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Das „Schwarze Brett“ - Kolbenschmidt Pierburg AG

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Six Sigma optimiert<br />

Globale Märkte erfordern schnelle, hochflexible<br />

und anpassungsfähige Veränderungsprozesse –<br />

zur Erhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Seit Anfang 2005 hat sich bei der KS <strong>Kolbenschmidt</strong><br />

GmbH im Rahmen der kontinuierlichen Verbesserungssysteme<br />

ein weiterer Baustein hinzugesellt: Six Sigma. Aufbauend auf den<br />

zielorientierten und strukturierten Verbesserungsprozessen in<br />

den klassischen Problemfeldern Qualität, Kostenmanagement<br />

und Prozessoptimierung, soll mit Six Sigma ein stringentes Projektmanagement<br />

verfolgt werden (Details finden Sie auf Seite 7).<br />

Hauptversammlung: Lob für eine prima Performance<br />

Rheinmetall bleibt auf<br />

positivem Ertragspfad<br />

pr/rds Berlin/Düsseldorf. Der Rheinmetall-Konzern ist mit einer deutlichen Verbesserung<br />

der Ergebnisrendite in das Geschäftsjahr 2005 gestartet und bleibt – nach<br />

der Konzentration auf die beiden Kernaktivitäten Automotive und Defence – auf einem<br />

nachhaltig positiven Ertragspfad, der durch renditeorientiertes Wachstum gekennzeichnet<br />

ist. Wie Vorstandschef Klaus Eberhardt am 10. Mai 2005 auf der<br />

Hauptversammlung der Rheinmetall <strong>AG</strong> in Berlin erläuterte, erzielte der Konzern im<br />

ersten Quartal dieses Jahres ein Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern (EBIT) von<br />

33 Millionen € und steigerte bei einem – infolge von Desinvestitionen – verminderten<br />

Geschäftsvolumen die EBIT-Rendite von 3,9 Prozent auf 4,4 Prozent. Durch<br />

ein um sechs Millionen € verbessertes Zinsergebnis liegt das Vorsteuerergebnis<br />

(EBT) mit 21 Millionen € deutlich über dem Vorjahreswert von 14 Millionen €.<br />

Im Schwerpunkt wurde die Ergebnissteigerung<br />

durch die verbesserte Ertragskraft<br />

im Unternehmensbereich Defence<br />

(Rheinmetall DeTec) erreicht, der<br />

das Quartals-EBIT um elf Millionen €<br />

von minus zehn Millionen € auf eine<br />

Million € gesteigert hat. Der Bereich Automotive<br />

(<strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong>) erwirtschaftete<br />

im ersten Quartal 2005 ein<br />

EBIT von 32 Millionen € und liegt damit<br />

operativ auf dem hohen Vorjahresniveau.<br />

Im entsprechenden Vorjahresergebnis<br />

war mit neun<br />

Millionen € der Ertrag<br />

aus dem Verkauf<br />

der restlichen<br />

Anteile der <strong>Pierburg</strong><br />

Instruments GmbH<br />

enthalten.<br />

Von Januar bis<br />

März 2005 erwirtschaftete Rheinmetall<br />

einen Konzernumsatz von 756 Millionen<br />

€. Aufgrund der Änderungen im<br />

Konsolidierungskreis ist der entsprechende<br />

Vorjahresumsatz (Vorjahr: 821<br />

Mio €) nicht vergleichbar. Bereinigt um<br />

Änderungen im Konsolidierungskreis<br />

und Wechselkurseffekte erreicht Rheinmetall<br />

ein solides organisches Wachstum<br />

von drei Prozent.<br />

Die Zeitung des Rheinmetall-Konzerns 3/2005<br />

Kräftiger ist der Anstieg beim Auftragseingang<br />

ausgefallen. Bei den Kundenaufträgen<br />

verzeichnet Rheinmetall<br />

im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von<br />

14 Prozent auf 1,003 Milliarden € im<br />

Berichtsquartal. Zu dieser positiven<br />

Entwicklung haben vor allem strategisch<br />

wichtige Auftragserfolge im Defence-Bereich<br />

beigetragen.<br />

Trotz des schwierigeren Marktumfeldes<br />

hat der Unternehmensbereich Automotive<br />

im ersten Quartal 2005 seinen<br />

Umsatz mit<br />

492 Millionen €<br />

auf dem hohen Niveau<br />

des Vorjahresquartals<br />

gehalten.<br />

Rückläufige Volumen<br />

in einzelnen<br />

Märkten konnte<br />

<strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong> mit Serienanläufen<br />

(z.B. der weltweit ersten elektrischen<br />

Kühlmittelpumpe) sowie durch<br />

höhere Kundenabrufe bei Dieselkolben<br />

und bei Aluminium-Motorblöcken für<br />

europäische Premium-Hersteller ausgleichen.<br />

Im abrechnungsbedingt schwachen<br />

ersten Quartal steigerte Rheinmetall<br />

(Fortsetzung auf Seite 2)<br />

50 Jahre Bundeswehr<br />

Der 12. November 1955 ist die offizielle Geburtsstunde<br />

der Bundeswehr, deren Entwicklung – heute<br />

mehr denn je – einem permanenten Prozess des<br />

Wandels gleicht. Und auf diesem Weg hat Rheinmetall sie in den<br />

vergangenen fünf Jahrzehnten als verlässlicher Partner auf dem<br />

Gebiet der Ausrüstung stets begleitet. Mit der Konsequenz, dass<br />

die veränderten Aufgaben und Rahmenbedingungen der Bundeswehr<br />

auch ihre Auswirkungen auf die Arbeitsgebiete und Strukturen<br />

des Düsseldorfer Wehrtechnik-Unternehmens hatten. Hintergründe<br />

finden Sie im „Profil“-Sonderteil auf den Seiten 9 bis 16.<br />

IAA-PRÄSENTATION: Der Auftritt der <strong>Kolbenschmidt</strong>-<strong>Pierburg</strong>-Firmengruppe auf der diesjährigen Internationalen Automobil-Ausstellung<br />

in Frankfurt am Main (15. – 25. September 2005) stellt die technische Kompetenz und Innovationskraft des Unternehmens<br />

heraus. Dieser Absicht entspricht natürlich auch der Messestand, der in seiner Gesamterscheinung mit zwei übergroßen<br />

Kolben ein technikorientiertes Outfit und einen einladenden Charakter erhalten wird (mehr zum Thema auf „Profil“-Seite 4).<br />

Jagd-Leidenschaft<br />

Die Liebe zur Jagd ist Hans Hubert Broich wahrscheinlich<br />

schon von seinen Eltern unbewusst in<br />

die Wiege gelegt worden. Denn als sie ihrem Filius<br />

den Namen gaben, wussten sie noch nichts von seiner späteren<br />

Passion. Hubertus ist der Schutzpatron der Jäger, die im Leben<br />

des 53-jährigen Abteilungsleiters Vertrieb Fabriken Ersatz<br />

VL1 immer schon eine große Rolle gespielt haben. Bereits als<br />

kleiner Junge hatte Broich viel Zeit auf dem Bauernhof der Großeltern<br />

im linksrheinischen Münchrath verbracht: „Ich war der<br />

Natur immer etwas näher als ein Städter.“ (Portrait auf Seite 23).<br />

NEC: Die Open Community leistet einen wirksamen Beitrag zum Transformationsprozess der Streitkräfte,<br />

der vor allem eine durchgehende Vernetzung vorhandener wie neuer Fähigkeiten erfordert – gezeigt in<br />

diesem Composing, das die koordinierte Bekämpfung eines mit Terroristen besetzten Flugzeugs darstellt.<br />

