"Der König von Palma"

Heike Makatsch im Interview: “Gerade wächst eine Generation junger Männer heran, die Achtsamkeit von Grund auf lernt”

Heike Makatsch spielt in “Der König von Palma” die weibliche Hauptrolle. Im Interview erzählt sie von Mallorca, Ruhrpott-Akzent – und was sich seit den 1990ern in Sachen female Empowerment geändert hat
Heike Makatsch
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Heike Makatsch über ihre Rolle in “Der König von Palma”, Mallorca und den Ballermann

Am 11. Juli 2023 startet die zweite Staffel von “Der König von Palma” auf RTL+. In der hochwertig produzierten Serie folgen die Zuschauer:innen Matti Adler, der auf Mallorca am Ballermann durchstarten will. Aus der Bar “Bieradler” am Strand von Palma soll ein Imperium werden – und das will der frühere Autohändler aus dem Ruhrpott auf Biegen und Brechen durchsetzen. An seiner Seite ist seine Frau Sylvie – wie die in das ganze Konstrukt “Bieradler” passt, hat Darstellerin Heike Makatsch im Interview verraten.

“Der König von Palma”: Darum geht es in der Serie

Ballermann. Kein Wort dürfte in der deutschen Sprache so mit Mallorca, Exzess und Rausch verbunden sein: Sangria mit Strohhalmen aus Eimern, Schlagerstars und Sex sind unweigerlich mit der primär auf Deutsche abgestimmte Barmeile rund um El Arenal auf Mallorca verbunden. Wie es so weit kommen konnte, wird ansatzweise in der Serie “Der König von Palma” gezeigt. Während in der ersten Staffel noch erzählt wurde, wie Protagonist Matti Adler (Henning Baum) seine erste Bar eröffnet, handelt die zweite Staffel davon, wie er zum “König von Palma” aufsteigen will – koste es, was es wolle.

An seiner Seite ist seine Frau Sylvie (Heike Makatsch), die ihm seit 20 Jahren den Rücken freihält. Dass sie von ihm vor dem Who-is-Who der mallorquinischen Barszene gedemütigt wird, hätte sie sich im Traum nicht ausmalen können. Aber Sylvie ist tough, sie ist eine Macherin, eine starke Mutter – eine, die sich nicht vorführen lässt und die nicht aufgibt.

Zwischen echten Aufnahmen aus den späten 1990ern und frühen 2000ern, unterlegt mit Musik von Jürgen Drews und DJ Bobo, zeichnet “Der König von Palma” nach, was damals vielleicht genau so oder anders passiert sein könnte: Wie deutsche Touristen die bis dahin eher verschlafene Balearen-Insel überrennen, wie sie zwischen Banana-Boat und Ballermann den Exzess in jeder möglichen Form feiern, wie zwischen einheimischen und ausländischen Unternehmer:innen ein bitterer Kampf um die Vormacht in El Arenal entbrennt.

Manche von uns kennen die TV-Dokus bzw. TV-Momentaufnahmen mit reißerischen Titeln wie “Ballermann: Sand, Saufen, Sex” vielleicht noch. In “Der König von Palma” wird das alles in ein spannendes Serien-Konstrukt gepackt: Ab der ersten Folge weiß man als Zuschauer:in, dass das alles nicht gut enden kann mit Matti Adler, seinen Angestellten, deren Doppelleben, Adlers Frau Sylvie, die keine Lust auf Sauf-Tourist:innen hat, und dem “Bieradler”.

Heike Makatsch im GLAMOUR Interview über “Der König von Palma”

Im Interview hat Sylvie-Darstellerin Heike Makatsch verraten, was ihre Rolle so spannend macht, wie sie die Retro-Serie an ihr eigenes Ich von damals erinnert hat – und ob sie selbst schon mal einen klassischen Ballermann-Urlaub verbracht hat.

GLAMOUR: Beschreib doch mal deine Figur in der zweiten Staffel von “Der König von Palma” für Leute, die die erste Staffel vielleicht noch nicht gesehen haben.

Heike Makatsch: Ich spiele Sylvie, die Ehefrau von Matti Adler. Matti und Sylvie sind von Dortmund mit den beiden Kindern nach Mallorca gezogen, weil Matti große Pläne hatte und noch viel größere Visionen dazu: Er wollte auf Mallorca eine Strandbar aufmachen, er will Freiheit und nicht mehr an Deutschland und den deutschen engen Alltag gebunden sein. Sylvie ist notgedrungen mitgekommen und hat sich irgendwie als Mattis Rückgrat etabliert.

Die Adlers: Matti (Henning Baum) und Sylvie (Heike Makatsch) in “Der König von Palma”

RTL

In der gemeinsamen Kneipe, dem “Bieradler”, zählt Sylvie das Geld. Sie macht die Abrechnung, sie sieht zu, dass Matti nicht komplett freidreht und über die Stränge schlägt, sondern realistisch und vor allem legal bleibt. Tief im Herzen wünscht sie sich aber wohl, dass sie, Matti und die Kinder in der Zukunft woanders hinziehen. Mit dem “Bieradler” und der Ballermann-Szene in ihren Anfängen wird sie nie so richtig warm. Aber Sylvie liebt Matti und ihre Familie. Was sie nicht weiß: dass ihr Ehemann die ganze Zeit ein Doppelleben führt.

“Doppelleben”, gutes Stichwort. Das bedeutet ja auch immer, dass eine Person auf die ein oder andere Weise betrogen wird – im Fall von “Der König von Palma” ist das Sylvie. Was würdest du einem Menschen raten, der plötzlich das Doppelleben seines:seiner Partner:in aufdeckt? Wie geht man mit einer langfristigen Form von Betrug um?

