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Saatgutkonzern Monsanto Aggressivität in den Genen

Monsanto gibt den Kampf für Gentechnik in Europa auf. 15 Jahre hat der Konzern alle attackiert, die den Unternehmenszielen im Weg standen - vergeblich. Doch klar ist auch: Der US-Konzern wird wiederkommen.
Getreidefeld: Monsanto schickte Detektive auf die Felder, überwachte Farmer, verhörte Feldarbeiter

Getreidefeld: Monsanto schickte Detektive auf die Felder, überwachte Farmer, verhörte Feldarbeiter

Foto: ALESSANDRO GAROFALO/ REUTERS

"Wir haben verstanden." Was für ein Satz - nach über 15 Jahren Generve. 15 Jahre lang hat Monsanto so rabiat wie kein anderer Konzern versucht, mit seinen Gen-Techno-Pflanzen Europa zu erobern. Bei Problemen sollen Monsanto-Manager mit Hilfe der US-Botschaft gern direkt auf Staatssekretäre zugegangen sein. Die amerikanische Seite drohte sogar mit "Vergeltungsmaßnahmen", wenn die Europäer mit den Zulassungen nicht spuren sollten.

Doch die ließen sich Zeit - so viel, dass die Amerikaner regelmäßig kochten: Zu dumm einfach diese Menschen da drüben, die Monokulturen fürchteten und ihre Länder nicht mit Teppichen aus Soja und Mais überzogen sehen wollten. Zu blöd diese alten Europäer, die nicht den Segen der Gentechnik verstanden: Hunger? Dürre? Wären mit Gentechnik, wenn man ihr denn endlich mal freien Lauf ließe, Probleme von gestern. Monsanto wollte die "Lebensmittelversorgung in den Griff bekommen, vom Acker bis zum Teller". Das war mehr als ein forscher Spruch. Es war eine Art Kriegserklärung an alle, die im Weg standen.

Der ehemalige Monsanto-Chef Robert Shapiro gab dieses Ziel Ende der neunziger Jahre aus. Untypisch für Monsanto war der Satz nicht: Aggressivität hat das Unternehmen in den Genen. Schon im Vietnam-Krieg war die Firma für den dreckigen Teil der Auseinandersetzung zuständig und versorgte die US-Armee mit dem giftigen Herbizid Agent Orange.

Zum Milliardenkonzern machte Monsanto jedoch erst die Mischung aus Gift und Genen: Man züchtete Pflanzen, die durch Veränderung in ihrem Erbgut Spritzduschen mit dem eigenen Totalherbizid Roundup überlebten. Das Saatgut selbst zu vermehren, war den Bauern fortan verboten. Monsanto schickte Detektive auf die Felder, überwachte Farmer, verhörte Feldarbeiter. Verstöße gegen die rigiden Patentrechte konnte jeder auf einer Hotline verpetzen. Geschätzte zehn Millionen Dollar lässt sich der Konzern die Spitzelei pro Jahr kosten.

Es war wohl auch diese Entwicklung von einer Saatgutfirma zum Überwachungskonzern, die viele Europäer skeptisch werden ließ.

Lukrativ war das europäische Geschäft nie

Monsanto probierte es auch auf die sanfte Art. PR-Agenturen wie Burson-Marsteller rieten, die "killing fields", die öffentlichen Kontroversen, zu meiden und stattdessen mehr Geschichten über die Segnungen der Gentechnik zu erzählen. Wissenschaftler wurden eingespannt und Lobby-Frontgruppen wie Europabio gegründet, die teilweise bis heute aktiv sind. Doch auch das nutzte nicht viel.

Gegen Windmühlen zu kämpfen sei kontraproduktiv, sagte eine Unternehmenssprecherin nun. Finanziell hat Monsanto sich wahrscheinlich erst einmal von einer Last befreit: Besonders lukrativ war das europäische Geschäft sowieso nicht. Vielleicht laufen auch nur einige Patente aus. Monsanto wird wiederkommen.

Ein kleiner Gruß des Konzerns ist uns sowieso längst gewiss: Das Spritzmittel Glyphosat wiesen Wissenschaftler der Uni Leipzig vor kurzem in fast allen untersuchten Urinproben nach.