Internationale Unternehmen – darunter RDE – vernetzen ihre Kompetenzen<br />

Open Community für Bundeswehr<br />

oho Düsseldorf. Mit der Interessengemeinschaft<br />

„Open Community“ hat eine<br />

Reihe führender deutscher Technologieunternehmen<br />

eine wegweisende Initiative<br />

gestartet, die offene Standards für<br />

militärische Systemarchitekturen ermöglichen<br />

soll. Die Bundeswehr und<br />

andere Streitkräfte sollen von leistungsfähigen<br />

technischen Lösungen profitieren,<br />

die auf gemeinsamen Standards<br />

basieren und daher netzwerkfähig sind.<br />

Atos Origin, Diehl BGT Defence, CO-<br />

NET, CSC Ploenzke, ESG, IBM Deutschland,<br />

Rheinmetall Defence Electronics,<br />

Thales Defence Deutschland und Unilog<br />

Systems sind die Gründer der Open<br />

Community. Die beteiligten Firmen ver-<br />

pflichten sich, auf Basis anerkannter,<br />

offener ziviler und militärischer Standards<br />

in einem firmenübergreifenden<br />

Ansatz Interoperabilität zum Nutzen<br />

der Bundeswehr zu realisieren.<br />

Der Transformationsprozess der<br />

Streitkräfte – nicht nur der Bundeswehr<br />

– erfordert eine durchgehende<br />

plattform-, teilstreitkraft- und länderübergreifende<br />

Vernetzung vorhandener<br />

oder neu zu schaffender Fähigkeiten<br />

(NEC = Network Enabled Capabilities).<br />

Dies gilt vom Sensor über ein verbindendes<br />

Element der Führungsunterstützung<br />

bis hin zu den Wirksystemen.<br />

Die an Open Community beteiligten<br />

Unternehmen sehen ihre Initiative als<br />

Schutz gilt den<br />

Mitarbeiterdaten<br />

hs Düsseldorf. „Der Schutz der<br />

Mitarbeiterdaten hat erste Priorität!“,<br />

so definiert Dr. Klaus Pottmeyer<br />

seine Hauptaufgabe als Datenschutzbeauftragter<br />

der Rheinmetall<br />

<strong>AG</strong>. Bereits seit April 1993 in<br />

diesem Aufgabengebiet in der<br />

Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong> tätig und von<br />

Mai 2004 an in gleicher Funktion<br />

für die Konzern-Holding und die anderen<br />

Rheinmetall-Gesellschaften<br />

am Standort Düsseldorf im Amt,<br />

trägt der gebürtige Essener dazu<br />

bei, dass sensible Daten nicht in<br />

falsche Hände gelangen. <strong>Das</strong> „Profil“<br />

sprach mit dem 49-jährigen Juristen<br />

– das Interview finden Sie<br />

auf den „Profil“-Seiten 18 + 19.<br />

wirksamen Beitrag der industriellen<br />

Seite, die Neuausrichtung der Bundeswehr<br />

durch geeignete Netzwerk-Lösungen<br />

zu unterstützen. Denn der Ansatz,<br />

militärische Einsätze teilstreitkraftübergreifend<br />

(Joint) und in Koalitionen<br />

durchzuführen (Combined), bedarf<br />

auch industriell einer engeren Abstimmung<br />

zwischen den Unternehmen und<br />

ihren Systemen.<br />

Open Community nutzt die Erfahrungen<br />

und das Know-how der Mitglieder<br />

zur komplexen Systemintegration und<br />

stellt damit sicher, dass die unterschiedlichen<br />

Forderungen und Bedürfnisse<br />

der Streitkräfte harmonisiert werden<br />

(siehe auch „Profil“-Seiten 6 + 7).<br />

Großauftrag über<br />

Panzermunition<br />

oho Düsseldorf. Rheinmetall hat<br />

jetzt einen Auftrag über Panzermunition<br />

für die Bundeswehr im Wert<br />

von rund 30 Millionen € erhalten.<br />

Mit Blick auf Auslandseinsätze<br />

der Bundeswehr schließt das Heer<br />

mit dieser auf der Wolfram-Technologie<br />

basierenden neu entwickelten<br />

Munition des Typs DM 63<br />

eine Fähigkeitslücke. Dank eines<br />

neuen Antriebs kann diese Wuchtmunition<br />

nicht nur in der jüngsten<br />

kampfwertgesteigerten Variante<br />

des Leopard-Panzers verwendet<br />

werden, sondern erweitert das<br />

Einsatzspektrum aller 350 verbliebenenLeopard-2-Kampffahrzeuge<br />

der Bundeswehr.<br />

Composing: Thorsten Ohmes/RDE


Seite 2 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

Erfolgreich gewirtschaftet – diese Botschaft zog sich wie ein roter Faden durch die Hauptversammlung der Rheinmetall <strong>AG</strong> und wurde von den rund 350 Aktionären und Aktionärsvertretern mit viel Lob bedacht.<br />

Hauptversammlung der Rheinmetall <strong>AG</strong> in Berlin: Lob für prima Performance<br />

Konzern bleibt auf dem Ertragspfad<br />

(Fortsetzung von Seite 1)<br />

DeTec den Umsatz um sieben Prozent<br />

auf 261 Millionen €. Der Auftragseingang<br />

der Rheinmetall-DeTec-Gruppe<br />

übertraf mit 490 Millionen € den entsprechenden<br />

Vorjahreswert um 63 Prozent.<br />

Zu dieser Steigerung haben im<br />

Wesentlichen bedeutende Großaufträge<br />

aus dem Ausland beigetragen, darunter<br />

– wie berichtet – die Bestellung<br />

von 32 ABC-Spürpanzern Fuchs aus<br />

den Vereinigten Arabischen Emiraten<br />

(„<strong>Das</strong> Profil“ 1/2005), der Vorserienauftrag<br />

für den neuen Schützenpanzer<br />

Puma und der Auftragseingang für die<br />

simulatorgestützte Ausbildung der Piloten<br />

des neuen Mehrzweckhubschraubers<br />

NH90.<br />

Gestützt auf die positive Geschäftsentwicklung<br />

im ersten Quartal 2005<br />

hält Rheinmetall laut Konzernchef<br />

Eberhardt trotz der eher verhaltenen<br />

konjunkturellen Entwicklung an den<br />

Zielen für 2005 fest. Rheinmetall geht<br />

für das Gesamtjahr 2005 von der Fortsetzung<br />

des organischen Wachstums<br />

und einer Steigerung beim Auftragseingang<br />

aus. Vor diesem Hintergrund<br />

plant das Düsseldorfer Unternehmen<br />

eine weitere Verbesserung der Konzernergebnisse<br />

gegenüber dem Vorjahr.<br />

Eberhardt: „Die Ergebnisse des ersten<br />

Quartals zeigen Rheinmetall weiter<br />

auf dem Weg des profitablen Wachstums.<br />

Der gute Jahresanfang stimmt<br />

uns positiv, dass wir bei einigermaßen<br />

stabilen Konjunkturverhältnissen diesen<br />

Kurs fortsetzen können und unsere<br />

Ziele für dieses Jahr erreichen.“<br />

Jede Menge Lob und Anerkennung<br />

aus dem Kreis der rund 350 im Berliner<br />

Hotel Maritim proArte anwesenden Ak-<br />

oho Heilbronn/Schwanenstadt. Mit<br />

gezielten Akquisitionen setzt der<br />

Rheinmetall-Konzern die Strategie des<br />

profitablen Wachstums weiter um. Mit<br />

dem Einstieg bei der AIM Infrarot-Module<br />

GmbH (Heilbronn), die künftig als<br />

Gemeinschaftsunternehmen mit dem<br />

bisherigen Gesellschafter Diehl geführt<br />

wird, und durch die Übernahme<br />

des Mittelkaliber-Spezialisten Arges<br />

m.b.H. in Schwanenstadt (Österreich)<br />

vollzieht das Düsseldorfer Unternehmen<br />

einen weiteren strategischen<br />

Schritt der Internationalisierung sowie<br />

der Komplettierung des Produktportfolios<br />

und baut seine Position als führendes<br />

Systemhaus der Heerestechnik<br />

aus. Beide Akquisitionen stehen noch<br />

unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen<br />

Genehmigung.<br />

Mit dem Kauf von 50 Prozent der Gesellschaftsanteile<br />

der AIM Infrarot-Mo-<br />

tionäre und Aktionärsvertreter erntete<br />

der Rheinmetall-Vorstand für die hervorragende<br />

unternehmerische Performance<br />

im Geschäftsjahr 2004, in dem<br />

man kräftige Steigerungen bei Ergebnis-<br />

und Kapitalrenditen erreichte, und<br />

gleichzeitig der 2000 eingeleitete Konzernumbau<br />

abgeschlossen wurde.<br />

Zur Erinnerung: Wie bereits berichtet,<br />

konnte das Düsseldorfer Unternehmen<br />

das Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern<br />

(EBIT) von 204 Millionen € auf 217<br />

Millionen € steigern – bei einem Umsatz<br />

von „nur noch“ 3,413 Milliarden €<br />

(2003: 4,248 Mrd. €). Deutlich erhöht<br />

wurde auch die EBIT-Rendite, die sich<br />

von 4,8 Prozent auf 6,4 Prozent verbesserte.<br />

Die Gesamtkapitalrendite (ROCE)<br />

wurde ein Jahr früher als erwartet an die<br />

Zielgröße von 15 Prozent herangeführt;<br />

im vergangenen Geschäftsjahr lag sie<br />

bei 14,9 Prozent (Vorjahr: 12,3%). <strong>Das</strong><br />

Zinsergebnis wurde um 13 Millionen €<br />

auf 71 Millionen € verbessert. <strong>Das</strong> Ergebnis<br />

vor Steuern lag bei 146 Millionen<br />

€ und damit um 22 Prozent über<br />

dem Vorjahreswert. Der Jahresüberschuss<br />

stieg aufgrund der niedrigeren<br />

Steuerquote sogar um annähernd 50<br />

Prozent auf 101 Millionen €. Auch die<br />

Bilanzqualität wurde weiter signifikant<br />

verbessert: Die Netto-Finanzverbindlichkeiten<br />

reduzierten sich um 76 Millionen<br />

€ auf 154 Millionen €. Die Eigenkapitalquote<br />

steig um vier Prozentpunkte<br />

auf 25 Prozent. <strong>Das</strong> Gearing<br />

(Netto-Finanzverbindlichkeiten in Relation<br />

zum Eigenkapital) sank von 31 Prozent<br />

in 2003 auf nunmehr 20 Prozent.<br />

Auf entsprechende Fragen aus Aktionärskreisen<br />

– darunter Thomas Hechtfischer<br />

von der Deutschen Schutzgemeinschaft<br />

für Wertpapierbesitz (DSW/<br />

dule GmbH, die sich bislang im Besitz<br />

der EHG Elektroholding GmbH (DaimlerChrysler<br />

<strong>AG</strong>) befanden, durch die<br />

Rheinmetall Defence Electronics<br />

GmbH (Bremen) ergänzt Rheinmetall<br />

sein Kompetenzspektrum um einen<br />

hoch spezialisierten Hightech-Bereich.<br />

Die zur Diehl-Gruppe gehörige<br />

BGT Defence GmbH & Co. KG (Diehl<br />

Stiftung & Co.) hält unverändert 50<br />

Prozent der Anteile.<br />

AIM ist einer der bedeutendsten Hersteller<br />

von Sensoren für Infrarotsysteme.<br />

<strong>Das</strong> Unternehmen hat mit Hochleistungs-Infrarotsensoren<br />

weltweit eine<br />

führende Marktposition, unter anderem<br />

auch als Zulieferer von Diehl<br />

und Rheinmetall. Mit rund 300 Mitarbeitern<br />

erwirtschaftete die AIM bei stetig<br />

steigendem Marktvolumen in 2004<br />

einen Jahresumsatz von rund 47 Millionen<br />

€. Auch im für europäische Unter-<br />

Düsseldorf) und Lars Labriga von der<br />

Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger<br />

(SdK/München) – legte Eberhardt erneut<br />

ein „klares Bekenntnis“ zur Zwei-<br />

Säulen-Strategie des Düsseldorfer Unternehmens<br />

ab: „Wir gehen davon aus,<br />

dass wir die Entwicklung des Konzerns<br />

mit seinen beiden Unternehmensbereichen<br />

Automotive und Defence auch<br />

in Zukunft erfolgreich vorantreiben<br />

können.“<br />

Die in 2004 erreichte Zielstruktur mache,<br />

so der Rheinmetall-Konzernchef<br />

weiter, auch vor dem Hintergrund der<br />

Risikodiversifizierung Sinn: „Wir sind<br />

froh, diese beiden Säulen zu haben:<br />

Sie sind tragfähig, trotz des immensen<br />

Wissenstransfers zwischen beiden<br />

Sparten nicht unmittelbar miteinander<br />

verkoppelt und dazu konjunkturzyklisch<br />

unabhängig voneinander.“<br />

Gleichzeitig bekräftigte Eberhardt<br />

den unlängst auch anlässlich der diesjährigen<br />

Bilanzpressekonferenz skizzierten<br />

Anspruch auf eine führende<br />

Rolle bei der Konsolidierung der europäischen<br />

Heerestechnik-Industrie:<br />

„Wir wollen hier einen pro-aktiven Part<br />

spielen, zumal wir bisher schon viel auf<br />

diesem Sektor getan haben. Wir sehen<br />

uns deshalb in einer Pole-Position bei<br />

der anstehenden Konsolidierung der<br />

nationalen wie auch der europäischen<br />

Heerestechnik.“<br />

Ein eindeutiges Votum gab es erneut<br />

beim Stichwort Dividende: Aus dem Bilanzgewinn<br />

der Rheinmetall <strong>AG</strong> von<br />

knapp 27,252 Millionen € für das Geschäftsjahr<br />

werden je Stammaktie 0,74<br />

€ und je Vorzugsaktie 0,80 € ausgeschüttet;<br />

dies kommt einer Erhöhung<br />

von jeweils 0,10 € gegenüber 2003<br />

gleich (siehe auch „Profil“-Seite 17).<br />

nehmen schwer zugänglichen US-<br />

Markt ist das Unternehmen mit hochwertigen<br />

Produkten erfolgreich.<br />

Diehl und Rheinmetall, die in mehreren<br />

Bereichen erfolgreiche Kooperationen<br />

betreiben, bewerten die neue<br />

Konstellation als einen weiteren wirksamen<br />

Beitrag zur Konsolidierung der<br />

nationalen Wehrtechnik. Hochwertige<br />

Gezielter Einstieg in Hightech-Firmen<br />

Ressourcen der Verteidigungsindustrie<br />

bleiben auch künftig in deutscher<br />

Hand.<br />

Mit der Übernahme der Arges<br />

m.b.H. setzt sich Rheinmetall frühzeitig<br />

an die Spitze in einem immer<br />

schneller wachsenden Markt für Mittelkaliberprodukte.<br />

Arges verfügt als<br />

Hersteller einer technologisch hoch<br />

entwickelten 40mm-Munitionsfamilie<br />

über eine hervorragende Marktstellung<br />

im Hinblick auf den künftigen<br />

Bedarf der Nato-Streitkräfte.<br />

Zuversichtlich: Rheinmetall-Vorstandschef Klaus Eberhardt auf der Hauptversammlung<br />

