Serie

Konkubinat – das sollten Paare ohne Trauschein wissen

Aus steuerlicher Sicht ist das Zusammenleben ohne Trauschein oft attraktiv, allerdings gibt es auch gewichtige Nachteile. Worauf Konkubinatspaare achten sollten.

Michael Ferber
Drucken
In der Schweiz leben in rund einem Zehntel der Haushalte mit Kindern unter 25 Jahren die Eltern im Konkubinat.

In der Schweiz leben in rund einem Zehntel der Haushalte mit Kindern unter 25 Jahren die Eltern im Konkubinat.

Illustration: Charlotte Eckstein / NZZ

Während der Begriff «Konkubinat» in der Schweiz gebräuchlich ist, sorgt er in Deutschland gerne für Lacher. Dort denkt man bei der Verwendung dieses Worts schnell an Konkubinen – eine Art Nebenfrauen, welche Männer im alten Rom oder im chinesischen Kaiserreich hatten.

Hierum geht es bei dieser Lebensform aber keineswegs. Vielmehr sind damit unverheiratet zusammenlebende Paare gemeint. Das Bundesamt für Statistik (BfS) spricht von «Konsensualpaaren» – ob mit Kindern oder nicht.

Paare ohne Trauschein haben teilweise finanzielle Vorteile gegenüber Ehepaaren. Das Konkubinat ist aber gesetzlich weitgehend ungeregelt und der Ehe in vielen Bereichen nicht gleichgestellt. Paare, die nicht verheiratet sind und nicht in einer eingetragenen Partnerschaft leben, gelten als zwei einzelne Personen. Dies bringt einige rechtliche Fallstricke mit sich, die es zu vermeiden gilt. Die folgenden Punkte sollten Konkubinatspaare beachten.

Geringere Einkommensteuer-Zahlungen und Chancen auf eine höhere AHV-Rente

Während Ehepaare gemeinsam besteuert werden, ist dies bei Konkubinatspartnern nicht der Fall – sie werden einzeln besteuert und erstellen jeweils eine eigene Steuererklärung. So kommt es, dass Konkubinatspaare aufgrund der Steuerprogression weniger Einkommenssteuern bezahlen, als wenn sie verheiratet wären.

«In 95 Prozent der Fälle gibt es diese Heiratsstrafe», sagt Reto Spring, Präsident des Finanzplaner-Verbands Schweiz. Für viele Paare sei diese ein Grund, nicht zu heiraten. So gibt es auch immer wieder Vorstösse für eine Einführung der Individualbesteuerung, jüngst haben die FDP-Frauen eine Volksinitiative dazu eingereicht.

Finanziell attraktiv ist das Konkubinat für viele Paare auch bei der AHV. Bei entsprechenden Beitragsjahren können hier beide Konkubinatspartner je eine volle AHV-Altersrente erhalten – diese beträgt derzeit 2390 Franken pro Monat, zusammen wären dies also 4780 Franken. Bei Ehepaaren ist die gemeinsame AHV-Rente hingegen bei 150 Prozent der Maximalrente gedeckelt, also bei 3585 Franken pro Monat.

Konkubinatspartner sind schlechter abgesichert – hier besteht Handlungsbedarf

Allerdings sollte man nicht ausser acht lassen, dass die Ehe gegenüber dem Konkubinat auch einige Vorteile hat – beispielsweise bei der Absicherung des Partners bei einer Trennung, der Altersvorsorge oder im Todesfall. So haben Konkubinatspartner laut dem Gesetz keinen Erbanspruch, wie Tamara Bozinovic, Rechtsanwältin bei der Rechtsschutzversicherung Axa-Arag, ausführt. Wollen sich die Partner gegenseitig finanziell absichern, sollten sie auf jeden Fall ein Testament verfassen. Auch der Abschluss einer Todesfallversicherung sollte erwogen werden.

Wie der Dachverband Pro Familia in einem Ratgeber-Merkblatt zum Thema ausführt, bekommen Konkubinatspartner weder bei der AHV noch bei der Unfallversicherung Witwen- beziehungsweise Witwerrenten. Auch hätten Konkubinatspartner bei manchen Pensionskassen beim Tod der Partnerin – im Gegensatz zu Verheirateten – nur einen beschränkten oder gar keinen Anspruch auf Hinterlassenenleistungen, heisst es weiter. Eine private Lebensversicherung könne hier eine Lösung sein.

Serie: «Geld in der Partnerschaft»

Ob im Konkubinat oder in einer Ehe: Früher oder später stellen sich in den meisten Beziehungen schwierige finanzielle Fragen. In einer neuen Serie geht die NZZ auf die faire Aufteilung der gemeinsamen Kosten, die neue Rechtsprechung des Bundesgerichts bei Scheidungen, aber auch auf die Frage ein, warum immer mehr junge Paare mit Kindern unverheiratet bleiben.