Einen allgemeingültigen Ratschlag gibt es da nicht, das ist sehr individuell und emotional. Ich glaube, dass man Abstand zu der akuten Situation gewinnen und sein eigenes Wohl priorisieren muss.

Was hat denn am meisten Spaß gemacht an der Rolle? Man hört dich mit Ruhrpott-Akzent sprechen, so kennt man dich sonst nicht …

Der Dialekt ist ein Teil der Figur, das habe ich direkt gespürt. Ich komme aus Düsseldorf, der Dortmunder Slang ging mir also relativ leicht von den Lippen. Es ist lustig, da kann ich sogar mal eine Anekdote erzählen: Ich habe eine Szene gespielt, in der ich allein war und den Hund gerufen habe. Am Ende der Szene dachte ich: “Irgendetwas stimmt nicht, wo ist die Figur geblieben?” Ich hatte Sylvies Dialekt vergessen, und direkt war das Innere der Figur verrutscht. Mir wurde klar, wie sehr dieser Dialekt Sylvie ausmacht.

Heike Makatsch als Sylvie Adler in “Der König von Palma”: “Der Ruhrpott-Dialekt macht Sylvie aus”

RTL

Die Serie “Der König von Palma” spielt im inoffiziellen 17. Bundesland Deutschlands: Mallorca, zu der Zeit, als der Ballermann geboren wurde. Hast du schon mal einen klassischen Ballermann-Urlaub verbracht?

Nein, aber ich liebe Mallorca sehr. Ich war schon oft dort und fahre immer wieder hin – aber in meine Ecken, abseits von El Arenal und dem Ballermann.

In Ausschnitten werden in “Der König von Palma” echte Aufnahmen von Mallorca und dem Ballermann aus den 1990ern und frühen 2000ern gezeigt. Das ist die Zeit, in der du richtig im Fernsehen beim deutschen Musiksender Viva durchgestartet bist. Hat die Musik in der Serie etwas bei dir ausgelöst?

Der Soundtrack ist stimmig und nimmt den Zuschauer auf eine Zeitreise mit. Aber das war damals nicht meine Musik – und sie ist es heute immer noch nicht. Mir ist jedoch klar, dass DJ Bobo und Co. viele Menschen zum Feiern motivieren. Nicht bloß die Musik, die gesamte Szenerie ist ein bisschen nostalgisch. Und das ist für den:die Schauspieler:in sehr wichtig, denn all die Utensilien, Kostüme und Requisiten der Serie helfen, einen inneren Schalter umzulegen. Ich spiele Sylvie, eine Mutter im Jahr 1992 intuitiv ganz anders, als ich eine gleichaltrige Mutter im Jahr 2023 spielen würde.

Hast du das Gefühl, dass sich im Hinblick auf Rollenverteilung und female Empowerment viel getan hat seitdem?

Das denke ich auf jeden Fall. In den letzten Jahren fand nach MeToo eine starke Sensibilisierung in Bezug auf female Empowerment statt – da ist Sylvie im “Bieradler” noch weit davon entfernt. Sie hat ja durchaus sehr viel mehr zu melden als viele andere Frauen in diesem ganzen “Bieradler”-System. Das Geld geht durch ihre Hände, sie hat auch mal was kritisiert und kann offen ihre Meinung sagen. Doch heutzutage gibt es ein ganz anderes Bewusstsein auf beiden Geschlechterseiten: Gerade wächst eine Generation junger Männer heran, die Achtsamkeit von Grund auf lernt und die dann in ihrem Verhalten hoffentlich auch anwendet.

Die Zeit, in der “Der König von Palma” spielt, ist die Zeit, in der man dir den Stempel “Girlie der Nation” aufgedrückt hat. Hattest du beim Dreh Flashbacks? War es schwer für dich, das Girlie-Image abzulegen?

Ich werde im Sommer 52 Jahre alt, für mich ist die Frage nach diesem Image einfach vorbei. Ich mochte eine Zeit lang nicht, von Medien und Öffentlichkeit in einer Art Schublade gehalten zu werden. Mittlerweile weiß ich, dass vieles von dem, wo ich heute stehe, dort – und auch mit dem Girlie-Missverständnis – seinen Anfang gefunden hat. Und dafür bin ich dankbar.

Die Erinnerung an mein 23-jähriges Selbst wurde durch die Serie in mir nicht geweckt – als Sylvie, Mutter, Ehefrau und viele Jahre älter, hatte ich wohl eine andere Perspektive auf die Ära.

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Abgesehen von “Der König von Palma”, der ja vor 20, 30 Jahren spielt: Hättest du gedacht, dass alles – Mode, Frisuren, Musik – aus den 2000ern wiederkommt?

In den 1980ern kamen die 1960er zurück, dann waren in den 1990ern die 1970er cool – so richtig überraschend ist es nicht. Aber irgendwie dachte ich, die 1990er und 2000er würden bei den Revivals der Jugendkultur übersprungen. Vielleicht, weil ich in diesen Zeiten selbst dabei war und sie deshalb nicht romantisiere.

Gibt es etwas aus den 1990ern, das du vermisst?

Da bin ich sehr oldschool: Ich vermisse handyfreie Zeiten!

Die zweite Staffel von “Der König von Palma” läuft am 11. und 18. Juli 2023 mit jeweils drei Folgen bei RTL+ und ist dann auch in der Mediathek des Senders abrufbar.