des Konzerns am 10. Mai dieses Jahres im Berliner Hotel Maritim proArte.<br />

Standortsicherung<br />

steht im Fokus<br />

dp Mühlheim.<br />

Interessenvertretung:<br />

Vor wenigen<br />

Wochen<br />

trafen sich die<br />

Vertreter von<br />

mehr als 40 Unternehmen<br />

zur<br />

Gründungsveranstaltung der „Gesellschaft<br />

der sicherheits- und wehrtechnischen<br />

Wirtschaft in Nordrhein-<br />

Westfalen e.V.“ (GSW-NRW) in der<br />

Staatskanzlei des Landes in Düsseldorf.<br />

Zentrale Aufgabe der Gesellschaft<br />

ist die Förderung gemeinschaftlicher<br />

Interessen der Mitglieder<br />

gegenüber Staat, Politik, Gesellschaft,<br />

Wirtschaft, Wissenschaft und<br />

Forschung sowie deren Vertretung<br />

gegenüber nationalen und internationalen<br />

Organisationen und Einrichtungen.<br />

Vorsitzender der GSW-NRW<br />

ist Ulrich Aderhold, Geschäftsführer<br />

der CAE Elektronik GmbH (Stolberg).<br />

Nordrhein-Westfalen ist in der Tat<br />

ein wichtiger Standort für eine leistungsfähige<br />

sicherheits- und wehrtechnische<br />

Wirtschaft – diese Bewertung<br />

belegt allein ein Blick in die Statistik.<br />

So hat das Bundesamt für<br />

Wehrtechnik und Beschaffung beispielsweise<br />

im Jahr 2003 mit rund 29<br />

Prozent die meisten Inlandsaufträge<br />

an Unternehmen im bevölkerungsreichsten<br />

Bundesland vergeben. Immerhin<br />

hatten diese Order einen<br />

Wert von 235 Millionen €.<br />

Herausgeber: Rheinmetall <strong>AG</strong><br />

Verantwortlich: Peter Rücker<br />

Chefredaktion: Rolf D. Schneider<br />

Anschrift: Redaktion „<strong>Das</strong> Profil“<br />

Postfach 104261, 40033 Düsseldorf<br />

das.profil@rheinmetall-ag.com<br />

Detlef Moog, Vorstandsmitglied der<br />

Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong> und einer der<br />

vier stellvertretenden Vorsitzenden<br />

der GSW-NRW, skizziert deren Hauptziele:<br />

„Im Mittelpunkt unserer Arbeit<br />

stehen die Standortsicherung der<br />

wehr- sowie sicherheitstechnischen<br />

Wirtschaft, die Öffnung von Märkten<br />

im Bereich der Sicherheitstechnik und<br />

-forschung sowie der Wehr- und Verteidigungsindustrie<br />

für Unternehmen<br />

mit Sitz in NRW, die Intensivierung der<br />

Zusammenarbeit und des Erfahrungsaustausches<br />

aller Mitglieder sowie<br />

Förderung der nationalen, europäischen<br />

und internationalen Kooperationsfähigkeit.“<br />

Darüber hinaus werde<br />

man, so Moog weiter, aktiv an landes-,<br />

bundes- sowie insbesondere europäischen<br />

Förderprogrammen teilhaben –<br />

so zum Beispiel am zukünftigen 7. EU-<br />

Forschungsrahmenprogramm, bei<br />

dem das Themenfeld Sicherheit eine<br />

exponierte Stellung innehat.<br />

Zum weiteren Aufgabenspektrum<br />

der neu gegründeten Interessenvertretung<br />

zählen die qualifizierte Beratung<br />

über die Förderungsmöglichkeiten<br />

durch die EU sowie die Bundes- bzw.<br />

Landesregierung, die Herstellung der<br />

Wettbewerbsgleichheit bei europaweiten<br />

und nationalen Ausschreibungen<br />

sowie die Harmonisierung der<br />

Exportbestimmungen für wehr- und<br />

sicherheitstechnisches Gerät und<br />

Dienstleistungen innerhalb der Europäischen<br />

Union. Moog: „Mit der in<br />

Mühlheim ansässigen Gesellschaft<br />

wird es zukünftig einen Ansprechpartner<br />

geben, der diesem wichtigen<br />

Industriezweig Gehör verschafft.“<br />

Drucktermin dieser Ausgabe: 11. Juli 2005<br />

Nachdruck gestattet, Belegexemplar erbeten.<br />

Satz: Strack + Storch KG<br />

Gladbacher Straße 15<br />

40219 Düsseldorf<br />

Druck: DAMO Digitaltechnik GmbH<br />

Juliusstraße 9-21<br />

47053 Duisburg<br />

Fotos (2): Thomas Klink


<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Seite 3<br />

Aktuatoren, Sekundärluftpumpen und Abgasklappen<br />

<strong>Pierburg</strong> eröffnet in<br />

Ústí neuen Standort<br />

bja Ústí nad Labem. Mit dem Pflanzen<br />

einer Linde, des Nationalbaumes<br />

der Tschechen, ist am 10. Juni 2005 der<br />

neu errichtete Standort der <strong>Pierburg</strong>-<br />

Gruppe im tschechischen Ústí nad Labem<br />

offiziell eingeweiht worden.<br />

Im Beisein von Vertretern aus Politik<br />

und Verwaltung sowie des Managements<br />

der Rheinmetall <strong>AG</strong> und der <strong>Kolbenschmidt</strong>-<strong>Pierburg</strong>-Gruppe<br />

dankte<br />

Dr. Hans-Joachim Esch, Vorsitzender<br />

der Geschäftsführung der <strong>Pierburg</strong><br />

GmbH, allen am Bau Beteiligten für die<br />

termingetreue und perfekte Ausführung<br />

der Gewerke und hieß die neuen<br />

Mitarbeiter in der <strong>Pierburg</strong>-Gruppe<br />

herzlich willkommen: „Ihr hohes persönliches<br />

Engagement und Ihre sehr<br />

guten technischen Kenntnisse waren<br />

wesentliche Kriterien, uns für diesen<br />

Standort zu entscheiden.“ Esch weiter:<br />

„Mit Ihrer Hilfe werden wir es schaffen,<br />

dieses Werk zu einem wichtigen Eckpfeiler<br />

unserer Unternehmensgruppe<br />

zu entwickeln.“<br />

Die <strong>Pierburg</strong> s.r.o. wurde im Mai vergangenen<br />

Jahres als eigenständige<br />

Gesellschaft innerhalb der <strong>Pierburg</strong>-<br />

Gruppe in Ústí gegründet, im November<br />

2005 folgte der erste Spatenstich.<br />

In einer Rekordzeit von nur vier Monaten<br />

wurden das Verwaltungsgebäude<br />

und die Produktionshalle mit einer Gesamtfläche<br />

von rund 3400 Quadratmetern<br />

errichtet. Darüber hinaus verfügt<br />

<strong>Pierburg</strong> über die Option, das Werk bei<br />

Bedarf auf 13 000 Quadratmeter Produktionsfläche<br />

ausbauen zu können.<br />

Zurzeit noch im Bau befindet sich ein<br />

Autobahnanschluss in direkter Nähe<br />

des Werkes, der nach der Fertigstellung<br />

in 2006 eine optimale Verkehrsanbindung<br />

der <strong>Pierburg</strong> s.r.o. sicherstellen<br />

wird.<br />

<strong>Das</strong> Verwaltungsgebäude mit seinen<br />

hellen Büroräumen wurde bereits im<br />

März dieses Jahres bezogen. In der Produktionshalle<br />

stehen die ersten Montageanlagen.<br />

Der 40 Meter breite und<br />

70 Meter lange Bau entspricht modernsten<br />

Produktionsansprüchen, da<br />

die freitragende Halle einen flexiblen<br />

Aufbau der Fertigungsketten zulässt.<br />

Der Empfindlichkeit bestimmter Produkte,<br />

wie zum Beispiel der elektrischen<br />

Aktuatoren, gegen elektrostatische<br />

Aufladung wurde bei der Planung<br />

Rechnung getragen. Ein elektrisch leitfähiger<br />

Boden garantiert den notwendigen<br />

Schutz. <strong>Das</strong> Logistikkonzept des<br />

Werkes beinhaltet einen geradlinigen<br />

Materialtransport durch die Halle und<br />

optimiert so Transportwege und Durchlaufzeiten.<br />

Geplant ist, dass sich die <strong>Pierburg</strong><br />

s.r.o. vor allem auf lohnintensive Montageaufträge<br />

konzentriert. Mit rund 30<br />

Mitarbeitern montiert das Werk mo-<br />

Blick in die Produktion am <strong>Pierburg</strong>-Standort in Ústí nad Labem, an dem elektrische<br />

