Voll ist voll: Die Box-Carrier der Container-Linienreedereien sind seit vielen Monaten bestens ausgelastet, Foto: Arndt

Seetransport-Kapazitäten bleiben knapp

Die Tatsache, dass sich der Welthandel im bisherigen Jahresverlauf schneller und stärker als erwartet erholt hat als noch vor Monaten eingeschätzt wurde, führt auch dazu, dass Seetransport-Kapazitäten auf Sicht ein knappes Gut bleiben.

Zu dieser Einschätzung kommt der international ausgerichtete Kreditversicherungs-Spezialist Euler Hermes in Deutschland in seiner brandneuen Studie zum Welthandelsgeschehen. Das Unternehmen hat sie unter die Überschrift „Ship me, if you can“ gestellt.

„Der prophezeite Nachhol-Boom“ nach dem Corona-bedingten Lockdown habe „längst eingesetzt“, beschreibt Ronald van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz, das Lagebild. Die Unternehmen versuchten daher „händeringend, ihre Lagerbestände aufzufüllen“.

Diesem Bestreben der Firmen stünden indes die anhaltenden Engpässe in der Versorgungskette gegenüber. So sind beispielsweise Seecontainer seit Langem schon eine echte Mangelware. Zudem würden die Fahrpläne der großen Containerlinien-Reedereien durch verschiedene Umstände erheblich unter Druck gesetzt. Was auch zur Folge hat, dass sich Seetransporte empfindlich verspäten. Van het Hof spricht davon, dass inzwischen „die Preise und damit Kosten des Welthandels im Galopp auf neue Rekordhöhen“ steigen.

Sogenannte „Hamsterkäufe“ prägten derzeit das Bild im globalen Handel, so der Experte weiter. Dabei hätten die USA im Rennen um die begehrten Waren „klar die Nase vorne - unter anderem auch aufgrund der früheren Wiedereröffnung nach der Corona-Pandemie.

Warenlieferungen aus Asien in die USA zum Beispiel nehmen derzeit um etwa 30 Prozent zu, nach Europa sind es aufgrund der wesentlich späteren Öffnung „nur“ etwa 10 Prozent mehr Waren. Van het Hof: „Die meisten europäischen Länder, insbesondere Deutschland, haben aktuell Mühe, ihre ohnehin niedrigen Lagerbestände wieder aufzufüllen.“

Unterbrechungen von Lieferketten seien somit auch 2021 an der Tagesordnung. Und das, obwohl viele Unternehmen bereits 2020 zahlreiche Maßnahmen eingeleitet hatten, um ihre Lieferketten zu stabilisieren.

Für den Wirtschaftsexperten ist „definitiv an der Zeit, das Thema anzugehen, denn auch in den kommenden Jahren ist mit weiteren Schocks für die Versorgungsketten zu rechnen“.

Seetransportkapazitäten dürften auch in den kommenden Monaten „knapp bleiben“, erwartet van het Hof. Er führt aus: „Gründe dafür sind neben dem regional sehr ungleichmäßigen Aufschwung die unzureichenden Investitionen der letzten Jahre in der Seeschifffahrt.“

Auch die Tatsache, dass es wenige Alternativen zur Seefracht gibt und neue Kapazitäten nur langsam in Betrieb genommen werden können, trügen nicht zu einer schnellen Entspannung bei. Van het Hof: „Der Bau eines neuen Schiffes dauert in der Regel anderthalb Jahre, so dass es auch 2022 noch zu Engpässen und in der Folge zu hohen Frachtraten kommen dürfte.“

2020 mussten 94 Prozent der im Zuge einer Euler-Hermes-Studie zu Lieferkettenunterbrechungen befragten Unternehmen in Deutschland, den USA, Großbritannien, Frankreich und Italien zeitweise Unterbrechungen ihrer Lieferketten verkraften. EHA/dpa

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