ihnen im Verwaltungsrat haben.

Herr Witmer, Gratulation! Givaudan hat es im VR-Ranking 2016 zusammen mit Geberit und Georg Fischer aufs Podest geschafft. Was sagen Sie dazu, dass der von Ihnen präsidierte Verwaltungsrat zu den besten der Schweiz gehört? - Das freut mich natürlich. Aber ich bin nicht überrascht. Ich habe das schon seit langem gewusst.

Welche Stärken besitzt der Verwaltungsrat von Givaudan? - Er ist gekennzeichnet durch eine grosse Unabhängigkeit, Fachkompetenz, Transparenz und eine offene Gesprächskultur.

Wie sind diese Stärken zustande gekommen? - Sie sind das Resultat einer jahrelangen, aktiven Nachfolgeplanung. Es ist Aufgabe des Verwaltungsratspräsidenten, das zu orchestrieren. Zudem thematisieren wir solche Fragen im Nominierungsausschuss und im Verwaltungsrat.

Sie weisen auf die offene Gesprächskultur im Verwaltungsrat hin. Wie schafft man eine solche Kultur? - Durch die Auswahl der Verwaltungsratsmitglieder. Wir suchen Leute, die sich nicht selbst im Vordergrund sehen, sondern das Team. Wir wollen aber auch Leute, die sich nicht scheuen, ihre Meinung im Gespräch offen zu äussern. Solche Verhaltensweisen sind über Jahre gewachsen und stellen einen Teil unserer Firmenkultur dar.

Weist der Verwaltungsrat von Givaudan auch Schwächen auf? - Ich möchte gern noch mehr Frauen im Gremium.

Aktuell sind zwei von acht Mitgliedern Frauen. - Das sollte aber nicht der Endzustand sein. Ich habe festgestellt, dass die Gender Diversity sehr viel bringt für die von mir angesprochene offene Gesprächskultur. Frauen bringen immer wieder ganz andere Gesichtspunkte ins Gespräch ein als Männer.

Einen Punkteabzug gab es im VR-Ranking für Givaudan, weil die Mitglieder des Verwaltungsrates viele Drittmandate haben. - Sie sehen das falsch. Wir sollten dafür eine Punktegutschrift bekommen. Das bereichert unseren Verwaltungsrat, das gibt ein breiteres Beziehungs- und Erfahrungsfeld. Trotzdem werden alle Verwaltungsratsmandate, die meine Kolleginnen und Kollegen annehmen, mit mir vorbesprochen. Wenn solche Mandate der Verfügbarkeit für unser Unternehmen schaden sollten, würde ich einschreiten.

Nicht die volle Punktzahl erhielt Givaudan auch, weil Sie als Verwaltungsrat mit einem Jahressalär von über 1 Mio. Fr. relativ viel verdienen. Was rechtfertigt eine so hohe Vergütung? - Wir haben 2005, als ich das Amt übernahm, festgelegt, dass der Verwaltungsratspräsident das Vierfache des Salärs eines normalen Verwaltungsratsmitglieds erhalten sollte. Das ist gerechtfertigt, weil mein Zeitaufwand viel höher ist als der meiner Kolleginnen und Kollegen. Die Hälfte meines Salärs, rund 400 000 Fr., erhalte ich in bar, die andere Hälfte in auf drei Jahre gesperrten Aktien. Weil sich diese  gut entwickelt haben, ist mein Salär unfreiwillig auf über 1 Mio. Fr. gestiegen.

Wie arbeitet Ihr Verwaltungsrat? Wie organisieren Sie sich? - Wir halten pro Jahr in der Regel fünf Sitzungen ab, zwei in Genf, eine in der Region Zürich, eine in Europa und eine auf einem anderen Kontinent – immer an Standorten unseres Unternehmens. Zwischendurch gibt es, wenn wichtige Fragen zu diskutieren und zu entscheiden sind, Telefonkonferenzen. Für die Verwaltungsratsmitglieder bin ich zudem jederzeit erreichbar. Darüber hinaus ermutige ich meine Kolleginnen und Kollegen, auch untereinander in Kontakt zu stehen. Das wichtigste Scharnier im Unternehmen ist jedoch dasjenige zwischen Verwaltungsratspräsident und CEO. Das ist die Hauptverbindung zwischen Strategie und Tagesgeschäft. Als ehemaliger CEO von Givaudan verlangt das dabei eine grosse Disziplin von mir. Ich sollte nicht versuchen, die Arbeit des aktuellen CEO zu machen. Ich besuche deshalb nie eine Geschäftsleitungssitzung, obwohl ich statutarisch dazu ermächtig wäre. Ich pflege aber regelmässigen Kontakt mit dem CEO und dem Management und besuche Tochtergesellschaft im Ausland, damit ich auf dem Laufenden bin.

Was hat den Verwaltungsrat von Givaudan 2015 besonders beschäftigt? - Erstens ist das die Nachfolgeplanung. Wir haben einige Änderungen in der Geschäftsleitung gehabt, weitere wird es geben. Zweitens sind das strategische Überlegungen: In welche Gebiete soll Givaudan ausserhalb des relativ engen, aber hoch profitablen Segments der Aroma- und Riechstoffe, in denen wir Weltmarktführer sind, expandieren, ohne dass dabei die Ertragskraft verwässert wird? Beide Themen beschäftigen uns auch im laufenden Jahr noch sehr stark.

Viele Verwaltungsräte klagen über die zunehmende Regulierung ihrer Arbeit. Wie sieht es bei Ihnen aus? - Für mich gilt: halte es einfach und mache es mit gesundem Menschenverstand. Darüber hinaus muss auch ich feststellen, dass Minder nicht viel gebracht hat – ausser einen erhöhten Arbeitsaufwand. Aber ich kann mit der Regulierung leben, auch wenn ein Grossteil davon unnötig ist.

Was sagen Sie zum zunehmenden Einfluss der Stimmrechtsberater? - Das ist ein neues Geschäft geworden. Ein paar Firmen generieren Gebühren damit, dass sie Aktionäre in der Stimmausübung an der Generalversammlung eines Unternehmens beraten. Sie sind aber in der Regel zu weit von den Unternehmen entfernt, als dass sie echt einen Beitrag leisten könnten. Wir nehmen das Phänomen deshalb nicht besonders ernst. Wir hatten aber auch noch nie Probleme mit Stimmrechtsberatern.