Aktuatoren, Sekundärluftpumpen und Abgasklappen hergestellt werden.<br />

dp Berlin. Der Ausschuss Verteidigungswirtschaft<br />

(AVW) im Bundesverband<br />

der Deutschen Industrie e.V.<br />

(BDI) lobt aus Anlass des 50-jährigen<br />

Bestehens der Bundeswehr erstmalig<br />

in diesem Jahr den „Technologiepreis<br />

der wehrtechnischen Industrie“<br />

aus. Der AVW, in dem Rheinmetall<br />

als größter Anbieter für Heerestechnik<br />

in Deutschland vertreten ist, wurde<br />

im Jahr 2000 gegründet; er vertritt<br />

und formuliert branchenübergreifend<br />

die Interessen der gesamten<br />

deutschen wehrtechnischen Industrie<br />

auf nationaler und internationaler<br />

Ebene.<br />

Ziel der Stiftung dieses Preises ist,<br />

die wehrwirtschaftliche oder die sicherheitspolitische<br />

Bedeutung von Innovationen<br />

und kreativen technologischen<br />

Vorschlägen hervorzuheben.<br />

Hervorragende Leistungen werden gewürdigt,<br />

die den Bereich der inneren<br />

oder äußeren Sicherheitsvorsorge der<br />

Bundesrepublik Deutschland stärken.<br />

„Angesichts der veränderten sicherheitspolitischen<br />

Lage nach dem<br />

mentan elektrische Aktuatoren, Sekundärluftpumpen<br />

und Abgasklappen.<br />

Nach dem Konzept der Minifabriken<br />

werden die Arbeitsflüsse im Unternehmen<br />

geregelt. Dabei sind die autonomen,<br />

prozessbezogenen Fertigungseinheiten<br />

Arbeitsvorbereitung, Produktion,<br />

Qualität und Logistik in direkter<br />

Nähe zu den Montageabläufen angesiedelt<br />

und erlauben eine schnelle und<br />

flexible Reaktion entsprechend den<br />

Anforderungen der Produktion.<br />

Kreative Ideen<br />

zur Sicherheit<br />

11. September 2001 fühlt sich die<br />

deutsche Verteidigungsindustrie als<br />

Hochtechnologiebranche in besonderem<br />

Maße der inneren und äußeren<br />

Sicherheitsvorsorge Deutschlands<br />

und seiner Partner verpflichtet.<br />

Wehrtechnologischer Fortschritt basiert<br />

auf Innovation und Wissen. Diese<br />

wichtigen Rohstoffe bedürfen der<br />

gezielten Förderung!“, so Jury-Vorsitzender<br />

Friedrich Lürßen, Geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Lürssen<br />

Werft GmbH & Co. und Mitglied im<br />

Präsidium des BDI.<br />

Der „Technologiepreis der wehrtechnischen<br />

Industrie“ ist mit einem<br />

Preisgeld in Höhe von 10 000 € dotiert.<br />

Eine hochkarätig besetzte Jury,<br />

der auch Rheinmetall-Konzernchef<br />

Klaus Eberhardt sowie weitere Persönlichkeiten<br />

aus Politik, Wirtschaft,<br />

Wissenschaft und den Medien angehören,<br />

wählt die Sieger aus. Die<br />

Preisverleihung findet am Dienstag,<br />

8. November 2005, im Haus der Deutschen<br />

Wirtschaft in Berlin im Rahmen<br />

einer festlichen Veranstaltung statt.<br />

Gruppenbild mit Linde (v.l.n.r.): Geschäftsführer Thomas Schütz von <strong>Pierburg</strong> s.r.o., Oto Neubauer, Bürgermeister von<br />

Trmice, Dr. Andreas Müller, Geschäftsführer <strong>Pierburg</strong> s.r.o., Petr Gandalovic, Primator (Oberbürgermeister) der Stadt Ústí<br />

nad Labem, <strong>Pierburg</strong>-Chef Dr. Hans-Joachim Esch, Rheinmetall-Konzernchef Klaus Eberhardt, Dr. Gerd Kleinert, Vorstandsvorsitzender<br />

der <strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong> <strong>AG</strong>, und Miroslav Pátek, Abgeordneter im Parlament der tschechischen Republik.<br />

ie <strong>Kolbenschmidt</strong>-<strong>Pierburg</strong>-Gruppe<br />

blickt erneut<br />

auf ein erfolgreiches<br />

Geschäftsjahr zurück.<br />

Wie Dr. Gerd Kleinert,<br />

Vorsitzender des<br />

Vorstandes der Führungsgesellschaft<br />

<strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong><br />

<strong>AG</strong>, am 4. Mai 2005 anlässlich<br />

der 8. ordentlichen Hauptversammlung<br />

der Gesellschaft in Heilbronn erläuterte,<br />

sei es der weltweit operierenden<br />

Unternehmensgruppe in 2004<br />

einmal mehr gelungen, die gesetzten<br />

operativen Ziele zu übertreffen; darüber<br />

hinaus habe man wesentliche<br />

Maßnahmen zur strategischen Weiterentwicklung<br />

des Unternehmens einleiten<br />

können. Bereinigt um umrechnungsbedingte<br />

Wechselkurseffekte,<br />

stieg der Umsatz der Firmengruppe,<br />

die Ende 2004 rund 11 360 Mitarbeiter<br />

beschäftigte, um 4,6 Prozent auf 1,94<br />

Milliarden €. Dies entspricht in etwa<br />

dem weltweiten Wachstum der Automobilproduktion.<br />

Zunächst der Blick auf die Finanzkennzahlen:<br />

<strong>Das</strong> Ergebnis vor Zinsen<br />

und Ertragsteuern (EBIT) stieg auf<br />

138,9 Millionen € (2003: 103,1 €);<br />

die EBIT-Rendite lag 2004 bei 7,2 Prozent<br />

(2003: 5,5%). <strong>Das</strong> Ergebnis vor<br />

Ertragsteuern (EBT) kletterte – wie bereits<br />

kurz berichtet („<strong>Das</strong> Profil“<br />

2/2005) – von 72,6 Millionen € auf<br />

110,8 Millionen €, der Jahresüberschuss<br />

auf 79,4 Millionen € (2003:<br />

43,2 Mio €). Der Free-Cash-Flow betrug<br />

119,9 Millionen € (2003: 68 Mio<br />

€). Die Investitionen stiegen auf<br />

132,7 Millionen € (2003: 126,5 Mio<br />

€). Die Gesamtkapitalrendite (ROCE)<br />

stieg auf 20 Prozent (2003: 13,8%).<br />

Die Nettofinanzverbindlichkeiten<br />

wurden zum Jahresende 2004 vollständig<br />

zurückgeführt – das Unternehmen<br />

ist damit frei von Bankschulden.<br />

Zur Geschäftsentwicklung der <strong>Kolbenschmidt</strong>-<strong>Pierburg</strong>-Gruppe<br />

