Fußball

Salihamidžić in Erklärungsnot Der FC Bayern kommuniziert hundsmiserabel

Salihamidžić ist in Erklärungsnöten.

Salihamidžić ist in Erklärungsnöten.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der FC Bayern und Julian Nagelsmann gehen getrennte Wege. Während der Trainer nach vorn blicken und sich offenbar seinen neuen Job schon wieder aus der Top-Kategorie aussuchen kann, ist Sportvorstand Hasan Salihamidžić noch mit der Aufarbeitung beschäftigt.

Tottenham Hotspur oder Real Madrid? TSV Landsberg! Julian Nagelsmann hat sein erstes Fußballspiel seit seinem Aus beim FC Bayern besucht. Mit einem künftigen Job hat das freilich wenig zu tun, vielmehr traf er sich zum netten Zeitvertreib mit Freunden bei einem Spiel der B-Jugend des Vereins. Später spielte er selbst noch ein bisschen auf dem Nebenplatz. Abschalten vom Trubel der letzten Tage. Das wird ihn nicht davon abbringen, sich mit seiner Zukunft zu beschäftigen.

Während Nagelsmann also kurz einfach nur Privatmann ist und seinen Blick nach vorn richten kann, ist sein Ex-Klub noch gefangen in der Vergangenheit. Sportvorstand Hasan Salihamidžić kommt im Sport1-"Doppelpass" in Erklärungsnöte, argwöhnisch wird beäugt, wer sich von den Spielern noch nicht öffentlich von Nagelsmann verabschiedet hat. Während Joshua Kimmich und Leon Goretzka nach dem Spiel der DFB-Elf gegen Peru Partei ergreifen für ihren vormaligen Trainer, schweigt der verletzte Manuel Neuer beharrlich.

Kein Wunder, schließlich sind der Torhüter und Nagelsmann spätestens mit dem Rausschmiss des Neuer-Vertrauten Toni Tapalovic aneinandergeraten. Thomas Müller brach sein Schweigen am Sonntagnachmittag kurz und bündig mit einem Bild in seinen Instagram-Storys, die nach 24 Stunden wieder aus dem Profil verschwinden. "Danke dir und deinem Team für euren Einsatz, lieber Julian Nagelsmann. Alles Gute und bis bald", schrieb er zu einem Bild von sich beim Handschlag mit dem Coach. Professionell abgehandelt, mehr nicht.

"Die Leistungen waren ungenügend"

Müller, der ewige Bayer, bringt seinen Arbeitgeber nicht in Verlegenheit. Anders als eben Kimmich und Goretzka, die den Ausführungen der Bosse widersprochen hatten. "Ich kann sagen, dass der Trainer nicht die Kabine verloren hat", sagte Kimmich deutlich. "Ich habe schon ein paar Trainerwechsel mitgemacht und es war jetzt nicht so, dass sich das intern in der Kabine angedeutet hat, weil die Spieler unzufrieden waren." Und Goretzka sagte im ZDF: "Ich wäre ja doof, wenn ich jetzt meinem Chef widersprechen würde. Ich persönlich hatte sicherlich keine Risse zu Julian, aber ich weiß nicht, wie das bei anderen Spielern war."

Mit der Äußerung Kimmichs im "Doppelpass" konfrontiert, sagte Salihamidžić: "Wenn Sie ihn fragen würden 'Haben wir einen Top-Trainer gehabt?', 'ja', 'haben wir einen Top-Kader', 'ja'. Aber die Leistungen waren ungenügend." Nun ja, zahlreiche Punkte in der Bundesliga verspielt, nur noch Zweiter hinter Borussia Dortmund, aber souverän (nur Siege) ins Viertelfinale der Champions League eingezogen, mit dem DFB-Pokal ist das Triple noch drin. Die von Nagelsmann auf den Weg gebrachte Arbeit muss Nachfolger Thomas Tuchel jetzt fortführen.

Doch auch dessen Amtszeit beginnt nicht ohne Gerede. Natürlich nicht, er hat schließlich beim etwas zurückgekehrten FC Hollywood angeheuert. Schon bei den Details zu seiner Verpflichtung geriet Salihamidžić deutlich ins Schlingern. Warum sogar Nagelsmann selbst von seinem Rauswurf aus der Presse erfuhr, soll er erklären. Die Information sei verbreitet worden, bevor dessen Nachfolger Thomas Tuchel für den Job zugesagt habe, so der Sportvorstand. "Wir mussten die Zusage abwarten", sagte der 46-Jährige. "Ich kann ja nicht am Nachmittag Julian sagen: 'Pass auf, wir treffen uns heute Abend mit Thomas Tuchel, und wenn er nicht zusagt, dann machen wir weiter.'"

