Politik

Ergebnisloses Treffen zur Frauenquote Unternehmen bleiben zögerlich

Freiwillig wollen die 30 deutschen Dax-Konzerne den Anteil von Frauen in den Chefetagen erhöhen. Eine Quote lehnen sie jedoch ab. Das ist das Ergebnis eines Spitzentreffens mit Unternehmen und Ministern in Berlin. Während Familienministerin zufrieden ist, zeigt sich Arbeitsministerin von der Leyen enttäuscht. Die Ergebnisse seien "nicht konkret genug".

Die Bemühungen um die Stärkung von Frauen in Spitzenpositionen machen keine großen Fortschritte. Zwar erklärten sich die 30 führenden deutschen Unternehmen in einem Spitzentreffen mit Bundesministern bereit, eigene Vorgaben zur Erhöhung des Frauenanteils zu veröffentlichen. In den Stufenplan von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder zum Einführen einer Quote willigten sie jedoch nicht ein.

Brüderle, von der Leyen und Schröder zu Beginn der Konferenz.

Brüderle, von der Leyen und Schröder zu Beginn der Konferenz.

(Foto: dapd)

CDU-Politikerin Schröder wertete das Treffen dennoch als Erfolg. Die Zusicherung der Unternehmen, eigene Zielvorgaben zu veröffentlichen, sei ein Fortschritt gegenüber der 2001 vereinbarten freiwilligen Selbstverpflichtung der Unternehmen. Schröder kündigte an, der Wirtschaft zwei Jahre Zeit zu geben, um den Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten zu verdreifachen. Sollten die Konzerne bis 2013 das Ziel verfehlen, werde eine gesetzliche Regelung zur Selbstverpflichtung in Kraft treten. Das entsprechende Gesetz wolle sie schon in Kürze vorlegen. CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bekräftigte ihre Forderung nach einer verbindlichen Quote von mindestens 30 Prozent Frauen in Führungspositionen. Sie kritisierte nach dem Treffen einen mangelnden Ehrgeiz der Konzerne.

Ausgangslage in Branchen zu unterschiedlich

Die Personalchefs der Dax-Konzerne sagten zu, deutlich ambitionierter als bislang an einer Erhöhung des Frauenanteils an Spitzenposten in allen Hierarchieebenen arbeiten zu wollen. Telekom-Personalchef Thomas Sattelberger sagte, die Dax-Konzerne stellten sich der Verantwortung, in gravierend anderer Weise als bislang auf eine Erhöhung des Frauenanteils in allen Führungsebenen hinzuarbeiten. Noch in diesem Jahr würden "30 unternehmensspezifische Bekenntnisse" vorgelegt, in denen deutlich werde, was die Unternehmen in welchem Zeitraum mit Blick auf die Frauenförderung anstrebten. Den Firmen sei bewusst, dass der Gesetzgeber eingreifen werde, wenn die Firmen ihre Selbstverpflichtungen nicht einhielten.

Diese drei Frauen haben es auch ohne Quote geschafft: Schröder, von der Leyen und Merkel (von links nach rechts).

Diese drei Frauen haben es auch ohne Quote geschafft: Schröder, von der Leyen und Merkel (von links nach rechts).

(Foto: picture alliance / dpa)

BMW-Personalchef Harald Krüger machte deutlich, dass die Firmen das von Schröder vorgelegte Modell einer gesetzlichen Verpflichtung zu einer Selbstverpflichtung nicht in allen Punkten mittragen. "Wir sind uns einig, dass wir massiv nachlegen wollen bei der Förderung von Frauen in Führungspositionen über alle Ebenen", bekräftigte er aber. Eine höhere Beteiligung von Frauen an der Führung liege im Interesse der Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Firmenvertreter appellierten an die Regierung, keine einheitliche Quote für einen Frauenanteil in Spitzenposten festzuschreiben. Dazu sei die Ausgangslage in den einzelnen Branchen zu unterschiedlich, sagte die Personalchefin von Siemens, Brigitte Ederer. Sie fügte jedoch an, die Wirtschaft brauche "Druck", um sich zu verändern. BDI-Chef Hans-Peter Keitel erklärte, man unterstütze die Firmen dabei, sich verbindliche Ziele zu setzen. "Einheitlich vorschreiben kann man diese aber nicht", sagte er mit Blick auf die Forderung nach einer Quote.

