Deutschland & Welt
Merken

Israels Ex-Premier Bennett vergleicht Angriffe auf Gaza mit Bombardierung Dresdens

In einem hitzigen Interview verteidigt Israels Ex-Premier Naftali Bennett Angriffe auf Gaza. Das Gespräch eskaliert und mündet in einem Vergleich zum Zweiten Weltkrieg.

Von Fabian Deicke
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Als das Gespräch kippt, liefern sich der britische Journalist Kamali Melbourne (links) und Israels Ex-Premier Naftali Bennett ein Wortgefecht.
Als das Gespräch kippt, liefern sich der britische Journalist Kamali Melbourne (links) und Israels Ex-Premier Naftali Bennett ein Wortgefecht. © Screenshot Youtube/Sky News

Dresden. Der frühere Premierminister Israels Naftali Bennett hat in einem Interview die Luftangriffe seines Landes auf bewohnte Gebiete im Gazastreifen gerechtfertigt und diese mit der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg verglichen. Dem ging ein hitziger Schlagabtausch mit dem Moderator Kamali Melbourne des britischen Nachrichtensenders Sky News voraus.

Das zunächst sachlich beginnende Gespräch eskaliert mit der Frage Melbournes danach, wie das israelische Militär sicherstellen wolle, dass nicht wie bei den Angriffen der Hamas unschuldige Menschen verletzt oder getötet werden. Der Journalist fragt konkret: "Welche Verantwortung trägt Ihrer Meinung nach die israelische Armee jetzt dafür, dass Familien [in Gaza] nun auch auseinandergerissen werden?"

Bennett: "Wir kämpfen gegen Nazis"

Gereizt erwidert Bennett: "Fragen Sie mich ernsthaft immer wieder nach palästinensischen Zivilisten? Was stimmt nicht mit Ihnen? Haben Sie nicht gesehen, was passiert ist? Wir kämpfen gegen Nazis!" Bennett, der zwischen 2021 und 2022 Premierminister war, bezeichnet die Anhänger der Hamas als "Monster" und setzt die Angriffe des vergangenen Wochenendes mit den Taten der Nationalsozialisten gleich.

Als Melbourne versucht klarzustellen, dass er als Journalist eine einfache Frage habe stellen wollen, ohne dabei den Terror der Hamas zu relativieren, driftet das Interview weiter ab. Bennett und der Journalist liefern sich ein Wortgefecht. Schließlich fällt dann dieser Satz des Ex-Premiers: "Großbritannien hat im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis gekämpft. Damals hat auch niemand gefragt, was in Dresden vor sich geht. Die Nazis hatten es auf London abgesehen und ihr habt Dresden bombardiert. Schämen Sie sich, wenn Sie weiter dieses Narrativ [der Unschuldigen] bedienen."

Melbourne erwidert, dass der Dresden-Vergleich nicht passe, weil es im Nachhinein auch eine Wiedergutmachung und Annäherung gegeben habe. "Und jetzt sind Sie also Mister Sauber, schämen Sie sich einfach", grätscht Bennett dazwischen. Der sich spätestens jetzt angegriffen fühlende Moderator bittet Bennett, ihn nicht immer wieder mit erhobener Stimme zu unterbrechen. "Das ist meine Sendung und ich stelle hier die Fragen." Davon stellt Melbourne noch eine, dann beendet er die Schalte. "In Ordnung, wir hören auf. Wir belassen es dabei", sagt Melbourne, während Bennett noch spricht.

UN warnt vor prekärer humanitärer Lage in Gaza

Seit Anfang der Woche befindet sich Israel offiziell im Kriegszustand mit der Hamas. Als Reaktion auf die blutigen Attacken der radikal-islamistischen Terrororganisation fliegt die israelische Luftwaffe Hunderte Angriffe auf Ziele im Gazastreifen. Zudem sind die Grenzen zu der autonomen Palästinenserregion zu allen Seiten abgeriegelt sowie die Stromzufuhr abgestellt worden.

Am Freitag hat Israel auch die Bewohner Gazas zum Verlassen der Region aufgerufen. Die Vereinten Nationen (UN) warnen vor einer katastrophalen Eskalation. "Die UN halten es für unmöglich, dass eine solche Bewegung ohne verheerende humanitäre Folgen stattfinden kann", sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric in einer Erklärung. Die UN riefen Israel dazu auf, den Evakuierungsbefehl rückgängig zu machen.

Bei den Angriffen auf Israel durch die Hamas sind nach derzeitigen Erkenntnissen mindestens 1.300 Menschen ums Leben gekommen. Die Opferzahlen auf palästinensischer Seite lassen sich nur schwer verifizieren, Behörden hatten am Donnerstag infolge israelischer Gegenangriffe mehr als 1.400 Tote gemeldet. Die neuerliche Welle der Gewalt ist die größte Eskalation des Nah-Ost-Konflikts seit 50 Jahren.