im Detail:<br />

<strong>Das</strong> Umsatzwachstum in 2004<br />

wurde im Wesentlichen durch die Bereiche<br />

Gleitlager, AT<strong>AG</strong> und MSI getragen.<br />

Der absolute Umsatzrückgang im<br />

Kolbenbereich ist ausschließlich währungsbedingt;<br />

nach Währungsbereinigung<br />

ergäbe sich auch hier ein Umsatzplus<br />

von rund drei Prozent. Regional<br />

hat sich die Firmengruppe in<br />

Westeuropa und im Nafta-Raum deutlich<br />

besser als der Markt entwickelt.<br />

★ Geschäftsbereich <strong>Pierburg</strong>: Der<br />

vergleichsweise geringe Umsatzzuwachs<br />

auf knapp 890 Millionen € ist<br />

in erster Linie bedingt durch den Verkauf<br />

des Produktbereiches elektrische<br />

Kraftstoffpumpen im Jahr 2003.<br />

Die Beteilungsgesellschaften der<br />

<strong>Pierburg</strong> GmbH erreichten durchweg<br />

deutlich höhere Umsätze als im Vorjahr<br />

mit einer besonders erfreulichen<br />

Entwicklung in Frankreich und Italien.<br />

<strong>Das</strong> EBT lag mit 58,8 Millionen € um<br />

mehr als 20 Prozent über dem Wert<br />

des Vorjahres. Ausschlaggebend dafür<br />

waren zum einen erfolgreich umgesetzteRestrukturierungsmaßnahmen<br />

in Deutschland und Italien, sowie<br />

der Buchertrag aus dem Verkauf<br />

der Beteilung an der <strong>Pierburg</strong> Instruments<br />

GmbH an die AVL. Die Investitionen<br />

stiegen um 7,6 Prozent auf 54,1<br />

Millionen €, die Kapitalrentabilität<br />

(ROCE) wuchs um fast zehn Prozentpunkte<br />

auf 35,5 Prozent.<br />

★ Geschäftsbereich Kolben: Der Umsatz<br />

lag hier 2004 bei 581,9 Millionen<br />

€ und stieg damit, bereinigt um<br />

Wechselkurseffekte, um drei Prozent<br />

gegenüber dem Vorjahr. Eine insgesamt<br />

sehr erfreuliche Umsatzentwicklung<br />

zeigten die Tochtergesellschaften<br />

in Frankreich, Tschechien<br />

und Brasilien sowie – wechselkursbereinigt<br />

– die amerikanische Toch-<br />

tergesellschaft KUS Inc. <strong>Das</strong> EBT<br />

stieg gegenüber dem Vorjahr um 3,9<br />

Prozent auf 29,6 Millionen €. Die Investitionen<br />

von 46 Millionen €<br />

konnten wiederum vollständig durch<br />

den gestiegenen Brutto-Cash-Flow<br />

gedeckt werden.<br />

★ Geschäftsbereich KS Gleitlager:<br />

Dieser Bereich steigerte seinen Umsatz<br />

gegenüber dem Vorjahr um 8,8<br />

Prozent auf 160,2 Millionen €; ausschlaggebend<br />

dabei war ein starkes<br />

Mengenwachstum in allen Produktbereichen.<br />

<strong>Das</strong> Ergebnis vor Steuern<br />

(EBT) konnte unter anderem aufgrund<br />

der Restrukturierung des US-Geschäftes<br />

mit 15,1 Millionen € mehr als verdoppelt<br />

werden. Die Investitionen<br />

von 8,8 Millionen € wurden mit einem<br />

Brutto-Cash-Flow von 18,9 Millionen<br />

€ vollständig durch das laufende<br />

Geschäft finanziert. Die Kapitalrentabilität<br />

stieg um nahezu 20 Prozentpunkte<br />

auf 38,4 Prozent.<br />

★ Geschäftsbereich Aluminium-Technologie:<br />

<strong>Das</strong> größte vollständig organische<br />

Umsatzwachstum erzielte die<br />

KS Aluminium-Technologie <strong>AG</strong> mit +<br />

23 Millionen €. Besonders hervorzuheben<br />

ist jedoch die operative Ergebnisverbesserung:<br />

Nach Verlusten im<br />

EBIT von -13,3 Millionen € in 2002<br />

und -3,3 Millionen € in 2003 wurde<br />

der Turnaround in 2004 mit einem Ge-<br />

winn von fünf Millionen € geschafft;<br />

das entspricht einer Umsatzrendite<br />

von 2,7 Prozent. Die Investitionen von<br />

12,9 Millionen € konnten auch bei<br />

der AT<strong>AG</strong> vollständig aus dem eigenen<br />

Brutto-Cash-Flow von 13,6 Millionen<br />

€ finanziert werden.<br />

★ Geschäftsbereich Motor Service:<br />

Der Bereich Motor Service, in dem die<br />

weltweiten Aktivitäten im Aftermarket<br />

zusammengefasst sind, erzielte 2004<br />

einen Umsatz von 161,4 Millionen €<br />

und lag damit um 16,5 Prozent über<br />

dem Vergleichswert des Vorjahres.<br />

Neben dem Ausbau der Marktstellung<br />

in der Türkei und Brasilien hat hierzu<br />

vor allem die bereits erwähnte Akquisition<br />

im Bereich Motorenteile in<br />

Deutschland beigetragen. Im Wesentlichen<br />

bedingt durch die mit dieser<br />

Akquisition einhergehenden Sonderaufwendungen<br />

zur Integration der<br />

neuen Unternehmen ging das Ergebnis<br />

vor Ertragssteuern von 14,2 Millionen<br />

€ auf elf Millionen € zurück. Der<br />

Brutto-Cash-Flow erhöhte sich von<br />

Angepeilte operative<br />

Ziele erneut getoppt<br />

8,9 Millionen € auf 10,2 Millionen €,<br />

die Gesamtkapitalrentabilität betrug<br />

19,1 Prozent.<br />

Was die strategischen Geschäftsziele<br />

für 2005 betrifft, so konzentriert<br />

sich die <strong>Kolbenschmidt</strong>-<strong>Pierburg</strong>-<br />

Gruppe laut Vorstandschef Kleinert<br />

auf die Fortsetzung der Innovationsoffensive<br />

mit dem Ziel der Erschließung<br />

weiterer ertragsstarker Marktsegmente<br />

und die konsequente Umsetzung<br />

der Internationalisierungsstrategie<br />

mit den Schwerpunkten Asien/Pazifik<br />

sowie Nord- und Südamerika.<br />

Darüber hinaus stehen die weitere<br />

Optimierung von Geschäftsprozessen<br />

und Strukturen sowie die Fortführung<br />

des straffen Working-Capital-<br />

Managements zur Stärkung der Finanzkraft<br />

im Fokus.<br />

Kleinert: „Wir gehen bei unserer Planung<br />

für das laufende Geschäftsjahr<br />

von einer weiterhin stabilen Situation<br />

im westeuropäischen und deutschen<br />

Markt und einer schnellen Belebung<br />

der Absatzmärkte in USA und China<br />

aus. Ferner setzen wir eine Entwicklung<br />

der Währungsrelationen voraus,<br />

die dem realen Wirtschaftsverlauf<br />

entspricht. Unter diesen Voraussetzungen<br />

erwartet die <strong>Kolbenschmidt</strong>-<br />

<strong>Pierburg</strong>-Gruppe für das Gesamtjahr<br />

2005 eine wiederum gute Performance<br />

auf dem Niveau des Vorjahres.“ dp<br />

Fotos (2): Thomas Klink


Seite 4 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

Informationen aus erster Hand gab's für die Journalisten auch beim Besuch in Hartha – von Fertigungsleiter Rolf Bauer (l.) ebenso wie von KSPG-Vorstandschef Dr. Gerd Kleinert (mit elektrischer Kühlmittelpumpe).<br />

IAA-Vorpressekonferenz fand in Dresden statt<br />

Technische Kompetenz<br />

und Innovationskraft<br />

he Dresden. Über die Ausstellungs-<br />

Highlights der <strong>Kolbenschmidt</strong>-<strong>Pierburg</strong>-Gruppe<br />

auf der 61. Internationalen<br />

Automobil-Ausstellung (IAA) in<br />

Frankfurt am Main (15. – 25. September<br />

2005) informierte das Unternehmen<br />

jetzt die Regional- und Fachpresse<br />

auf einer Pressekonferenz in Dresden.<br />

Die Teilnahme des gesamten Vorstands<br />

des Automobilzulieferers sowie<br />

die Mitwirkung aller Entwicklungschefs<br />

der einzelnen Geschäftsbereiche<br />

sorgte für die notwendige fachliche<br />

Untermauerung der technischen Präsentationen<br />

und unterstrich außerdem<br />

vor den aus ganz Deutschland angereisten<br />

Medienvertretern die Wichtigkeit,<br />

die dieser in IAA-Jahren turnusmäßigen<br />

Veranstaltung im Hause beigemessen<br />

wird.<br />

<strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong> lädt zu dieser<br />

Veranstaltung regelmäßig vor den<br />

Messen ein, um den Fachmedien so<br />

die Gelegenheit zu geben, noch vor der<br />

Messe auf technische Neuerungen hinweisen<br />

zu können. Dresden bot sich<br />

dabei als idealer Standort an, zumal<br />

der Standort Hartha in erreichbarer Nähe<br />

der sächsischen Metropole liegt –<br />

ähnlich wie das neu errichtete tschechische<br />

<strong>Pierburg</strong>-Werk in Ústí nad Labem,<br />

das am Folgetag der Veranstaltung<br />

ebenfalls im Beisein der Pressevertreter<br />

eingeweiht wurde (siehe Beitrag<br />

auf „Profil“-Seite 3).<br />

Vorstandschef Dr. Gerd Kleinert erläuterte<br />

den Journalisten dabei neben der<br />

aktuellen Geschäftsentwicklung und<br />

den wesentlichen Ereignissen des vergangenen<br />

und laufenden Jahres unter<br />

anderem die Zielsetzung für den Auftritt<br />

von <strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong> auf<br />

der weltweit größten und wichtigsten<br />

Messe der internationalen Automobilindustrie:<br />

War der Messestand 2003<br />

noch geprägt von den zentralen Themen<br />

„Ressourcenschonung“ und „Umweltorientierung“,<br />

so wird die diesjährige<br />

Präsenz in Frankfurt die technische<br />

Kompetenz und Innovationskraft des<br />

it zahlreichen systemtechnischen<br />

Highlights<br />

präsentiert sich die <strong>Kolbenschmidt</strong>-<strong>Pierburg</strong>-Firmengruppe<br />

auf der diesjährigen<br />

IAA in Frankfurt am Main. Der<br />

Tenor des Messeauftritts ist eindeutig:<br />

Herausgestellt werden die technische<br />

Kompetenz und die Innovationskraft<br />

des Unternehmens. Hier ein Überblick<br />

über die Produktneuheiten:<br />

Geschäftsbereich Kolben<br />

● Der Pumpkühlkanal von DynamiKS<br />

erreicht einen schnelleren<br />

Durchsatz des Kühlöls im Kolben und<br />

senkt die Temperatur im Bereich der<br />

ersten Ringnut.<br />

● Nennenswerte Markterfolge: Trotz<br />

seines niedrigen Gewichts erzielt der<br />

Leichtbaukolben LiteKS eine Verbesserung<br />

der Dauerfestigkeit und birgt<br />

darüber hinaus Potenzial für weitere<br />

Entwicklungen.<br />

Unternehmens herausstellen. Dem entspricht<br />

natürlich auch der Messestand,<br />

der in seiner Gesamterscheinung mit<br />

zwei übergroßen Kolben ein technikorientiertes<br />

Outfit und einen einladenden<br />

Charakter erhalten wird.<br />

Ganz im Zeichen innovativer Entwicklungen<br />

aus den Gruppenunternehmen<br />

wird der in diesem Jahr um fünf Meter<br />

verlängerte Stand in Halle 8 (F 04) seine<br />

Besucher mit einer eigens erstellten<br />

3-D-Animation über die verschiedenen<br />

Produktgruppen empfangen und so deren<br />

Funktionen in und am Motor auf<br />

faszinierende Weise verdeutlichen und<br />

erläutern. Interessierte Besucher können<br />

sich dabei im öffentlichen Bereich<br />

des rund 400 Quadratmeter großen<br />

Standes umfassend über die Produkte<br />

der Firmengruppe informieren. Für vertrauliche<br />

Informationen steht zudem<br />

ein so genannter Tech-Room bereit, der<br />

über eine spezielle Eingangskontrolle<br />

verfügt und in dem interessierten Kunden<br />

laufende Entwicklungsprojekte detailliert<br />

und in ruhiger Atmosphäre vorgestellt<br />

werden können.<br />

Im weiteren Verlauf der Pressekonferenz<br />

stellten die Vorsitzenden der<br />

Gruppenunternehmen die Produkt-<br />

Schwerpunkte aus den einzelnen Geschäftsbereichen<br />

vor (siehe Kasten<br />

am Fuß dieser „Profil“-Seite) und<br />

standen den Fachleuten für Fragen<br />

vom <strong>AG</strong>R-Kühler-Modul bis zum Laserschweißen<br />

von Hybridgleitlagern zur<br />

Verfügung.<br />

Ein anschließender Besuch im <strong>Pierburg</strong>-Werk<br />

in Hartha gab Gelegenheit,<br />

einmal mehr den Wandel zu dokumentieren,<br />

den der Standort in den Jahren<br />

seiner Zugehörigkeit zu <strong>Kolbenschmidt</strong><br />

<strong>Pierburg</strong> durchlaufen hat. Gleichzeitig<br />

wurde eine Weltneuheit präsentiert:<br />

Mit der in Hartha für BMW produzierten<br />

Elektrischen Kühlmittelpumpe hat <strong>Pierburg</strong><br />

als derzeit einziger Hersteller<br />

weltweit, der mit diesem Produkt in Serie<br />

ist, buchstäblich die innovative Nase<br />

vorn.<br />

● ContureKS steigert das Kühlvolumen,<br />

ohne die Spannung im Kolben<br />

selbst zu erhöhen, und kann zudem<br />

mit einer Kombikühlung für den Kolbenboden<br />

kombiniert werden.<br />

● Heavy duty means steel: <strong>Kolbenschmidt</strong><br />

geht mit einem neu entwickelten<br />

Stahl-Nkw-Kolben in Serie.<br />

Geschäftsbereich <strong>Pierburg</strong><br />

● Kostengünstige High Performance<br />

Drosselklappe mit integrierter Lageregelung<br />

schafft bisher nicht erreichte<br />

Positioniergeschwindigkeit und ist<br />

20% schneller und leichter.<br />

● <strong>AG</strong>R-Kühler-Modul senkt Abgastemperatur<br />

um 180°C, macht so eine<br />

erhöhte <strong>AG</strong>R-Rate möglich und reduziert<br />

NOx-Bildung deutlich.<br />

● Integriertes Saugrohrmodul aus<br />

Aluminium verbessert Schadstoffverhalten<br />

und Wirkungsgrad des<br />

Motors bei gleichzeitigen Gewichts-<br />

<strong>Das</strong> Messegelände in Frankfurt am Main ist Mitte September 2005 Treffpunkt der 61. Internationalen Automobil-Ausstellung.<br />

