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Die Fachrunde des PULS-Chats
Legende: Gregor Berger, Christian Hertel, Sandra Niederhauser und Jörg Weisshaupt srf
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Suizidprävention «Was sind Anzeichen, dass jemand suizidgefährdet ist?»

Gregor Berger, Christian Hertel, Sandra Niederhauser und Jörg Weisshaupt haben Ihre Fragen im «Puls»-Chat beantwortet.

Fachpersonen im «Puls»-Chat

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Dr. Gregor Berger
Notfallpsychiater
Psychiatrische Universitätsklinik Zürich

Dr. Christian Hertel
Psychotherapeut
Universitäre Psychiatrische Dienste Bern (UPD)

Sandra Niederhauser
Sozialpädagogin
Pro Juventute

Jörg Weisshaupt
Suizidprävention und Nachsorge
Verein trauernetz.ch

Chat-Protokoll

Was sind Anzeichen, dass jemand suizidgefährdet ist? Wie spreche ich die Person darauf an, wenn ich solche Anzeichen bemerke? Kann ich darauf vertrauen, dass sich die Person nichts antut, wenn sie mir dies versichert?

Sandra Niederhauser: Es gibt verschiedene Anzeichen, dass jemand suizidgefährdet (Liste nicht abschliessend): -Davon sprechen, dass man nicht mehr leben will -Rückzug von Freunden oder Hobbys -Hoffnungslosigkeit -Verhaltensänderung -geringe Selbstachtung -Beschäftigung mit dem Thema Tod und Sterben Diese Anzeichen können, müssen aber nicht auf Suizidgedanken hinweisen. Gerade bei Jugendlichen können diese Anzeichen auch ohne Suizidgedanken auftreten. Deshalb ist es wichtig, die Personen darauf anzusprechen – direkt und offen. Lieber einmal mehr nachfragen als gar nicht. Es kann nicht pauschal gesagt werden, ob ein Versprechen eingehalten wird oder nicht. Wenn die Person konkrete Äusserungen macht, wie z.B. einen Suizidplan hat oder bereits Vorbereitungen getroffen hat, sollte die Person nicht allein gelassen und Unterstützung geholt werden.

Der Sohn meiner Kollegin ist zur Zeit in der Klinik in Münsingen. Heute hat er sie die Mutter kontaktiert mit einem Mail er habe Suizid Gedanken. Die Mutter regierte und fragte, wann sie ihn Besuchen kann? Antwort: Er möchte keinen Besuch! Wie soll sie sich verhalten??

Sandra Niederhauser: Schön, dass Sie sich um Ihre Kollegin sorgen und nachfragen. Wichtig ist, dass Ihre Kollegin der Klinik von der Mail und den Sorgen erzählt, damit die Klinik reagieren kann. Die Mutter kann zudem ihrem Sohn signalisieren, dass sie da ist, wenn er Besuch haben möchte. Ich wünschen Ihnen und Ihrer Kollegin alles Gute.

Guten Abend ich bin immer wieder selbst davon betroffen, mich dagegen zu wehren, Suizid zu begehen. Ist das normal, dass es jedes Mal schwieriger wird, mich dagegen zu wehren? Ja, ich habe schon mehrere Versuche hinter mir. Danke Freundliche Grüsse

Sandra Niederhauser: Guten Abend. Es macht mich betroffen, zu lesen, dass Sie bereits mehrere Suizidversuche hinter sich haben. Es ist so, dass die Hemmschwelle mit jedem Suizidversuch sinkt. Deshalb sind frühere Suizidversuche einer der grössten Risikofaktoren. Falls Sie noch keine therapeutische Unterstützung haben, ist es wichtig, dass Sie sich schnellstmöglich Hilfe suchen. Auch wenn es im Moment vielleicht nicht so aussieht – es gibt Möglichkeiten wie Ihnen geholfen werden kann. Ich wünsche Ihnen viel Kraft und alles Gute.

Für was soll ich noch hier auf Erden weilen?! (Noch) kein Suizidversuch hinter mir. 4 Klinikaufenhalte (3 stationär, 1 Ambulant), 2 RAV-Arbeitsversuche, 7 Kündigungen hinter mir. Krank geschrieben seit 4 Jahren wegen Mobbingvorfall, Corona, Geburtsfehler (nr. 386, gem IV-Liste) und weiteren Diagnosen. Die IV stuft mich 100% gesund ein! Ich «faule Sau» soll mich doch einfach bewerben, aber nach über 2'500 erfolglosen Bewerbungen kann ich nicht mehr! Bin in psychiatrischer Behandlung (habe endlich einen Arzt gefunden, der mir keine Corona – impfung aufschwatzt) habe aber keine Zukunftsperspektive. Leidensdruck ist unaushaltbar.

Gregor Berger: Ihre Geschichte macht mich betroffen. Ich spüre in ihren Zeilen einen grossen Seelenschmerz. Der Seelenschmerz scheint kaum noch auszuhalten. Ohne sie zu kennen, scheint sie viele schwere Erfahrungen gemacht zu haben. Es ist gut, dass sie einen Arzt gefunden haben, zu dem sie Vertrauen aufbauen konnten. Wichtig scheint mir, dass sie den Suizid als Handlung verstehen und nicht als Lösung. Solche Handlungen entstehen in der Regel aus dem Moment heraus. Überlebende von Suizidversuchen erzählen wir häufig, dass sie dankbar sind, dass sie überlebt haben. Diese Erfahrung hilft mir als Therapeut meine Arbeit weiterzumachen. Auch die Arbeit mit Hinterbliebenen (auf Englisch spricht man auch von Survivors, Überlebende. Auch diese Arbeit zeigt mir, wie wichtig es ist, suizidalen Menschen Beistand zu geben. Doch was hilft im Umgang mit dem Seelenschmerz. Seine Grundbedürfnisse zu erkennen und zu verstehen, was einen verhindert, diese zu erfüllen und sich schrittweise diesen Grundbedürfnissen anzunähern. Etwas, was ich als zentral anschaue, sind Beziehungen zu Menschen zu etablieren, Um dies zu erreichen, braucht es oft den Mut seinen Stil, wie man in Beziehungen lebt, schrittweise zu verändern, Alte Beziehungsmuster aufzugeben, Neue zu probieren, immer wieder zu probieren und sich neuen Beziehungsmustern anzunähern. Hier kann Therapie helfen, sei dies stationär oder auch ambulant. Solche Veränderungen brauchen Zeit. s Zwischen Momenten der grossen Verzweiflung wünsche ich Ihnen Momente voll Dankbarkeit und hoffentlich auch Liebe. Gregor Berger

Mein Toteswunsch ist da und geht auch mit der jetztigen länger stationären Behandlung nicht weg, er ist fest drin. Habe eine Suchtproblematik und wenn man es so nennen kann Depression. Ich werde auch für mich so sehend,nach 5 Monaten «rausgeschmissen» Stationär. Ich will nicht mehr, jedoch bei den Versuchen habe ich meiner Familie wehgetan. Darum mache ich weiter. Soll ich dies der Familie preisgeben, das ich nur noch für sie lebe und ich gar keinen Sinn sehe für mich selber? Und wenn ich die Behandlung nicht bekomme, warum noch alleine weiter kämpfen?

Gregor Berger: Ihre Geschichte berührt mich sehr. Sie erinnert mich an die Geschichte von Kevin Hines, der auch ein Suchtleiden hatte und sich von der Golden Gate Bridge stürzte und als einer der wenigen überlebte. https://www.kevinhinesstory.com Obwohl die Story sehr amerikanisch daherkommt, beschreibt sie etwas, was ich bei vielen meiner KlientenInnen nach Suizidversuchen immer wieder höre. In dem Moment, als sie die suizidale Handlung begonnen haben, dachten sie an ihre Angehörigen, was sie rettete. Ich finde es bewundernswert, dass sie für ihre Familie weitermachen und ich würde offen sein zu ihrer Familie, zumindest zu den Erwachsenen. Bei Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, die richtigen Worte zu finden. Doch die Botschaft, dass sie sie lieben und für sie weiterleben wollen, ist per se keine schlechte Botschaft. Wichtig scheint mir, dass sie verstehen lernen, ihre Grundbedürfnisse zu erkennen und schrittweise sich diesen Grundbedürfnissen anzunähern. Komplizierend kommt ihr Suchtleiden dazu. Zur Sucht gehört der Umgang mit Rückfällen. Offenheit und Menschen, die damit umgehen können, sind in solchen Momenten von grosser Wichtigkeit. Ich persönlich glaube, dass hier ein «Buddy», der selber weiss, was eine Suchterkrankung ist, wie bei den AA oder NA, helfen kann, sich in schwierigen und gefährlichen Momenten, Hilfe zu holen. Es sind am Schluss die Beziehungen, die uns im Moment der Verzweiflung und des Schmerzes am Leben erhalten.

Guten Abend Herr Berger Danke Ihnen für die Ausführung. Doch auf meine zweite Fragewurde nicht eingegangen. Ich suche mir professionelle Hilfe, wegen demLeid meiner Angehörigen. Dennoch wird auf den eigenen Wunsch den Werkzeugkoffer Stationär zu füllen nicht eingegangen. Bei diversen Gruppenangeboten habe ich vieles gelernt, doch nun wird das abrupt gestoppt. Und wenn ich die Behandlung nicht bekomme, warum noch alleine weiter kämpfen?

Gregor Berger: Auf den zweiten Teil der Frage einzugehen ist für mich schwierig, da ich die Beweggründe nicht kenne, den Aufenthalt abzubrechen. Bei Jugendlichen erleben wir immer wieder, dass die Gefahr eines chronischen Hospitalismus sich entwickelt und wir mit der Fortführung einer Hospitalisation nichts mehr Gutes tun, sondern eher sogar Schaden produzieren. Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Tage und Wochen nach der Entlassung ein grosses Risiko mit sich bringen, dass es zu einem Suizid kommt. Das Gefühl für die Angehörigen eine Last zu sein, ist ein wichtiger Risikofaktor. Vielleicht braucht es ein Gespräch mit ihren Angehörigen und ihren Behandlern gemeinsam, um ihre Befürchtungen anzusprechen und eine Mittelweg zu finden. Ich wünsche Ihnen und ihren Angehörigen einen Weg aus dieser sehr schwierigen Situation. Doch das Schlimmste für einen Angehörigen ist der Suizid der nahestehenden Person, auch wenn dies für sie im Moment vielleicht wenig Trost bedeutet. Ich wünsche Ihnen sehr, dass sie und ihre Angehörigen einen Weg finden.

