Bonner Staatsanwalt Fred ApostelEr verhörte Genscher und Kohl

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Oberstaatsanwalt Fred Apostel geht in den Ruhestand.

Oberstaatsanwalt Fred Apostel geht in den Ruhestand.

Rhein-Sieg-Kreis/Bonn – Er war das Gesicht der Staatsanwaltschaft Bonn: Gab es etwas mitzuteilen von der Anklagebehörde, stellte sich Fred Apostel vor die Kameras und sagte, was zu sagen war: schnörkellos und klar. Jetzt ist der Oberstaatsanwalt, der im März 65 Jahre alt geworden war, in den Ruhestand gegangen.

Der Behörden-Chef, Leitender Oberstaatsanwalt Jakob Klaas, überreichte Apostel im Kreise seiner Mitarbeiter die Entlassungsurkunde. Fred Apostel begann seine Arbeit 1979 bei der Staatsanwaltschaft Aachen und kam 1980 nach Bonn. In der damaligen Bundeshauptstadt hat er sich vor allem einen Namen gemacht als unbestechlicher Korruptionsbekämpfer. Bedeutende Fälle hat er bearbeitet, so von 1982 bis 1989 die Parteispendenaffäre, die bundesweite Durchsuchungen bei großen Firmen nach sich zog.

Zu den Zeugen, die er damals vernehmen musste, gehörten Helmut Kohl, Willy Brandt und Hans-Dietrich Genscher. 1989 wechselte Apostel in die Abteilung für Presse- und politische Strafsachen. Hier musste er prüfen, ob gegen Kohl ein Verfahren eröffnet werden muss, weil er Namen von Spendern nicht nennen wollte. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Am 1. Januar 2000 übernahm der nun zum Oberstaatsanwalt beförderte Fred Apostel die neu gegründete Abteilung für Korruptionsstraftaten. Und welche Fälle da auf seinem Schreibtisch landeten! Der damalige Bonner CDU-Fraktionschef Reiner Schreiber soll im Zusammenhang mit dem Bau des Heizkraftwerks Nord Geld beiseite geschafft haben; er starb, bevor ein Prozess eröffnet werden konnte. Bestechungen bei der RSAG, bei der Bafin, ein Datenskandal bei der Deutschen Telekom, schließlich die Dopingaffäre um den Radrennprofi Jan Ullrich und dann der noch immer nicht abgeschlossene Finanzskandal um das Bonner Kongresszentrum WCCB.

Unvergessen sind für Apostel das Tötungsdelikt in der JVA Siegburg, in der drei Häftlinge einen anderen so lange folterten, bis er starb, und die Ermordung der kleinen Hannah aus Königswinter. Apostel, seit Mitte 1990 als Vertreter auch Pressedezernent und seit April 2001 Erster Sprecher der Behörde, war in beiden Fällen für die Pressearbeit zuständig.

Schon vor mehr als einem Jahr haben ihm seine vier Kinder eine Uhr ins Büro gestellt, die Tag für Tag die Zeit bis zum Eintritt in den Ruhestand anzeigte, die sie jetzt abholten. In Zukunft will sich der Jurist mehr um die Familie kümmern, Vorträge über Korruptionsbekämpfung halten und vielleicht schriftstellerisch ein Resümee seiner Arbeit bei der Staatsanwaltschaft Bonn ziehen. (dbr/ucs)

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