Alle Artikel der Serie anzeigen

Viele Pensionskassen bieten ihren Versicherten aber auch an, ihre Konkubinatspartner abzusichern. Im Todesfall kann die Kasse dann beispielsweise eine Lebenspartnerrente oder eine Todesfall-Kapitalauszahlung an den hinterbliebenen Konkubinatspartner vorsehen. Die Bestimmungen für freiwillige Hinterlassenenleistungen sind im Reglement der entsprechenden Vorsorgeeinrichtung nachzulesen. Wer den Partner absichern will, muss das Konkubinat im Allgemeinen bei der Pensionskasse schriftlich anmelden.

Laut einer Publikation der Grossbank Credit Suisse gilt als Rahmenbedingung für solche freiwilligen Hinterlassenenleistungen, dass das Konkubinatspaar während mindestens fünf Jahren bis unmittelbar vor dem Tod eine ununterbrochene Lebensgemeinschaft geführt hat. Ein Grund für die Leistungen kann auch sein, dass der hinterbliebene Konkubinatspartner für ein gemeinsames Kind sorgen muss. Bei einer Trennung des Paars ist indessen zu beachten, dass das angesparte Pensionskassenvermögen nicht geteilt wird, wie dies bei Eheleuten der Fall ist.

Bei der Säule 3a könnten Ehepartner im Fall einer Scheidung darauf bestehen, dass das dort gesparte Vermögen geteilt werde, sofern das Paar keine Gütertrennung vereinbart habe und das Geld nicht aus vorehelichen Ersparnissen bestehe, heisst es in der Publikation weiter. Bei der Trennung eines Konkubinatspaars bleibt das Geld hingegen beim Inhaber.

Spezielle Regelungen bei Kindern

Laut BfS lebten im Jahr 2020 in der Schweiz in rund einem Zehntel der Haushalte mit Kindern unter 25 Jahren die Eltern im Konkubinat. In den vergangenen Jahren hat zudem der Anteil der «nicht ehelichen Lebendgeburten» hierzulande massiv zugenommen. Während er 2006 noch bei 15,4 Prozent lag, betrug er im vergangenen Jahr 28,5 Prozent.

Bekommt ein Konkubinatspaar ein gemeinsames Kind, muss der Vater es auf dem Zivilstandsamt anerkennen. Dort oder bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) könne man auch eine Erklärung zur gemeinsamen elterlichen Sorge abgeben, teilt die Axa-Arag mit. Erfolge dies nicht, stehe die elterliche Sorge bis zur Abgabe einer solchen Erklärung der Mutter des Kindes zu. Grundsätzlich sorgen die Eltern gemeinsam für den Unterhalt des Kinds und teilen die Kosten.

Wie Bozinovic weiter ausführt, können Konkubinatspaare – wie auch Ehepaare – Kinder aus einer vorherigen Ehe adoptieren, dabei handelt es sich um eine sogenannte Stiefkindadoption. Dazu müsse das Paar unter anderem seit mindestens drei Jahren in einem gemeinsamen Haushalt leben. Beide Elternteile müssen der Adoption zustimmen, und sie muss dem Wohl des Kindes entsprechen. Die Adoption eines fremden Kindes ist hingegen nur für Ehepaare und Einzelpersonen möglich.

Beim Tod einer der Konkubinatspartner wird aus der AHV eine Waisenrente an die eigenen Kinder ausbezahlt, wie die Credit Suisse ausführt. Diese erhalten die Kinder bis zum 18. Lebensjahr oder – wenn sie noch in Ausbildung sind – bis zum 25. Lebensjahr.

Buch führen beim Immobilienkauf

Erwirbt ein Konkubinatspartner in seinem eigenen Namen ein Haus oder eine Wohnung, so hat der andere darauf kein Recht. Kaufen zwei Konkubinatspartner zusammen eine Immobilie, so ist zu entscheiden, wer als Eigentümer und wer als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen wird. Dabei spiele es eine wichtige Rolle, wer beim Immobilienkauf wie viel zum dafür nötigen Eigenkapital beigetragen habe, sagt Bozinovic. Auch danach solle man unbedingt Buch darüber führen, welcher Partner wie viel in die Immobilie investiert und wer welche Renovationen bezahlt habe.

Kommt es zu einer Trennung, muss entschieden werden, wer in der Immobilie bleibt und wer ausziehen muss. Idealerweise ist dies bereits in einem Konkubinatsvertrag geregelt (vgl. unten). Ist dies nicht der Fall, können beide Seiten Argumente vorbringen. Laut der Axa-Arag spielt bei diesem Entscheid beispielsweise eine Rolle, wer mehr in die Immobilie investiert hat oder was für die Kinder am besten ist.

