WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Wissenschaft
  3. Weltraum
  4. Swarm-Mission: Die rätselhafte Abschwächung des Erdmagnetfeldes

Weltraum Swarm-Mission

Die rätselhafte Abschwächung des Erdmagnetfeldes

Zwei „Swarm“-Sonden fliegen parallel, um ein 3-D-Bild zu erzeugen. Die dritte stellt alle Daten in einen zeitlichen Zusammenhang Zwei „Swarm“-Sonden fliegen parallel, um ein 3-D-Bild zu erzeugen. Die dritte stellt alle Daten in einen zeitlichen Zusammenhang
Zwei „Swarm“-Sonden fliegen parallel, um ein 3-D-Bild zu erzeugen. Die dritte stellt alle Daten in einen zeitlichen Zusammenhang
Quelle: ESA/ATG Medialab
Das Magnetfeld der Erde entsteht tief in ihrem Kern: 3000 Kilometer unter der Oberfläche rotiert flüssiges Eisen. Fakt ist: Der Schutzschild nimmt ab. Nun klären drei Satelliten, warum das so ist.

Sollte es grüne Männchen auf dem Mars geben, dürften diese neidisch Richtung Erde blicken. Denn der Blaue Planet hat vieles, was der Rote nicht hat. Zwar hat der Mars auch einen Nordpol und einen Südpol, so wie die Erde. Doch dann ist auch schon Schluss mit den Gemeinsamkeiten. Polarlichter, wie sie auf der Erde in der Nähe beider Pole zu sehen sind, wird aber kein Marsmännchen je zu sehen bekommen.

Das ist nicht nur schade, sondern sogar gefährlich: Denn dass es auf dem Mars keine Polarlichter gibt, liegt daran, dass er kein Magnetfeld hat. Keine schützende, den Planeten umhüllende Schicht bremst die hochenergetischen Teilchen der Sonnenstrahlung und lenkt sie um zu den Polen. Die nahezu ungehinderte Sonnenstrahlung hat so in der Vergangenheit wahrscheinlich einen Großteil der Mars-Atmosphäre zerstört.

Möglicherweise führt uns unser Nachbarplanet damit die Zukunft der Erde vor Augen – denn ihr könnte es ähnlich ergehen, sagen Experten. „Die Rolle des Erdmagnetfeldes für das Leben auf diesem Planeten lässt sich gar nicht hoch genug einschätzen“, sagt Roger Haagmans von Europas Weltraumagentur Esa. „Das Erdmagnetfeld ist unsichtbar, aber es schützt uns sowohl vor den Partikeln des Sonnenwindes als auch vor der kosmischen Strahlung.“

Magnetfeld entsteht im Erdkern

„Das Magnetfeld der Erde entsteht im Erdkern“, erklärt Chris Finlay vom nationalen dänischen Weltrauminstitut DTU Space. Dort unten, 3000 Kilometer unter der Oberfläche, rotiert flüssiges Eisen. Diese Bewegungen erzeugen eine elektrische Strömung, die das Erdmagnetfeld entstehen lässt. Wie das Erdmagnetfeld entsteht, ist Wissenschaftlern also klar. Nicht verstanden ist aber sein derzeitiges Verhalten. Denn das Magnetfeld verändert sich – und keiner weiß so recht, warum. In den vergangenen 200 Jahren hat es sich um bis zu 15 Prozent abgeschwächt. „Was sich wirklich im äußeren Erdkern abspielt – das wollen wir mit dieser Mission herausfinden“, sagt Rune Floberghagen. Er ist der Missionsmanager von „Swarm“.

Mit diesem Projekt, das die Esa zusammen mit DTU Space entwickelt hat, soll die Veränderung des Magnetfelds erkundet werden. Am Freitagmittag war es so weit: Gleich drei baugleiche Raumsonden schickte die Esa als „Schwarm“ ins All. Sie starteten vom russischen Weltraumbahnhof Plessezk und nehmen derzeit ihre Beobachtungsposten in der Umlaufbahn ein.

Dabei sollen zwei Sonden jeweils auf polaren Umlaufbahnen nebeneinanderher fliegen. „Dieses Flugmanöver entspricht der menschlichen Sehweise“, so Eigil Friis-Christensen, der Chef-Wissenschaftler der Mission. „Zwei Augen erlauben uns, dreidimensional zu sehen.“ Die zwei Satelliten sollen also die Struktur und den Aufbau des Erdmagnetfeldes in 3-D erfassen.

Unklarer Schwächeanfall

„Ist Ihnen aber an vier Dimensionen gelegen, brauchen Sie einen dritten Satelliten“, sagt der Däne – und meint damit den Faktor Zeit. Denn ein weiteres Exemplar der „Swarm“-Baureihe wird auf einer äquatorialen Bahn die Erde umrunden und die von seinen Schwestersatelliten gemessenen Daten in einen zeitlichen Zusammenhang stellen. Die Forscher hoffen, so den derzeitigen Schwächeanfall des Erdmagnetfeldes dokumentieren zu können und hoffentlich auch die Ursachen dafür zu entdecken.

Doch die Abschwächung ist nur ein Rätsel des Erdmagnetfelds. Es gibt Beobachtungen, wonach sich der magnetische Nordpol täglich 15 Meter Richtung Sibirien bewegt, wie Eckard Settelmeyer, Direktor für Erdbeobachtung und Wissenschaft beim europäischen Raumfahrtkonzern EADS Astrium erklärt. „Das zeigt, dass derzeit mit dem Erdmagnetfeld etwas passiert, das wir beobachten sollten“, sagt er. Die drei „Swarm“-Satelliten sollen also mögliche Veränderungen des Erdmagnetfeldes, eventuelle Abschwächungen oder eine weitere Wandung des magnetischen Nordpols vier Jahre lang aufzeichnen.

Mars hatte auch mal ein Magnetfeld

Nicht wenige Forscher vergleichen die derzeitigen Veränderungen des Magnetfelds der Erde mit dem des Mars. Denn auch dort gab es einst ein Magnetfeld, das heute jedoch verschwunden ist. „Es gibt die Hypothese, dass seine Magnetosphäre vom Sonnenwind weggeweht worden ist“, sagt Yvon Menard, der Projektmanager von „Swarm“. Eine solche Entwicklung könnte sich mit dem Schutzschild der Erde wiederholen – wenngleich nicht bis zur letzten Konsequenz. Denn komplett ausfallen könnte das Erdmagnetfeld nur unter einer Bedingung: wenn der Dynamo im Erdinnern zum völligen Stillstand käme.

Das Magnetfeld des Mars aber hatte wohl einen andere Geschichte. Da er in seinem Innern wahrscheinlich über keinen festen Kern verfügt, konnten sich dort auch nicht feste und flüssige Bestandteile aneinander reiben. Diese Reibung aber wird als eine der Ursachen für das Entstehen des Erdmagnetfeldes angesehen. Forscher vermuten daher, dass beim Mars der Zerfall radioaktiver Elemente im Innern des Planeten eine Zeit lang ein Magnetfeld aufrechterhalten konnte. Irgendwann vor einer halben bis vier Milliarden Jahren jedoch verlor der Rote Planet sein Magnetfeld und wurde zum toten Planeten. Der Erde droht ein solches Ende zwar nicht – doch die Veränderungen zu verstehen, ist wichtig. „Swarm“ soll dabei helfen.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema