Anzeige

Keuchhusten Hundert Tage röcheln und würgen

Das Kind hustet im Stakkato, das Baby piepst eher kläglich
Das Kind hustet im Stakkato, das Baby piepst eher kläglich
© Colourbox
Anfangs ist es nur ein Hüsteln, später wird es fies und ernst. Für Babies können die giftspritzenden Hustenbazillen sogar lebensgefährlich werden.

Hustet Ihr Kind wie im Krampf, würgt es dabei, manchmal sogar bis zum Erbrechen? Das könnte ein Keuchhusten sein. Lange galt dieser Husten als reine Kinderkrankheit. Doch auch Erwachsene können ihn bekommen - und ihre Kinder anstecken. Für Babys kann das richtig gefährlich werden.

Keuchhusten ist hartnäckig: Kinder leiden daran mitunter Wochen. Deshalb sprechen Fachleute auch vom 100-Tage-Husten. Medikamente helfen wenig. Sie mindern zwar die Gefahr, dass sich weitere Menschen anstecken. Aber die kräftezehrenden Hustenanfälle bleiben.

Die Bazillen-Tropfen fliegen bis zu einem Meter weit

Bordetella pertussis heißen die Übeltäter, die den Keuchhusten verursachen. Diese Bakterien verbreiten sich durch Tröpfchen. Hustet, niest oder spricht ein Kranker, fliegen die Bazillen in den Sekrettropfen bis zu einem Meter weit.

Wer sich die Keime einfängt, kann fast sicher sein, dass er krank wird - 80 bis 100 Prozent der Kontaktpersonen stecken sich an. Es gibt noch eine weitere Bakterienart, die Keuchhusten auslösen kann: Bordetella parapertussis. Diese Mikrobe schüttelt den Körper nicht ganz so arg durch, der Keuchhusten verläuft leichter und dauert nicht so lang.

Um Ihr Kind vor einem Keuchhusten zu schützen, können Sie es impfen lassen, das ist schon ab dem zweiten vollendeten Lebensmonat möglich. Es kann Ihrem Säugling sogar das Leben retten. Denn bei Babys unter sechs Monaten besteht die Gefahr, dass der Atem plötzlich stillsteht: 70 Prozent der Kinder, die an Keuchhusten sterben, sind noch kein Jahr alt.

Eltern stecken ihre Kinder an

Heute stirbt sehr selten ein Baby an Keuchhusten, da die meisten geimpft sind. Doch die Gefahr ist nicht vollständig gebannt. Immer mehr Jugendliche und Erwachsene verzichten auf die Impfung. Stecken sie sich an, dann halten sie den Keuchhusten oft für eine Bronchitis oder einen hartnäckigen Husten. Zu Unrecht: 10 bis 20 Prozent aller Erwachsenen, die länger als eine Woche husten, leiden unter den Bordetella-Bazillen. Sie können ihre Kinder anstecken.

Es lässt sich oft kaum nachvollziehen, wo sich ein Baby angesteckt hat. Denn die Inkubationszeit, also die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit, dauert zwischen 7 und 20 Tagen. In den meisten Fällen sind es allerdings die Eltern, die ihre Kinder infiziert haben, gefolgt von älteren Geschwistern und den Großeltern. Wer einen Säugling im Haus hat, sollte daher geimpft sein. Schulkinder und Jugendliche stecken sich dagegen häufig bei Klassenkameraden und bei Freunden an.

Der Arzt muss Todesfälle durch Keuchhusten melden

Kommen Sie mit einem Keuchhusten zum Arzt, muss er Sie nicht dem Gesundheitsamt melden. Deshalb ist nicht bekannt, wie viele Menschen in Deutschland an Keuchhusten erkranken. Das Infektionsschutzgesetz sieht nur vor, dass der Arzt Todesfälle durch Keuchhusten den Behörden melden muss.

Anderes gilt für Kindergärten und Schulen: Die Leitung solcher Gemeinschaftseinrichtungen muss dass Gesundheitsamt informieren, wenn ein Keuchhustenfall auftritt. Einzelne Bundesländer wie Brandenburg, Mecklenburg Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen haben eine generelle Meldepflicht eingeführt.

Mechthild Klein

Symptome

Anfangs hüsteln, später würgen

Keuchhusten schleicht sich an. Anfangs scheint er harmlos, dann aber schlägt er um in in krampfartigen Husten. Schuld daran sind Gifte, die die Pertussis-Keime absondern.

Meistens verläuft die Krankheit in drei Phasen:
Im ersten Stadium husten Sie oder Ihr Kind nur leicht, vielleicht ist auch ein Schnupfen dabei. Meist fühlt es sich an wie eine leichte Grippe: Ihr Kind fühlt sich schlapp und hat vielleicht mäßiges Fieber. Diese Phase dauert ein bis zwei Wochen.

