Bückeburg / Bernsteinzimmer

Suche nach dem Bernsteinzimmer im Harrl ist vorbei

Günter Fernholz auf der Suche nach dem Bernsteinzimmer. Auch seine – vorerst – letzte Grabungsaktion einen Tag vor Heiligabend 2008 blieb erfolglos. Wieder konnte er nicht in die Stollen unter dem Harrl vordringen – dort, wo das Bernsteinzimmer versteckt sein soll.

Günter Fernholz auf der Suche nach dem Bernsteinzimmer. Auch seine – vorerst – letzte Grabungsaktion einen Tag vor Heiligabend 2008 blieb erfolglos. Wieder konnte er nicht in die Stollen unter dem Harrl vordringen – dort, wo das Bernsteinzimmer versteckt sein soll.

Bückeburg. Nun sind seine Chancen, doch noch in die Stollen zu kommen, auf ein Minimum geschrumpft. Denn der Landkreis Schaumburg als Naturschutzbehörde und die Fürstliche Hofkammer als Eigentümerin des Waldes haben die Geduld verloren und verweigern die für seine Grabe-Aktionen notwendigen Genehmigungen. "Dieses ist die letzte Genehmigung", schreibt etwa die Hofkammer im Dezember 2008, mit dem sie Fernholz ein allerletztes Mal baggern ließ – übrigens auch wieder erfolglos. Auch Interventionen des Bückeburgers bei für Kulturgüter zuständigen Stellen auf Bundesebene blieben – bislang – erfolglos.

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Dabei haben sie ihn zu Anfang unterstützt und die Ortsgruppe Bückeburg des THW angewiesen, ihn bei den Grabungsaktionen zu helfen. Noch kurz vor Heiligabend 2008 war das THW mit sechs Mann im Einsatz und half. Wie übrigens auch die Bückeburger Polizei, die einen Beamten zur Kontrolle abgeordnet hatte. Dessen Kommentar: "Er erzählt viel, aber immer wenn es konkret wird, wird es ganz vage." Überregionale Medien, die zunächst ganz heiß auf die Geschichte waren, interessieren sich inzwischen längst nicht mehr.
Unbeirrt ist Fernholz aber nach wie vor davon überzeugt, dass sich das 1945 im heute russischen Kaliningrad verschollene Bernsteinzimmer unter dem Harrl in Bückeburg befindet. "Glauben Sie, dass ich einen fünfstelligen Betrag aus eigener Tasche finanziere, wenn ich davon nicht überzeugt wäre?", fragt er. "Ich will da rein, um den Beweis zu erbringen. Und ich will meine Auslagen wieder haben."

Woher er seine Sicherheit bezieht? Mehr als vage Hinweise, Vermutungen und Überlieferungen vom Hörensagen kann Fernholz nicht beibringen. Seine Eltern hätten schon in den fünfziger Jahren bei Spaziergängen im Harrl davon berichtet, dass dort das Bernsteinzimmer liegen soll. 1956 sei er selber in den Stollen gewesen und habe dort Kisten gesehen – 30 bis 40 Stück, eine sei geöffnet gewesen. Später wird der damals noch offene Stolleneingang an der Straße „Harrl“ zugeschüttet. 1969 soll er wieder geöffnet worden sein, erinnert sich Fernholz: „Aus welchen Gründen auch immer.“ Und später dann wieder zugeschüttet worden sein.

Lange Jahre gerät für Fernholz das Bernsteinzimmer in Vergessenheit. Bis irgendwann 1994 Berichte um das Bernsteinzimmer seine Erinnerungen wachrufen. Im Dezember 1994 wird er aktiv, schaltet zunächst Stellen der Landesregierung, später Stellen der Bundesregierung ein. Er kann sie mit seinen Schilderungen überzeugen. Sie unterstützen ihn.

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Ein erster Kern seiner Überzeugung basiert auf dem November 1970. Damals sind junge Judokas aus Sablé zu einem der ersten Austauschbesuche in Bückeburg. Einer der jungen Franzosen soll mit einem der deutschen Gastgeber in die Stollen bis zu den Kisten vorgedrungen sein – nicht weit entfernt gelagert vom damals noch offenen Mundloch an der Straße „Harrl“ oberhalb des „Alten Forsthauses“. Zwei der Kisten sollen geöffnet worden sein, schildert Fernholz in einem anwaltlichen Schreiben gegenüber den Behörden: Eine enthielt Bücher, die andere Kiste Figuren. Eine der Figuren sei entnommen und mit nach Frankreich genommen worden. 1972 will Fernholz – als Gast der Familie – angesprochen worden sein, ob er die Figur nicht wieder mit nach Deutschland nehmen wolle. Das unterblieb wegen Bedenken mit dem Zoll.