Hallo Mein Bruder, mitte 30, hat schon 2 Suizid-Versuche hinter sich – zum Glück erfolglos. Er kämpft seit Jahren mit Suchtproblemen und Traumatas aus der Vergangenheit. Inwiefern sollte ich meine Kinder (zwischen 8 und 12) darüber informieren? Wenn ja, wie? Vielen Dank für Ihre Hilfe

Jörg Weisshaupt: Kinder sind dankbar, wenn sie auf ihre Fragen ehrliche Antworten erhalten. Das ist die Voraussetzung für eine tragfähige Beziehung und ein gesundes Vertrauen. Sie sind die Person, welche Ihre Kinder am besten kennt. Vertrauen Sie also Ihrer Intuition, brauchen Sie eine Sprache, welche Ihr Kind versteht und mit der Sie sich wohlfühlen. Manchmal befinden sich Eltern im Dilemma, dass sie ihren Kindern die Wahrheit erzählen möchten, aber nicht wissen, ob das richtig ist und wie sie es anstellen sollen. Oft befürchten Eltern, dass sich die Situation verschlimmert, wenn sie ihren Kindern erzählen, dass die geliebte Person nicht mehr die Kraft hat zu leben. Kinder sind gegenüber Veränderungen sehr sensibel. Sie spüren, dass in ihrer Familie etwas vorgeht, von dem sie noch nichts wissen. Kinder haben eine blühende Fantasie. Sie erfinden oft Geschichten, um damit ihre Wissenslücken bezüglich Lebensfreude und Todeswunsch zu füllen. Kinder können zufällig Zeugen von Gesprächen werden. Sie können von Freunden oder Nachbarn Halbwahrheiten oder Schauergeschichten aufschnappen. Das kann es für die Eltern schwierig machen, sie in einer sensiblen und angebrachten Art über den Sachverhalt aufzuklären. Deshalb möchte ich Sie ermutigen, auf Signale und Fragen Ihrer Kinder einzugehen, wenn diese von ihrem Onkel/Ihrem Bruder sprechen.

Haben Sie selbst Suizidgedanken, oder kennen Sie Betroffene?

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Erwachsene können die Dargebotene Hand kontaktieren, Telefon 143. E-Mail und Chat-Kontakte finden Sie auf www.143.ch.

Für Kinder und Jugendliche ist das Telefon 147 da, auch per SMS, Chat, E-Mail oder unter www.147.ch. Die Angebote sind vertraulich und kostenlos. Auch die Website www.reden-kann-retten.ch bietet Hilfe.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe vor 2 1/2 Jahren habe ich mein Partner verloren durch Suizid. Ich dachte, komme selber damit zurecht.... seither arbeite ich nur noch ( obwohl ich pensioniert wäre) Man fühlt sich so alleine ... Es muss das schlimmste sein, ein Kind so zu verlieren! Liebe Grüsse

Jörg Weisshaupt: Ihren Partner zu verlieren, mit dem Sie die arbeitsfreien Jahre nach der Pensionierung hätten gemeinsam gestalten können, ist unendlich traurig. Den Verlust eines Kindes, Partners oder Elternteils miteinander zu vergleichen und zu urteilen, was «schlimmer» ist, ist nie hilfreich. In Ihrer beruflichen Tätigkeit haben Sie Halt und eine Struktur gefunden, welche Ihnen das Überleben ermöglicht hat. Vielleicht ist es nun an der Zeit, gemeinsam mit anderen Suizidbetroffenen das Gespräch zu suchen. Sie werden erfahren, dass das Verständnis und Vertrauen anderer Survivors Sie auf Ihrem eingeschlagenen Trauerweg unterstützend begleiten werden.

Habe meinen Freund vor einem Jahr durch einen Frontalcrash verloren. Es geht mir und meiner Tochter (16J) gut. Arbeiten hat sehr geholfen. Es bleibt aber immer wieder die Frage, hätte ich Worte und kleine Zeichen als Hilferufe deuten können? Fand die Sendung sehr iformativ. Über die Zusammenhänge von Sertonin wusste ich zum Glück schon durch meine paramedizinische Ausbildung Bescheid. Wir haben ein stabiles soziales Umfeld.

Jörg Weisshaupt: Der plötzliche Verkehrsunfall Ihres Freundes bedeutete für Sie und Ihre Tochter ein Schock. Sie haben in Ihrer beruflichen Tätigkeit Halt gefunden. Sie schreiben vom «Frontalcrash» … Ich lese aus den nachfolgenden Zeilen, dass es sich um einen Suizid gehandelt hat? Im gegenwärtigen Zusammenleben werden Dinge gesagt, getan oder unterlassen, die man später deutet, hinterfragt oder bereut. Dies hängt damit zusammen, dass wir uns nach einem Verlust intensiv mit der Geschichte des Verstorbenen auseinandersetzen, Literatur lesen und das Vergangene unzählige Male vor Augen führen. Wenn es diese «Worte und kleinen Zeichen» wirklich gab, die Sie vor dem Tod Ihres Freundes nicht als Hilferuf deuteten, weil er seine Notlage nicht offen kommuniziert hat, werden Sie in Ihren zukünftigen beruflichen und privaten Beziehung «Expertin in eigener Sache»: Viele Suizidbetroffene finden sich ungewollt in einer verantwortungsvollen Rolle. Sie – und Ihre Tochter – vermissen vielleicht das unbeschwerte Leben, aber mit Ihrer Erfahrung des Verlusts sind Sie einfühlsame und kompetente Gesprächspartnerinnen, wenn es um diese Themen geht, natürlich erst dann, wenn Sie das wollen.

Ein Suizid ist gemäss Definition die vorsätzliche Beendigung des eigenen Lebens. Was wenn ein medizinisch gesehen gesunder Mensch, aus eigens bestimmten Gründen einfach keine Lust mehr hat weiterzuleben? Wann ist es Sterbehilfe und wann Suizid? Muss man es mindestens ein Jahr abklären damit es kein Schnellschnuss ist? Oder gibt es da nur verschwommene Grenzen?

Jörg Weisshaupt: Nach dem Freispruch durch das Bundesgericht von letzter Woche (Arzt Pierre Beck verhalf 2017 einem schwer kranken Mann sowie seiner noch gesunden 86-jährigen Frau mittels Abgabe von Pentobarbital zum Suizid.) wäre es an der Zeit, in der Schweiz genau Ihre Frage politisch anzugehen und Klarheit zu schaffen. Suizid ist keine strafbare Handlung, bedingt aber, dass sich die sterbewillige Person selbst tötet. Dies gilt auch beim assistierten Suizid. Direkte aktive Sterbehilfe, also gezielte Tötung zur Verkürzung der Leiden eines anderen Menschen ist heute nach Artikel 111 (vorsätzliche Tötung), Artikel 114 (Tötung auf Verlangen) oder Artikel 113 (Totschlag) StGB strafbar: «Indirekte aktive Sterbehilfe: Zur Linderung von Leiden werden Mittel (z.B. Morphium) eingesetzt, die als Nebenwirkung die Lebensdauer herabsetzen können. Der möglicherweise früher eintretende Tod wird in Kauf genommen. Diese Art der Sterbehilfe ist im StGB nicht ausdrücklich geregelt, gilt aber als grundsätzlich erlaubt. Auch die Richtlinien über die Sterbehilfe der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW-Richtlinien) betrachten diese Form der Sterbehilfe als zulässig. Passive Sterbehilfe: Verzicht auf die Aufnahme oder den Abbruch von lebenserhaltenden Massnahmen. (Beispiel: Ein Sauerstoffgerät wird abgestellt.) Diese Form der Sterbehilfe ist ebenfalls gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, wird aber als erlaubt angesehen; eine entsprechende Definition ist in den SAMW-Richtlinien enthalten. Beihilfe zum Selbstmord (auch Suizidhilfe genannt): Nur wer «aus selbstsüchtigen Beweggründen» jemandem zum Selbstmord Hilfe leistet (z. B. durch Beschaffung einer tödlichen Substanz), wird nach Art. 115 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Bei der Suizidhilfe geht es darum, dem Patienten die tödliche Substanz zu vermitteln, die der Suizidwillige ohne Fremdeinwirkung selber einnimmt.»

Guten Abend ich habe vor einem halben Jahr meinen Lebenspartner durch Suizid verloren. Ich möchte mich gerne mit anderen Betroffenen austauschen und bin auf der Suche nach einer Gesprächs-/Selbsthilfegruppe im Raum St. Gallen. Können Sie mir hier einen Kontakt vermitteln?

Jörg Weisshaupt: Rufen Sie mich an: 076 598 45 30. Der Verein trauernetz bietet eine Gesprächsgruppe beim Bahnhof St. Gallen an. Ich leite Ihren Kontakt dann der Gruppenleitung weiter. Bis bald, freundliche Grüsse Jörg Weisshaupt

Ich bin selbst betroffen und habe manchmal nur noch den Eindruck es ist eine Frage der Zeit bis.... Ich glaube nicht an den Erfolg einer Gesprächstherapie. Wenn die Lebensumstände katastrophal sind, ändert sich doch dadurch nichts? Nach meinen bisherigen Erfahrungen fehlt es auch bei Psychiatern am Einfühlungsvermögen. Wie kann man es als Aussenstehender verstehen, wenn man nicht betroffen ist? Diese Gefühle sind so unsagbar schmerzhaft, dass ich froh bin, wenn dies andere nicht kennen. Aber es macht nur noch einsamer. Ist Medikation zur «Dämpfung» der Realität die einzige Lösung?

