Unsere einst so glatte Haut bekommt mit der Zeit erst zarte Fältchen, dann tiefere Furchen. Blick in den Spiegel genügt. Aber auch beim Wohnwagen hinterlassen die Monate und Jahre Spuren: Kaum knallt die Sonne, offenbaren die Scheiben die Spuren kratziger Waschbürstenborsten, die abrasive Arbeit von Straßenschmutz und flatternden Abdeckplanen oder gar die Striemen tiefhängender Äste. Die einst so glänzende Acrylglasschicht sieht aus wie das Spielfeld nach einer Eishockeypartie. Aber: Anders als bei uns Menschen kann man den alten Glanz mit Cremes tatsächlich wiederherstellen. Voraussetzung: Auf Fläschchen undDosen steht Acrylglaspolitur. Das ist wichtig, weil das organische Acryl zickig auf die falschen Pflegeprodukte reagiert.
Und trotzdem haben wir den Versuch gewagt und ein Fenster von Ferdi Fendt mit Lackreiniger poliert – ein "Lifehack" aus dem Internet. Auf den ersten Blick überzeugt das Ergebnis. Doch da die Langzeitwirkung des enthaltenen Alkohols nicht abzusehen ist, würden wir nicht dazu raten. Denn mit Preisen zwischen rund 9 und 19 Euro sind Acrylglasreiniger nicht viel teurer als normaler Lackreiniger. Wir beobachten natürlich, was mit dem per Lackreiniger polierten Fenster in Zukunft passiert.
Acrylpolitur Multimann
Für die Schritt-für-Schritt-Anleitung haben an unseren Fendt des Jahrgangs 2000 die Acrylpolitur Multiman verwendet – einfach weil wir sie im Schrank hatten. Die Wahl des Mittels ist hier also unbedeutend, weil zufällig. Und: Die Handhabung ähnelt sich bei allen Polituren, die sich am Markt befinden. Übrigens fand sich auch der erwähnte Lackreiniger von Caramba noch im Fundus der Redaktion. Wer wissen will, was genau in Polituren und Reinigern enthalten ist, findet auf den Websites der Hersteller meist als PDF hinterlegte Produktdatenblätter, die Inhaltsstoffe und deren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nennen.
Der gleichmäßige Silberschleier, der auf allen Fenstern von Ferdi Fendt liegt, lässt sich durch Politur nicht entfernen. Es scheint sich hierbei um ein Phänomen der Parapress-Fenster zu handeln, das auch bei anderen Fendt älteren Baujahres beschrieben wird.
Als Werkzeug sinnvoll ist eine Poliermaschine mit einstellbarer Drehzahl sowie Polierwatte für die manuelle Anwendung, um die Politurreste vom glatten Fenster zu entfernen. Spezielle Acrylglas-Versiegelungen sollen die Neuverschmutzung verhindern – sind aber keine Pflicht.
Acrylglas-Fenster richtig polieren
1. Fenster mit möglichst viel Wasser, einem Schuss Spülmittel und einem weichen Lappen oder Handschuh abwaschen. Für die Nachreinigung gibt es spezielle Acrylfenster-Reiniger, die antistatisch wirken (Hier haben wir 17 Produkte getestet). Wer nur polieren will, kann diese Reiniger außer Acht lassen. Komplett trocknen lassen. Wasserreste mit Leder oder saugfähigem (Baumwoll-)Tuch auftupfen oder ganz leicht abreiben. Niemals Fenster trocken reinigen!
2. Die gut geschüttelte Politur als dünne Schnecke auf eine weiche Polierscheibe auftragen. Hersteller Multiman empfiehlt zwar Lammfell, wir benutzen aber eine günstige synthetische Scheibe aus dem Baumarkt. Die funktioniert im Test genauso.
3. Politur gleichmäßig auf dem Fenster verteilen, ohne die Maschine anzuschalten. Sonst schleudert es die Paste nur vom Polierteller. Tipp: Sperrknopf drücken, damit sich der Teller nicht dreht. Pralle Sonne ist eigentlich zu vermeiden. Beim Fototermin steht sie immerhin hoch und knallt noch nicht so heiß.
4. Mit geringer Scheibengeschwindigkeit (maximal 1000 Umdrehungen, hier Stufe 2) und höchstens mittlerem Druck auf dem Fenster polieren. Gleichmäßig die Fläche abfahren, bis die Politur fast verschwunden ist. Nicht auf der Stelle verweilen, um Reibungshitze zu vermeiden. Sicken und Kanten mit dem Tellerrand polieren. Also gefühlvoll starten und den Druck ganz vorsichtig erhöhen.
5. Politurreste mit Polierwatte abreiben. Idealerweise werden die polierten Fenster mit einer Acrylglas-Versiegelung gegen schnelle Wiederverschmutzung geschützt.
Auswahl Hersteller/Vertrieb von Acrylpolituren
- Certiman: www.certisil.de
- Cleanofant: www.cleanofant.de
- Dr. Keddo: www.drkeddo.de
- Dometic: www.dometic.com
- Fritz Berger: www.fritz-berger.de
- Multiman: www.multiman.de
- Nigrin: www.nigrin.de
- Rotweiss: www.rotweiss24.de
- Starbrite www.starbrite.com
- Yachticon: www.yachticon.de
Achtung: Spannungsrisse durch falsche Reiniger
Ungeeignete Pflege- oder Poliermittel können Acrylfenster zerstören, warnt Dometic. Spannungsrisskorrosion wird die chemische und/oder elektrochemische Korrosion des Werkstoffes Polymethyl- methacrylat (kurz PMMA) unter gleichzeitiger Einwirkung statischer Zugspannung genannt. Es entstehen feine Risse im Acrylglas, die wachsen, weil die unter Spannung stehenden Molekülketten zerstört werden.
Nicht in Polierpasten und Gummipflegeprodukten enthalten sein dürfen Alkohole, Ethanol, Aceton, Benzol, bestimmte Tenside, organische Lösemittel und Weichmacher. Erste Indizien für die zurückliegende Benutzung falscher Pflege- und Reinigungsmittel sind Kratzer, die als punktförmiger Silberschimmer sichtbar werden. Die Rissbildung tritt zuerst an Stellen mit höherer Spannung auf: im Bereich der Scheibenleiste oder in der Nähe der Fensterriegel. Später sind die Risse verästelt.
Wenn Rissbildungen in der Gummikontaktzone festgestellt werden und ein Scheibenaustausch erfolgt, muss auch der behandelte Dichtgummi ausgetauscht werden. Für die Gummipflege empfehlen die Dometic-Experten Talkum oder weiße Vaseline.
