Fachbeitrag Energieversorgung à la Transrapid


Altes Testgelände, neue Nutzung: Ein Firmenkonsortium untersucht im Emsland, wie Autos Strom aus der Fahrbahn praktisch ohne Zwischenspeicherung direkt zum Fahren nutzen können.

03.02.2012

Altes Testgelände, neue Nutzung: Ein Firmenkonsortium untersucht im Emsland, wie man Strom aus einer Leitung in der Fahrbahn in darüber fahrende Autos speisen könnte. Die sollen die Energie praktisch ohne Zwischenspeicherung direkt zum Fahren nutzen.

Nicht die Batterie an Bord laden, sondern mit dem per Induktion übertragenen Strom direkt fahren ist die Hauptstoßrichtung eines Projekts, für das die IABG Ende 2011 den Förderbescheid des Bundesverkehrsministeriums erhielt. Die früher staatliche „Industrieanlagenbetriebsgesellschaft“ mit Hauptsitz in Ottobrunn bei München, die in den 1960er-Jahren für das Testen von Flugzeugen gegründet wurde, ist inzwischen in privater Hand und hat Erfahrung mit dieser Art der induktiven Stromübertragung bei der Entwicklung einer Magnetschwebebahn gewonnen, auch wenn an Autos höhere Leistungsdichten nötig sind als an den langen Schienenfahrzeugen.

Lange Leitung - bessere Lastverteilung

Dem offensichtlichen Nachteil einer Leitung in der Fahrbahn, dass eine Infrastruktur über viele Kilometer installiert werden muss, stellen die Projektbefürworter eine ganze Reihe von Vorteilen gegenüber. So ist im Fahrzeug selbst eine deutlich kleinere Batterie als bei rein batterieelektrisch betriebenen Vehikeln nötig, wenn die Antriebsleistung im Wesentlichen aus der Umgebung bezogen werden kann. Für das Netz ergebe sich eine günstigere Lastverteilung - statt hoher lokale Ladeströme beim stationären „Tanken“ an Ladesäulen müsse regional verteilt nur eine moderate Antriebsleistung bereitgestellt werden. Ohne die Kosten exakt zu beziffern betonte Jörg Metzner bei der Vorstellung des Projekts, dass die Investitionen statt in vielleicht im Ausland produzierte, relativ schnell alternde Batterien beim IABG-Projekt in eine langlebige Infrastruktur im Lande investiert werden. Details dazu erwartet man sich von den Untersuchungen des am Projekt beteiligten Bauunternehmens Max Bögl.

Auch der Wirkungsgrad der induktiven Übertragung könnte besser ausfallen, als man auf den ersten Blick erwartet. Denn für batterieelektrische Fahrzeuge rechnen die IABG-Ingenieure wegen Verlusten in der Batterie (90 % Wirkungsgrad) mit nur 77 % Wirkungsgrad für das Gesamtsystem vom Laden bis zur nutzbaren Energie. Trotz Wechselrichter und Luftspalt zwischen Primärkabel und Pickup auf Fahrzeugseite betrage der Gesamtwirkungsgrad für das induktive System nach Angaben der IABG dagegen 80 %.

Ortungssystem lokalisiert Energieverbraucher

Für die Energieversorgung von Fahrzeugen - Testträger werden der Artega des Fraunhofer IFAM und die Autotram des Fraunhofer IVI sein - soll ein segmentierter Primärleiter in der Fahrbahn sorgen. Die Abschnitte müssen dank eines von Alcatel Lucent zu entwickelnden Ortungssystems nur dann Strom führen, wenn darüber ein Fahrzeug mit Strom versorgt werden muss. Details, wie Fahrzeug und Energieversorger wegen des Bezugs und zur Abrechnung der übertragenen Energiemengen kommunizieren, sind noch nicht festgelegt. An diesen Fragestellungen arbeitet unter anderem der Projektpartner EWE. Ziel der ersten Projektphase ist in den nächsten Monaten durch räumliche Simulationen Klarheit über die günstigste Architektur der Systemkomponenten (Primärkabel, Umrichter, Ortungssysteme), Segmentlänge und Kabelgeometrie zu gewinnen. Zunächst wird von der geplanten „intelligenten E-Mobility-Fahrbahntrasse“ ein 25 m langes Teilstück als Prüfstand an der Transrapid-Teststrecke im Emsland aufgebaut. Federführend bei dem Projekt ist die IABG, Partner sind ABB, EWE, Max Bögl, Draka (Hochfrequenzkabel), Tridelta (Ferrite) sowie die Fraunhofer-Institute IFAM und IVI. Die zweite Projektphase, in der dann bis 2013 eine 1600 m lange Teststrecke entstehen soll, wird offen sein für weitere Teilnehmer. Für eine Modellanwendung könnte die Zeit im Jahr 2015 reif sein, doch die IABG-Experten dämpfen überzogene Erwartungen: Bis zum magischen Jahr 2020 seien Anwendungen im Maßstab von einigen hundert Kilometern sicher noch nicht zu erwarten, so Dr. Ralf Effenberger.