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Wann Rache eine richtige Genugtuung sein kann

Rachegefühle zu unterdrücken, klappt meistens nicht. Besser ist es, sie in Maßen auszuleben und damit ein Gefühl der Gerechtigkeit wiederherzustellen. Rachegefühle zu unterdrücken, klappt meistens nicht. Besser ist es, sie in Maßen auszuleben und damit ein Gefühl der Gerechtigkeit wiederherzustellen.
Rachegefühle zu unterdrücken, klappt meistens nicht. Besser ist es, sie in Maßen auszuleben und damit ein Gefühl der Gerechtigkeit wiederherzustellen.
Quelle: dpa/Franziska Koark
Wie du mir, so ich dir: Rache gilt oft als niederträchtig. Dabei kann es durchaus gut tun sich zu rächen – behaupten jedenfalls Psychologen.

Gründe für Rache gibt es viele: Ein Kollege macht sich vor den anderen Mitarbeitern lustig über einen, der Chef übergeht einen bei der Beförderung oder man wird von einer guten Freundin belogen. „Rache ist süß“, heißt es dann oft. Tatsächlich sollte man seine Rachegedanken nicht immer sofort verschämt unterdrücken. Denn sie kann durchaus gut tun.

„Rache ist ein Phänomen, das im Alltag oft vorkommt“, berichtet Prof. Mario Gollwitzer von der Philipps-Universität Marburg aus seiner langjährigen Forschungserfahrung mit dem Thema. Dabei können mehrere Arten unterschieden werden. „Es gibt Rachefantasien und in die Realität umgesetzte Rache. Und natürlich gibt es Rache, die inakzeptabel ist und alles nur noch schlimmer macht. Aber es gibt auch Rache, die etwas bewirken kann.“ Wenn man aber immer nur von ihr träumt, kann sie niemals befriedigend sein, sagt Diplom-Psychologe Gollwitzer.

Studien bestätigen das, zum Beispiel von Wissenschaftlern um Arlene Stillwell von der State University New York. Die Forscher fanden unter anderem heraus, dass diejenigen, die keine Rache geübt hatten, mehr Wut empfanden als diejenigen, die sie ausgelebt haben.

Tatsächlich verbinden viele Menschen mit Rache nicht nur eine bestimmte Hoffnung. „Sie kann unter Umständen wirklich befriedigend sein“, sagt Gollwitzer. Warum? „Rache ist etwas sehr Funktionales. Damit kann man dem anderen zeigen: 'So kannst du mit mir nicht umgehen'.“ Man mache klar: „Ich bin keine Person, auf der man herumtrampeln kann. Rache ist nur dann befriedigend, wenn diese Botschaft bei dem anderen ankommt.“

Außerdem könne man so eine empfundene Ungerechtigkeit wieder ausgleichen. „Rache bezieht sich fast immer auf das Gefühl von Ungerechtigkeit“, so Gollwitzer. „Wer das Gefühl hat, von einer anderen Person unfair behandelt worden zu sein, möchte das rächen.“ Das bestätigt eine Studie von Wissenschaftlern der Universität von Calgary in Kanada: Bei einer Befragung von Susan Boon und ihren Kollegen gaben fast 47 Prozent „Gerechtigkeit“ als eines der Motive für Rache an.

Wer Rache übt, erreicht oft noch etwas anderes. Sie wird eingesetzt, um in einer bestimmten Beziehung wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Darauf weisen Stillwell und ihre Kollegen hin. Hatte man vorher noch das Gefühl, dem anderen unterlegen zu sein, kann man mit Rache möglicherweise beide Positionen aneinander angleichen.

Trotzdem ist Rache nicht immer die richtige Reaktion

„Oft schafft sie nur eine kurze Befriedigung, bringt auf Dauer aber nicht viel“, sagt Maria El-Safti-Jütte, Ehe-, Lebens-und Familienberaterin bei der Erziehungs-und Familienberatungsstelle der Caritas in Berlin. „Schließlich ist Rache an sich etwas sehr Spaltendes.“ Es sei zwar richtig, dass der andere signalisiert bekomme: 'Ich wehre mich'. „Insgeheim hoffen viele Menschen aber, dass der andere mit seinem verletzenden Verhalten aufhört.“

Gerade in Partnerschaften können Probleme selten mit Rache gelöst werden. „Wenn zum Beispiel der Partner fremd geht und man sich sagt, 'Das mache ich jetzt auch', kann man zwar vielleicht sein Selbstwertgefühl heben, schafft das eigentliche Problem aber nicht aus dem Weg.“ Eine Verletzung könne nicht geheilt werden, indem man jemand anderen verletze.

„Das ist ein sehr unguter Kreislauf, der eher im Krieg und Kampf miteinander endet, bei dem beide Seiten verlieren und bei dem die Liebe auf der Strecke bleibt“, sagt El-Safti-Jütte. „Je mehr man sich gegenseitig verletzt, desto schwerer wird es, auf den anderen wieder zuzugehen und eine Einigung zu finden.“ Deshalb rät die Expertin: „Statt Rache zu üben, ist es auf Dauer besser, das Gespräch oder nach anderen Möglichkeiten zu suchen, um das zugrundeliegende Problem zu lösen.“

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Auch Gollwitzer betont den dysfunktionalen Charakter, den Rache haben kann. „Sie kann Dinge verschlimmern“, bestätigt er. Außerdem gebe es natürlich Formen von Rache, die nicht akzeptabel sind, im schlimmsten Fall Gewalttaten oder Mord. „Auch bei Rache gibt es eine Grenze. Man muss das richtige Maß finden.“

Rachegedanken sollte dennoch niemand versuchen zu unterdrücken, sagt der Diplom-Psychologe. „Das klappt oft nicht, sie kommen häufig immer wieder.“ Besser sei, sich zu überlegen, was man mit der Rache genau erreichen will. Übertreibungen seien dabei nicht angebracht. „Verbreitet zum Beispiel ein Kollege Gerüchte, könnte man im Gegenzug auch Gerüchte verbreiten - über ihn.“ Denn das sei der Grundgedankebei Rache: jemandem das heimzuzahlen, was er einem angetan habe.

Weiterführende Informationen zum Thema im Internet:

Abstract der Studie „We're All Victims Here: Toward a Psychology of Revenge“

Abstract der Studie „Payback: The parameters of revenge in romantic relationships“

dpa/oc

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