Unerträgliche Vergleiche bei Corona-Protesten: Nazi-Opfer werden verhöhnt

Teilnehmer einer Demonstration der Initiative Querdenken in Hannover.

Teilnehmer einer Demonstration der Initiative Querdenken in Hannover.

Berlin. Jana aus Kassel, „seit Monaten aktiv im Widerstand“, fühlt sich also wie Sophie Scholl. Eine elfjährige aus Pforzheim vergleicht sich mit Anne Frank, weil die Gäste bei ihrer Geburtstagsparty aus Angst vor einer Anzeige der Nachbarn hätten leise sein müssen. Die Corona-Demonstranten am vergangenen Mittwoch nennen das reformierte Infektionsschutzgesetz ein „Ermächtigungsgesetz“, und die Protestler Anfang November in Leipzig fühlen sich wie die Teilnehmer der Montagsdemos gegen das DDR-Regime 1989.

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Die Methode hat offensichtlich System. Kein Vergleich ist diesen Menschen zu absurd, um den ihrer Ansicht nach heldenhaften Kampf gegen die angebliche Corona-Diktatur Merkels in hellstem Licht erscheinen zu lassen. Dabei verbieten sich gerade die Vergleiche mit den Opfern der Nazi-Herrschaft. Sie sind unerträglich, weil sie die Geschichte in einem bisher unbekannten Maße verdrehen und die Ermordeten damit verhöhnen.

Sophie Scholl wusste, dass sie mit ihren Flugblattaktionen Gefahr läuft, unter dem Fallbeil zu enden. Sie hat dennoch den unvorstellbaren Mut aufgebracht, ihre Mitmenschen aufzurütteln. Und Jana aus Kassel? Die 22-Jährige bekommt allenfalls ein Knöllchen, falls sie bei der Fahrt zu einer Querdenker-Demo zu schnell gefahren sein sollte.

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Es ist das gut Recht eines jeden, die Corona-Politik mit ihren massiven Grundrechtseinschränkungen infrage zu stellen und dagegen zu protestieren. Aber merken diese Menschen nicht, dass sie sich mit ihren pietätlosen Vergleichen auch selbst schaden? Dass sie damit Rechtsextremen Vorschub leisten, für die der Streit über den richtigen Umgang mit der Pandemie nur Mittel zum Zweck ist, ihre Ideologie zu verbreiten?

Wenn Corona-Protestler wollen, dass man sie ernst nimmt, dann sollten sie schnellstmöglich hinterfragen, mit wem sie sich da gemeinmachen.

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