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Ukraine: Die Gräueltaten der russischen Armee im Krieg

Am Sonntag wurde über die Entdeckung eines weiteren Massengrabes in der Ukraine berichtet. In Busowa nahe Kiew wurden Leichen von Zivilisten gefunden.
Am Sonntag wurde über die Entdeckung eines weiteren Massengrabes in der Ukraine berichtet. In Busowa nahe Kiew wurden Leichen von Zivilisten gefunden. ©REUTERS/Zohra Bensemra
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigte unter dem Eindruck neuer Kriegsverbrechen nach Russlands Angriff auf die Urkaine ein Öl-Embargo gegen Moskau.
Bilder aus Butscha schockieren
Live-Blog zur Ukraine am Sonntag

Nach Treffen mit mehreren europäischen Regierungschefs wie Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Samstag telefonierte er am Sonntag mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz (SPD). Die Ukraine warf dem russischen Militär indes weitere Gräueltaten vor und russische Raketenangriffe setzten sich am Wochenende fort.

Die Gräueltaten der russischen Armee im Ukraine-Krieg

"Wenn die Tyrannei eine Aggression gegen alles gestartet hat, worauf der Frieden in Europa ruht, müssen wir sofort handeln", sagte Selenskyj in einer am Samstagabend veröffentlichten Videobotschaft. Ein Öl-Embargo müsse der erste Schritt der "gesamten zivilisierten Welt" sein. "Dann wird Russland das spüren. Dann wird es für sie ein Argument sein, den Frieden zu suchen, die sinnlose Gewalt zu beenden", so der ukrainische Staatschef. Die demokratische Welt könne definitiv auf russisches Öl verzichten.

Immer mehr Massengräber in der Nordukraine entdeckt

Nach dem Rückzug der russischen Truppen aus der Nordukraine werden in immer mehr Orten Massengräber mit Zivilisten gefunden. Westlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew meldeten die Behörden den Fund Dutzender Leichen. "Nahe der Tankstelle von Busowa haben wir heute noch tote Zivilisten in einer Grube gefunden", sagte der Gemeindevorsteher Taras Didytsch in der Nacht im ukrainischen Fernsehen. Auf der Trasse von Kiew nach Schytomyr seien zudem nahe der Hauptstadt Leichen bei beschossenen Autos gefunden worden.

Priesterseminar in Vorzel von russischen Truppen geplündert

Zudem wurde auch ein Priesterseminar durch russische Truppen geplündert. Das römisch-katholische theologische Seminar in Vorzel in der Region Kiew ist von russischen Soldaten geplündert worden. "Sie haben alles gestohlen, was sich verkaufen lässt, darunter auch einen Kelch, der an die Heilige Messe erinnert, die Papst Johannes Paul II. 2001 bei einem Besuch in der Ukraine zelebrierte", so der Bischof der Diözese Kiew-Zhytomyr, Vitaliy Kryvytskyi, auf Facebook, wie italienische Medien am Sonntag berichteten.

"Die Angreifer öffneten die Tore, um in das Priesterseminar einzudringen. Sie nahmen Klimaanlagen, Waschmaschinen, Computer, Router, Küchengeräte und sogar die alten Turnschuhe des Pfarrers mit. Auch einige liturgische Gegenstände wurden gestohlen", schrieb der Bischof.

Selenskyj forderte bei Telefonat mit Scholz weitere Hilfe und Sanktionen

Selenskyj telefonierte am Sonntag mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und forderte eine Verfolgung von Kriegsverbrechen sowie weitere Hilfe und weiteren Sanktionsdruck gegen Russland. Dieser sicherte "den Menschen in der Ukraine die Solidarität und volle Unterstützung Deutschlands" zu, wie die Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann mitteilte. "Der Bundeskanzler verurteilte die abscheulichen Kriegsverbrechen des russischen Militärs in Butscha und in anderen Orten in der Ukraine", hieß es dazu weiter.

Deutscher Bundeskanzler informierte sich über aktuelle Lage

Der deutsche Bundeskanzler habe sich zudem "über die aktuelle Lage und zum Verhandlungsprozess zwischen der Ukraine und Russland informiert". Außerdem sei es um aktuelle Möglichkeiten der weiteren Unterstützung der Ukraine gegangen. Die deutsche Bundesregierung werde zusammen mit ihren internationalen Partnern alles daransetzen, dass "die Verbrechen schonungslos aufgeklärt und die Täter identifiziert werden, damit sie vor nationalen und internationalen Gerichten zur Verantwortung gezogen werden", machte Scholz den Angaben zufolge deutlich. Scholz und Selenskyj hätten verabredet, weiter eng in Kontakt zu bleiben.

Wenediktowa warf Rusland Kriegsverbrechen vor

Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa warf Russland am Sonntag indes vor, in allen Regionen der Ukraine Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Kreml-Chef Wladimir Putin bezeichnete sie als den "Hauptkriegsverbrecher des 21. Jahrhunderts". Die Ukraine habe 5.600 Fälle mutmaßlicher Kriegsverbrechen mit 500 Verdächtigen identifiziert. Dazu gehöre auch der Raketenangriff vom Freitag auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk mit über 50 Toten.