Besitzen zwei Konkubinatspartner zusammen eine Immobilie und stirbt einer von ihnen, kann es vorkommen, dass der überlebende Partner das Eigenheim verkaufen muss, um die Erben des Verstorbenen auszuzahlen, wie es in einer Publikation des Finanzdienstleisters VZ Vermögenszentrum heisst. Auch seien oft die Anforderungen der Bank an die Tragbarkeit der Hypothek nicht mehr erfüllt, wenn ein Einkommen wegfalle.

Abschluss eines Konkubinatsvertrags ist zu empfehlen

Spring rät zum Abschluss eines Konkubinatsvertrags, denn beim Konkubinat gebe es durchaus rechtliche Fallstricke. Dies sei vor allem dann sehr wichtig, wenn das Paar Kinder habe und ein Elternteil beruflich zurückstecke. Diesem drohe eine grosse Pensionslücke, sagt Spring. «Wenn man für das Alter Vermögen aufbaut, schenken die frühen Sparjahre besonders ein», sagt er. Schliesslich entfaltet dann der Zinseszinseffekt seine enorme Wirkung bei der Vermehrung der Altersvorsorge.

Er habe in seiner Beratungspraxis schon Konkubinatspaare erlebt, die einfach in den Tag hineingelebt hätten, sagt Spring. Dabei sei es für Paare ohne Trauschein noch wichtiger als für Ehepaare, über Geld zu sprechen – insbesondere, wenn sie Kinder hätten. Der Finanzplaner empfiehlt, vertraglich festzulegen, wie sich die Partner die Kinderbetreuung und den Haushalt aufteilen. Wer hier mehr erledige als der andere, solle finanziell dafür entschädigt werden. Er rät auch, in dem Vertrag Zuwendungen zu definieren für den Fall, dass sich das Paar trennt. «Das Leben ist zu kurz, um alle Fehler selber zu machen», sagt er. Letztlich gehe es beim Konkubinatsvertrag darum, eine Situation zu schaffen, in der ein Paar keinen Streit wegen finanzieller Dinge habe.

Laut der Axa-Arag gehören folgende Punkte in einen Konkubinatsvertrag:

  • Eine Inventarliste – wem was im Haushalt gehört
  • Bei einem Immobilienkauf: Miteigentum und Investitionsbeträge
  • Eine Regelung, wer im Falle einer Trennung in der gemeinsamen Immobilie bleiben darf und welche Kündigungsfristen vorgesehen sind
  • Wie die Haushaltskosten aufgeteilt werden
  • Unterhaltsbeiträge, welche die finanziell stärkere Partei der anderen im Falle einer Trennung bezahlt
  • Unterhaltsbeiträge für Kinder
  • Sorgerecht und Besuchsrecht für die gemeinsamen Kinder
  • Die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens
  • Abgeltung von Einbussen bei AHV und Pensionskasse
  • Erbrechtliche Verfügungen

Wichtiger «Papierkram»: Testament, Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung

Wollen sich Konkubinatspartner gegenseitig absichern und vertreten, müssen sie deutlich mehr Vorkehrungen treffen als Ehepaare.

Wie Bozinovic ausführt, haben Konkubinatspartner keine Erbansprüche. Wolle man den Partner also begünstigen, sei es sehr wichtig, handschriftlich ein Testament zu erstellen und die gewünschte Begünstigung darin festzuhalten. Eine solche lässt sich auch in einem Erbvertrag regeln. Die gesetzlichen Pflichtteile der Nachkommen sind dabei natürlich zu berücksichtigen. Hinterbliebene Konkubinatspartner müssen im Gegensatz zu Ehepaaren in den meisten Kantonen Erbschaftssteuern bezahlen – diese können beträchtlich sein. «Ein Konkubinatspartner erhält beim Erben nie denselben Stellenwert wie ein Ehepartner», sagt Spring.

Um in Notsituationen gegenseitig füreinander einstehen zu können, ist auch das Aufsetzen einer Auskunftsvollmacht, eines Vorsorgevertrags und einer Patientenverfügung für Konkubinatspaare besonders wichtig.

Serie: «Geld in der Partnerschaft»

Ob im Konkubinat oder in einer Ehe: Früher oder später stellen sich in den meisten Beziehungen schwierige finanzielle Fragen. In einer neuen Serie geht die NZZ auf die faire Aufteilung der gemeinsamen Kosten, die neue Rechtsprechung des Bundesgerichts bei Scheidungen, aber auch auf die Frage ein, warum immer mehr junge Paare mit Kindern unverheiratet bleiben.

Weitere Themen