Gregor Berger: Ihr beschriebener Seelenschmerz ist schlimm. Viele Geschichten von suizidalen Menschen beschreiben mir einen solchen Seelenschmerz, der kaum noch auszuhalten ist. Und jeder dieser Geschichten ist so einzigartig und berührend und nachvollziehbar, oft schwer zu ertragen. Ohne sie zu kennen, scheint es, dass ihr persönlicher Rucksack mit vielen schweren Erfahrungen beladen zu sein scheint. Aus meiner Erfahrung heraus, kommt es zu suizidalen Handlungen in Momenten, wo die Verzweiflung so gross ist, dass Betroffene nur noch den Suizid als Ausweg sehen. Der Suizid als Handlung/ Handlungswunsch nach Erlösung. Doch kann über die Erzählen, die den Suizid überlebten haben: Die weitaus meisten dieser Menschen waren dankbar, dass sie überlebt haben. Diese Erfahrung hilft mir, als Therapeut, meine Arbeit weiterzumachen. Auch die Arbeit mit Hinterbliebenen (auf Englisch spricht man auch von Surivors, Überlebende. Auch diese Arbeit zeigt mir, wie wichtig es ist, suizidalen Menschen Beistand zu geben. Doch was hilft im Umgang mit dem Seelenschmerz. Ich glaube, dass es wichtig ist, zu verstehen, welche Grundbedürfnisse nicht erfüllt wurden und weiterhin nicht werden. Hier kann ein Therapeut oder auch ein nahestehender Mensch helfen, diese Grundbedürfnisse zu erkennen und zu verstehen. Denn wenn diese benannt sind, können sie sich schrittweise bemühen, sich diesen Grundbedürfnissen anzunähern, selbst wenn man die Vergangenheit nicht verändern kann, können Betroffene lernen, sich Gutes zu tun. Etwas, was ich als zentral anschaue, sind Beziehungen zu Menschen zu etablieren, um dies zu erreichen, braucht es oft den Mut seinen Lebensstil schrittweise zu verändern, Altes aufzugeben, Neues zu probieren, wieder zu probieren und sich einem Lebensstil anzunähern, der seine Grundbedürfnisse ansatzweise erfüllt. Hier ein paar Gedanken. Ein Video, dass mich auch sehr inspirierte, ist die Lebensgeschichte von Kevin Hines, der den Sprung von einer Brücke überlebte. Sein Zeugnis illustriert für mich, dass «suizidale Handlungen» aus einem Moment heraus entstehen. Zwischen diesen Momenten gibt es Momente voll Dankbarkeit und hoffentlich auch Liebe. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Gregor Berger

Vor einigen Wochen ein Suizid im familiären Umfeld. X war 55, erfolgreich im Beruf, in einer Partnerschaft mit Kind lebend. X war wg. Depressionen und suizidalen Gedanken stationär in Behandlung gewesen, und nach einigen Wochen wieder entlassen worden, und wurde nun seit mehreren Monaten von einer Fachperson therapeutisch begleitet. X hat im engeren Familienkreis (und ziemlich sicher auch in der Therapie) immer wieder über die Suizidgedanken gesprochen, die sich einstellten. Dies wurde von allen ernst genommen. Es gab viel Zuwendung, Hilfsangebote, Gespräche. Die Tat war ein Schock. Wie hätten wir es besser machen können?

Jörg Weisshaupt: Nach einem Verlust durch Suizid stellt man alles in Frage, besonders auch das eigene Handeln/Unterlassen. Rückblickend glauben die Hinterbliebenen (Partner, Kind, Elternteil, Freund oder Arbeitskollege), Äusserungen oder Verhaltensveränderungen des Verstorbenen als Signal für seine Suizidalität deuten zu können. Oft machen sie sich selbst den Vorwurf, im entscheidenden Moment abwesend oder unachtsam gewesen zu sein. Aus Ihren Zeilen lese ich jedoch, dass dem Verstorbenen ein privates und professionelles Beziehungsnetz zur Verfügung stand. Die Beziehungen zur suizidalen Person wurden aufrechterhalten, soweit sie das zuliess. Die Depression erschwerte es dem Familienvater, diese Beziehungen zu pflegen und für sich in Anspruch zu nehmen. Also: Sie hätten kaum etwas besser machen können. Und trotzdem schockierte die Selbsttötung alle, die sich so sehr gewünscht hätten, dass der Mann von seinen Depressionen befreit würde, vielleicht gerade deshalb, weil Sie die Hoffnung für ihn nicht aufgegeben haben. Suizid löst bei den Angehörigen und Freunden einen komplexen Trauerprozess aus, der Zeit und Energie in Anspruch nimmt. Trauer ist keine Krankheit, aber sie kann krank machen, wenn man sie nicht zulässt. Auf die Fragen nach dem «Warum» oder «Was hätten wir besser machen können?» finden sich manche Antworten, vielleicht gerade auch im Gespräch mit der Trauerfamilie. Wichtig auf dem Weg der Trauer ist jedoch der Blick nach vorn und das Entdecken von Perspektiven für das eigene Leben, die es lebenswert machen. Freundliche Grüsse Jörg Weisshaupt

Ich arbeite als MPA und mich würde Ihre Empfehlung für folgende Situation interessieren: Es kommt jemand zur Türe hinein und ich sitzt am Empfang und weiss aus den Akten sein Partner ist vor kurzem verstorben (die Person äussert sich nicht von sich aus) Beste Dank für Ihre Bemühungen.

Gregor Berger: Aus meiner Sicht kommt dies sehr auf die Situation an. Wenn andere Pateinten zuhören können, würde ich es nicht ansprechen, da dies die Privatsphäre des Betroffenen nicht respektiert. Wenn sie alleine mit ihm sind, können sie ihm ihr Mitgefühl ausdrücken: Ich habe in den Akten gelesen, dass sie ihren Partner verloren haben, dass tut mir sehr leid. Vielleicht können sie ihm was Gutes tun, ein Kaffee, eine Form der Zuwendung. Wichtig scheint mir vor allem, dass sie authentisch sind und je nach Situation in der Praxis reagieren.

guten Tag bei Michaela Huber, Trauma, habe ich gelesen, dass für traumatisierte Menschen mit PTBS der Suizid ein Dampfventil darstellen kann, das immer einen Ausweg darstellt und deshalb entlastend wirkt. Wenn man das zu oft «nutzt», könnte das durchaus den umgekehrten Effekt haben und man nutzt den Ausweg. Gibt es dazu gute «Tipps»? besten Dank

Christian Hertel: Guten Abend und Danke für ihre Frage. Ich hoffe ich verstehe ihre Frage richtig. Viele Menschen, die ein Trauma erleben und daraufhin eine PTBS entwickeln leiden auch unter Suizidgedanken. Ein sehr belastendes Symptom der PTBS sind ständige Erinnerungen an das Ereignis. D.h. konkret, nicht nur dass das traumatische Ereignis einmal erlebt wurde, die Erinnerung daran drängt sich auch noch immer wieder auf und fühlt sich so an als würde es wieder passieren. Das stellt für viele Menschen eine so schreckliche Belastung, dass sie alles versuchen, um diesen Erinnerungen zu entkommen. In diesem Zusammenhang können Suizidversuche oder selbstverletzendes Verhalten vorübergehend Entlastung schaffen, da sie vorübergehend die Erinnerung beenden. Leider lernen die Personen dadurch nicht, wie man langfristig mit einem Trauma (über-)leben kann. Eine langfristige Lösung, die ich einfach hier beschreiben kann, gibt es leider nicht. Nur so viel: die Methoden, mit denen eine PTBS behandelt werden kann zählen zu den effektivsten Psychotherapien, die es gibt. D.h. es gibt durchaus Hoffnung auf eine erfolgreiche Behandlung. Insofern wäre der erste Rat, eine Fachperson aufzusuchen, die PTBS behandelt (also einen Psychiater / Psychotherapeuten). Kurzfristig hilfreich erleben viele PatientInnen starke Ablenkungstechniken (sog. Skills), die intensiven körperlichen Reize darstellen und so auch schaffen, die starken Erinnerungen zu unterbrechen, ohne lebensgefährlich zu sein. Was wirkt ist sehr unterschiedlich, ich ermutige meine Patienten dies auszuprobieren. Beispiele sind einen Eiswürfel essen, auf eine Chili-Schote beissen, mit Kieselsteinen in den Schuhen umherlaufen, etwas sehr Anstrengendes tun. Wichtig ist, dass diese nur kurzfristig Entlastung schaffen aber nicht das Trauma heilen. Bleiben sie bitte auf keinen Fall mit diesen Erlebnissen und suchen sie eine Fachperson auf, sofern sie selbst betroffen sind. Ich drücke Ihnen die Daumen!

