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Weströmisches Reich Wie Aëtius die Hunnen besiegte – und von einem eifersüchtigen Kaiser ermordet wurde

Aëtius gelang es die Hunnen zu schlagen
Aëtius gelang es die Hunnen zu schlagen
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Im 5. Jahrhundert war das Römische Reich ein Schatten seiner selbst. Nur die Militärführer hielten die Reste des Imperiums zusammen. Nachdem Flavius Aëtius die Hunnen unter Attila geschlagen hatte, dachte der Kaiser, es sei günstig, den General zu beseitigen.

Aëtius wird gern als letzter Römer oder als letzter Adler Roms bezeichnet. Und das trotz viele Fehler und Unzulänglichkeiten. Er ist der letzte Militär des weströmischen Reiches, der noch einmal Sieg und Glorie über die Adler des Imperiums scheinen ließ. Nach seinem Tod ging die faktische Macht an fremdländische Herren über, es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der letzte Kaiser Westroms, Romulus, das Kind, endgültig beiseitegeschoben wurde.

454 war das Römische Reich nur noch ein Schatten seiner selbst. Formal regierte der Kaiser. Und als der mächtigste Mann des Reiches, Flavius Aëtius, seinen Kaiser in Ravenna besuchte, witterte er keine Gefahr. Aëtius, der letzte große Feldherr Roms, hatte alle Rivalen ausgeschaltet, ein Angriff auf ihn wäre Wahnsinn gewesen, denn nur er, der mächtige Heeresmeister, hielt das Reich noch zusammen. Doch das hielt den Kaiser Valentian III. nicht ab.

Kindkaiser

Der war von hoher Geburt und schon als Sechsjähriger auf den Thron gekommen. Doch wirklich regieren konnte er nie, zuerst wurde die Politik von seiner mächtigen und klugen Mutter Galla Placidia, einer Tochter des oströmischen Kaisers Theodosius I., bestimmt. In den Zeiten der Wirren hatte sich das Reich eine Art von Notstandsmilitärdiktatur verwandelt, alle Macht ging vom Heeresführer Aëtius aus. Der hatte Attila, den Hunnenkönig, bezwungen, aber nachdem die "Geißel Gottes" gestorben war, witterte Valentian seine Chance. Bei einem Vortag über die Steuereinnahmen zog der Kaiser sein Schwert und ging gemeinsam mit seinem obersten Eunuchen, der ein Beil unter seinem Gewand verborgen hatte, auf den überraschten Feldherren los und tötete ihn.

Politisch hatte Aëtius mit seiner Sorglosigkeit recht gehabt, er hatte die gekränkte Seele des Monarchen unterschätzt, der zeitlebens eine Symbolfigur war, und fürchtete, dass der Feldherr durch geschickte Heiratspolitik selbst zur kaiserlichen Familie aufschließen wollte.

Agonie des Reiches

Zur Zeit des Aëtius versank der Teil des Reiches, der von Rom regiert wurde, im Chaos. Die Stabilisierung, die die Gewaltanstrengung des grausamen Kaisers Diokletians etwa hundert Jahre zuvor eingeleitet hatte, war inzwischen verpufft. Dem Imperium gelang es nicht mehr, die Grenzen zu schützen und die "Barbaren" entweder draußen zu halten oder so im Gebiet des Reiches anzusiedeln, dass sie sich der Herrschaft und den Gesetzen Roms beugten. Nun überschritten die Stämme die Grenze, plünderten und brandschatzen und siedelten sich irgendwo im Reich an und gründeten autonome Gebiete.

Und das brachte das gesamte System des Imperiums ins Wanken. Es basierte auf Frieden im Herrschaftsgebiet und einer ungestörten Wirtschaft. Nur so konnten die Steuereinnahmen erzielt werden, die zum Unterhalt der Armee an den Grenzen benötigt wurden. Indem sich die Barbaren aber der reichsten Gebiete bemächtigten, drohte das Reich finanziell zu kollabieren. So sah die Welt aus, in der Aëtius im heutigen Bulgarien um 390 n. Chr. hineingeboren wurde. In ein Reich, dass dem Abgrund entgegentaumelte. Sein Vater hatte als Heermeister eine bedeutende Position inne, für den Jungen bedeutet dies aber, dass er seine Jugend als Geisel verbrachte. Zunächst bei den Goten und dann bei den Hunnen.