Mal wieder ein Maulwurf beim FC Bayern

Nachdem Tuchel zugesagt hatte, die Mannschaft sofort übernehmen zu wollen, war "der Erste, den wir angerufen haben, Julian Nagelsmann. Dann habe ich ihm gesagt, dass wir am nächsten Tag ein persönliches Gespräch führen - das macht man nicht am Telefon, das ist stillos, finde ich. Ich habe ihm gesagt, dass wir uns am nächsten Tag an der Säbener Straße treffen, das haben wir auch getan." Es ginge "nicht anders". Der FC Bayern habe "sich fair verhalten, so fair wie man in diesem Geschäft sein kann".

Wie aber die Medien schon frühzeitig von der Trennung erfuhren? Salihamidžić gerät dabei in Erklärungsnöte. "Da haben wir erfahren müssen, dass es irgendwie rausgeleakt wurde von einer dritten Person, da konnten wir wirklich nichts dafür", beteuerte er. Die Informationen seien "sicherlich von der anderen Seite" gekommen, mutmaßte er, ohne auszuführen, wen er der Durchstecherei verdächtigte.

Es klang ein wenig so, als wolle er das der Tuchel-Seite zuschieben, was kommunikativ maximal unglücklich ist. Schließlich hat der neue Trainer seinen Job noch nicht einmal richtig angetreten. Am heutigen Montag trifft er erstmals auf das Team - oder eher kleine Teile des Teams, die meisten Spieler weilen schließlich bei ihren Nationalmannschaften. Aber Salihamidžić will es dann nicht so meinen, präzisiert gegenüber der "Bild"-Zeitung im Nachklang, dass er mit der "anderen Seite" keineswegs Tuchel oder dessen Berater Olaf Meinking gemeint habe. Schuld sei vielmehr eine dritte, externe Person. Wer, das sagt er nicht. Wie die involvierte "Bild"-Zeitung behauptet, ist es auch nicht der zwischenzeitlich von Ex-Profi Stefan Effenberg verdächtigte Star-Berater Pini Zahavi gewesen, dem Tuchel bei seinen Verhandlungen vertraut.

Wohin lockt es Nagelsmann?

Es ist nicht das erste Mal, dass der FC Bayern ein Problem mit einem Leak hat. Erst kürzlich hatte sich Nagelsmann darüber echauffiert, dass ein Maulwurf Interna an die "Bild" weiterreicht. Ein "mehr als grenzwertiges Verhalten!", hatte Nagelsmann geschimpft und in Richtung Presse ausgeteilt: "Das hat mit Sportjournalismus nichts mehr zu tun."

Nun, am Donnerstag, war Nagelsmann das letzte Mal Opfer eines Maulwurfs geworden. Beim Skifahren in den Alpen ereilte ihn von den nachfragenden Medien die Information, dass er seinen Job verlieren wird. Ein Aus, das kommunikativ unglücklich zu den Verläufen im Verein zuletzt passt.

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Er kann das Kapitel FC Bayern abhaken, sich auf seine neuen Perspektiven fokussieren. Womöglich fällt seine Auszeit nämlich nur sehr kurz aus. Kaum war sein Rauswurf beim FC Bayern bekannt, kamen auch die Spekulationen. Und die bekommen nun neues Futter. Denn bei Tottenham ist die Trainerstelle seit Sonntagabend vakant. Antonio Conte ist raus, es übernimmt vorerst sein bisheriger Co-Trainer Cristian Stellini. "Julian Nagelsmann ist der Name, der jedem Tottenham-Fan auf den Lippen liegt", schrieb der englische "Evening Standard" schon am Samstag, der Deutsche sei angeblich "offen für Gespräche über einen Umzug nach Nord-London". Etwas mehr Zeit hätte er offenkundig, ginge es für ihn nach Madrid. Falls es mit Carlo Ancelotti nicht weitergeht. Denn mit Nagelsmann biete sich eine "unerwartete Chance", so "Mundo Deportivo".

Tottenham oder Real scheint also die Frage. Landsberg wird es nicht. Nach München wird Nagelsmann allerdings wohl schon noch einmal zurückkehren. Schließlich hat ihn Salihamidžić in "ein, zwei Monaten" zum Essen eingeladen.

Quelle: ntv.de

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