Sehr geehrte Frau Niederhauser, sehr geehrte Herren Ich befinde mich selber in einer Krise, schon länger. Dazu beigetragen haben u.a. langjähriger Arbeitsstress (Selbständigkeit), dadurch bedingte körperliche und emotionale Erschöpfung, eine traumatische Kindheit verbunden mit andauerndem Mobbing durch einen psychisch kranken Elternteil und eine Covid-Erkrankung mit Folgeschäden. Wenn ich in meinem Umfeld Äusserungen mache, dass es mir nicht gut geht, macht man sich über mich lustig, nimmt meine Aussagen und verwendet sie gegen mich («du spinnst ja sowieso») etc. Am liebsten würde ich mich an eine Fachperson wenden, aber ich habe Angst, in «eine Mühle» zu geraten, aus der ich nicht mehr herauskomme. Was raten Sie mir? Haben Sie vielleicht eine Adresse für mich? Vielen Dank. Mit freundlichen Grüssen

Christian Hertel: Guten Abend und vielen Dank für ihre Anfrage. Ich bin schockiert von ihren Schilderungen über die Reaktionen ihres Umfeldes. Viele Patienten berichten mir, dass das Wichtigste für sie war, von ihrem Umfeld ernst genommen zu werden. Einen guten Rat aus der Ferne zu geben ist leider sehr schwierig, so gerne ich das würde. Ich versuche den Teil ihrer Anfrage, der sich auf die Mühle bezieht zu beantworten. Ich gehe davon aus, sie fürchten in die stationäre Psychiatrie aufgenommen zu werden und dort nicht mehr herauszukommen. Ich möchte sie ermutigen sich Hilfe zu holen und bedenken sie: grundsätzlich versuchen alle Psychiater / Psychotherapeuten so gut sie können alle Probleme ambulant zu behandeln. D.h. eine stationäre Behandlung ist zunächst eher die Ausnahme. Grundsätzlich geschehen stationäre Behandlung jedoch auch zunächst freiwillig, sofern andere Hilfen nicht ausreichend sind. Der Einsatz von Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie ist extrem streng reglementiert und für Ärzte immer dann ein Mittel der Wahl, wenn unmittelbar Lebensgefahr besteht und eine freiwillige Behandlung jedoch nicht möglich ist. D.h. zusammengefasst: Alle Behandelt versuchen stationäre Behandlung im geschlossenen Setting so weit wie möglich zu verhindern. Da ich nicht weiss, wo sie wohnen, kann ich ihnen leider keine Ansprechperson nennen. Als erste Fachperson würde ich sie aber immer ermutigen, ihre Beschwerden auch bei ihrem Hausarzt zu äussern. Hausärzte kennen häufig gute Psychotherapeuten / Psychiater und können sie überweisen. Sofern sie selbst suchen wollen, kann ich ihnen die Seite Psychotherapie.ch empfehlen, die eine Suchmaschine für Psychotherapeuten hat. Sie können dort ihren Wohnort eingeben und finden Psychotherapeuten in ihrer Nähe. Leider gehört es auch zur Wahrheit, dass die Wartezeit oft sehr lang ist. Bitte lassen sie sich dadurch nicht entmutigen. In akuten Notfällen können sie sich jederzeit an die dargebotene Hand 143 oder auch in einem Krankenhaus in einer Notaufnahme melden. Ich hoffe diese Antwort war hilfreich für sie. Ich wünsche Ihnen alles Gute.

Guten Tag... Mir hat ein Mann vor kurzem persönlich erzählt, dass er sich schon 2 mal das leben nehmen wollte... hat aber im letzten Mament seinen besten Kollegen angerufen. Sonnst were er nicht mer hier.. er ist seit 8 monaten getrennt und hat so mühe damit. Sie sei die einzige und er möchte sie wieder zurück. Sie treffen sich sicher 1 mal die woche und reden. Gut kenne ich beide nicht. Aber ich frage mich, wiso er mir das erzählte... ich fing direkt an zu weinen. Konnte mir nie vorstellen das so ein krampfiger, beliebter mann mal so tief unten ist... seit er mir dass gesagt hat, beschäftigt mich das jeden Tag... was kann ich machen, wie muss ich reagieren bevor es zu spät ist... und und und.. äs lässt mir keine ruhe... Liebe grüsse RD

Gregor Berger: Es sind gerade die «starken Männer», die häufig Mühe haben, wenn sie etwas nicht schaffen, dass für sie wichtig ist, besonders wenn sie in Beziehungen scheitern. Aus meiner Sicht machen sie schon sehr viel, wenn sie ihm zuhören, ohne zu werten, ohne zu beraten, ohne Lösungen vorzuschlagen. Einfach da sein und nicht versuchen, das Problem «für ihn zu lösen», sondern aktiv zuzuhören, offen zu fragen und zuzuhören. Fragen führen meist weiter als Antworten. Beziehungen schützen mehr als Versprechen. Doch am wichtigsten ist, dass sie selber gesund bleiben. Hier können sie ihm ein Vorbild sein, genug zu schlafen, in der Natur zu sein, sich mit Menschen zu treffen, die Ihnen guttun. Wenn sie ihm dies vorleben, dann können sie hier ein Vorbild sein, wie er aus seiner Krise kommen kann.

Was wird konkret im Bereich der Suizidprävention gemacht, insbesondere für junge Menschen? Welche Faktoren fördern eine Suizidalität? Was wird unternommen, damit diese Suizid fördernden Faktoren vermindert/abgeschwächt oder vielleicht mittel- oder langfristig sogar (weitgehend) eliminiert werden können?

Sandra Niederhauser: Verschiedene Faktoren fördern Suizidalität: Schwierige Lebensumstände, belastende Ereignisse, psychische Probleme, familiäre Faktoren, Nachahmung, Zugang zu Methoden usw. Nicht alle Faktoren können verhindert oder eliminiert werden. Suizid darf kein Tabuthema sein. Es ist wichtig, dass über psychische Probleme und Suizid gesprochen wird. Wir von Pro Juventute engagieren uns dafür, dass das Thema Suizid enttabuisiert wird. Durch Kampagnen und Videos in den sozialen Medien versuchen wir Kinder und Jugendliche zu erreichen, da wo sie sich aufhalten. Es ist wichtig, dass junge Menschen wissen, wo sie sich Hilfe holen können. Die Unterstützung für Kinder und Jugendliche muss deshalb sehr niederschwellig sein wie z.B. Schulsozialarbeit oder die Beratung 147. Zur Suizidprävention gehört es auch den Zugang zu Methoden zu erschweren, zum Beispiel in dem Brücken gesichert werden.

Wir suchen für unseren Sohn einen Psycho Therapeuten . Unser Sohn 18 in Ausbildung hat depressive Schübe Dunkle Gedanken hatte er ebenfalls Wir finden keinen Freien Therapeuten in der Nähe von unserem Wohnort Besten Dank

Gregor Berger: Ich weiss nicht, wo sie wohnen, doch empfehle ich Ihnen diese Webseiten zu konsultieren: therapievermittlung.ch; psychologie.ch; psychotherapie.ch. Alle drei Seiten haben Filter, wo sie z.B. ihre Postleitzahl eingeben können und Problembereiche wie Depression. Auch können Altersbereiche eingeben. Häufig braucht es zwei oder drei Anläufe, bis eine Passung da ist. Einfach nicht aufgeben. Sie selber können in Angehörigengruppen gehen oder selber einen ENSA Kurs machen, dann sind sie nicht ganz so ohnmächtig. Häufig hilft auch ihren Hausarzt miteinzubeziehen. Er hat häufig persönliche Kontakte zu Therapeuten. Schliesslich kann es helfen, die öffentlichen Anbieter zu fragen, die Klinik in der Nähe, oder ein Ambulatorium.

Wieso wird den Menschen erst geholfen, wenn bereits ein Suizidversuch bereits passiert ist. Ich kenne viele die Hilfe suchen aber entweder gibt es zu viele Wartezeiten oder es ist kompliziert bis die Kosten übernahmen geklärt sind. Da bleibt ja einem nichts anderes übrig, wenn man erst dann Hilfe bekommt.

Gregor Berger: Ich verstehe ihre Verzweiflung. Ich weiss zwar nicht, ob sie selber betroffen sind, oder jemand aus ihrem Umfeld. Doch sind die Wartezeiten eine grosse gesellschaftliche Herausforderung. Wie sie richtig schreiben, In der Schweiz hat sich die Situation mit dem Anordnungsmodell ein wenig verbessert, doch ist sie noch nicht gelöst. Es fehlen noch weiterhin Fachkräfte. Wir versuchen auch präventiv bei Jugendlichen anzusetzen, sowohl im Bereich der Primärprävention in den Schulen, oder in Zusammenarbeit mit Beratungsangeboten wie Projuventute. Auch solche Sendungen wie diese SRF Pulssendung soll die Bevölkerung sensibilisieren. Auch Kurse wie ENSA (erste Hilfekurse für psychische Gesundheit) oder Kampagnen wie «heb sorg» mit dem BAg sollen helfen. Es braucht aus unserer Sicht einen Vielschichtigen Ansatz. doch haben sie recht, die Früherkennung und Frühintervention ist ganz zentral. Vielleicht braucht es auch einen gesellschaftlichen Wandel, weg vom Leistungsdruck, hin zum miteinander Leben und Sein. Doch scheint dieses Streben nach Leistung und immer mehr sehr tief in unserer Gesellschaft verankert zu sein. Doch glaube ich, dass wir unsere persönliche Einstellung gegenüber dieser Leistungsgesellschaft verändern können. Gerade die Gen Z scheint hier mehr auf diesen Mittelweg zu achten. Schliesslich denke ich, müssen wir lernen mit der Multioptionsgesellschaft umgehen zu lernen und uns von «toxischen Algorithmen» der social media schützen, besonders unsere Kinder und Jugend, deren Gehirne noch nicht ausreichend gereift sind, damit umzugehen.

Ich hätte eine Frage zur Trauer und Deppression. Was ist der unterschied zu Trauer und Deppression? Und ab wann ist der Punkt erreicht wo es zur Trauer zur Depression hinübergeht?

Jörg Weisshaupt: Trauer ist die natürliche Reaktion auf einen bedeutenden Verlust. Eine Trauerreaktion zeigt sich nicht nur nach Todesfällen, sondern kann auch nach anderen bedeutenden Verlusten ausgelöst werden (Trennung, Scheidung, Verlust von Jugend, Gesundheit, Arbeitsplatz, Heimat usw.). Gleichzeitig muss nicht jeder Todesfall zwingend einen Trauerprozess auslösen. Eine Phase der Trauer wird dann erlebt, wenn der Tod als bedeutender Verlust empfunden wird. Diese Trauerdefinition hebt hervor, dass Trauer etwas Normales ist. Trauer ist keine Krankheit, keine Katastrophe, keine Fehlfunktion und kein Zeichen von psychischer oder charakterlicher Schwäche, sondern ein normaler, gesunder und psychohygienisch zentraler Prozess der Verarbeitung von einschneidenden Verlusten und Veränderungen. Als traumatische Trauerreaktionen gelten Trauerprozesse nach unerwarteten und plötzlichen Todesfällen (z.B. Verkehrsunfälle, Mord, plötzlicher Kindstod, Arbeitsunfälle, Naturkatastrophen). Wie andere Verluste durch einen Todesfall ist auch ein Verlust durch einen Suizid häufig überraschend und heftig, und er kann bei der trauernden Person (Survivor) ein Trauma hervorrufen. Trauerreaktionen nach einem Tod durch Suizid haben viel mit denjenigen nach anderen unerwarteten und plötzlichen Todesfällen gemeinsam. Eine Depression kann unterschiedliche Symptome, Auslöser und Verläufe haben. Die Depression ist eine Krankheit, (anerkannt von der Weltgesundheitsorganisation WHO). Die Depression gehört zu den sogenannten affektiven Störungen. Dabei handelt es sich um krankhafte Veränderungen der Stimmung. Die Stimmung kann sich in zwei Richtungen verändern, entweder zu einem übertriebenen Stimmungshoch (Manie) oder zu einem länger andauernden Stimmungstief, der Depression. Die Hauptsymptome der Depression sind: gedrückte Stimmung, Hemmung von Denken und Antrieb, körperlich-vegetative Störungen, die sich z.B. in Schlafstörungen, Appetitmangel oder Heisshunger zeigen.

