Er gehörte zu den erfolgreichsten Filmautoren. Aber dann wurde ihm seine linke Gesinnung zum Verhängnis. Dieser Film rehabilitiert Dalton Trumbo.

Es ist nicht ohne Ironie, dass gerade ein Film im Kino läuft, in dem George Clooney Anfang der 50er-Jahre als Hollywood-Star entführt und von linken Drehbuchautoren, die enge Kontakte zu den Sowjets haben, einer Gehirnwäsche unterzogen wird. Auf der Berlinale-Pressekonferenz wurde Clooney denn auch gefragt, ob er je Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen sei. Und er spielte das Spiel mit und antwortete süffisant, dass er die Antwort verweigere und sich dabei auf den fünften Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung berufe.

Das alles spielt auf eine Zeit an, in der das alles andere als komisch, sondern traurige Realität war. Ab Ende der vierziger Jahren veranstaltete der berüchtigte Senator Joseph McCarthy mit seinem „Ausschuss für unamerikanische Umtriebe“ (HUAC) eine regelrechte Hexenjagd auf Linksliberale in Hollywood, die die Vereinigten Staaten vermeintlich kommunistisch „unterwandern“ wollten.

Vor dem Ausschuss: Trumbo verweigert seine Aussage
Vor dem Ausschuss: Trumbo verweigert seine Aussage © BM | Paramount

Es war eine reine Ablenkungstaktik von innen- und vor allem wirtschaftspolitischen Miseren, da brauchte es Sündenböcke, und die mussten von außen kommen. Eine Taktik, die noch heute bei all den Putins und Erdogans dieser Welt gern praktiziert wird. In der kollektiven Paranoia beim Ausbruch des Kalten Krieges stieß diese Gesinnungsschnüffelei auf äußerst fruchtbaren Boden.

Eine Riege aufrechter Drehbuchautoren und Regisseure aber, die sogenannten Hollywood Ten, verweigerten die Aussage und die Denunziation von Gesinnungsgenossen, indem sie sich auf jenen fünften Zusatzartikel beriefen und dem Komitee jegliche Legitimation absprachen. Sie standen für ihre Überzeugung ein, auch als sie dafür soziale Ächtung, Berufsverbot und Haftstrafen von sechs bis zwölf Monaten in Kauf nehmen mussten.

Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit

Dem führenden Kopf der zehn Widerspenstigen, Dalton Trumbo, werden nun die letzten Weihen der Rehabilitation zuteil, die Hollywood vergeben kann: indem ein Film über ihn gemacht wird – „Trumbo“. Biopics und Geschichten nach wahren Begebenheiten sind ohnehin derzeit stark im Trend. Und das Filmbusiness liebt es von jeher, sich auf sich selbst zu beziehen.

Das System Hollywood, das gerade aktuell durch den Schwarzen-Boykott bei den Oscars erschüttert wurde, erlaubt sich damit eine Aufarbeitung zumindest der traurigen Vergangenheit. Nicht nur, um einen seiner aufrechtesten Heroen zu feiern, sondern auch um sich seines eigenen liberalen Geistes zu vergewissern.

Feindlich gesinnt: Trumbo gegen die Klatschkolumnistin Hedda Hopper (Helen Mirren) Trumbo
Feindlich gesinnt: Trumbo gegen die Klatschkolumnistin Hedda Hopper (Helen Mirren) Trumbo © picture alliance / AP Photo | Hilary Bronwyn Gayle

Wir sehen diesen Dalton Trumbo kettenrauchend in der Badewanne auf der Maschine tippen. Mit einer Spezialvorrichtung, damit die Seiten nicht nass werden. Wir sehen, er hat einen Vogel, und nicht nur einen, der auf seinen Schultern sitzt. Eine skurrile Figur, wie sie schon sein Sohn Christopher Trumbo 2007 in seiner Dokumentation über den Vater zeigte, die ebenfalls schlicht „Trumbo“ hieß.

Diesmal aber verkörpert Bryan Cranston, der Star aus „Breaking Bad“, mit umwerfender Verve diesen Mann, der der erfolgreichste Autor Hollywoods ist und dann zur Persona non grata wird. Der auch in der dunkelsten Stunde nie seinen Humor verliert, aber immer mit Nachdruck zu seinen Auffassungen steht. Der immer auch an seine Familie denkt, die am meisten unter dem öffentlichen Druck leidet und daran fast zerbricht.

