Post-Chef geht

Anton Wais überraschend zurückgetreten

Österreich
04.03.2009 16:50
Mitten im Wirbel um die Schließung von fast 300 Filialen (mehr dazu findest du in der Infobox) hat Post-Chef Anton Wais am Mittwoch völlig überraschend seinen Rücktritt erklärt. Seinen Job übernimmt ab 1. April bis auf Weiteres Generaldirektor-Stellvertreter und Finanzvorstand Rudolf Jettmar. Ausschlaggebend für den Rückzug seien "dringende gesundheitliche Gründe", teilte die Post Mittwochvormittag mit. Der 60-jährige Wais hat den Aufsichtsrat in der Sitzung des Prüfungsausschusses über seinen Rücktritt informiert. Ein Nachfolger soll so schnell wie möglich gefunden werden. Wais' Vertrag wäre noch bis 30. Juni 2012 gelaufen.

"Nach fast zehn ausgesprochen intensiven Jahren bei der Österreichischen Post habe ich mich nach reiflicher Überlegung zu diesem Schritt entschlossen. Mein gesundheitlicher Zustand macht das leider unumgänglich", so Wais. Er blicke auf das vergangene Jahrzehnt "mit Stolz zurück". Die Post sei heute ein ertragreiches Unternehmen, ihre hohe Dividendenkraft und die gute operative Performance bestätigen die im Jahr 1999 eingeschlagene Strategie.

Aufsichtsratspräsident Peter Michaelis streute Wais zum Abschied Rosen: "Unter seiner Leitung ist die Transformation der Österreichischen Post zu einem modernen Dienstleister gelungen. Die exzellente Entwicklung der Post-Aktie - trotz der Turbulenzen auf den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten - bestätigt das solide Geschäftsmodell der Post."

Kapitän in schwerem Fahrwasser 
Noch vor einem halben Jahr hatte Wais die Frage nach seinem größten Erfolg mit seiner gesundheitlichen Genesung beantwortet, nun muss er einer schweren Krankheit doch Tribut zollen. Bereits zum Jahreswechsel 2006/2007 war Wais einige Monate krankheitsbedingt teilweise ausgefallen.

Der Kunstliebhaber war 1999 zu dem damals noch staatlichen Monopolbetrieb gekommen. In seiner Zeit wurde ein Expansionskurs ins Ausland und ein Einsparungskurs im Inland gefahren. Erst am Dienstag wurde das Ende von 293 Postämtern bekannt gegeben (mehr dazu siehe Infobox), einige Jahre zuvor wurden rund 900 Ämter geschlossen. Dafür musste er, wie auch schon in der Vergangenheit, kräftig Prügel von der Politik einstecken. Dabei war sie es, die die Post an die Börse brachte und der Postmarktliberalisierung im Jahr 2011 in Brüssel zugestimmt hatte.

Wais ließ sich aber nicht beirren - und wenigstens der Aktienkurs gab ihm recht. Die Aktie legte vom Ausgabekurs im Mai 2006 von 19 Euro auf zuletzt rund 26 Euro zu. Auch die Dividendenausschüttung kann sich sehen lassen. Samt Sonderdividenden wurden für 2007 2,40 Euro je Aktie ausgeschüttet, die Dividendenrendite betrug 9 Prozent. Die Marktkapitalisierung der Post beträgt derzeit rund 1,8 Milliarden Euro. Gegenüber dem Jahr 2006 stieg der Umsatz 2007 um 579 Millionen Euro auf 2,3 Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis (EBIT) legte um 40 Millionen Euro auf 163 Millionen Euro zu. Die Zahlen für 2008 werden nächste Woche am Donnerstag noch von Wais präsentiert.

Dabei war ihm der Postillion nicht in die Wiege gelegt worden. Als Kind wollte Wais Theaterregisseur werden - und die Liebe zur Kunst ist ihm geblieben. Sollte sein Haus brennen, wäre sein Akkordeon der wichtigste Gegenstand, den es zu retten gelte, sagte Wais einmal in einem Interview. Sein liebster Zeitvertreib sei Malen und der Theaterbesuch.

"Nichts ist beständiger als die Veränderung"
Im Beruf lebte der verheiratete, kinderlose Sozialdemokrat und studierte Jurist seinen Leitspruch: "Nichts ist beständiger als die Veränderung". So kam es auch, dass er dabei war, als in Österreichs Telekommarkt Wirtschaftsgeschichte geschrieben wurde: Die Vergabe der ersten Handylizenz an einen privaten Anbieter, in diesem Fall max.mobil, dem heutigen T-Mobile.

Seine ersten beruflichen Gehversuche machte der Sohn eines Kriminalbeamten im Handelsministerium, von wo er ins Büro von Handelsminister Josef Staribacher wechselte. Anschließend wechselte er in die Privatwirtschaft und landete schließlich für zwanzig Jahre beim Siemens-Konzern. Von 1996 bis 1999 war er Mitglied des Vorstands von Siemens Österreich und wechselte von dort zur Post. Im Vorjahr wurde ihm das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.

SPÖ hofft auf "Erneuerung" - BZÖ wirft Wais "Flucht" vor
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter wünschte Wais "persönliches und gesundheitliches Wohlergehen" und fügte zugleich an: "Für die aktuelle Situation um die angekündigten Schließungen von Hunderten Postämtern eröffnet sich durch die personelle Erneuerung an der Spitze des Unternehmens die Chance, eine verbesserte Unternehmensstrategie zu entwickeln und vom bisherigen Zusperr- und Personalabbaukonzept Abstand zu nehmen. Überaus sinnvoll wäre auch ein Wechsel von ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis in das Privatleben." Trotz schwerer Krankheit von Wais sprach das BZÖ von einer "Flucht" des Top-Managers.

Christoph Leitl, Chef der Wirtschaftskammer, kommentierte den Abgang von Anton Wais in einer Aussendung folgendermaßen: "Wir verlieren einen guten Postpartner". Wais habe den ehemaligen staatlichen Monopolbetrieb Post "erfolgreich neu ausgerichtet und die Weichen für einen erfolgreichen Kurs gestellt". Das börsenotierte Unternehmen habe sich nicht nur in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt und seinen Wert nachhaltig gesteigert, es werde auch die Postmarktliberalisierung 2011 positiv bewältigen, betonte Leitl. Wais habe "wesentlich dazu beigetragen, dass Postdienste seit einiger Zeit zum Nutzen der Kunden und zum beiderseitigen Vorteil auch von Händlern, Wirten, Trafikanten oder Tankstellen angeboten werden."

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