Neuss. Am 22. Juni 2005 wurde bei<br />

<strong>Pierburg</strong> die nächste wichtige Runde<br />

von „Drive“ eingeläutet – die Vorstellung<br />

der neuen Organisationsstruktur.<br />

„Durch die Einführung des neuen<br />

Phasenmodells und des Gate-Review-<br />

Managements wurde eine Optimierung<br />

und Anpassung der Geschäftsprozesse<br />

notwendig“, so Geschäftsführer<br />

Peter-Sebastian Krause. Geschäftsführung<br />

und ein kleines Team<br />

der ersten Führungsebene haben die<br />

neuen Strukturen und Prozesse zusammen<br />

erarbeitet, denn „Wir möchten<br />

Technologie- und Kostenführer in<br />

der Automobilindustrie sein und unsere<br />

herausragende Marktposition<br />

und Qualität stärken, deshalb haben<br />

wir die ,Business Unit Organisation‘<br />

(BU-Organisation) ins Leben gerufen“,<br />

meint Drive-Projektverantwortlicher<br />

Dr. Karl Wübbeke. Die Business<br />

und Packaging-Vorteilen in der Montage.<br />

● Neuentwickeltes Niederdruck-<strong>AG</strong>R<br />

speziell für Turbodieselmotoren erreicht<br />

Schaltzeiten von 75 Millisekunden.<br />

● Mit ihren sehr unterschiedlichen<br />

Anwendungsmöglichkeiten werden<br />

Abgasklappen von der Akustikoptimierung<br />

bis zur Schadstoffreduzierung<br />

eingesetzt.<br />

● Elektrische Kühlmittelpumpen,<br />

wie sie <strong>Pierburg</strong> als weltweit erster<br />

Hersteller in Serie produziert, bieten<br />

viele Vorteile in der Motorkühlung. In<br />

Zukunft sind aber auch weitere Einsatzfelder<br />

im Automobilbau denkbar.<br />

● Mit dem neuen elektrischen Sekundärluftventil<br />

werden unabhängig<br />

von Pumpen- bzw. Unterdruck schnelle<br />

Reaktionszeiten und eine hohe Öffnungskraft<br />

erzielt.<br />

Unit verantwortet für ein Geschäftsfeld<br />

alle produktrelevanten Aufgaben<br />

und ist das Ohr zum Markt.<br />

Für jedes BU-Mitglied wurden Kompetenz-<br />

& Aufgabenbereiche festgelegt.<br />

Diese klare Strukturierung senkt<br />

das mögliche Konfliktpotenzial und<br />

hilft dabei, Projekte schneller und<br />

effizienter zu managen, eben mit<br />

„Drive“.<br />

Die wesentlichen Unterschiede zur<br />

bisherigen Organisation sind neben<br />

Es geht weiter mit „Drive“<br />

der Aufteilung in nun fünf Produktbereiche<br />

die Zuordnung von allen Aufgaben<br />

und Verantwortungen rund um<br />

das jeweilige Produkt in die neu geschaffenen<br />

Business Units.<br />

Wübbeke: „Diese neue Struktur hilft<br />

uns dabei, unsere Produkte optimal<br />

im Markt zu positionieren; sie bewirkt<br />

außerdem die Fokussierung auf produktspezifische<br />

Innovationen und<br />

GB Aluminium-Technologie:<br />

● AT<strong>AG</strong> entwickelt mit dem Einsatz<br />

von MMC (Aluminium-Matrix-Verbundstoffen)<br />

Zukunftskonzepte mit verbessertem<br />

Kosten/Nutzen-Verhältnis und<br />

hohem Potenzial für künftige Einsätze<br />

im Bau von Motorblöcken.<br />

● Auch beim Diesel: Der Leichtbauwerkstoff<br />

Aluminium hält im Hinblick<br />

auf Optimierungsmöglichkeiten bei<br />

Legierung, Wärmebehandlung und<br />

Gießverfahren noch ein ansehnliches<br />

Potenzial vor, das für zukünftige Entwicklungen<br />

im Pkw-Dieselbereich genutzt<br />

werden kann.<br />

Geschäftsbereich Gleitlager<br />

● Neu entwickelt für den Einsatz in<br />

hochbelasteten Otto- und Dieselmotoren<br />

wurde ein bleifreier Stahl-Aluminium-Verbundwerkstoff<br />

mit einer extrem<br />

hohen spezifischen Tragfähigkeit von<br />

85 MPa.<br />

konsequente Gestaltung von Produktions-<br />

und Prozesstechnologien. Last<br />

but not least hilft sie durch die Konzentration<br />

auf System- oder Komponentengeschäft,<br />

Produktsynergien<br />

zielgerichtet zu realisieren.“<br />

Die Hauptziele der neuen Organisation<br />

sind die bessere Nutzung der<br />

Markt- und Kostenpotenziale durch<br />

„Mehr Unternehmer in Unternehmen“<br />

sowie die Schaffung einer durchgängigen,<br />

weltweiten Verantwortung für<br />

die gesamte Produktlebenszeit. Hinzu<br />

kommen in diesem Zusammenhang<br />

die Steigerung der Leistungsfähigkeit<br />

zur Produktentwicklung durch<br />

die erfolgreiche Implementierung von<br />

Drive, die Nutzung bestehender Synergien<br />

im Forschungs- und Entwicklungsbereich<br />

sowie die Schaffung von<br />

zeitlichen Spielräumen für strategische<br />

Themen. pm<br />

● Für größte dynamische Tragfähigkeit<br />

sowie höchste Verschleißfestigkeit<br />

wurde ein bleifreies Sputterlager<br />

für Pleuellagerungen in hochbelasteten<br />

Dieselmotoren entwickelt, das die<br />

Leistungsfähigkeit aller bisher am<br />

Markt verfügbaren bleihaltigen Sputterlager<br />

deutlich übertrifft.<br />

● Die Leistungsfähigkeit des neuen<br />

Stahl-Kunststoffverbundwerkstoffes<br />

(P210) kommt insbesondere in Anwendungen<br />

mit hohem Mischreibungsanteil<br />

wie z. B. bei Diesel-Einspritzpumpen<br />

zur Geltung. Ist der Einsatz ähnlicher<br />

Werkstoffe bei ca. 140 °C begrenzt,<br />

so erträgt der neue Werkstoff mühelos<br />

250 °C und weist zudem extrem niedrige<br />

Verschleiß- und Reibwerte auf.<br />

● <strong>Das</strong> Laserschweißen von Hybridgleitlagern<br />

stellt als moderne Schüsseltechnologie<br />

auch eine vielversprechende<br />

Anwendung zum Fügen von<br />

Gleitelementen dar. he<br />

Fotos (2): Thomas Klink<br />

Foto: Messe Frankfurt


Fotos (2): Atelier Lünig/Bad Friedrichshall<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Seite 5<br />

Stark: Produkte zur Unterdruckerzeugung.<br />

uch in anderen Weltregionen<br />

ist die MSI erfolgreich<br />

im Aftermarket-Geschäft<br />

vertreten.<br />

So berichtet zum Beispiel<br />

Jens Muhl, neben<br />

Weißrussland und anderen<br />

osteuropäischen Staaten zuständig<br />

für die seit Mai 2004 zur EU<br />

gehörende Mittelmeerinsel Zypern:<br />

„Vor kurzem führten wir ein <strong>Pierburg</strong>-<br />

Schulungsseminar durch. 300 Werkstattbesitzer<br />

waren anwesend. Der<br />

Umsatz, speziell von <strong>Pierburg</strong>-Ersatzteilen,<br />

wächst zusehends von Monat<br />

zu Monat. Bereits jetzt haben wir mit<br />

<strong>Kolbenschmidt</strong>- und <strong>Pierburg</strong>-Produkten<br />

im griechischen Teil Zyperns einen<br />

Marktanteil von 80 Prozent.“<br />

Deutschlands Nachbarland und EU-<br />

Mitbegründer Frankreich kennt und<br />

schätzt die <strong>Kolbenschmidt</strong>-Qualität<br />

seit vielen Jahrzehnten. Denis Moreau<br />

ass seit über einem Jahr die<br />

acht osteuropäischen Länder<br />

Estland, Lettland, Litauen,<br />

Polen, Slowakei, Slowenien,<br />

Tschechien und Ungarn<br />

zur EU gehören, machte sich bei<br />

der MSI bereits im vergangenen Geschäftsjahr<br />

in einer sprunghaft nach<br />

oben angestiegenen Umsatzentwicklung<br />

bemerkbar. Mit Bulgarien und Rumänien<br />

stehen zudem weitere neue<br />

EU-Anwärter für das Jahr 2007 bereit.<br />

Großes Potenzial zur Umsatzsteigerung<br />

ist weiterhin in den Nicht-EU-<br />

Ländern in Osteuropa vorhanden.<br />

Der größte „Brocken“ entfällt dabei<br />

seit Jahren auf Russland. Auch in allen<br />

anderen Ländern der GUS (Gemeinschaft<br />

unabhängiger Staaten<br />

der ehemaligen Sowjetunion) kletterte<br />

der Umsatz bereits in den letzten<br />

15 Jahren unaufhaltsam nach oben –<br />

Tendenz weiter steigend.<br />

MSI-Umsatz: 90 Prozent stammen aus Exportgeschäft<br />

Rund um den Globus<br />

Erstausrüster-Qualität<br />

Neckarsulm. Die MSI Motor Service<br />

International GmbH in Neckarsulm, eine<br />

Tochtergesellschaft der <strong>Kolbenschmidt</strong><br />

<strong>Pierburg</strong> <strong>AG</strong>, hat im vergangenen<br />

Jahr einmal mehr mit dazu beigetragen,<br />

den Trend zu Spitzenwerten im<br />

Exportgeschäft in Deutschland zu halten.<br />

Zur Erinnerung: Trotz der im Vergleich<br />

zum US-Dollar starken €-Währung<br />

stieg der Wert der deutschen Ausfuhren<br />

2004 nach einer Veröffentlichung<br />

des statistischen Bundesamtes<br />

um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr,<br />

und zwar auf insgesamt 730,9 Milliarden<br />

€. Somit hat die deutsche Wirtschaft<br />

mehr Waren exportiert als jedes<br />

andere Land der Welt. <strong>Das</strong> Exportgeschäft<br />

wird als „Hauptmotor der deutschen<br />

Wirtschaft“ bezeichnet.<br />

Die MSI beliefert heute bereits 121<br />

der 192 aktuell existierenden Staaten<br />

auf der Welt. Ihre Waren finden in Alaska<br />

und in Argentinien, am Nordkap<br />

(Norwegen) und am „Kap der Guten<br />

<strong>Das</strong> Produktportfolio der MSI – hier ein Blick ins Sortiment – ist weltweit gefragt.<br />

