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Die trügerische Ruhe an den Fronten des Währungskrieges

Finanz-Redakteur
Macao Macao
Macao hat seine Währung im vergangenen Jahr aktiv manipuliert
Quelle: Getty Images/Sino Images
Die Zahl der Manipulationen an den Währungsmärkten ist auf den tiefsten Stand seit 2001 gefallen. Doch was beruhigend klingt, ist es keineswegs. Im Gegenteil: Die nächste Runde im Krieg der Devisen steht kurz bevor.

Währungskrieg – dieses martialische Wort war vor einigen Jahren in aller Munde. Gemeint ist, dass sich Staaten einen Wettlauf darum liefern, welche Devise am schwächsten ist. Das soll den jeweils eigenen Exporteuren Vorteile bringen. Und um das zu erreichen, griffen viele Finanzminister und Notenbanken in den Jahren nach der Finanzkrise tief in die Trickkiste.

Damit scheint es offenbar vorbei zu sein. Eine Untersuchung zeigt, dass die Zahl der Manipulationen an den Währungsmärkten im vergangenen Jahr so gering war wie zuletzt 2001. Doch was beruhigend klingt, ist es keineswegs. Denn die Entwicklung beruht nicht auf einer Läuterung der Beteiligten.

Vielmehr gab es für die meisten schlicht keinen Grund mehr für entsprechende Eingriffe. Genau das jedoch dürfte sich schon in Kürze ändern – und dann steht die nächste Runde im Währungskrieg bevor.

China ist zuletzt nicht mehr aufgefallen

Einer Untersuchung des Peterson Instituts für Internationale Ökonomie zufolge manipulierten im vergangenen Jahr nur noch drei Länder aktiv ihre Währung: Singapur, Norwegen und Macao. Zusammen setzten sie dafür 106 Milliarden Dollar ein. In den Jahren davor hatten die Summen mitunter mehr als eine Billion Dollar im Jahr betragen.

Nahe an der Grenze zur Manipulation sehen die Autoren der Untersuchung aktuell drei Länder: Südkorea, Taiwan und Israel.

Eine Währungsmanipulation sehen die Experten dann gegeben, wenn mehrere Kriterien erfüllt sind. Zum einen muss das Land von der Weltbank zu den Staaten im oberen Einkommensbereich gezählt werden. Darüber hinaus muss beispielsweise der Leistungsbilanzüberschuss mehr als drei Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, und die Käufe ausländischer Devisen müssen zwei Prozent davon übersteigen.

Die Autoren betonen besonders, dass China in den vergangenen Jahren nicht als Währungsmanipulator aufgefallen sei – anders als in den Jahren zwischen 2003 und 2013. Damals sei das Land der mit Abstand größte Manipulator gewesen. Tatsächlich hat das amerikanische Finanzministerium auch erst Ende Mai ausdrücklich davon abgesehen, China als Währungsmanipulator zu etikettieren.

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All das klingt zunächst beruhigend. Denn offenbar überlassen die Staatenlenker und Währungshüter den Devisenmarkt sich selbst, setzen auf den freien Markt, um die Wechselkurse zu definieren. Doch diese Sicht ist zu kurz gegriffen.

Denn Eingriffe im großen Stil fanden wohl vor allem deshalb nicht statt, weil sie in den Augen der meisten Beteiligten nicht notwendig waren. Der Grund liegt darin, dass die meisten Währungen gegenüber dem US-Dollar, der wichtigsten Devise, in den vergangenen Jahren abwerteten.

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Das gilt für den Euro nur in begrenztem Maße, viele andere Währungen verloren jedoch deutlich an Wert, in den vergangenen Wochen beispielsweise der mexikanische Peso. Dadurch liegt der handelsgewichtete Außenwert des Dollar derzeit nur noch knapp unter dem Rekordwert vom Anfang des Jahrtausends. Bei diesem Wert werden die anderen Währungen nach ihrer Bedeutung für den US-Außenhandel gewichtet.

Ausgelöst wurde der Aufwärtstrend des Dollar einerseits durch die Zinserhöhungspolitik der US-Notenbank (Fed) in den vergangenen Jahren. Hinzu kam aber noch der Handelskonflikt, den Präsident Donald Trump vom Zaun brach. Dessen Auswirkungen lassen sich sehr gut am Beispiel des chinesischen Yuan nachvollziehen.

So belegte Trump zwar viele chinesische Waren mit Strafzöllen von zehn Prozent. Da die Devisenmärkte vor diesem Hintergrund eine Verlangsamung des chinesischen Wachstums fürchteten, wertete daraufhin jedoch der Yuan ab – um rund zehn Prozent. Dadurch wurden nicht nur die Zölle weitgehend aufgefangen, gleichzeitig hat sich die Wettbewerbssituation für US-Unternehmen verschlechtert.

Dies allerdings macht sich inzwischen auch in den Bilanzen der amerikanischen Firmen bemerkbar. Deren Gewinne wachsen deutlich langsamer, das Wirtschaftswachstum schwächt sich ab. Als Folge ist die Notenbank umgeschwenkt und fasst nun wiederum Zinssenkungen ins Auge.

Dollar könnte immer stärker unter Druck geraten


Normalerweise führen Zinssenkungen zu einer Schwächung der Währung, denn es ist dadurch für Ausländer weniger attraktiv, ihr Geld in diesen Währungsraum zu bringen. Bislang hatte der Schwenk der US-Notenbank jedoch noch keine Auswirkungen auf den Dollar, stellt Kit Juckes, Währungsexperte der Investmentbank Société Générale fest. „Dies könnte auch so bleiben, wenn die positive Reaktion des Aktienmarkts und die Stimmungsverbesserung anhalten – und diese sind ja genau das Ziel der Fed.“

Doch wenn dies nicht geschehe, werde der Dollar immer stärker unter Druck kommen. Und dann fürchtet Juckes eine Rückkehr zu alten Verhaltensweisen bei jenen Ländern, deren Währungen als Folge aufwerten werden. „Wenn die Fed scheitert, dürften Währungskriege folgen“, sagt Juckes.

Türken tauschen unaufhörlich Lira in Dollar

Sie sollten Dollar in Lira tauschen. Stattdessen tauscht die türkische Bevölkerung die Lira in Dollar, um ihr Geld in Sicherheit zu bringen. Präsident Erdogan hatte einen ganz anderen Plan. Doch kaum jemand will diesem Plan folgen.

Quelle: WELT / Sebastian Struwe

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Als Mittel der Wahl kommen dabei einerseits Devisenkäufe infrage. Die Notenbanken der jeweiligen Länder können in großem Stil ihre eigene Währung verkaufen und Dollar kaufen und auf diese Weise ihre Devise schwächen. Zum anderen können sie auch die Zinsen senken, da auch dies tendenziell schwächend auf die eigene Währung wirkt.

Gerade letzteres könnte dabei oft die bevorzugte Maßnahme sein. Denn derzeit droht ohnehin ein Zinssenkungswettlauf einzusetzen. So verringerte die australische Notenbank bereits in der vergangenen Woche überraschend ihren Leitzins und auch die Europäische Zentralbank hat zu erkennen gegeben, dass sie ihre Nullzinspolitik zumindest länger beibehalten wird als bisher erwartet.

Darüber hinaus könnten die Notenbanken aber auch wieder Anleihen aufkaufen und auf diese Weise ihre Währung zusätzlich schwächen.

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