Im zweiten Stadium beginnt der Albtraum: Ihr Kind hustet stakkato-artig. Seine Zunge wird dabei herausgeschleudert, manchmal würgt es auch glasigen Schleim hervor oder es muss sich erbrechen. Diese Anfälle treten häufig auf, besonders nachts. Mit dem Husten reagiert der Körper auf die Gifte der Bazillen. Etwa die Hälfte der kranken Kinder zieht nach den Hustenstößen die Luft gegen die geschlossene Stimmritze ein: So entsteht das typische Keuchen. Diese Phase der schweren krampfartigen Hustenattacken dauert vier bis sechs Wochen.

Im dritten Stadium des Keuchustens geht es langsam wieder bergauf, der Husten klingt ab. Die Zahl der Anfälle geht langsam zurück, die Hustenkrämpfe sind weniger heftig. Nach weiteren sechs bis zehn Wochen ist der Keuchhusten vorbei.

Der Verdacht, es könnte Keuchhusten sein, taucht meist erst dann auf, wenn das Kind schon heftig hustet und würgt. Dann hat es bereits die zweite Krankheitsphase erreicht und vermutlich schon andere angesteckt. Denn Keuchhusten ist besonders in der Zeit ansteckend, in der die Symptome harmlos erscheinen.

Neugeborene sind den Bazillen hilflos ausgeliefert

Gegen viele Krankheitskeime sind Neugeborene und Säuglinge zunächst gefeit. Denn das Immunsystem der Mutter schützt sie auch nach der Geburt noch. Bestimmte Elemente aus ihrer Immunabwehr - zum Beispiel Antikörper - gelangen durch den Mutterkuchen oder die Muttermilch in den Leib des Babys. Daher werden Säuglinge nicht so schnell krank.

Dieser Nestschutz funktioniert bei Keuchhusten-Mikroben nicht. Babys nehmen weder im Mutterleib noch mit der Muttermilch Antikörper gegen Keuchhusten auf. Der Grund dafür ist unklar. Sie sind daher besonders gefährdet sich anzustecken. Gleichzeitig ist bei ihnen das Risiko am höchsten, dass die Sache kompliziert und ernst wird.

Babys husten kaum, sie piepsen kläglich

Besonders schlimm ist es, wenn das Baby aufhört zu atmen. Kranke Säuglinge husten kaum, sie piepsen eher kläglich. Setzt ihr Atem aus, drohen sie zu ersticken. Mangelt es dem Hirn an Sauerstoff, können Teile des Denkorgans zugrunde gehen, Hirnschäden sind die Folge. Bei Neugeborenen kann sich zudem die Lunge entzünden.
Jugendliche erleben den Keuchhusten meistens als einen lästigen Husten, der nicht verschwinden will. Oder sie meinen fälschlicherweise, sie hätten eine Bronchitis.

Mechthild Klein

Diagnose

Ein Fall fürs Labor

Kommen Sie mit einem Husten zum Arzt, wird der zunächst die Lunge abhorchen. Anhand der Geräusche kann er zum Beispiel erkennen, wie verschleimt das Organ ist und wie eng die Luftwege deswegen geworden sind.

Ob es sich um einen Keuchhusten handelt, kann er jedoch nicht hören. Dazu muss er den Nasen- oder Rachenschleim untersuchen. Denn die Erreger tummeln sich in diesem Sekret - allerdings nur in den ersten vier Wochen. Danach sind die Bakterien abgestorben.

Zunächst entnimmt die Ärztin mit einem Tupfer etwas Schleimhaut aus dem Nasen-Rachenraum. Oder sie saugt etwas Schleim ab. Diesen so genannten Abstrich schickt sie ins Labor. Dort stippt die Laborantin die Schleimprobe in eine Petrischale mit Nährlösung und stellt die Schale in einen Brutschrank, wo es schön warm ist und die Bakterien sich gut vermehren können. Nach zwei bis drei Tagen sind genug Keime vorhanden, um sie mit geeigneten Methoden nachweisen zu können.

Ein Gentest kann auch tote Bazillen identifizieren

Schneller und zuverlässiger kommt man den Keuchhusten-Bakterien mit einer gentechnischen Methode auf die Spur. Mithilfe der so genannten Polymerase-Kettenreaktion (PCR) kann ein Labor die Erbsubstanz des Erregers nachweisen. Dafür benötigt der Laborant ebenfalls einen Abstrch. Der Vorteil: Der Test ist so sensibel, dass schon wenige Bakterien oder tote Bazillen dafür ausreichen. Der Nachteil: Der Test ist aufwändig und teuer.

Beide Nachweisverfahren sind für ungeimpfte Säuglinge gut geeignet und zu 70 Prozent zuverlässig. Mit zunehmendem Alter werden die Tests aber immer ungenauer. Für Schulkinder und Erwachsene empfehlen Fachleute die Polymerase-Kettenreaktion.
Sind Sie oder Ihr Kind erst recht spät zum Arzt gegangen, eignet sich als Nachweismethode nur noch die so genannte Serodiagnostik. Dafür nimmt der Arzt Blut ab. Denn das Immunsystem bildet nach einer gewissen Zeit gegen die Krankheitskeime Antikörper, sie schwimmen erst ab der zweiten Krankheitsphase im Blut herum. Die Ärztin wird diese Nachweismethode auch dann wählen, wenn sie die Diagnose bei Erwachsenen und Jugendlichen zu bestätigen will.