Treffen mit "Licht und Schatten"

Vertreterinnen des DGB protestieren in Berlin für mehr Frauen in den Chefetagen.

Vertreterinnen des DGB protestieren in Berlin für mehr Frauen in den Chefetagen.

(Foto: dpa)

Enttäuscht äußerte sich von der Leyen. Es sei ein Treffen mit "Licht und Schatten" gewesen, sagte sie und kritisierte die Ergebnisse als "nicht konkret genug". Die Firmen hätten nun eine "kurze Zeit Schonfrist", in der sie selbst handeln könnten, so von der Leyen. Geschehe dies nicht, werde der Gesetzgeber aktiv. Die Firmen hätten noch nicht konkret dargelegt, wie sie ihre Ziele erreichen wollten. "Ich erwarte mehr von den Unternehmen", sagte die CDU-Politikerin. Dennoch gab sie sich zuversichtlich: "Es gibt nun die große Chance, dass Deutschland 2018 oder 2020 das nationale Ziel von 30 Prozent Frauen in Führungspositionen erreicht hat."

DGB-Vize Ingrid Sehrbrock erklärte, Schröders Stufenplan sei viel zu zögerlich. "Es ist höchste Zeit für eine gesetzliche Frauenquote anstatt freiwilliger Selbstverpflichtungen." SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte Kanzlerin Angela Merkel: "Frau Merkel fällt den Frauen in den Rücken. Statt endlich für eine verbindliche Quote und einen Rechtsanspruch auf gleichen Lohn zu sorgen, setzt sie weiter auf freiwillige Vereinbarungen. Das ist so, als wolle man mit Gänsen über Weihnachten diskutieren." Als "niederschmetternd" kritisierte die frauenpolitische Sprecherin der SPD, Caren Marks, das Ergebnis des Treffens.

EU macht Druck

Die EU-Kommission schlägt derweil bei der Frauenquote eine härtere Gangart ein als die Bundesregierung. Brüssel will den Konzernen bis zum März 2012 Zeit für eine freiwillige Lösung lassen - und dann eingreifen. Das schrieb EU-Justizkommissarin Viviane Reding in einem Brief an Schröder. Die Ministerin erwartet dies von der deutschen Wirtschaft erst bis 2013.

"Die Europäische Kommission steht ab März 2012 bereit, erforderlichenfalls mit rechtlichen Instrumenten einzugreifen, falls sich die Lage bis dahin nicht wesentlich verbessert", schreibt Reding in dem Brief. Ein solches Rechtsinstrument - wie zum Beispiel eine Richtlinie der EU - müsste von Deutschland und allen anderen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.

Als Ziel nannte Reding, dass der Frauenanteil in den Aufsichtsräten börsennotierter europäischer Unternehmen bis 2015 auf 30 Prozent und bis 2020 auf 40 Prozent steigt. Zum Vergleich: In Deutschland sind laut EU-Kommission nur 13 Prozent der Aufsichtsräte großer Dax-Unternehmen weiblich. Norwegen führt mit einem Frauenanteil von knapp unter 40 Prozent die Rangliste an, gefolgt von Schweden und Finnland mit etwa 25 Prozent. "Der geringe Frauenanteil in Europas Vorstandsetagen hat zur Folge, dass Europa wirtschaftliches Potenzial verschenkt", kritisiert Reding in dem Schreiben. "Dies können wir uns mittelfristig nicht leisten."

Quelle: ntv.de, AFP/rts

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