Rotes Kreuz Ukraine: Menschen leben ohne Essen und Wasser

Der Leiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in der Ukraine, Pascal Hundt, sagte dem Sender Sky News, Menschen lebten ohne Essen, Strom, Wasser und Heizung unter schrecklichen Bedingungen. "Das Ausmaß des Leids, das wir sehen, ist einfach immens, und ich kann mich nicht erinnern, das in der jüngeren Geschichte gesehen zu haben", so Hundt.

Ukraine: Eher kein baldiges Treffen zwischen Selenskyj und Putin

Die Ukraine rechnet nicht mit einem baldigen Treffen Selenskyjs mit Putin zu Verhandlungen über ein Ende des Krieges, wie Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im ukrainischen Fernsehen sagte. Die Ukraine bestehe weiter auf starken Sicherheitsgarantien und zahle dafür einen sehr hohen Preis, meinte Podoljak. "Ja, es ist hart, wir verlieren jeden Tag Menschen und Infrastruktur. Aber Russland muss sich von seinen imperialen Illusionen befreien", sagte er.

Keine greifbaren Fortschritte bei Friedensverhandlungen

Dem ukrainischen Chefunterhändler David Arachamija zufolge gebe es bei den Verhandlungen keine greifbaren Fortschritte. Für Kiew bleibe die territoriale Einheit eine rote Linie. "Wir werden keine Gebiete aufgeben, und wir werden nichts anerkennen", sagte er mit Blick auf die 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim und die ostukrainischen "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk. Putin hatte beide als unabhängige Staaten anerkannt und danach am 24. Februar den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen.

Russland setzte Raketenangriffe auch am Wochenende fort

Russland setzte seine Raketenangriffe auch am Wochenende fort. Insgesamt seien 86 Objekte innerhalb eines Tages getroffen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Sonntag. Im Gebiet Dnipropetrowsk seien der Stab und Basis des Bataillons Dnipro vernichtet worden. Zerstört worden seien auch auf dem Militärflugplatz der Garnisonsstadt Tschuhujiw im Gebiet Charkiw Startkomplexe des Luftabwehrsystems S-300 sowie in der Ostukraine mehrere Drohnen, zwei Munitions- und drei Treibstofflager.

Die prorussischen Separatisten teilten am Sonntag mit, ukrainische Truppen hätten in der umkämpften Hafenstadt Mariupol zwei ausländische Schiffe samt Besatzung in ihre Gewalt gebracht und würden von dort aus die Stadt beschießen. Die Separatisten kämpfen mit Unterstützung der russischen Armee darum, Mariupol am Asowschen Meer vollständig einzunehmen. Russland war vor gut sieben Wochen in das Nachbarland einmarschiert.

Durch Beschuss bei Charkiw weitere Zivilisten getötet

Durch Beschuss in der Region Donezk und im nordöstlichen Gebiet Charkiw wurden nach ukrainischen Angaben auch mehrere Zivilisten getötet und verletzt. Die ukrainische Militärverwaltung machte Russland dafür verantwortlich. Ukrainische Kräfte hätten bei Angriffen auf russische Truppen am Samstag unter anderem 80 Soldaten getötet sowie drei Panzer und je ein Flugzeug und einen Hubschrauber zerstört, hieß es. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. Auch in der Hafenstadt Mariupol dauerten die Gefechte an.

Gouverneur von Luhansk geht von baldigen Offensive der Russen aus

Der Gouverneur des Gebiets Luhansk geht von einer baldigen Offensive der Russen im Osten der Ukraine aus. "Es ist eine Frage von Tagen", sagte Serhij Hajdaj der italienischen Zeitung "Corriere della Sera" (Sonntag). "Sie stellen sich an der Grenze neu auf und bombardieren uns weiter. Sie kennen keine Moral mehr: Sie machen Krankenhäuser, Schulen und Häuser dem Erdboden gleich."

In den selbst ernannten "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk haben prorussische Separatisten das Sagen. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte beide als unabhängige Staaten anerkannt und danach einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen.

Laut Gouverneur von Luhansk stehe nun "die Hölle" bevor

Auf die Frage, was nun bevorstehe, sagte Hajdaj: "Die Hölle." Er erinnerte an Butscha oder Mariupol, wo seit Wochen schlimme Angriffe und Kriegsverbrechen beobachtet werden. "Bei uns wird es noch viel schlimmer", sagte der Gouverneur. Anders als in anderen Teilen des Landes gebe es in Luhansk für die Ukrainer kaum noch Bunker, in denen sie Schutz suchen können. "Wir verstecken uns in den Kellern. Ich versuche, alle meine Mitbürger zu überzeugen, von hier weg zu gehen."

Selenskyj bedankte sich bei Johnson und Nehammer für Besuch

In Kiew dankte Selenskyj dem britischen Premierminister Boris Johnson und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für ihren Besuch am Samstag. Das Treffen mit Johnson zeige, dass es "keine Hindernisse für die Freiheit" gebe, sagte er in der Videobotschaft. "Die Führungsrolle Großbritanniens bei unserer Unterstützung, insbesondere im Bereich der Verteidigung, und auch die Führungsrolle in der Sanktionspolitik - sie werden für immer in die Geschichte eingehen." Mit Johnson habe er auch über weitere finanzielle und verteidigungspolitische Hilfen für Kiew gesprochen.

(APA/Red)

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