Die Geißel Gottes 

Dieses kriegerische Reitervolk setzte das angeschlagene Imperium unter Druck. Durch die eigenen Kriegszüge gegen die Römer, aber auch weil die Expansion der Hunnen alle möglichen Stämme bedrohte, die sich auf Wanderschaft machten und das Reichsgebiet heimsuchten. Die erste politische Tat des Aëtius erwies sich als Missgriff. Der junge Römer brachte die Hunnen dazu, einen Usurpator zu unterstützen, doch als Aëtius in Italien auftauchte, waren dessen Truppen bereits geschlagen.

Doch mit den Hunnen im Rücken konnte er sich mit der Mutter des Kaisers Valentian III. verständigen. Aëtius rückte dann in die militärische Spitze des Weltreiches auf. Dort wurden die Auseinandersetzungen der obersten Generäle inzwischen mit Kriegen gegeneinander entschieden. Wie die Verhältnisse waren, zeigte sich an seiner Ehe. Aëtius gelang es etwa 433, seinen Widersacher Sebastianus auszuschalten. Nach dessen Tod nahm er seine Gattin Pelagia zur Frau. Sie war Gotin und durch diese Ehe erhielt Aëtius Zugriff auf ein großes Erbe und die Soldaten des Getöteten.

Schlacht auf den Katalaunischen Feldern

Seinen größten militärischen Erfolg erzielte er 451 in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern. Dort führte er eine bunte Koalition von westgotischen Verbündeten und den letzten Legionen Roms gegen Attila und seine Verbündeten ins Feld. Lange Zeit wurde die Schlacht als Auseinandersetzung zwischen dem christlichen Europa und den heidnischen, asiatischen "Horden" der Hunnen überhöht.

Der Historiker Sir Edward Creasy (1812-1878) schrieb etwa: "Attilas Angriffe auf das Weströmische Reich wurden bald erneuert, aber nie mit einer solchen Gefahr für die zivilisierte Welt, wie sie sie vor seiner Niederlage bedroht hatte; und bei seinem Tod, zwei Jahre nach dieser Schlacht, wurde das riesige Reich, das sein Genie gegründet hatte, bald durch die erfolgreichen Aufstände der unterworfenen Nationen zerschlagen. Der Name der Hunnen hörte für einige Jahrhunderte auf, in Westeuropa Schrecken zu erregen, und ihre Überlegenheit verging mit dem Leben des großen Königs."

Tatsächlich war die Schlacht nicht der Wendepunkt, Attilas Feldzug war schon zuvor durch Manöver seiner Gegner gescheitert. Aber erst die Niederlage in der Feldschlacht zerstörte seinen Nimbus.

Das Treffen war so ungestüm, dass die Sage aufkam, die Schlacht würde auf ewig in den Wolken weiter toben. Als sein Lager eingeschlossen war, ließ Attila einen Scheiterhaufen für sich errichten. Er wollte durch eigene Hand sterben und nicht von denen, die er so oft besiegt hatte, getötet werden. In dem verlustreichen Gefecht gelang Aëtius ein wichtiger Sieg über den bis dahin unüberwindlich erscheinenden Attila. Umstritten ist, ob der Römer das Heer der Hunnen hätte ganz vernichten können.

Aufschub des Endes

Die übermächtige Bedrohung war zumindest für das Erste abgewendet. Im Schatten dieses Sieges strebte Aëtius die Einheirat seiner Tochter ins Kaiserhaus ein. Die unmittelbare Folge war seine Ermordung. Der britische Historiker Edward Gibbons schrieb dazu, die Tat erinnere an einen Mann, "der seine rechte Hand mit seiner linken abgeschnitten hat."

Der US-amerikanische Gelehrte Robert F. Pennel hielt dazu fest: "Das Imperium war nur ein Relikt seines früheren Selbst. Gallien, Spanien und Großbritannien waren praktisch verloren; Illyrien und Pannonien waren in der Hand der Goten; und Afrika wurde bald darauf von den Barbaren erobert. Valentian hatte das Glück, im Besitz von Aëtius zu sein, der eine Zeit lang den römischen Namen aufrechterhielt und sich den Titel "Letzter Römer" verdiente. Er wurde von seinem undankbaren Herrn ermordet."

Dem Kaiser brachte es kein Glück, seinen Feldherren zu erschlagen. Im nächsten Frühjahr besuchte er eine Truppenübung. Zwei Gefolgsleute des Aëtius, die beiden Hunnen Optila und Thraustila, erhoben ihre Schwerter. Keine Hand in der Garde rührte sich, um den glücklosen Kaiser zu retten.

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