Mechthild Klein

Therapie

Linderung in Sicht

Je früher, desto besser: Das ist die Grundregel bei der Keuchhusten-Therapie. Ihr Kind sollte bereits in der ersten, spätestens in der zweiten Woche mit einem Antibiotikum behandelt werden. Dieses Medikament tötet die Keuchhusten-Bakterien ab. So besteht die Chance, die Qual zu verkürzen oder zu mildern.

Wie lange Sie oder Ihr Kind die Antibiotika schlucken müssen, hängt vom verwendeten Wirkstoff ab. Ist der Keuchhusten schon zum verkrampften Würgehusten geworden, helfen Antibiotika nur noch wenig. In mehreren Studien erprobt wurden Inhalationen mit bronchienerweiternden Medikamenten oder mit Kortison. Schwere Hustenanfälle lassen sich dadurch mildern, vor allem bei Säuglingen.

Von Hustenmitteln, die Kodein enthalten, raten Ärzte dagegen ab. Erstens ist es nicht nachgewiesen, dass sie den Husten stillen. Zweitens ist Kodein eine Opium-ähnliche Substanz, die für kleine Kinder gefährlich werden kann. Denn sie erhöht das Risiko, dass der Atem stehen bleibt.

Viel ruhen, viel trinken, viel essen

Ist Ihr Kind krank, sollte es viel Ruhe bekommen. Schulkinder sollten zuhause bleiben. Geben Sie Ihrem Kind reichlich zu trinken, um die Atemwege feucht zu halten.

Versorgen Sie es oft mit kleinen Mahlzeiten, denn die Hustenattacken verbrauchen viel Energie. Möglicherweise begünstigt Stress den Ausbruch von Keuchhustenattacken. Durch Studien bestätigt ist das zwar nicht, aber wenn Sie Ihr krankes Kind vor Stress bewahren, kann das nicht schaden.

Geimpfte überstehen die Qual meist schneller

Weil Medikamente nur wenig helfen, empfehlen Experten Impfungen. Sie verhindern den Keuchhusten zwar nicht. Aber sie sorgen bei 85 Prozent der Geimpften dafür, dass die Krankheit schwächer verläuft und schneller überstanden ist.

Insgesamt sind vier Impfungen bis zum 14. Monat notwendig. Nach der vierten Impfung gilt ein Baby als geschützt und zwar mindestens fünf Jahre lang. Danach sollten Sie Ihr Kind wieder impfen lassen: das erste Mal, wenn es in die Schule kommt, das zweite Mal, wenn es in der Pubertät ist. Auch später sollten alle, die mit Säuglingen zusammenleben, ihre Impfung auffrischen. Denn sie schützt nur etwa 3,5 bis 12 Jahre lang.

Mechthild Klein

Expertenrat

Professor Carl Heinz Wirsing von König, Leiter des Konsiliarlaboratoriums für Keuchhustenkeime vom Helios Klinikum in Krefeld, antwortet

Woher weiß ich, ob mein Kind Keuchhusten hat?
Wenn ihr Kind längere Zeit und mit Anfällen hustet, oder beim Husten würgt oder erbricht, besteht ein Verdacht auf Keuchhusten. Sicherheit kann ein Test beim Arzt bringen. Die Kosten dafür übernehmen die Krankenkassen.

Wenn im Kindergarten einige Kinder Keuchhusten haben, sollte mein Kind dann zuhause bleiben?


Wenn ihr Kind geimpft ist, ist das nicht nötig.

Was hilft, wenn mein Kind hustet und würgt?


Alle bisher versuchten Therapieansätze sind nicht wirklich hilfreich, schon gar nicht Versuche aus den 60er Jahren, als man den kleinen Patienten einen Aufenthalt in feuchten Kellern empfahl. Tatsächlich wissen wir auch 100 Jahre nach der ersten Impfung nicht genau, warum dieser lang anhaltende Husten entsteht.

Wenn ich ein Kind bekommen will, muss ich mich vorher gegen Keuchhusten impfen lassen?


Ja, eine Impfung vor der Schwangerschaft ist gut. Um das Risiko einer Erkrankung zu minimieren, sollte sich die ganze Familie impfen lassen, auch Ehemann, Geschwisterkinder und Großeltern. Zwar können auch geimpfte Menschen das Pertussis-Bakterien in sich tragen, warum ist nicht genau bekannt, aber wenn die Personen nicht husten, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Erreger weitergeben, gering.

Was soll ich tun, wenn ich schon schwanger bin?


Während der Schwangerschaft wird bislang nicht geimpft, das hat juristische Gründe. Denn sollten sich bei dem Kind später Komplikationen einstellen, muss der Arzt möglicherweise dafür haften. Dennoch sollte sich der Rest der Familie impfen lassen.

Hier können Sie Ihre Fragen stellen. Unser Expertenteam wird Ihnen so schnell wie möglich antworten.