Halb Hollywood tritt auf

Halb Hollywood tritt hier auf. Teils in echt in Archivaufnahmen (Ronald Reagan und Rod Taylor haben entlarvende Auftritte). Teils nachgespielt. Wie Edward G. Robinson (verkörpert von Michael Stuhlbarg), der berühmte Schauspieler, der anfangs die Hollywood Ten unterstützt, bis auch er keine Angebote mehr erhält. Oder John Wayne (David James Elliott), der das rechte Ruder in der Film Academy erbarmungslos an sich reißt.

Der größte Unsympath aber ist die Klatschreporterin Hedda Hopper (genüsslich karikiert von Helen Mirren), die die Zehn auf der Schwarzen Liste in ihren millionenfach gedruckten Kolumnen vor der ganzen Nation verurteilt. Einer kommt indes gar nicht vor, weder in echt noch gespielt, und das ist wohl die größte Strafe: Elia Kazan, der einst vor dem Komitee ausgesagt und bereitwillig Gesinnungsgenossen denunziert hat.

Trumbo mit seiner Frau Clio (Diane Lane) bei der Urteilsverkündung
Trumbo mit seiner Frau Clio (Diane Lane) bei der Urteilsverkündung © picture alliance / AP Photo | Hilary Bronwyn Gail

Die Ironie der Geschichte will es, dass Trumbo, wie die anderen Autoren auch, unter zahllosen Pseudonymen weiter Drehbücher schrieb. Und gleich zwei Oscars gewann, 1954 für „Ein Herz und eine Krone“ und 1957 für „Roter Staub“, die stellvertretend von anderen entgegengenommen wurden.

Bis sich gleich zwei Mutige förmlich darum stritten, ihn 1960 zu rehabilitieren und seinen wahren Namen im Vorspann zu nennen: Christian Berkel gibt einen herrlich überzogenen Otto Preminger, dem Trumbo das Drehbuch zu „Exodus“ schreibt, und Dean O’Groman einen nicht uneitlen Kirk Douglas, der bei ihm „Spartacus“ in Auftrag gibt.

Keine Guten, keine Bösen – nur Opfer

Es ist verrückt, wie der falsche Kirk Douglas hier in die echten „Spartacus“-Szenen hineinkopiert wird. Die berühmte Solidaritätsszene, in der alle Sklaven am Ende aufstehen und vor den Römern behaupten, sie seien Spartacus, wirkt in dem Zusammenhang noch stärker.

Und wirklich war „Spartacus“ (mehr, weil publikumswirksamer, als „Exodus“) der Anfang vom Ende des McCarthyismus. Es war „eine schlimme Zeit“, sagt Dalton Trumbo ganz am Ende des Films, „nach der es sich erübrigt, nach Bösen und Guten zu suchen – es gab nur Opfer.“

Die echten Trumbos vor dem HUAC, links dahinter Bertolt Brecht
Die echten Trumbos vor dem HUAC, links dahinter Bertolt Brecht © picture alliance / AP Photo | Uncredited

Jay Roach, der bisher eher für Komödiantisches wie die „Austin Powers“-Reihe oder die „Meine Braut, ihr Vater und ich“-Filme stand, ist hier ein überzeugendes Drama gelungen, das zwar stellenweise sehr heiter erzählt wird, aber ein Schlaglicht auf Hollywoods dunkelste Seiten wirft und in seinen stärksten Momenten zur allgemeingültigen Allegorie auf Massen-Paranoia und Überwachungsstaaten wird.

Dalton Trumbo übrigens hat erst 1975, ein Jahr vor seinem Tod, den Oscar für „Ein Herz und eine Krone“ erhalten, den für „Roter Staub“ durfte erst 1993 postum seine Witwe Clio entgegennehmen. Einen Ehren-Oscar hat Trumbo nie erhalten. Ganz im Gegensatz zu dem Denunzianten Elia Kazan. Dafür wird dieser Film nun zu einer späten, aber umso aufrichtigeren Huldigung.