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Verbissen ist nur der Gesichtsausdruck

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Verbissen am Berg: Karl Kremser hat die Fähigkeit, sich im Wettkampf brutal zu schinden.
Verbissen am Berg: Karl Kremser hat die Fähigkeit, sich im Wettkampf brutal zu schinden. © Ewald Scheitterer

Karl Kremser (63) liebt den Berglauf und die Schinderei im Wettkampf. „Ich bin auch schon mal mit Wadenkrämpfen ins Ziel gelaufen“, berichtet der Königsdorfer.

Königsdorf – Wenn sich Karl Kremser bei einem Laufwettbewerb dem Ziel nähert, meist als Erster in seiner Altersklasse, blickt er drein, als würde er jeden Augenblick zusammenbrechen. „Das sieht tatsächlich so aus“, räumt Kremser lachend ein, „aber keine Angst, ich fühle mich absolut wohl.“ Schon als Bub war der Königsdorfer sportbegeistert, erzählt der 63-Jährige, „und auch heute trainiere ich fast jeden Tag“. Der Leiter des Firmenkunden-Centers der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen steht dann um fünf Uhr morgens auf und leistet sein Pensum ab, ehe er sich auf den Weg zu seinem Schreibtisch macht. Obendrein hat er sich im Keller seines Heims einen speziellen Trainingsraum eingerichtet, „mit allen Geräten, die man so braucht“.

Seine bevorzugten Trainingsberge sind Blomberg und Zwiesel. „Ich trainiere sehr viel“, gibt er zu. Kein Wunder, dass Karl Kremser in der Berglauf-Szene bekannt ist wie ein bunter Hund. Seit er vor etwa 20 Jahren, „eher durch Zufall“, auf die Bergläufe gekommen ist, haben die es ihm angetan. Bei nahezu allen namhaften Bergläufen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol war er schon am Start. Seine schönsten Erfolge feierte er dabei beim Jungfrau-Marathon, 2016 als er seine Altersklasse beim Brixen-Dolomiten-Marathon (42 km, 2500 Höhenmeter) gewonnen hat und 2014, als er im Stubaital in der Mastersklasse Mannschafts-Weltmeister wurde.

In seiner Läuferkarriere hat Kremser schon vieles erlebt – auch weniger schöne Dinge. So war er 2008 Teilnehmer beim Zugspitzlauf, bei dem es wegen eines Wettersturzes zwei Tote gegeben hat. „Zusammen mit dem Arzbacher Sepp Willibald und 500 anderen Läufern waren wir in Laufshirt und kurzer Hose unterwegs“, erinnert er sich. „Bereits in den tieferen Regionen hat es geregnet und der Wind hat geblasen. Da habe ich sauber gefroren.“ Dann hatte es auch noch zu schneien angefangen. Obwohl der Königsdorfer damals in seiner Altersklasse in Führung gelegen hatte, hat er an der Sonn-alpin-Station auf 2600 Meter aufgegeben. „Ich konnte das Risiko nicht mehr einschätzen.“ Erst später hat er dann mitbekommen, dass es in dem Wetterchaos sogar zu tödlichen Zwischenfällen gekommen war. „Vielleicht war es innere Eingebung, vielleicht war es auch die langjährige Berglauf-Erfahrung, die mich zur Aufgabe bewogen hat. Auf jeden Fall war es für mich eine Lehre, wie schnell bei solchen Extremsachen etwas passieren kann.“ Willibald hatte damals sogar durchgehalten und war bis ins Ziel weiter gelaufen.

Als kleiner Bub hatte Kremser natürlich in Königsdorf Fußball gespielt, als pfeilschneller Außenstürmer. Doch auch bei den Leichtathletik-Bewerben der Schüler, war er stets einer der Besten. Keine Frage, dass er damals regelmäßig bei den Königsdorfer Waldläufen gewonnen hatte. Als er dann später BWL und Sport studierte, hat er sich mehr aufs Rad verlegt. „Die 200 Kilometer beim Ötztal- oder beim Dolomiten-Marathon waren schon drin.“

Seinen ersten großen Auftritt als Läufer hatte Karl Kremser 1972 anlässlich der Olympischen Spiele in München. „Da habe ich ein Stück weit die Olympische Fackel getragen und bei der Firma Tyczka in Geretsried an meinen Bruder Franz übergeben.“ Dort hatte es auch einen großen Empfang gegeben. „Das war eine große Ehre für mich.“ Neben Beruf und Sport bleibt Karl Kremser nicht mehr viel Zeit für andere Beschäftigungen. „Trotzdem lese ich sehr viel. Und bei allen anfallenden Arbeiten rund ums Haus stehe ich auch meinen Mann.“

Jährlich absolviert er 15 bis 20 große Bergläufe und im Winter war er auf Langlauf-Skiern schon dreimal beim Wasa-Lauf in Schwenden mit am Start. „Das ist unter den vielen tausend Teilnehmern ein gigantisches Erlebnis.“ Darüber hinaus ist er auch bei der Raiffeisen-Oberland- Challenge ein bekanntes Gesicht. „Dabei steht für mich das Gemeinschaftserlebnis im Vordergrund. Dabei sein, mitmachen, Bekannte treffen, das gibt mir mittlerweile mehr, als der Sieg.“ Logisch, dass der Königsdorfer mehrfach seine Altersklassen bei der ROC gewonnen hat. Und dann fällt Kremser noch einmal sein furchterregender Gesichtsausdruck ein: „Vielleicht liegt es daran, dass ich mich brutal schinden kann. Ich bin auch schon mit Wadenkrämpfen links und rechts ins Ziel gelaufen.“  esc

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