ist Franzose und seit 18 Jahren für die<br />

MSI dienstlich unterwegs. „Mit den<br />

auf politischer Ebene geführten<br />

Freundschaften de Gaulle-Adenauer<br />

und Chirac-Schröder können wir auf<br />

geschäftlicher Basis durchaus mithalten.<br />

Mit der Firma KS Motorac S.A.S. in<br />

Lyon haben wir eine eigene Tochtergesellschaft<br />

im Land und sind direkt mit<br />

einem hochmodernen Lager vor Ort<br />

präsent. <strong>Kolbenschmidt</strong>-Qualität wird<br />

hier ganz groß geschrieben. Durch Erweiterung<br />

unserer Produktpalette wird<br />

der Markt weiter anwachsen.“<br />

Die EU-Länder Spanien, Italien, Portugal<br />

und England bleiben auf hohem<br />

Umsatzniveau, weil starkes Qualitätsbewusstsein<br />

Priorität hat. In Skandi-<br />

In den osteuropäischen Staaten war<br />

es schon zu Ostblock-Zeiten ein Plus,<br />

dass die Firma <strong>Kolbenschmidt</strong> als<br />

Erstausrüster Nutzfahrzeughersteller<br />

wie zum Beispiel die Firma Raba in<br />

Ungarn, die in MAN-Lizenz Ikarus-Motoren<br />

herstellte, belieferte. Der Senior-Sales-Manager<br />

der MSI, Manfred<br />

Mosthaf, bereist schon seit 40 Jahren<br />

den osteuropäischen Markt und<br />

kennt ihn wie seine Westentasche:<br />

„Seit Jahren werden die Ikarus-Busse<br />

und MAN-Nutzfahrzeuge im gesamten<br />

osteuropäischen Bereich mit unseren<br />

Ersatzteilen ausgerüstet.“<br />

Trotz der Krisen und Gefahren, wie<br />

zum Beispiel in den Ländern Ex-Jugoslawiens<br />

während des zehnjähri-<br />

navien sind <strong>Kolbenschmidt</strong>-Produkte<br />

in Erstausrüster-Qualität – speziell im<br />

Nutzfahrzeugbereich durch DAF, Volvo<br />

und Scania – stark vertreten. Dies<br />

wirkt sich auch auf die MSI-Umsätze<br />

positiv aus.<br />

In den Ländern Marokko, Tunesien,<br />

Algerien, Madagaskar und Mali gibt es,<br />

bedingt durch deren Vergangenheit als<br />

französische Kolonialstaaten, immer<br />

noch einen europäischen Fahrzeugmarkt<br />

mit großem Reparaturbedarf.<br />

Denis Moreau, der auch diesen französisch-sprachigen<br />

Teil der Welt betreut,<br />

berichtet: „In Marokko und Tunesien<br />

konnte bis vor vier Jahren jeder, der in<br />

Frankreich arbeitete, einmal jährlich<br />

nach Hause fahren und dabei ein Fahr-<br />

gen Krieges, hat der 60-jährige Osteuropa-Experte<br />

der MSI die Länder zu<br />

Zeiten des Umbruchs unentwegt besucht,<br />

um „zur rechten Zeit für neue<br />

Firmen in modernisierten Strukturen<br />

der richtige Ansprechpartner zu<br />

sein“: „Dabei waren zu Beginn der<br />

Einführung der freien Marktwirtschaft<br />

in den ehemaligen Ostblock-Staaten<br />

auch noch die alten Kontakte sehr<br />

wichtig“, erinnert sich Mosthaf.<br />

Entsprechend der damit verbundenen<br />

Umsatzsteigerung wird der Bereich<br />

Osteuropa mittlerweile von drei<br />

Gebietsverkaufsleitern betreut. Jana<br />

Johanides, die schon seit längerem<br />

mit Russland den umsatzstärksten regionalen<br />

Markt betreut, erzählt:<br />

zeug für die Familie überführen. So kamen<br />

hauptsächlich Peugeot 404 in<br />

diese Länder. Nach wie vor werden unsere<br />

heiß begehrten ‚Super kits‘ (Kolben,<br />

Zylinderbuchsen und Dichtungssatz)<br />

im Reparaturmarkt in großen<br />

Stückzahlen benötigt. In vielen Regionen<br />

dieser Länder gibt es nur Wüste.<br />

Der Sand setzt sich im ganzen Motor<br />

Qualität hat einen Namen: „KS Alemania“<br />

fest; die Motorenteile müssen oftmals<br />

schon nach nur zwei Jahren ausgewechselt<br />

werden“, ergänzt der in<br />

Deutschland lebende Normanne.<br />

In Südamerika zeigt die MSI auf dem<br />

Nutzfahrzeug-Sektor ebenfalls mit Erfolg<br />

Flagge. Nicht von ungefähr übrigens:<br />

Bei Herstellern wie Volvo und<br />

Scania, die auf dem südamerikani-<br />

„Durch die Öffnung zum Westen entstand<br />

ein enormer Nachholbedarf.<br />

Den größten Ruck gab es zur Jahrtausendwende.<br />

Allein von 1999 auf 2000<br />

konnte der Umsatz verdoppelt werden.<br />

Weil alles schnell gehen musste<br />

und die Kunden nicht warten wollten,<br />

wurden die MSI-Produkte von so genannten<br />

Abholern direkt von Neckar-<br />

Großes Potenzial im Osten Europas<br />

sulm über 2000 bis 3000 Kilometer<br />

Entfernung per Lastkraftwagen zu ihrem<br />

Lager transportiert. Heute gibt es<br />

spezialisierte Speditionen, die unsere<br />

Ware schnell und zuverlässig nach<br />

Russland bringen.“ Ähnliches gilt<br />

auch für Weißrussland und die Ukraine,<br />

den nach Russland umsatzstärksten<br />

Ländern der GUS. kbr<br />

Hoffnung“ in Südafrika ebenso Abnehmer<br />

wie in Sibirien und in Neuseeland.<br />

96 Millionen € der 106 Millionen € Gesamtumsatz<br />

im Jahr 2004, also 90 Prozent,<br />

wurden als Exporte weltweit getätigt.<br />

Knapp 50 Prozent davon entfielen<br />

im zurückliegenden Jahr auf Staaten<br />

der EU und auf Nicht-EU-Länder in Europa.<br />

255 Mitarbeiter in Deutschland und<br />

110 Beschäftigte der MSI-Gruppe weltweit<br />

kümmern sich um die Belange der<br />

Kunden. „Wir liefern Motorenteile in<br />

höchster Qualität. Unsere Kunden wünschen<br />

zusätzlich technische Beratung<br />

und Verkaufsunterstützung. Als Problemlöser<br />

für Handel und Werkstatt bieten<br />

wir unseren Partnern umfangreiche<br />

Dienstleistungen und die technische<br />

Kompetenz als Tochtergesellschaft eines<br />

großen Automobilzulieferers.“<br />

Hansjörg Rölle, Geschäftsführer der<br />

Motor Service International GmbH,<br />

nennt dies das „MSI plus – Konzept“. Dubai ist für MSI-Chef Hansjörg Rölle „wirtschaftliche Drehscheibe und strategisches Sprungbrett“ für den Mittleren Osten.<br />

Jüngstes Beispiel für die Umsetzung<br />

dieses Konzeptes im Markt ist die gemeinsame<br />

Pressekonferenz der <strong>Kolbenschmidt</strong><br />

<strong>Pierburg</strong> <strong>AG</strong> und der Motor<br />

Service International GmbH in Dubai<br />

vor wenigen Wochen. Dr. A. Safieddine,<br />

Geschäftsinhaber der Firma Apex und<br />

seit langem MSI-Partner im Mittleren<br />

Osten, hatte dieses Meeting im Hotel<br />

Madinat Jumeirah in Dubai organisiert.<br />

Geladen war ein ausgewähltes Fachpublikum<br />

der arabischen Medien. MSI-<br />

Chef Rölle: „Die Pressekonferenz in Dubai<br />

hatte zum Ziel, die Marke ,<strong>Kolbenschmidt</strong>‘<br />

im Mittleren Osten noch bekannter<br />

zu machen.“<br />

Mit der Jebel Ali Freezone, der größten<br />

Freihandelszone der Welt, wurde<br />

Dubai in den Vereinigten Arabischen<br />

Emiraten zum Magnet. Mehr als 1300<br />

Firmen haben sich dort bereits niedergelassen.<br />

Die Steuer- und Zollfreiheit<br />

und eine hervorragende Infrastruktur<br />

öffnen hier die Tore zu einem Markt mit<br />

1,4 Milliarden Konsumenten. „Dubai ist<br />

die Drehscheibe und das strategische<br />

Sprungbrett für den Mittleren Osten“,<br />

erläutert Hansjörg Rölle: „Deshalb war<br />

es wichtig, in diesem expandierenden<br />

Markt einen Bogen zu spannen zwischen<br />

<strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong> als Erstausrüster<br />