Und eine Nachträgliche Frage. Ab welchen Punkt eine Deppression so stark, dass man akut Suizidgefährdet ist? Was sind die Anzeichen dafür dass ein Patient so stark deppressiv ist, dass er oder sie Suizidgefährdet ist?

Christian Hertel: Guten Abend und danke für diese Anfrage. Leider ist dies ein grosses und wichtiges Problem, das sie hier ansprechen. Es hilft ihnen wahrscheinlich nicht, wenn ich ihnen sage, dass auch die Psychotherapeuten sehr frustriert darüber sind, dass sie ihren Patienten oft erst viel zu spät helfen können. Leider kann ich ihnen gerade keine konkrete Adresse nennen. Ich empfehle ihnen zunächst Kontakt mit dem Hausarzt ihres Sohnes aufzunehmen, häufig kennen die Kollegen Psychiater in der Nähe. Eine gute Suchmaschine ist auf Psychotherapie.ch zu finden, dort können sie Kollegen in ihrer Nähe herausfinden. Im Notfall, also wenn sie befürchten, ihr Sohn befindet sich in Lebensgefahr können sie jederzeit in der Notaufnahme eines Krankenhauses in ihrer Nähe vorstellig werden. Leider muss ich ihnen sagen, dass mir viele Familien berichten, dass v.a. die Geduld und Hartnäckigkeit geholfen hat jemanden zu finden. Konkret bedeutet dies: möglichst viele Leute anfragen, das Durchhaltevermögen zahlt sich oft aus, auch wenn es viele erschüttert, wie schwer es ist Hilfe zu finden. Bitte lassen sie sich nicht entmutigen und bleiben sie dran! Zu ihrer nachträglichen Frage: leider sind depressive Symptome oft nicht gut von Suizidalität anzugrenzen. Dies sollte einer Fachperson überlassen bleiben. D.h. wenn sie sich unsicher sind, empfehlen ich ihnen im Zweifelsfall lieber einmal zu oft als einmal zu wenig in einer Notaufnahme vorstellig zu werden. Viele Symptome bei schweren Symptomen können aber müssen nicht mit Suizidalität einhergehen (z.B. starker Rückzug, Pat. schafft es kaum noch aus dem Bett aufzustehen). Deshalb ist es so schwer hier einen guten Rat zu geben. Was sie immer beachten sollten: Äusserungen bzgl Suizidalität (zB SMS, in social media oder einfach ausgesprochen) sollten immer ernst genommen werden. D.h. lassen sie ihre Angehörigen bitte nicht allein und holen sie Hilfe, wenn sie es alleine nicht schaffen die Situation zu bewältigen. Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig. Prinzipiell ist es relativ schwer zu solch komplexen Themen per Chat gute Informationen zu geben. Ich hoffe diese ersten Tipps sind hilfreich, ich möchte sie aber ermutigen, sich professionelle Hilfe zu suchen (sie haben zum Glück schon damit angefangen) um eine umfassende Beratung zu erhalten. Ich hoffe ihnen damit zumindest minimal geholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute in dieser schwierigen Zeit.

Guten Tag, In den letzten Monaten habe ich sehr viel über mich selber herausgefunden. Mittels Therapeutin habe ich herausgefunden, dass ich seit meiner Kindheit meine Gefühle unterdrückt habe und ich nur noch wie ein «ZOMBIE» gelebt habe. (Schuld-, Schamgefühle) Mein Leben bestand nur noch aus Arbeit, Schule und Sucht. Mein Körper hat mir dann Zeichen gegeben (Grosse Schlafprobleme, Nervenprobleme, Hautausschläge, Atemprobleme usw.) Bin mittlerweile aus meiner Sicht aus dem schlimmsten wieder heraus. Es zerfrisst mich innerlich nun aber, da mir bewusst wurde, dass ich all meine Entscheidungen unteranderem wegen anderen Leuten gemacht habe (Eltern, Grosseltern, Freundin usw.) Jetzt merke ich langsam eine «leere» in mir. Da mir bewusst wird, was in den letzten Jahren alles «falsch» gelaufen ist und habe Angst. Kann ich das? Schaffe ich das? Ich habe Angst, dass ich nicht weiterkomme und es nicht schaffe und wieder in die gleiche Situation komme... Wie gehe ich damit um?

Christian Hertel: Guten Abend und vielen Dank für ihre Anfrage. Es ist sehr mutig, dass sie aktiv versuchen sich Hilfe zu holen. Ich möchte sie ermutigen dies weiterhin zu tun. Leider kann ich ihnen auf ihre sehr komplexen Fragen keine einfache Antwort geben, im Chat ist dies noch schwerer. In einer ambulanten Psychotherapie können solche komplexen Themen in einem vertrauensvollen Umfeld intensiv besprochen und nach Lösungen gesucht werden. Viele meiner Patienten schildern mir ähnlich e Probleme und konnten im Rahmen einer Therapie einen guten Teil der Probleme wieder in den Griff kriegen. Als Therapeut habe ich viele Patienten begleiten dürfen, die aus sehr schwierigen Situationen wieder herausgekommen sind und ihr Leben wieder auf eine Art gestalten konnten, dass sie selbst und nicht ihre Probleme bestimmen was mit ihnen passiert. Ich möchte sie ermutigen eine für sie passenden Therapeuten zu suchen, zB auf der Seite Psychotherapie.ch Ich hoffe zumindest ein bisschen geholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute.

Guten Abend Wie heisst das Notfall App? wo in der Sendung erwähnt worden ist? besten Dank

Gregor Berger: Ich kann zwei Apps empfehlen: Die RobinZ App oder die Sero-APP. https://sero-suizidpraevention.ch/sero-app/

Guten Abend Zur Zeit bin ich in der Klinik. Ich habe immer wieder aufgrund meiner Vergangenheit und die darausfolgenden heutigen Konsequenzen immer wieder das Bedürfnis mein Leben zu beenden aber die Handlung nie vollendet. Meine Verwandschaft weiss davon und auch über meine Beweggründe wie Einsamkeit, fehlen von Erfolgserlebnissen und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Die Menschen in meinem Umfeld sind nicht fähig mich mehr in ihr Alltagsleben einzubeziehen und mir die Hilfe zu geben die ich brauche. Den schmerz darüber fördert den Wunsch mein Leben zu beenden noch mehr.

Sandra Niederhauser: Guten Abend. Es macht mich sehr betroffen, wenn ich Ihre Zeilen lese. Es ist schwierig, wenn das Umfeld nicht die Unterstützung bietet, die gebraucht wird, man ausgegrenzt wird und sich einsam fühlt. Es ist verständlich, dass Sie das sehr schmerzt. Es war sehr mutig und stark von Ihnen, dass Sie sich Hilfe geholt haben und jetzt in einer Klinik sind. Wichtig ist, dass Sie in der Klinik offen über Ihre Situation und Gefühle sprechen können, damit Ihnen so geholfen werden kann, wie Sie es brauchen. Die Klinik kann Ihnen auch helfen, ein Unterstützungsnetz aufzubauen. Ich wünsche Ihnen viel Kraft und alles Gut

In vielen Antworten lese ich heraus, dass am Schluss die Menschen im Umfeld entscheidend sind. Und wenn kein Umfeld da ist? Wenn dies bereits kaputt ist? Ganz ehrlich, es interessiert die wenigsten wie es einem wirklich geht. Und geht es einem schlecht, machen viele erst recht einen Bogen. So ein Leben doch lebenswert zu finden, ist doch nur «schön-reden»

Gregor Berger: Ihr Kommentar betrübt mich sehr. Ich gehe davon aus, dass sie viel Leid erfahren haben und sich selber dafür Schuld geben (wenn dies bereits kaputt ist). Besonders schwer ist es, wenn Betroffene darunter leiden, dass sie ihr Umfeld verloren haben, durch Trennung, Scheidung, Arbeitslosigkeit... viele demütigende Erfahrungen... wir Menschen haben alle unsere Grundbedürfnisse... allzu oft verlieren wir diese aus den Augen. Wenn wir uns besinnen, was diese sind, dann können wir mit kleinen Schritten anfangen, sich uns diesen anzunähern, TherapeutenInnen können hier helfen, doch Laufen müssen wir selber. Ich wünsche Ihnen sehr, dass sie es schaffen, ihre Grundbedürfnisse zu erkennen und Menschen finden, mit denen sie diese teilen können. Ich wünsche Ihnen Begegnungen und Momente, wo sie auch für andere da sein können, die ihre Hilfe brauchen, denn diese Menschen gibt es da draussen. Es wäre schade, wenn sie dies nicht erleben können, wie wertvoll es ist, anderen was Gutes zu tun. Vielleicht ist dies ein Weg aus ihrem Seelenschmerz zu finden.

