Michael ist entkommen?!

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"Können Sie mir schon etwas genaueres sagen, Hawkins?", fragte Sheriff Barker, während er nervös an dem Kragen seines Hemdes zerrte. Plötzlich schien ihm die Krawatte viel zu eng gebunden. Er konnte die Umstände seines Aufenthaltes hier immer noch nicht fassen, dabei hatte der Morgen für ihn so gut begonnen. Er hatte zum ersten Mal richtig gut aufstehen können, hatte sich beim Bäcker noch gemütlich einen Becher schönen heißen Kaffee und ein Croissant geholt und war dann mit dem Auto zur Arbeit, um seine Sachen in Ruhe im Büro verspeisen zu können. Sogar die reizende Dame in der Bäckerei hatte ihm ihre Handynummer zugeschoben, was er als absoluten Glückstreffer quittierte. Er hatte sich noch nicht mal auf seinen gemütlichen Bürostuhl setzen können, da war auch schon der erste Notruf von Hawkins rausgegangen, dass ein Unfall auf der Landstraße kurz vor der Grenze von Haddonfield passiert war. Sheriff Barker hatte seinen heißen Kaffee und sein Croissant auf seinem Schreibtisch zurücklassen müssen, um umgehend, auf Hawkins Verlangen hin, sofort im Hospital St. Haddon zu erscheinen. Er vermisste seinen Kaffee, den er jetzt dringend gebraucht hätte, um die ganzen Informationen, die ihm gerade eben um die Ohren gehaut worden waren, verarbeiten zu können.

"Leider noch nicht. Er war nur mal für eine kurze Zeit wach, bevor er erneut in Ohnmacht gefallen ist. Er konnte gerade so viel sagen, dass sein Name "Dr.Ranbin Sartain" ist und er als Doktor im Smiths Grove für geisteskranke Kinder und Straftäter arbeitet. Wissen Sie, was das bedeutet, Sheriff Barker?", antwortete Hawkins mit einer gefährlich beunruhigten Stimme, die Barker eine Gänsehaut bereitete. Dieser schüttelte den Kopf. Wie sollte er auch denken können, wenn er heute morgen noch keinen Kaffee gehabt hatte? Er schüttelte also den Kopf, was Hawkins aufseufzen ließ. Er sah mit einem besorgten Blick zu dem immer noch bewusstlosem Doktor hinüber und beantwortete schließlich seine Frage selbst: "Dieser Doktor hier ist der Nachfolger von Dr. Sam Loomis. Sie erinnern sich vielleicht an ihn?" Sheriff Barker warf Hawkins einen geschockten Blick zu und dieser nickte wissend.

"Sie wissen ganz genau, wer Sam Loomis ist. Hätte mich auch gewundert, wenn Sie ihn nicht gekannt hätten. Der berühmte Serienkiller Michael Myers war jahrelang Loomis Patient gewesen. Nun ist er der Patient diesen Mannes.", und mit diesen Worten zeigte er zu dem bewusstlosen alten Mann, der auf einem Krankenhausbett lag und gerade von den Ärzten untersucht wurde. Jetzt hing Sheriff Barker förmlich an den Lippen von Hawkins. Er wollte unbedingt mehr über die Sache mit Michael Myers erfahren.

"Wir haben uns Dr. Sartains Akte im Smiths Grove angesehen und etwas Erschreckendes heraufgefunden. Michael Myers sollte in der Nacht von Gestern auf Heute, gemeinsam mit 20 anderen Patienten, in eine andere, sichere Vollzugsanstalt transportiert werden. Sie saßen alle in dem Bus, der den Unfall gehabt hatte.", sprach Hawkins weiter und am Ende fixierte er den jungen Sheriff mit einem fragenden Blick. Eine Augenbraue hatte er hochgezogen, um den armen Barker noch mehr einzuschüchtern.

"Das der Bus umgestürzt war, war kein Unfall, sondern so geplant. Und lassen Sie mich raten, Michael Myers hatte fliehen können?", schloss sich Sheriff Barker das Ergebnis zusammen, wobei ihm Hawkins mit einem "So ist es!" zustimmte. Sheriff Barker seufzte schwer.

"Ausgerechnet mal wieder an Halloween. Was für ein Zufall, nicht?", fragte er den älteren und erfahrenen Polizisten. Dieser schüttelte den Kopf und meinte: "Ehrlich gesagt ist das kein Zufall. Es war nie ein Zufall. ER hatte es immer geplant. Er hatte 17 Jahre lang Zeit gehabt. Er weiß genau, was er tun will und wo er hinmuss."





