1. ovb-online-de
  2. Mühldorf
  3. Kultur in der Region

Gemalte Spuren Gottes in der Welt

Kommentare

Zunächst als Ärgernis registriert, dann als vorteilhaft empfunden: dass keines der Köder-Bilder betitelt wurde. Soll sich jeder denken, was er angemessen findet. Allerdings: So ganz ohne Bibelkenntnis geht das schlecht. Fotos gär
Zunächst als Ärgernis registriert, dann als vorteilhaft empfunden: dass keines der Köder-Bilder betitelt wurde. Soll sich jeder denken, was er angemessen findet. Allerdings: So ganz ohne Bibelkenntnis geht das schlecht. Fotos gär © OVB

Sein Name ist so ungewöhnlich wie sein Werdegang, aber auch sein Job als malender Pfarrer aus dem Schwäbischen: Sieger Köder. Seine Predigten malte er lieber als dass er sie von Kanzel oder Ambo ins gläubige oder leichtgläubige katholische Kirchenvolk schleuderte.

So wie Sieger Köder aussah - er starb in Ellwangen am diesjährigen 9. Februar, kurz nach dem 90. Geburtstag - war er ein eher milder, guter Hirte denn einer, der mit Feuereifer zu Werke ging, um seine Schäflein im Pferch zu halten.

Sein Werkzeug war der Malpinsel. Den tauchte er in kräftiges Rot, in schreiendes Blau, in giftiges Grün, in grelles Gelb, um den Spuren Gottes in der Welt Aufmerksamkeit zu verschaffen, sie in die Herzen derer zu graben, die noch immer nicht kapieren wollten: Im Kreuz ist das Heil.

Am liebsten, so wussste Pfarrerin Anke Sänger bei ihrer Einführung in die Sieger-Köder-Ausstellung im Herzoglichen Kasten (Bücherei) von Neumarkt-St. Veit, am liebsten habe Sieger Köder für sich privat Vogelscheuchen gemalt. Weil sich in jeder dieser Abschreck-Gestalten ein Kreuz verberge. Dabei ist gerade das Bild des Kruzifixus eines der stärksten des malenden Predigers aus Aalen. Ein solches steht, beispielsweise, als Großplastik, in der kleinen Ortschaft Wöllenstein. Aus Eisen geschmiedet. Den Pilgern, die den Jakobsweg gehen, zur Mahnung und Hoffnung aufgerichtet.

Das Thema "Hoffnung der Ausgegrenzten" ist es dann auch, welches das von Sieger Köder 1996 für "Misereor" geschaffene fünfteilige "Hungertuch". In dessen Mitte: der geschundene, den Unterleib - statt mit einem Leintuch bedeckte - mit rauen, dicken Stricken gefesselte lang gestreckte Körper des verbluteten Gekreuzigten, dem die Rippen seines gewölbten Brustkorbs zum Erbarmen stark hervortreten und dessen Stirn im tiefen Dunkel nach rückwärts verschwindet.

Nicht die Wirklichkeit foto-gleich abzubilden war Sieger Köders Absicht als Maler, als Schöpfer von Glasfenstern, als Skulpteur, ja selbst als Krippenfiguren-Schnitzer. Stets ging es ihm um den Gehalt, um jenes Quäntchen "Sinn", das hinter dem Dargestellten liegt. Das gelang dem Künstler-Priester so überzeugend wie keinem seiner Zunftjünger, wenn es überhaupt mehrere von dieser Sorte gibt. Denn ein malender Pfarrer - das ist schon eine Seltenheit. Noch dazu einer, der den theologischen Firnis aufzutragen nie vergaß: Wenn er Glaube und Vernunft im Widerstreit zeigt an den beiden einander im Gespräch weniger zugeneigten Köpfen eines großen Papstes (Johannes XXIII.) und eines großen jesuitischen Philosophen (Teilhard de Chardin). Oder wenn er in dem Gemälde "Mahl mit den Jüngern" vor Augen führt, wie das Abendmahl keineswegs nur die erwählten Zwölf, sondern uns alle verbindet mit dem Herrn, der das Brot bricht, in dem das Christus-Zeichen eingegraben ist. Dieses mag dann noch, als weitere "Metapher" dieser Schlüsselszene des christlichen Glaubens, als Spiegelbild im wein-blut-rot leuchtenden Kelch den Betrachter, ja sogar, verstören.

Es war die Rede von "hintersinnigem Humor", der Sieger Köder eigen gewesen sein soll. Mag sein. In seinen Bildern taucht der Humor nicht auf - das Hintersinnige aber wohl. Die Werke Sieger Köders sind eher voll heiligem Ernst und starker Würde. Auch voller Rätsel. Die lösen sich nicht von selbst auf. Die brauchen Zeit des Hinschauens. Des Sich-Versenkens.

Bei nur 26 Bildern, die im Herzoglichen Kasten aufgehängt oder an Malstaffeleien lehnen, ist das beileibe nicht schwer. Hier ist ein Lernort für das Fach Religion. Für Junge wie für Alte.

Auch interessant

Kommentare