Guten Abend Aus meiner Sicht ist / wäre die beste Prävention eine liebevolle Begleitung des Jugendlichen. Eine Begleitung, die das Gegenüber als Subjekt betrachtet und nicht als Objekt. Eine Begleitung, die die individuelle Gewichtung der seelischen Bedürfnisse wie auch deren Talente achtet. Liebe in diesem Sinne hiesse das unbedingte Interesse an der Entfaltung des K Eine Begleitung, die fähig und willens ist, Verbundenheit herzustellen und das Bedürfnis nach Autonomie und Gestaltung respektiert. Leider werden diese Leitgedanken oft mit Füssen getreten. Sei dies in der Schule, zuhause oder auch in spez. Institutionen, inklusive Psychiatrie. So zumindest meine Erfahrung.

Sandra Niederhauser: Guten Abend. Ich stimme Ihnen da vollkommen zu, dass so eine Begleitung für Kinder und Jugendliche wichtig ist. Ich stelle fest, dass ein Wandel stattfindet und immer mehr Menschen eine liebevolle Begleitung anstreben, wie Sie es beschreiben. Leider ist es noch nicht überall so und es wird noch Zeit brauchen. Ich bin überzeugt, dass die Kinder und Jugendlichen, die diese Begleitung jetzt in Ihrer Kindheit erfahren, dies auch als Erwachsene weitergeben werden – sei es im Beruf oder als Eltern. Alles Gute und liebe Grüsse Sandra Niederhauser

Ich folge gerade live der aktuellen Sendung und vermisse den Ansatz, dass Schmerzen auch zu Suizid führen können. Insbesondere dann, wenn die Krankenkasse nicht bezahlen will (z.B. weil die Leistung nicht im Katalog oder zu teuer ist) und sich somit jede Hoffnung auf Besserung zerschlägt. Da ist nicht zwangsläufig eine Depression die Ursache, auch wenn sie aufgrund der Schmerzen dazukommen kann. Irgendwann mag man Schmerzen nicht mehr ertragen. Und dann? Kenne aktuell einen solchen Fall, die ganze Familie ist verzweifelt, die betroffene Person ist noch keine 50 Jahre alt. Ebensowenig wurde angesprochen, dass es aussichtslose Situationen im Leben gibt, die zur Suizidalität führen können, so z. B. wer auf ständige Pflege angewiesen ist. Das möchte wohl niemand über Jahre ertragen wollen, auch wenn das Herz noch lange schlagen möchte, weil die Situation entwürdigend ist.

Gregor Berger: Vielen Dank für diesen Kommentar. Ja, körperliche Schmerzen und chronische Erkrankungen können unerträglich sein. Der Zusammenhang zwischen Schmerzen, Depression und Suizid ist wichtig zu erwähnen. Bei Jugendlichen ist diese Konstellation eher selten. Im Jugendalter kommt es bei neurologischen Erkrankungen wie z.B. therapierefraktären schweren Migränen zu solchen Momenten, wo Betroffene den Suizid als einzigen Ausweg sehen. Doch habe ich junge Menschen begleiten dürfen, die auch mit chronischen Krankheiten fest an ihrem Leben hingen und trotz aller Schmerzen und Einschränkungen nicht sterben wollten. Meine Erfahrung zeigt mir, dass trotz schlimmer Krankheiten der Sterbewunsch häufig aus dem Moment heraus entsteht. Doch gibt es auch schwer körperlich kranke junge Menschen, die z.B. eine Chemotherapie abbrechen (etwas extrem Seltenes). In der Psychotherapie können wir eine zugrundeliegende körperliche Krankheit zwar nicht wegtherapieren, doch können wir manchmal helfen, die Einstellung zum Leiden zu verändern. Meine Erfahrung ist, dass dies bereits helfen kann. Bei chronischen Schmerzen finde ich es enorm wichtig, einen interdisziplinären/ professionellen Ansatz anzustreben, wo Spezialisten verschiedener Disziplinen zusammenarbeiten und auch die Angehörigen miteinbezogen und entlastet werden können. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die solchen chronisch belasteten Systemen, Momente des Glücks bescheren können. Ich wünsche Ihnen und der von ihnen erwähnten Familie, dass sie zu solchen Momenten finden können.

Grüezi miteinander, die Sendung war ausflussreich. Ich hatte einen Neffen, welcher immer von Suizid gesprochen hat, er bekam jede nur erdenkliche Hilfe, sogar einen Aufenthalt in der Klinik, es wurde ein Borderline festgestellt. Doch er wollte sich nicht helfen lassen, als er nach 3 Monaten die Klinik verlassen konnte, ging es mit Drogen konsumieren wieder los, dank Antabus, war für ein paar Wochen der Alkohol kein Thema mehr, leider nicht lange. Nach der Streetparade wo er vermutlich Exstasie konsumiert hat, hat er sich 2 Tage später das Leben genommen. Wir haben alles versucht und ihm jede erdenkliche Hilfe zukommen lassen. Die Mutter wollte nicht sehen was mit ihrem Sohn los war, ihr war wichtig den Vater schlecht zu machen und der Vater heillos überfordert. Ich habe zusammen mit dem Sozialdienst versucht Schaden Begrenzung zu machen. Den Schlusssatz von Daniela Lager im Beitrag hat mich wütend gemacht, als ob das so einfach wäre, jemand vom Suizid abzuhalten. So wird Angehörigen suggeriert, sie hätten zu wenig gemacht.

Gregor Berger: Das tut mir sehr leid, dass dieser Schlusssatz so bei Ihnen angekommen ist. Es war sicherlich nicht die Idee, nahestehenden Personen ein schlechtes Gewissen zu machen oder zu suggerieren, dass jemand zu wenig gemacht hat. In der Vorbereitung der Sendung war es unser Ziel einen Beitrag zu machen, indem wir die Menschen ermutigen, auf suizidale Menschen zuzugehen und sie auf ihr Leiden anzusprechen, um so zu helfen. Die Kombination von Sucht mit anderen psychischen Leiden ist häufig mit grossen Risiken verbunden, eine suizidale Handlung zu machen. Besonders junge Männer wählen dann «harte» Methoden. Der Verlust eines nahestehenden Menschen durch Suizid ist und bleibt schrecklich. Viele Menschen – wie auch sie – haben in solchen Situationen alles Erdenkliche versucht und konnten die betroffene Person trotzdem nicht retten und wurden so zu Überlebenden. Ihr Verlust tut mir sehr leid. Manchmal kann es Trost spenden, wenn Überlebende ihren Verlust mit anderen Überlebenden teilen (trauernetz.ch). Für mich als Fachperson geht es nicht um Schuldzuweisungen. Ich versuche Hinterbliebenen zu helfen, die Schuldfrage hinter sich zu lassen, was häufig enorm schwer ist. Mitgefühl finde ich wichtig.

Guten Abend, das Thema Suizid steht mir nahen. Bin 72 Jahre, Wittfrau also alleinstehend.Wohne in einem E-Fam-Haus. Hatte in meiner Lebzeit keine Freundinne. Habe 5 erwachsene Töchter, leben mit Partner zusammen: einigen haben 1-2 Kinder. Wenn ich den Töchtern was erwähne, alte Sachen u. Maschinen, Werkzeuge meines ehemaligen Gatte auszuräümen, finden sie keine Zeit Setze ich ein Termin, vergeht dieser im Sand, das mich wütend macht. Reden nützt nichts. Dies macht mich wütend, denke immer, für was sich noch wert habe, wenn man mich nicht ernst nimmt. Was kann ich machen? Habe langsam den Verleider und mag nicht mehr. Für was bin ich noch da?

Christian Hertel: Guten Abend und Danke für ihren Beitrag. Es ist sehr schwer ihnen in dieser Situation einen guten Rat zu geben, zumal ich die genaue Vorgeschichte und die Beteiligten nicht kenne. Ich höre aus ihnen einen gewissen Stolz heraus über das was sie in ihrem Leben alles geleistet haben und gleichzeitig eine tiefe Traurigkeit und Enttäuschung. Die Frage für was bin ich noch da kann ich ihnen leider nicht hilfreich beantworten da ich s´zu wenig über sie weiss. Viele meiner Patienten berichten mir von solchen Gedanken und versuchen aus ihnen wieder herauszukommen, was jedoch oft sehr schwer ist, Oft drehen sich diese Gedanken so sehr im Kopf, dass sie es manchmal gar nicht mehr schaffen an etwas anderes zu denken. Vielen konnte ich im Rahmen einer Therapie helfen, wieder neuen Mut zu schöpfen. Ich finde es toll, dass sie den Mut haben, ihre schwere Situation anzusprechen. Ich würde ihnen wünschen, dass sie in dieser schwierigen Situation Hilfe finden. Dies können Freunde sein aber auch professioneller Helfer. Ein einfaches Hilfsangebot ist die dargebotene Hand, die schnell und unkompliziert zumindest zuhören und ggf. bei der Suche nach Hilfe unterstützen kann. So wie sie ihre Gedanken beschreiben möchte ich sie dazu ermutigen, sich mit der Suche nach Hilfe auseinander zu setzen. Denn: was sie letztendlich nicht beeinflussen können, ist wie ihr engeres Umfeld sie behandelt (so schön es auch wäre, ihr Umfeld entscheidet selbst, wie es sich verhält). Was sie aber tun können ist versuchen herauszufinden, wie sie mit dieser sehr schweren Situation umgehen können. Diesen Prozess habe ich mit vielen meiner Patienten durchlaufen, viele von ihnen konnten dann ihre Probleme anders sehen und hatten ihre Gedanken wieder besser im Griff. Eine gute Suchseite ist Psychotherapie.ch Sie werden leider etwas Geduld brauchen aber viel meiner Patienten haben mir rückgemeldet, dass es sich gelohnt hat sich wieder aus dem Loch heraus zu kämpfen. Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe sehr darauf, ihnen ein bisschen geholfen zu haben.

Guten Abend Wie hoch ist die Suizidalität ausgelöst durch gewisse Medikamente? Mein Sohn (8) hatte 6 Monate Strattera bekommen für sein ADHS. Er wurde zunehmend unglücklicher und sagte Sätze wie „sein Leben sei schlecht und er sei nicht glücklich „. Nach langer Überlegung habe ich das Medikament abgesetzt. Innerhalb von einigen Wochen war er wieder glücklicher.