Zur gleichen Zeit tief im Wald:


Laurie Strohde hatte sich ihren heiß geliebten Kaffee gemacht und rührte nun einen Löffel Zucker mit hinein, so wie sie es gern hatte. Nach dem gestrigen Abend, der nicht ganz so glänzend verlaufen war, hatte sie erst mal Ruhe gebraucht. Sie hatte doch nur an der Familienfeier teilhaben und den Freund ihrer Enkelin kennenlernen wollen. Dass ihr dabei immer wieder Tränen gekommen waren, hatte sie absolut nicht geplant gehabt. Jetzt hasste nicht nur ihre Tochter sie, sondern ihre Enkelin höchstwahrscheinlich auch. Sie wollte gar nicht darüber nachdenken, welche schlechten Dinge Karen Allyson über sie erzählt hatte. Der Zuckerwürfel hatte sich endlich im Kaffee aufgelöst und mit einem zarten Lächeln drehte sich Laurie zu dem kleinen Fernseher um, der vor der Couch an der Wand hing. Sie nahm einen Schluck und hörte gespannt den Nachrichten zu. Bis sauf einmal eine dringende Eilmeldung auftauchte. Eine aufgeregte Reporterin erschien, die von einer Tankstelle, ganz in Lauries Nähe, ein Interview gab. Sie berichtete von einem gesamten Massaker, das dort passiert war. Lauries Blick wurde starr, bei den Worten der Frau, dass sie es hier mit einem geschickten Massenmörder zu tun hatten. Für sie gab es nur einen Mann, der ein gesamtes Massaker anrichten konnte. Und das war ihr Bruder Michael. Mit dieser bösen Vorahnung schnappte sie sich ihre Jacke vom Haken, ließ ihren geliebten Kaffee stehen und raste zur Tür hinaus.


Zehn Minuten später war sie an der Tankstelle angekommen, an der das Massaker stattgefunden hatte. Sie stieg eilig aus dem Auto und rannte wie vom Blitz getroffen zu der Abspannungsfolie, die die neugierigen Zuschauer von dem Tatort fernhalten sollte. Laurie erkannte gerade noch das Gesicht der jungen Journalistin, die zusammen mit ihrem Kollegen gestern noch bei ihr gewesen waren, um ein Interview mit ihr zu führen und da wusste Laurie es. Michael hatte entkommen können und war nun auf der Suche nach ihr. Doch sie würde bereit sein! Endlich, hatte jemand ihre Gebete erhört. Endlich bot sich die Gelegenheit, auf die sie schon ihr halbes Leben gewartet hatte. Endlich würde sie ihn ein für alle Mal töten können!





Karen Strohde hielt in einem Arm eine voll gepackte Einkaufstüte, während sie versuchte, mit ihrer freien Hand die Tür aufzusperren. Es gestaltete sich schwieriger, als gedacht und als sie es endlich geschafft hatte, ließ sie die Tüte ächzend auf den Küchentresen fallen. Sie hasste Einkaufen, wie die Pest, dennoch hatte es erledigt werden müssen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass das Haus, für diese Uhrzeit, ungewöhnlich still und leer war. Sie hing ihre Jacke auf den Haken und spazierte ins Wohnzimmer, in der Hoffnung, dort ihren Ehemann oder ihre Tochter aufzufinden. Doch keiner von beiden befand sich dort.

"Allyson? Allyson bist du da???", rief sie laut nach oben, doch sie erhielt keine Antwort. Diese Stille war für Karen erdrückend und sie befürchtete das Schlimmste.

"Raaaaay?", brüllte sie als Nächstes, doch auch von ihm erhielt sie keine Antwort. Sie wollte Anstalten machen, die Treppe hochzulaufen, da sprang auf einmal ihre Mutter die Stufen hinunter und rief laut: "Erwischt!" Karen schrie erschrocken auf und fasste sich keuchend ans Herz. Bei dem Anblick ihrer Mutter, die mal wieder ihren wilden, aufgescheuchten Blick aufgesetzt hatte und dazu noch eine Knarre in der Hand hielt, wurde ihr ganz flau im Magen.

"Gott Mum, wieso erschreckst du mich denn so?", rief sie empört, während ihre Mutter die restlichen Treppenstufen hinablief. Diese schüttelte verärgert, über den Leichtsinn ihrer Tochter, den Kopf.

"Du wärst jetzt tot. Du bist nicht achtsam genug. Was habe ich dir denn immer gelehrt?", mahnte Laurie ihre Tochter in einem erzieherischen Ton, sodass sich Karen in ihre früheste Kindheit zurückversetzt fühlte.

"Was ist denn hier los? Karen wieso schreist du denn so?", rief Ray besorgt, als er wie ein schwer atmender Koyote hereingestürmt kam. Da erst entdeckte er seine Schwiegermutter, die eine Knarre in ihren Händen hielt.

"Um Gottes Willen, Laurie, bitte nimm die Knarre runter!", rief er sichtlich empört und wollte ihr gewaltsam die Knarre abnehmen, doch Laurie war schneller, duckte sich unter ihm hindurch und hielt sie ihm direkt an den Rücken.

"Erwischt. Du wärst jetzt auch tot. Ihr seid nicht achtsam genug. Ihr seid leichtsinnig. DA, die Tür steht sperangelweit offen und ihr habt noch nicht mal eine Alarmanlage!", rief Laurie aufgewühlt und schloss rasend schnell die Haustür. Dabei sah sie sich immer wieder nervös um.

"Mum, wie oft haben wir das nun besprochen? Diese Welt ist nicht voller grausiger Gefahren, die an jeder Ecke lungern, sondern voller Mitgefühl und Liebe. Und ich will jetzt, dass du gehst!", meinte Karen Strohde bestimmt und bugsierte ihre Mutter mit aller Kraft zur Tür hinaus. Laurie zog eine weitere Knarre aus ihrer Tasche und hielt sie ihrer Tochter hin.

"Nimm wenigstens die!", verlangte sie, doch Karen schloss eiskalt die Tür vor ihrer Nase.

Die Rache der Myers TochterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt