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Bildungsstätte Bredbeck Mini-Kraftwerk wird zum Minusgeschäft

Das Blockheizkraftwerk der Bildungsstätte Bredbeck wandelt Gas in Strom und Wärme um. Seit der Energiekrise rechnet sich der Betrieb nicht mehr. Doch Umstieg oder Ausstieg sind schwieriger als gedacht.
12.11.2022, 05:00 Uhr
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Mini-Kraftwerk wird zum Minusgeschäft
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Mit ihrem Blockheizkraftwerk (BHKW) ist die Bildungsstätte Bredbeck über zehn Jahre lang gut gefahren, doch inzwischen ist das Mini-Kraftwerk im Heizungskeller des Seminarhauses zum Klotz am Bein geworden. Ihren Wirtschaftsplan wird die Landkreis-Einrichtung in nächster Zeit nun nicht mehr ausgleichen können – es sei denn, der Landkreis erhöht seinen jährlichen Betriebskostenzuschuss. Genau dies soll die Kreisverwaltung nach dem Willen des Werksausschusses nun wohlwollend prüfen.

Die jüngste Anhebung der Landkreis-Hilfen von 240.000 auf 270.000 Euro liegt für den Eigenbetrieb inzwischen mehr als zwölf Jahre zurück. Seither konnte Bredbeck alle Teuerungen ohne weitere Landkreis-Hilfe auffangen. Doch damit ist es nun vorbei, und zwar schlagartig. Wegen der Energiekrise.

Aus Gas werden Wärme und Strom

Aus Erdgas produziert das BHKW jährlich rund 185.000 Kilowattstunden Strom für den Eigenbedarf und erzeugt obendrein noch Wärme für einige Bettenhäuser und Seminarräume. Bredbeck-Leiterin Kirsten Dallmann sagt, vor nicht allzu langer Zeit war das eine wirtschaftliche Sache – zumal sich mit der Netzeinspeisung überschüssigen Stroms auch Einnahmen generieren ließen. Zwar steigen nun auch diese Verkaufserlöse, doch im Bredbeck-Haushalt 2023 hinterlässt der Energie-Einkauf tiefe Spuren.

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"In früheren Jahren haben wir Gas manchmal für vier Cent pro Kilowattstunde einkaufen können", erinnert sich Dallmanns Stellvertreter Jens Engel. Ab kommendem Jahr werden es 22,538 Cent sein, und 2024 dann 15,469 Cent. Für die Kilowattstunde Strom wird zunächst mit 68,5 Cent kalkuliert. Das ist das Ergebnis der Ausschreibung, die der Landkreis Osterholz für seine Liegenschaften und Eigenbetriebe inzwischen abgeschlossen hat.

Örtlicher Anbieter ausgebootet

Den Zuschlag als günstigster Energielieferant ab 2023 haben dieses Mal für zwei Jahre die Stadtwerke Verden erhalten. Ein Umstand, der bei den Osterholzer Kreispolitikern jetzt für Stirnrunzeln sorgte; doch der Gesetzgeber untersagt den Kreisen und Kommunen eine freihändige Auftragsvergabe, um einen möglichen Mauscheleiverdacht gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Bei den Ausschreibungen, die seit 2010 alle zwei Jahre erfolgen, hatten jeweils die Osterholzer Stadtwerke (OSW) beim Strom das beste Angebot gemacht; beim Gas wechselten sich die Stadtwerke mit dem Oldenburger Versorger EWE ab, momentan ist der Landkreis OSW-Kunde

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CDU-Sprecher Rainer Sekunde regte an, mit OSW oder EWE mal über ein Joint Venture zu verhandeln, um das Geschäft der Daseinsvorsorge stärker in kreiseigener Hand zu behalten. In Lilienthal habe sich die Gemeinde mit dem Diakonie-Quartier auch bereits auf den Weg gemacht.

"Ein spannender Ansatz", nickte Björn Herrmann (SPD) und auch Finanzdezernent Cord Heinrich Kröger sprach von einer sinnvollen Überlegung. Eine Beteiligung der Privatwirtschaft würde allerdings ein neues Konstrukt erfordern. Je nach Rechtsform ließen sich neue Produktionsanlagen und Energie-Contracting darin bündeln. Die nähere Zukunft, räumte Rainer Sekunde ein, sehe nicht rosig aus: "Wir müssen diese Krise jetzt einfach überstehen."