Den Figurenfund von 1970 bestätigt gegenüber unserer Zeitung derjenige Gastgeber, der damals als Jugendlicher mit in dem Stollen gewesen ist. Er ist heute Rechtsanwalt in Hannover und vertritt Fernholz gegenüber Behörden und Ämtern. „Ich hätte nicht an diverse Stellen oder Polizei und Staatsanwaltschaft geschrieben, wenn ich damals nicht dabei gewesen wäre“, sagt er gegenüber unserer Zeitung. Der Vorgang von 1972, immerhin soll es in Bückeburg ein Foto der Figur auf einem Sims in der Wohnung in Frankreich geben, bleibt offen. Das Foto ist nicht aufzutreiben.

Und auch der junge Franzose – heute noch oft in Bückeburg – dementiert entschieden, jemals in dem Stollen gewesen zu sein, geschweige denn eine Figur mit nach Frankreich genommen zu haben. „Richtiggehend sauer“ ist es der gesamten Familie aufgestoßen, dass Fernholz im fernen Sablé einen heftigen Medienwirbel entfachte, als über deutsche und französische Reporter dieser Teil der Geschichte Fernholz in Frankreich recherchiert wurde. Die klare Aussage aller: „Wir haben die Figur nicht und auch nie besessen.“ Die anfangs freundschaftlichen Beziehungen zu Fernholz sind längst abgebrochen.

Eine zweite Sache, die die Fernholz’sche Überzeugung unterstützt und am Leben hält, ereignet sich im Mai 1997 in Bremen. Dort beschlagnahmt die Polizei ein Mosaikbild aus dem original Bernsteinzimmer, wie Expertisen der Experten ergeben. Fernholz will sich dabei an Vorgänge erinnern, die sich zuvor in Bückeburg zugetragen haben. Denn ein ihm bekannter Judoka soll in den Jahren zwischen 1974 und 1978 die im Harrl deponierten Kisten geplündert haben. Platten, bei denen es sich um Eichenholzplatten belegt mit Bernstein handele, habe er in seinem Haus verlegt und zwar als Fußbodenbelag im Esszimmer – sagt Fernholz. Auch das in Bremen beschlagnahmte Mosaikbild will Fernholz nach seinen Erinnerungen an einer der Wände des Hauses des später nach Minden verzogenen Mannes gesehen haben.

Das alles meldet Fernholz der Bremer Polizei und Staatsanwaltschaft. Erst passiert nichts, nach einem Schreiben seines Anwalts kann Fernholz gegenüber der Polizei seine Angaben machen. Die Sache versandet. Ebenso wenige Anhaltspunkte erbringen Überprüfungen der Bückeburger Polizei und Staatsanwaltschaft zu vermissten Frauen oder gar Spuren des Bernsteinzimmers im Harrl.

Wie das Bernsteinzimmer nach Bückeburg gekommen ist? Auch dazu hat Fernholz so seine Theorie. Der in der Kleinenbremer Kirche versteckte Preußenschatz samt der Krone sei nur ein kleiner Teil eines größeren Transports gewesen, mit dem in den Wirren des Kriegsendes wertvolle Kunstgüter in Sicherheit gebracht werden sollten. Der Preußenschatz kam im Dezember 1944 im Auto des damaligen Generalbevollmächtigten des preußischen Königshauses, dem Bückeburger Freiherr Kurt von Plettenberg, nach Kleinenbremen (wir berichteten). Der Rest des Transportes, so sagt es Fernholz, sollte weiter nach Bad Eilsen in die dortigen Focke-Wulf-Stollen gehen. Weil der Fahrer diese Stollen aber nicht fand, sei er irgendwann an dem Stollen in Bückeburg gelandet, habe dort die Kisten entladen und sei eiligst zurück nach Berlin gefahren. Kurt von Plettenberg soll die Helfer zum Abladen der Kisten organisiert haben. Und beruft sich auf seine Eltern, die immer wieder darüber gesprochen hätten. Aber er erwähnt geheimnisvoll lächelnd einen zweiten Stollen in der Region, wo auch Teile des Bernsteinzimmers versteckt sein sollen… rc

SN

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