Christian Hertel: Guten Abend und danke für ihre Anfrage. Sie stellen eine komplexe Frage und es gibt keine einfache Antwort darauf. Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass ich kein Arzt bin, sondern Psychotherapeut, d.h. ich kenne viele Patienten die solche Beschwerden schildern auch medikamentös behandelt werden, ich verschreibe diese Medikamente jedoch nicht selbst. Insofern geniessen sie meine Antwort bitte mit Vorsicht. Übergeordnet sind Medikamente zur Behandlung des ADHS mit die sichersten Medikamente überhaupt. Die Zulassung ist streng reglementiert und alle Nebenwirkungen werden vor der Zulassung streng überwacht. Dennoch gibt, wie bei allen Medikamenten Nebenwirkungen. Viele Kinder die ADHS haben leiden sehr darunter und sind nicht glücklich, entwickeln teilweise sogar Depressionen. Strattera ist zugelassen für die Behandlung von ADHS und Depressionen (also beides gleichzeitig). Insofern ist immer schwer zu sagen, ob die Traurigkeit vom Medikament kommt oder schon vorher da war. Nach ihren Schilderungen ist ein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen Beginn der Behandlung und der Symptome, sowie dem Abbruch der Behandlung und dem Ende der Symptome festzustellen. Um hier genauer nachzuforschen, möchte ich sie unbedingt ermutigen mit dem Kollegen sprechen, der die Medikation verordnet hat und ihm ihre Ängste und Bedenken zu schildern. Denn das Wichtigste ist: wie geht es ihrem Sohn? Kommt er gut zurecht ohne Medikament? Oder braucht er dennoch Unterstützung hat diese aber nicht? Dies kann ich aus ihren Schilderungen nicht beurteilen, abschliessen bewerten liessen sie sich in einem Chat ohnehin nicht. Ich hoffe, ihnen zumindest ein bisschen geholfen zu haben und rücke Ihnen und ihrem Sohn die Daumen!

Bei unserer Tochter ist der Serotoninspiegel innerhalb von drei Monaten von 226 auf 307 gestiegen. (Graubereich 200 – 400) Ist bei diesem schnellen Anstieg des Serotoninspiegels ein unmittelbarer Klinikaufenthalt notwendig?

Gregor Berger: Es gibt bis heute keinen «biologischen Marker» – auch nicht Serotonin, der vorhersagen kann, ob eine suizidale Handlung erfolgt oder nicht. Die in der Sendung untersuchten Gehirne von Menschen, die durch Suizid starben, beziehen sich auf Mittelwerte. Ich nehme an, dass es sich bei ihrer Tochter um Blutentnahmen unter Behandlung mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern handelt. Diese Werte korrelieren nicht, mit den Aussagen, die in der Sendung anhand von serotonerg gefärbten Nervenzellen gemacht wurden. Was wir heute anhand von Metaanalysen glauben zu wissen ist, dass eine effektive Behandlung einer schweren Depression (oft eine Kombination aus Mendikanten und Psychotherapie) vor Suizid schützt. Was hingegen mit grossem Risiko eines Suizids verbunden ist, ist ein abruptes Absetzen einer Therapie.

Sehr geehrter Herr Berger Vielen herzlich Dank für Ihre prompte Antwort. Unsere Tochter nimmt keine Serotonin-Wiederaufnahme Hemmer ein. Ist eine Überproduktion von Serotonin im Kopf dafür verantwortlich oder könnte es sich um Karzinoide im Darm handeln? Unsere Tochter ist auch depressiv und hat auch schon mehrfach suizidale Gedanken geäussert.

Gregor Berger: Ich kann dies anhand der Informationen nicht sagen, was nun der nächste Schritt ist. Doch sofern dies nicht erfolgt ist, empfehle ich hier in enger Zusammenarbeit mit dem Hausarzt zu entscheiden, ob die klinische Präsentation eine Überweisung an einem Facharzt oder eine Klinik für weitere Untersuchungen zielführend ist,

Guten Abend ich bin 80 Jahre alt und habe eine ehemalige Schulkollegin, auch 80 Jahre alt. Sie wird von ihrem Ehemann seit Jahren extrem gequält. Sie hat z.B. Makula Degeneration. Da sollte sich viel Licht haben. Er erzwingt, dass jahrein jahraus die Storen heruntergelassen sind. Ihr einziger Sohn ist Arzt. Er sagt ihr, sie müsse das aushalten. Für mich ist das schon lange ein Fall für die KESB. Sie will aber unter keinen Umständen irgendetwas unternehmen. Wir haben den gleichen Hausarzt. Der kann auch nichts unternehmen. Wie könnte ein Ansatz aussehen, damit sie aus dieser Hölle herauskommen könnte? Freundliche Grüsse

Christian Hertel: Guten Abend und Danke für ihre Anfrage. Ich bin erschüttert über ihre Schilderungen und mache mir grosse Sorgen um ihre Kollegin. Leider ist es tatsächlich schwer etwas zu unternehmen als Aussenstehendem. Tatsächlich besteht aber für jeden die Möglichkeit einer KESB Meldung. D.h. sie könnten auch der KESB eine Meldung machen. In solchen Situationen ist es als angehörige sicherlich schwer, weil man abwägen muss, ob man sich zu sehr einmischt und gleichzeitig die Freunde nicht im Stich lassen möchte. Es ist aus der Ferne schwer zu beurteilen, zumal im Rahmen eines Chats. Wenn sie das Gefühl haben, die KESB sollte tätig werden können sie dort eine Meldung machen. Ich hoffe diese Antwort hilft ihnen zumindest ein bisschen.

Meine Enkelin, 20 Jahre alt, hat kurz nach Lehrbeginn, abbrechen müssen. Sie machte eine Art Depression, von der sie sich nie mehr erholte. In diesen 4 Jahren hat sie alle Stufen von Klinikaufenthalten erlebt, sie lebt seit Jahren in derselben Klinik. Sie sieht keinen Fortschritt und sagt mir, dass sie keine psychologischen Gespräche habe. Es geht nur noch bergab. Jedes Ma, wenn sie irgend Glassplitter oder Porcelansplitter geschluckt hat und deshalb im Kantonsspital auf der Intensiv ist, informiert sie mich. Wir haben eine vertrauten Kontakt und ich kann relativ mit der Situation umgehen. Ich sehe aber, dass es ihre geschiedenen Elternteile sehr belastet. Jetzt möchte sie aus der Klinik in eine Wohnung und hat sich um Ausbildungsstelle beworben. Leider nur Absagen. Vielleicht würde eine andere Klinik mit neuem System das Bild neu erkennen und eine andere Behandlung anbieten. Wie kann das in die Wege geleitet werden?

Christian Hertel: Ihre Frage ist extrem komplex und sehr schwer im Chat zu beantworten: ich versuche es in aller Kürze: bitte suchen sie das Gespräch mit den behandelnden Ärzten. Dass sie versucht eine Wohnung zu finden, eine Ausbildung zu machen sind sehr gute Ansätze. Es gibt spezielle Behandlungsansätze für selbstverletzendes und suizidales Verhalten, allerdings muss ihre Enkelin auch wirklich daraus wollen. Sie können mal lesen über dialektisch behaviorale Therapie (google), speziell für diese Situationen entwickelt. Der Chat schliesst leider, ich drück Ihnen die Daumen,

Eine Suizid Person ist mit ihrem Auto und hoher Geschwindigkeit in unser Auto geprallt. Mein Mann kam dabei ums Leben. Ich wurde schwer verletzt. Das war 2011. Ich wurde wieder hergestellt. 4 Wochen Unispital, 4 Monate Reha Bellikon. Immer wieder kommt bei mir die Wut auf, über die junge Frau. Es handelte sich um keine 1 Sekunde. Wie kann ich das endlich richtig versorgen? Bitte um ein paar Gedanken.

Christian Hertel: Guten Abend und Danke für ihre Anfrage. Sie haben ein traumatisches Ereignis erlebt und ein schreckliches Schicksal erlitten. Gleichzeitig haben sie grosses Glück gehabt, diesen Unfall überlebt zu haben. Ihre Wut ist gerechtfertigt. Diese Frau hat ihnen sehr viel Leid angetan, obwohl sie sie nicht kennt und sie ihr nie etwas getan haben. Das ist extrem ungerecht und macht die meisten Menschen wütend. Die schlechte Nachricht: sie werden diese Situation wahrscheinlich nie vergessen können. Die gute Nachricht: sie können es schaffen, dass dieses Ereignis ihr Leben nicht mehr so stark bestimmt. Ich weiss nicht inwiefern ihre Behandlung auch Psychotherapie beinhaltet hat aber ich würde sehr empfehlen, dieses traumatische Erlebnis zu bearbeiten, damit es verarbeitet werden kann. Ihr Leben wird nie wieder sein wie vor diesem Tag. Viele meiner Traumapatienten haben nach solchen Ereignissen jedoch geschafft, ins Leben zurückzufinden. Ich möchte sie ermutigen sie diesbezüglich Hilfe zu suchen. Eine gute Adresse ist Psychotherapie.ch wo sie eine Suchmaschine finden. Ich hoffe diese Gedanken können ein bisschen Abhilfe schaffen, auch wenn dies per Chat immer sehr schwierig ist, Ich drücke Ihnen die Daumen.

