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Machtkampf in Lollar-Odenhausen: Ortsvorsteher vor Abwahl?

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Machtkampf in Odenhausen: Grüne und SPD wollen am kommenden Dienstag den Ortsvorsteher abwählen.	FOTO: LKL
Machtkampf in Odenhausen: Grüne und SPD wollen am kommenden Dienstag den Ortsvorsteher abwählen. FOTO: LKL © Lena Karber

SPD und Grüne wollen den Ortsvorsteher von Odenhausen, Markus Wojahn, abwählen. Sie kritisieren, dass er seit über einem Jahr keine Sitzung einberufen hat. CDU-Mann Wojahn wähnt Rot-Grün schon im Wahlkampf.

Diese Tagesordnung lässt aufhorchen: Am Dienstag kommender Woche tagt der Ortsbeirat Odenhausen - und unter Punkt zehn geht es um die Abwahl seines Vorsitzenden, des Ortsvorstehers Markus Wojahn (CDU). Den Antrag dafür haben Grüne und SPD gestellt. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen Wojahn: Laut Hessischer Gemeindeordnung sollen Ortsbeiräte viermal im Jahr tagen. In Odenhausen hat Wojahn zuletzt vor 14 Monaten, im Mai 2019, die fünf Mitglieder zusammengerufen. Auch sei das Protokoll erst im Dezember verteilt worden.

Weil der Ortsvorsteher sich weigere, zu Sitzungen einzuladen, bleibe dem Ortsbeirat politische Mitsprache verwehrt, monieren Lollarer SPD und Grüne in einer gemeinsamen Pressemitteilung. »Es gab keine Sitzung, in der der Ortsbeirat zum Haushalt 2020 hätte Stellung nehmen können«, äußert sich Norman Speier im Gespräch mit dieser Zeitung. Er ist SPD-Fraktionsvorsitzender - und zugleich Wojahns Vorgänger als Ortsvorsteher. Das Amt hatte Speier vor etwa zwei Jahren wegen des Wegzugs aus Odenhausen niedergelegt. Wojahn ist auch Vorsitzender der Lollarer CDU-Fraktion.

Machtkampf in Odenhausen: Basis der Zusammenarbeit »massiv beschädigt«

Auch zu anderen Themen - etwa dem Nachtragshaushalt 2019, der Sanierung der Mehrzweckhalle und dem Verkauf der alten Schule - habe der Ortsbeirat keine Stellung nehmen oder Anfragen stellen können und sei auch nicht informiert worden, da der Ortsvorsteher keine Sitzung anberaumt habe, heißt es in der Mitteilung. Die »bisherige vertrauensvolle Basis für eine gute Zusammenarbeit« sei mittlerweile »massiv beschädigt«.

Mehrfach, so Speier, habe er Wojahn am Rande von Parlamentssitzungen angesprochen und nach einer Ortsbeiratssitzung gefragt, aber letztlich ohne Erfolg.

Ortsbeiratsmitglied Wolfgang Haußmann (Grüne) bemängelt gegenüber der GAZ, der Ortsvorsteher habe das Gremium »fast boykottiert«. Haußmann weiter: »Wir konnten eigentlich nichts mehr machen«, denn nur der Ortsvorsteher könne zur Sitzung einladen.

Wojahn will die Vorwürfe nicht stehen lassen: So sei ihm erst im Nachhinein mitgeteilt worden, dass es zu den Haushaltsplänen Beratungsbedarf im Ortsbeirat gegeben habe. »Mir wurde damals kein Antrag vorgelegt«, so Wojahn weiter. Die Haltung Speiers sei in diesem Kontext nicht maßgeblich, weil er nicht in Odenhausen wohne. »Hätte es konkrete Anträge gegeben, wäre auch eingeladen worden.«

Machtkampf in Odenhausen: Gegenseitige Vorwürfe

Grundsätzlich verursache jede Sitzung Aufwand, auch finanziell. Doch Wojahn räumt auch ein: »Im alten Jahr hätte noch eine Sitzung stattfinden müssen« - dies wolle er aber nicht als Entschuldigung verstanden wissen. Ferner verweist er darauf, dass über Monate wegen der Corona-Schutzmaßnahmen auch das Parlament nicht getagt habe, sondern der Hauptausschuss als Eilgremium.

Wojahn erhebt wiederum Vorwürfe gegen SPD und Grüne: »Ich gehe davon aus, dass der Hintergrund des Antrags nicht nur im Ortsbeirat zu suchen ist, sondern dass man mir für bestimmte Dinge etwas unterjubeln will.« Konkret nennt er die Prüfung einer Beförderung im Rathaus durch die Kommunalaufsicht auf Betreiben der CDU. »Da fühlten sich einige auf den Schlips getreten«, so Wojahn. »Ich verstehe es so, dass die Fraktionen jetzt mit dem Wahlkampf beginnen wollen.«

Der Lollarer CDU-Stadtverbandsvorsitzende Dr. Jens-Christian Kraft bezweifelt auf Anfrage, »ob der Abwahl-Antrag einen großen Mehrwert hat, zumal nach den Corona-Beschränkungen wieder reguläre Sitzungen stattfinden können«. Vor zwei Jahren habe keiner aus dem rot-grünen Lager Ortsvorsteher werden wollen, umso mehr verwundere ihn nun der Antrag.

Machtkampf in Odenhausen: Klage drohte

Laut Auskunft aus dem Lollarer Rathaus ist Wojahn durch die Einberufung der Sitzung für Dienstag womöglich einer Klage entgangen: Die Verwaltung habe beim Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) eine rechtliche Stellungnahme in dieser Sache angefordert, bestätigt Erster Stadtrat Bernd Maroldt (SPD) in Vertretung des Bürgermeisters. »Da muss man sich an den HSGB wenden, damit man Rechtssicherheit hat«, sagt er. Drei Mitglieder des Ortsbeirats hätten nun eine »Sondersitzung« beantragt, zu der Wojahn dann auch fristgerecht eingeladen habe. Maroldt weiter: »Wäre diese Frist verstrichen, hätten wir dagegen vorgehen müssen.« Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht wäre wohl die Folge gewesen.

Von dem Abwahlantrag habe er erst am Dienstagmorgen erfahren, äußert sich der Ortsvorsteher. Bei der öffentlichen Sitzung am Dienstag geht es auch um eine Reihe von Sachthemen. Besonders kontrovers dürfte es aber unter Tagesordnungspunkt zehn werden - Ausgang offen.

Zusatzinfo: Zwei-Drittel-Mehrheit für Abwahl erforderlich

Ob SPD und Grünen die Abwahl von Ortsvorsteher Markus Wojahn gelingen wird, ist fraglich: Sie stellen drei der fünf Sitze im Ortsbeirat, die CDU ist mit zwei Sitzen vertreten. Für die Abwahl wäre allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Sollte Wojahn seinen Posten verlieren, könnte direkt ein Nachfolger gewählt werden. jwr

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