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Geldautomat in Obertshausen gesprengt: „Ich habe gedacht, ich sterbe jetzt“

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In Obertshausen sprengen bislang unbekannte Täter einen Geldautomaten in der Commerzbank-Filiale. Zeugen berichten von einer Doppel-Explosion.

Offenbach – Ein Geldautomat in der Commerzbank-Filiale an der Beethovenstraße in Obertshausen ist in der Nacht zum Dienstag gegen 3.13 Uhr von Unbekannten gesprengt worden. Die Täter sind samt Beute trotz eines Großeinsatzes der Polizei flüchtig. Zurückgelassen haben sie einen zerstörten Eingangsbereich, schwere Schäden am Mauerwerk des Hauses sowie verängstigte Einwohner und Nachbarn, die auch am nächsten Morgen noch sichtlich mitgenommen vom Ausmaß der Explosion sind.

Es ist 3.10 als eine erste kleinere Explosion das Wohnhaus an der Obertshausener Beethovenstraße erschüttert. Nur zwei Minuten später folgt dann der ganz große Rumms. „Ich habe wirklich gedacht, ich sterbe jetzt“, sagt ein immer noch völlig aufgelöster Nachbar, der direkt über der Commerzbank-Filiale wohnt. „Wir hatten das ja schon mal vor einiger Zeit“, berichtet der Mann. „Deshalb habe ich nach der ersten kleinen Explosion vermutet, dass da noch was kommt.“ Das ganze Haus habe beim zweiten Knall wortwörtlich gewackelt. Kurz habe er sogar damit gerechnet, dass das Gebäude einstürzt.

Geldautomat in Obertshausen gesprengt: „Es war alles voll Rauch und mann konnte überhaupt nichts sehen“

Der Eingangsbereich ist komplett zerstört.
Der Eingangsbereich ist komplett zerstört. © Reinartz

Auch Nachbar Dieter O. berichtet von einer Doppel-Explosion. „Erst gab es einen kleinen Knall, von dem ich wach geworden bin“, sagt er. „Dann folgte ganz kurze Zeit später die zweite.“ Er sei sofort aus dem Bett gesprungen und ans Fenster gestürzt. „Es war alles voll Rauch und man konnte überhaupt nichts sehen“, schildert O. die Sekunden nach der Detonation. Sein Nachbar aus dem demselben Haus hatte dagegen einen besseren Blick auf den Tatort. „Ich bin von dem Knall wach geworden und habe drei Männer gesehen, die in Windeseile alles zusammengepackt und in einen dunklen Audi gesprungen sind“, schildert er den Ablauf. Die Täter seien dann Richtung Rembrücken weggerast.

Gestern morgen ist dann klar, wie massiv die Sprengung das Wohnhaus tatsächlich beschädigt hat. Teile der Filiale sind durch die Wucht der Detonation zerstört worden. Die Decke ist beschädigt und aus der Fassade wurden ganze Steinplatten herausgesprengt. Sogar das Mauerwerk soll laut Polizei massiv beschädigt worden sein.

Einen Teil der Beute haben die Täter in der Commerzbank-Filiale zurückgelassen, als sie nach der Sprengung flüchteten.
Einen Teil der Beute haben die Täter in der Commerzbank-Filiale zurückgelassen, als sie nach der Sprengung flüchteten. © Reinartz

Geldautomat in Obertshausen gesprengt: Täter haben offenbar Fehler begangen

Der Geldautomat selbst steht demoliert und voller Rußspuren einem Gerippe gleich inmitten des Chaos. Mitarbeiter der Spurensicherung sind dabei Proben zu nehmen, andere sammeln herumliegende 100er- und 10er-Euro-Noten zusammen und verstauen sie in einem durchsichtigen Beweismittelbeutel. Am Ende wird es ein großer Sack sein, gefüllt mit Geld. Beute, die die Täter in der Eile zurückgelassen haben. Denn schon kurz nach der ersten Explosion alarmieren die aus dem Schlaf gerissenen Anwohner die Polizei. „Ich gehe davon aus, dass da etwas schief gelaufen ist“, mutmaßt ein Nachbar. „Warum hätten die sonst zweimal sprengen sollen?“

Den Täter wird das offenbar zum Verhängnis. Durch die Verzögerung sind Dutzende Polizeibeamte mit mehreren Streifenwagen schon unterwegs, als die Täter die finale Sprengladung zünden – und sich dabei offenbar in der Eile verschätzen. Zumindest ist das aus Polizeikreisen zu vernehmen. Anders könne man sich, so die Ermittler, die Ausmaße der Explosion nicht erklären. Fest steht nur: Die Täter haben nicht wie sonst üblich eine Gasexplosion verursacht, sondern Festsprengstoff gezündet. (Christian Reinartz und Philipp Bräuner)

Nicht der erste Knall

Für manchen Bewohner des Wohnhauses in der Beethovenstraße 13 in Obertshausen ist die Explosion in der dort untergebrachten Commerzbankfiliale nicht die erste gewesen. Schon Mitte Februar 2017 hatten Unbekannte den Geldautomaten der Bankfiliale gesprengt und das enthaltene Geld erbeutet. Und auch 2021 knallte es in Obertshausen. Im Januar war ein Automat der Deutschen Bank gesprengt worden. Damals wurden die mutmaßlichen Täter allerdings gefasst.

Bei einer Groß-Razzia am 13. Dezember 2022 in Offenbach konnten die Spezialkräfte des SEK dann sieben Personen festnehmen, denen neben dem Anschlag auf die Obertshausener Deutsche-Bank-Filiale noch zwei weitere vorgeworfen werden, davon einer in der Lederstadt. Bei der Razzia wurden speziell präparierte Gasflaschen sichergestellt, die bislang vorwiegend bei Geldautomatensprengungen zum Einsatz kamen.

Darauf haben in der Zwischenzeit allerdings die Banken mit neuen Sicherheitsmaßnahmen reagiert. In vielen Geldautomaten ist nun ein sogenanntes Gasneutralisationssystem verbaut, das die Explosionen der Automaten verhindern kann. Das haben offenbar die Täter verstanden. Die setzen nun vermehrt auf Festsprengstoff, anstatt das Risiko einer Fehlzündung bei der Gas-Variante einzugehen, heißt es aus Polizeikreisen.

Mit offensichtlich verheerenden Folgen: Die Wucht der Explosion ist bei Festsprengstoffen oft ungleich höher. Sie zerstören nicht nur den Automaten, sondern häufig gleich ganze Teile der Bankfilialen, wie aktuell in Obertshausen.

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