Habe schon seit ca 12. Jährig war Suizid Gedanken und mich auch schon selber leid zugefügt einer der Hauptgründe ist Beruflich keinen erfolg habe sehr spät sprechen gelernt und viele Fehldiagnose Wahrnemungs Störung minder intelligentz usw. Habe auch leider in der Steinerschule Langnau trotz ohne Noten war ich Aussenseiter und hatte zuerst die Gärtner Anlehre abgebrochen wegen Misshandlung mobbing Gewalt in Lerchenbühl Burgdorf ab wurte 7 Orte gekündigt und rausgeschmissen Transfer Thun Gewa Bern trotz Christlichen Hintergrund machte auch Teufels Austreibung diverse psychiatrisch Therabie die ich noch immer mache Tapletten genommen und immer noch. Etwa von ca drei Jahre hatte ich ein Autismus Test gemacht in Bern es kam heraus das ich überdurchschnittlich. intelligent bin und Frühkindlicher Autismus habe leider es nicht so richtig einsetzten kann leider bin ich schon 46 leide sehr das ich mich nicht weiter entwickeln kann habe eine IV Rente von ca 30 Jahre hatte man ohne Probleme bekommen aber leider auch zu wenig falsch gefördert worde wegen falsche Diagnose. Sehr wichtig zu Wissen das Menschen im Autismus Specktrum viel mehr selbstmord gefährdet sind und wichtig dort anzusetzen Suizid Prävention . Nach meinen wissen ist jeder 100 Person im Autismus Spektrum habe auch im Google gelesen das jeder 10 Selbstmörder im Autismus Spektrum ist. leider bin ich schon 46 und bin weit unten mein Bruder hat sich ca 17 Jahre das leben genommen er hatte angefangen Jurist zu Studieren eigentlich hätte ich Sterben sollen nicht er beim ihm hätte man das Gefühl gehabt es wäre gut gekommen Gegensatz zu mir.

Gregor Berger: Vielen Dank für ihre Offenheit und den Hinweis, dass Menschen mit Autismusspektrumstörungen auch ein erhöhtes Risiko haben, suizidale Handlungen zu begehen. Die Geschichte ihres Bruders macht sie zu einem Überlebenden. Ich wünsche Ihnen sehr, dass sie Menschen haben oder noch Treffen werden, mit denen sie gute Momente erleben dürfen und auch durch ihr Umfeld begleitet werden, wenn sie Krisen haben. Bitte nehmen sie mein Mitgefühl an für all das, was sie erlebt haben.

Ein Enkelkind von mir hat Anzeichen von ADHS. Es handelt sich um einen 11 jährigen Jungen. Seine Mutter ist alleinerziehend. Er ist in der Schule gut und macht sich selber Druck, wen er etwas nicht versteht. In seiner Klasse gibt es 2 Knaben, die ihn viel Ärgern. Seine Mutter meint aber, dass er selber auch Schuld habe. Er ist viel alleine und hat wenig Freunde, mit denen er spielen kann. Es gibt auch wenig, wo er mit Freude macht z. B. Spiele. Er macht es anderen zuliebe und nie lange. Wen er jeweils unglücklich ist, z. B. wen er bei Hausaufgaben nicht weiter kommt, dann macht er Äusserungen wie, er würde besser nicht mehr leben, oder er würde besser aus dem Fenster springen! 10 Minuten später, ist er wieder völlig ruhig. Solche Äusserungen kommen nur, wenn er wegen etwas kurz ausrastet. Sonst ist er ein sehr lieber Junge. Seine Mutter wollte ihn bei einem Jugendpsychiater anmelden, aber die setzten ihn auf eine Warteliste, seit einem halben Jahr! Ich meine aber man sollte schneller ihm helfen können. Wir wissen aber nicht an wen wir uns im Kt. GR sonst melden können. Was meinen sie dazu? Freundliche Grüsse

Sandra Niederhauser: Guten Abend. Vielen Dank für Ihre Anfrage. Was Sie schreiben deutet unter anderem auf Impulsivität, geringe Frustrationstoleranz und mangelnde Emotionsregulation hin. Das muss für Ihren Enkelsohn und sein Umfeld sehr belastend und schwierig sein. Dies könnten Anzeichen von ADHS sein. Deshalb ist es wichtig, dass Ihr Enkelsohn abgeklärt wird. Leider ist es so, dass gerade Kinder und Jugendliche lange auf einen Therapieplatz warten müssen, weil es zu wenig Plätze gibt. Eine Möglichkeit könnte noch sein, dass Sie sich an den Schulpsychologischen Dienst in Ihrer Gemeinde wenden. Allenfalls erhält Ihr Enkel da schneller Unterstützung. Zudem können Sie sich an Elpos.ch (ADHS-Organisation Schweiz) wenden. Sie bieten Beratung an und vermitteln auch Adressen und Anlaufstellen. Ich hoffe, dass Ihnen das weiterhilft, und wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute.

Ich leide seit 38 an einer schweren rheumatischen Krankheit. Wie wenn das nicht genug wäre, wird man immer mal wieder angegriffen/ schlecht behandelt (Wer sagt schon öffentlich, dass er/ sie von der IV lebt – man wird sofort attackiert. IV Rentner werden auf einer der unteren Stufen angesehen. Das ist ein Skandal! Schweinerei. Aber so ist das. Nur wenige haben wirklich auch mal Mitgefühl. So kommt man auch immer mal wieder an einen Punkt, wo man fast nicht mehr kann.

Gregor Berger: Das tut mir sehr Leid zu hören. Ich wünsche Ihnen sehr, dass sie Menschen finden, mit denen sie wahres Mitgefühl erleben können, ein Grundbedürfnis von uns allen. Neue Wege zu beschreiten ist oft schwer, doch möchte ich sie ermutigen, genau dies zu tun und zu versuchen, ihrem Bedürfnis nach wahrem Mitgefühl ein wenig näher zu kommen. Ich wünsche Ihnen viel Kraft und gute Menschen auf ihrem Weg, besonders in den Momenten, wo sie «fast nicht mehr können».

Tochter kämpft seit 2 Jahren nach einem Suizidversuch für angepasstes Arbeiten und IV und ich betreue seit mehr als 6 Jahren meinen hirngeschädigten Mann ohne Unterstützung. Wir würden dringend eine Auszeit benötigen, aber der Krankenkassenbeitrag ist nur ein Trinkgeld und die restlichen Kosten kann ich nicht aufbringen (kleine Rente und EL Absage)

Gregor Berger: Das tut mir sehr leid, zu hören. Es scheint, dass ihre Familie sehr viel Leid durchlebt. Die Angehörigen kämpfen hier häufig sehr alleine für das Wohl ihrer Nächsten. Manchmal gibt es Stiftungen, die hier so was ermöglichen. Ich hoffe, sie finden eine Fürsprecherin, die Ihnen hilft, hier mal eine Auszeit für sich zu finden, oder auch jemand aus ihrem Umfeld. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft.

Mein Sohn hat vor 1 Woche in der Schule Suizidgedanken geäussert und sich vorher die Unterarme und Oberschenkel geritzt. Bei der upd im Kiz und 2 Tage später im Ambulatorium grosses Entsetzen, aber bis heute nichts mehr gehört. Ich bin alleinerziehend und nun sind wir beide zuhause, ich habe Angst ihn alleine zu lassen. Alle angefragtenTherapeuten haben uns abgesagt, keine freien Kapazitäten. Eine Beratungsstelle hat uns einen Termin am 1.5. vorgeschlagen. Macht mich wütend!

Christian Hertel: der chat schliesst gleich deshalb ganz kurz: bitte haken sie unbedingt in der Klinik nach (ich arbeite dort). Der Termin am 01.05. ist sehr gut, damit haben sie mehr als die meisten. Jetzt gilt es, die Zeit bis dahin gut zu überbrücken. Wenn die Klinik sich nicht melden, rufen sie sich bitte in Erinnerung. Ich kann so nicht nachvollziehen wieso das nicht erfolgt ist. Bitte bleiben sie hartnäckig!

Ich finde es schwierig, mich in einer suizidalen Krise an Fachleute zu wenden, weil ich mittlerweile Angst vor diesen Leuten habe. Es ist ein furchtbares Gefühl, wenn man das Gefühl hat, eigentlich Hilfe zu brauchen, sich aber gleichzeitig zu verletzlich zu fühlen und Angst zu haben, sich an einen Psychiater*in zu wenden (und dies nicht zu schaffen). Ein soziales Netz ist nicht vorhanden. Was tun?

Christian Hertel: der chat schliesst gleich deshalb ganz kurz: sie befinden sich in einer Ausnahmesituation. Diese Angst kann für sie lebensgefährlich werden. Deshalb empfehle ich Ihnen sie dringend behandeln zu lassen. In lebensgefährlichen Krisen sind sie auf psychiatrische Hilfe angewiesen. Versuchen sie im Rahmen einer Psychotherapie diese Ängste anzugehen. Manche Beratungsstellen bieten mittlerweile Chats an, um diese schwierige Situation zu managen (sie sind nicht allein damit), zB projuventute und 143. langfristig kommen sie aber nicht daran vorbei, sich mit dieser Angst auseinander zu setzen. Ich hoffe sehr, dass sie mit dieser Antwort etwas anfangen können. Um etwas Mut zu machen: viele junge Patienten habe ich kennen gelernt, die ähnlich Probleme beschrieben haben. Sie haben es geschafft sich wieder herauszufinden Kämpen. Was nicht leicht war aber sie haben es geschafft. Ich wünsche Ihnen alle Kraft für diesen schweren Weg und drücke ihnen die Daumen. Manche meiner Patienten würden hinzufügen: es lohnt sich....

Hallo. Was sind mögliche Gründe warum ein 11 jähriges Kind (ernsthafte) Suizidgedanken haben kann? Wenn das Familienleben normal ist, gute Schulleistungen, normale Eltern, Häuschen in der Vorstadt. Kann das sein, ohne das dem Kind etwas traumatisches passiert ist? Ich bin mittlerweile 30, «funktioniere» mit Uni Abschluss, Vollzeitjob, Steuernzahlen, was man halt so muss, aber fühle mich nachts immernoch gleich wie damals. Hört der kindliche Wunsch nach Trost und Umarmung irgendwann auf?

Sandra Niederhauser: Da der Chat schliesst nur kurz: Wenn Sie sich immer noch gleich fühlen, wie damals, ist es wichtig, dass Sie sich Unterstützung in Form von therapeutischer Hilfe holen.

Video
Suizid bei Jugendlichen – Wie erkennen, helfen und vermeiden?
Aus Puls vom 18.03.2024.
Bild: SRF abspielen. Laufzeit 34 Minuten 39 Sekunden.

Puls, 15.03.2024, 21:05 Uhr;

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