Kosten verdreifacht

Das bedeutet: Zusammen mit Strom und Wasser klettert der Aufwand für die Bredbecker Grundstücks- und Raumkosten von bisher 45.000 Euro auf voraussichtlich mehr als 157.000 Euro im kommenden Jahr. Falls der Winter mild wird oder die öffentliche Hand vom Gaspreisdeckel profitiert, dürfte die Sache günstiger ausfallen; auch das Land könne vielleicht helfen, hieß es.

Auf der anderen Seite ist in dieser Summe bereits eine zehnprozentige Senkung des Verbrauchs enthalten. Denn die Bildungsstätte, die im Mai mit der Rückkehr zur Normalität begann, hat laut Dallmann etliche Energiesparmaßnahmen ergriffen: Neben der Absenkung der Raumtemperatur und dem Einbau weiterer LED-Lampen wurde die Nachtbeleuchtung reduziert und die nächtliche Vorheizung des Warmwassers abgeschaltet. In jedem Gruppenraum hängt nun ein Thermometer; die Duschen erhielten neue Duschköpfe, an etlichen Handwaschbecken gibt es nur noch kaltes Wasser und die Heizkörper haben Thermostatventile.

Abschaltung wäre noch teurer

Für den BHKW-Betrieb, mit dem der Bildungsstätte bislang jährliche Energiekosten von 20.000 Euro erspart blieben, enden im März die KFW-Förderung sowie die Vollwartung, sodass Jens Engel auch eine Abschaltung durchgerechnet hat, um sie aber letztlich zu verwerfen. Denn die Anlage hat sich zwar rechnerisch bereits amortisiert, aber der damals aufgenommene Kredit ist noch nicht vollständig zurückbezahlt: "Da ist leider noch viel Restschuld rauf, sodass wir die Anlage wohl noch fünf weitere Jahre betreiben müssen."

Bereits im August waren zudem die Seminargebühren auf breiter Front um fast zehn Prozent erhöht worden. Einen Sprung in dieser Größenordnung gab es in der 46-jährigen Geschichte des Hauses noch nicht, wie Kirsten Dallmann bemerkte. Kopfzerbrechen bereitet der Hausleitung – neben steigenden Ausgaben für Lebensmittel und Personal – aktuell auch ein Wasserschaden in Haus 3. Noch sträube sich die Gebäudeversicherung, die Kosten von rund 30.000 Euro zu übernehmen. Engel rechnet daher fürs laufende Jahr bestenfalls mit einer schwarzen Null. Nach den hohen Defiziten des ersten Quartals wäre das schon ein Erfolg.

Zur Sache

Neubau, Solarstrom und ein Umbau

Angesichts der roten Zahlen sind Zukunftsinvestitionen nach Einschätzung des Bredbeck-Ausschusses umso wichtiger. Der Rahmen für Liquiditätskredite wurde jetzt bereits vorsorglich erhöht; im Zweifel springt der Landkreis ein. Denn, so die Bilanz des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Björn Herrmann (SPD): "Das Haus ist ausgereizt."

Zunächst soll nächstes Jahr auf dem Jugendgästeareal ein Übernachtungshaus mit 20 Betten errichtet werden. Der 900.000-Euro-Neubau soll, wie berichtet, mithilfe von Landesförderung, Rücklage und Investitionskredit gestemmt werden. Weitere 15.000 Euro sind für die Modernisierungsplanung von Haus 3 vorgesehen, das sich ebenfalls auf dem Jugendgästeareal befindet. Es verfügt über 22 Betten und wurde vor einiger Zeit mit Fördermitteln hergerichtet. Abriss und Neubau kommen daher laut Hausleitung nicht in Betracht. Nach dem Umbau, bisher hinterlegt mit 160.000 Euro ab 2024, - soll das Bestandsgebäude 16 oder 17 Schlafplätze bleiben.

Bereits vorher sind nun zusätzlich 100.000 Euro für Fotovoltaik-Anlagen auf den Dächern des geplanten Neubaus und des Seminarraums nebenan vorgesehen, jeweils mit Wärmepumpen sowie einem Pufferspeicher. Auch damit werde Bredbeck nachhaltig gesichert, erklärte Herrmann.

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