Zum Inhalt springen

Größtes Plus seit 50 Jahren Ex-Schuldensünder Portugal erzielt Haushaltsüberschuss

António Costa gelangen in Portugal weitgehende Wirtschaftsreformen: Der Regierungschef ist nun nicht mehr im Amt, doch das lange als Schuldensünder bekannte Land erzielte unter ihm ein historisches Haushaltsplus.
Finanzministerium in Lissabon: Portugal musste 2011 vor dem Bankrott gerettet werden

Finanzministerium in Lissabon: Portugal musste 2011 vor dem Bankrott gerettet werden

Foto: João Almeida / dpa

Portugal galt lange als Euro-Schuldensünder, doch António Costa unterwarf das ehemalige Sorgenkind enormen Sparanstrengungen. Das Land hat damit 2023 den höchsten Haushaltsüberschuss seit der Rückkehr zur Demokratie vor fünfzig Jahren verbucht.

Das Plus habe im vergangenen Jahr 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung oder knapp 3,2 Milliarden Euro betragen, teilte die nationale Statistikbehörde INE am Montag mit . Das Ergebnis entspricht einer Verbesserung von 1,5 Punkten im Vergleich zu 2022, als ein Minus von 0,3 Prozent registriert worden war. Und es liegt auch 0,5 Punkte über dem Ziel der Regierung. Die Schuldenquote Portugals fiel unterdessen im Zuge der Sparanstrengungen in nur einem Jahr von fast 114 auf gut 99 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Zu hart gespart?

Für António Costa kann dieses Ergebnis höchstens eine späte Genugtuung sein. Denn der sozialistische Ministerpräsident ist im Zuge eines Korruptionsskandals längst zurückgetreten. Costa war bis vergangene Woche allerdings noch geschäftsführend im Amt, nach Neuwahlen hat nun jedoch der konservative Luís Montenegro die Regierungsgeschäfte übernommen.

Angesichts des Überschusses sprach der staatliche TV-Sender RTP  von einem historischen Erfolg. Die Arbeit der bisherigen sozialistischen Regierung war zuvor bereits von vielen als portugiesisches Wunder gefeiert worden. Ausgabendisziplin, aber auch soziale Verantwortung zeichneten Costas Arbeit aus. Die Wirtschaft wuchs all die Jahre fast immer über EU-Schnitt, die Arbeitslosigkeit wurde ebenso wie die Schulden stetig zurückgeschraubt.

Als Verfechter einer strengen Austeritätspolitik galt Costas allerdings nicht. Während seiner Amtszeit wurden Renten und Löhne angehoben, so manche Steuer wurde gesenkt. Hinzu kommt: Bei den von Costas angestoßenen Reformen handelt es sich vor allem um ökonomisch kurzfristig wirksame Instrumente. Außerdem bekam sein Land hohe Zahlungen aus dem EU-Wiederaufbaufonds. Entsprechend bleibt abzuwarten, wie nachhaltig die Sparanstrengungen sind.

Kritiker führen jedoch längst an, Lissabon habe es beim Sparen vor allem in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit übertrieben – und sehen darin auch einen Grund für die jüngste Wahlniederlage der Sozialisten. Die linke Regierung musste nach der Abstimmung am 10. März nach neun Jahren ihre Posten an der Macht räumen.

Den ersten Haushaltsüberschuss nach dem Ende der Diktatur und der sogenannten Nelkenrevolution im Jahr 1974 überhaupt hatte Portugal erst 2019 mit 0,2 Prozent erzielt. 2011 war das beliebte Urlaubsland von der EU und dem Internationalen Währungsfonds mit einer Hilfe von 78 Milliarden Euro vor dem Bankrott bewahrt worden. Nach gut drei Jahren unter dem EU-Rettungsschirm steht Portugal seit 2014 finanziell wieder auf eigenen Beinen.

apr/dpa