namhafter Fahrzeug- und<br />

Motorenhersteller und der Motor Service<br />

International GmbH als Ergänzung<br />

für den Aftermarket-Bereich.“<br />

Weltweit profitiert das Exportgeschäft<br />

der MSI davon, dass <strong>Kolbenschmidt</strong><br />

<strong>Pierburg</strong> unter anderem folgende<br />

Fahrzeughersteller als OEM-<br />

Kunden (OEM = Original Equipment<br />

Manufacturer) beliefert: Citroën, Iveco,<br />

BMW, DAF, Opel, Nissan, Perkins,<br />

Deutz, Toyota, Peugeot, Mazda, Ford,<br />

Fiat, MAN, Mercedes Benz, General<br />

Motors, MWM Diesel, VW und Volvo.<br />

Die Kolben und Gleitlager als Haupt-<br />

produkte von <strong>Kolbenschmidt</strong> sind<br />

schon seit 50 Jahren als Garant für<br />

Qualität im Erstausrüstermarkt international<br />

bekannt. In Ergänzung für den<br />

internationalen Aftermarket-Bereich<br />

liefert die MSI Ringsätze, Zylinderlaufbuchsen,<br />

Filter, Wasserpumpen, Zylinderköpfe<br />

und Ventile an Motoreninstandsetzer<br />

weltweit. <strong>Das</strong>selbe gilt für<br />

die Erstausrüster-Qualität der <strong>Pierburg</strong>-Produkte<br />

(z. B. Kraftstoffpumpen,<br />

Abgasrückführventile, Klappenstutzen,<br />

Luftmassensensoren, Vakuumpumpen).<br />

Durch gezielte Vermittlung<br />

von technischem Know-how und durch<br />

Unterstützung für Werkstätten gibt es<br />

für <strong>Pierburg</strong>-Produkte in diesem Zusammenhang<br />

ein großes Potenzial in<br />

wachsenden Märkten. Noch einmal<br />

MSI-Chef Rölle: „Mit den Produkten<br />

von <strong>Kolbenschmidt</strong> und <strong>Pierburg</strong> haben<br />

wir zwei starke Marken unter einem<br />

Dach.“ Karin Brück<br />

schen Kontinent über hohe Marktanteile<br />

verfügen, sitzt <strong>Kolbenschmidt</strong> in<br />

der Erstausrüstung mit am Tisch – ein<br />

Vorteil, der sich einmal mehr auch im<br />

Ersatzteilgeschäft der MSI auszahlt.<br />

„Ein weiterer wesentlicher Pluspunkt<br />

ist, dass in Brasilien die MSI-Tochtergesellschaft<br />

KSPA (KS Produtos Automotivos/Nova<br />

Odessa) den Markt vor<br />

Ort bedient. Mit steigenden Umsatzzahlen“,<br />

ergänzt Faustino Minchella,<br />

der mehrere Jahre in Brasilien gelebt<br />

bzw. gearbeitet hat und die Firma<br />

KSPA mit seinem profunden Fachwissen<br />

unterstützt hat.<br />

Auch in Bolivien, Peru und Chile gibt<br />

es ein hohes Nutzfahrzeug-Aufkommen;<br />

vorrangig sind dies Volvo- und<br />

Scania-Fahrzeuge. Assemblies sind<br />

hier die Haupt-Exportartikel. MSI-Vertriebsexperte<br />

Jakob Roos: „Qualität<br />

hat in Südamerika einen Namen: ,KS<br />

Alemania‘.“ kbr<br />

Foto: dpa


Seite 6 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

Open Community für offene Schnittstellen<br />

Eine Gemeinschaft<br />

von Wettbewerbern<br />

emeinsam mit den Unternehmen<br />

Atos Origin,<br />

Diehl BGT Defence, CO-<br />

NET, CSC Ploenzke, ESG,<br />

IBM Deutschland, Thales<br />

Defence Deutschland und<br />

Unilog Systems gehört<br />

die Rheinmetall Defence Electronics<br />

GmbH (RDE) zur Open Community. Die<br />

beteiligten Firmen sind zum Teil im<br />

Markt Wettbewerber und verpflichten<br />

sich, auf Basis anerkannter, offener ziviler<br />

und militärischer Standards in einem<br />

firmenübergreifenden Ansatz Interoperabilität<br />

zum Nutzen der Bundeswehr<br />

zu realisieren. Grund dafür ist die<br />

Neuausrichtung der Bundeswehr, die<br />

unter anderem mehr interne Kommunikation<br />

erfordert. Waren bisher alle Hersteller<br />

daran interessiert, ihre Eigenentwicklungen<br />

zu schützen, so gilt zunehmend<br />

der Ansatz, militärische Einsätze<br />

teilstreitkraftübergreifend (Joint) und in<br />

Koalitionen durchzuführen (Combined).<br />

Dies bedarf auch industriell einer engeren<br />

Abstimmung zwischen den Unternehmen<br />

und ihren Systemen.<br />

Ein regelrechter Verbund will die<br />

Open Community hingegen nicht sein,<br />

sondern stets eine offene Arbeitsgruppe,<br />

wie Joachim Dierig betont, der bei<br />

Rheinmetall Defence Electronics GmbH<br />

mit dem Thema federführend befasst<br />

ist: „Die Mitglieder werden natürlich<br />

auch künftig bei Ausschreibungen gegeneinander<br />

antreten, ein Zusammengehen<br />

würde aus kartellrechtlichen<br />

Gründen gar nicht möglich sein. Aber<br />

wir müssen alle lernen, nicht mehr nur<br />

unsere Techniken zu schützen, um<br />

möglicherweise Anschlussaufträge zu<br />

erhalten. Denn unsere Auftraggeber<br />

Foto: Marion Schlender<br />

dk Bremen. Unterschiedlichste Systeme, Standards und Techniken für den Informationsaustausch<br />

sind bei den Streitkräften im Einsatz. <strong>Das</strong> Nebeneinander<br />

in den Waffengattungen findet seine Entsprechung in unterschiedlichsten Kommunikationssystemen<br />

der verschiedenen Nationen. Offene Schnittstellen oder<br />

Standards – wie etwa in der Computerbranche üblich – fehlen heute häufig noch.<br />

Der Wunsch nach Interoperabilität nimmt jedoch vor dem Hintergrund multinationaler<br />

und gemischter Verbände zu. Dieser Aufgabe hat sich die Interessengemeinschaft<br />

„Open Community“ verschrieben, in der sich auch die Rheinmetall-DeTec-Firmengruppe<br />

engagiert: Offene Standards für militärische Systemarchitekturen<br />

sind das Ziel der Open Community. Die Bundeswehr und andere<br />

Streitkräfte sollen von leistungsfähigen technischen Lösungen profitieren, die<br />

auf gemeinsamen Standards basieren und dadurch netzwerkfähig werden.<br />

ie Transformation der<br />

Streitkräfte ist in vollem<br />

Gange. Künftig werden<br />

sich die Armeen stärker<br />

daran orientieren, welche<br />

Fähigkeiten sie benötigen,<br />

und daran ihre Beschaffung<br />

ausrichten. Zum Einsatz<br />

kommen gemischte Verbände, die<br />

auch auf unterster Ebene in der Lage<br />

sein müssen, miteinander zu kommunizieren.<br />

Durch Network Enabled Capabilities<br />

(NEC) soll diese Kommunikation<br />

erreicht werden; die Open Community<br />

wiederum schafft die Grundlagen<br />

dafür. Diese Kooperation unterschiedlichster<br />

Hersteller hat auch Konsequenzen<br />

für die Defence-Sparte von Rheinmetall,<br />

so Diplom-Ingenieur Joachim<br />

Dierig, General Manager für NEC bei der<br />

Rheinmetall Defence Electronics und<br />

derzeitig Sprecher der Open Community,<br />

im Gespräch mit „<strong>Das</strong> Profil“.<br />

Profil: Welche Aufgabe haben Sie<br />

übernommen?<br />

Dierig: Ich engagiere mich für Rheinmetall<br />

Defence in der Interessenge-<br />

NEC-Experte Joachim Dierig von der RDE.<br />

wollen offene Schnittstellen.“ Dies gilt<br />

seiner Ansicht nach zuerst für jene Systeme,<br />

die derzeit im Einsatz sind – wegen<br />

der zunehmenden internationalen<br />

Anforderungen an die Bundeswehr.<br />

Deren Einsatzverbände sind heute<br />

über alle Waffengattungen hinweg gemischt<br />

und müssen auch auf den unteren<br />

Führungsebenen kommunizieren<br />

können. „Da will man nicht mehr den<br />

Umweg über höhere Kommandoebenen<br />

wie Brigade, Division oder Korps<br />

nehmen, der umständlich und langsam<br />

ist“, so Dierig. Hinzu kommt die Zusammenarbeit<br />

bei multinationalen Einsätzen.<br />

Waren früher die Kampfverbände<br />

homogen, etwa ein Panzerbataillon,<br />

so besteht heute zum Beispiel das<br />

Problem, dass im Feld ein deutsches<br />

Fahrzeug nicht mit einem französischen<br />

kommunizieren kann. Dies führt<br />

dann in der Realität dazu, dass Informationen<br />

aus einem deutschen Verband<br />

bis zur Gefechtsstandebene<br />

hochlaufen müssen. Dort erst erfolgt<br />

dann der Austausch der Information,<br />

mündlich oder schriftlich, an die Partnerstreitkräfte,<br />

um dann wiederum den<br />

Weg durch deren Instanzen und Kommunikationssysteme<br />

bis ins Feld zu<br />

nehmen – ein denkbar umständliches<br />

Procedere.<br />

„Wir haben sehr viele eingeführte<br />

Systeme bei der Truppe, die keine offenen<br />

Schnittstellen haben. Dafür stets<br />

den Know-how-Schutz als Grund vorzuschieben,<br />

macht heute keinen Sinn<br />

mehr“, so Dierig. Langfristig habe es,<br />

so der gebürtige Westfale weiter, keinen<br />

Nutzen, wenn ein Unternehmen<br />

sich auf diese Weise Folgeaufträge erhoffe. <br />

meinschaft Open Community, die ja<br />

künftig offene Standards für militärische<br />

Systemarchitekturen ermöglichen<br />

soll. Damit hängt eng zusammen,<br />

den Streitkräften die Fähigkeit zu<br />

vernetzter Führung – so genannte Network<br />

Enabled Capabilities – zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Profil: Ist diese Aufgabe, da es sich<br />

ja vor allem um Kommunikationstechnik<br />

dreht, nur auf die RDE beschränkt?<br />

Dierig: Nein, eben nicht. Die Vision<br />

der Open Community, und damit auch<br />

die Fähigkeit zum vernetzten Handeln<br />

über verschiedene Systeme und Streitkräfte<br />

hinweg, berührt alle unsere Geschäftsbereiche.<br />

Ich bin zwar bei der<br />

RDE angesiedelt, arbeite aber in dieser<br />

Hinsicht eng mit den Bereichen<br />

Landsysteme, Waffe und Munition sowie<br />

Flugabwehrsysteme zusammen.<br />

Profil: Was heißt das genau?<br />

Dierig: Rheinmetall begleitet den<br />

Prozess der Transformation der Streitkräfte<br />

aktiv und gestaltet ihn mit. Es<br />

wird ja künftig nicht mehr so sein, dass<br />

Nachfolgebeschaffungen sich an Plattformen<br />

orientieren – getreu dem Motto:<br />

Ein Kampfpanzer ist 40 Jahre im<br />

Dienst, also wird ein Nachfolger konzipiert<br />

und bestellt. So werden Beschaffungen<br />

in Zukunft nicht mehr laufen.<br />

Eher wird gefragt: Brauchen wir überhaupt<br />

noch ein bestimmtes System?<br />

Profil: Was ändert sich dadurch?<br />

Dierig: In Zukunft wird fähigkeitsorientiert<br />

gedacht. Systeme werden für<br />

bestimmte Aufgaben gebraucht. Die-<br />

Leistungsfähige technische Lösungen: Die neue Open Community setzt sich für offene Schnittstellen in der Wehrtechnnik ein.<br />

Die Open Community wird künftig<br />

auch auf offene Standards setzen, die<br />

aus der zivilen Welt bekannt sind.<br />

Über dringend zu schützende Techniken<br />

könne und müsse man sich dann<br />

auf höherer Ebene wie der Nato einigen,<br />

sagt Joachim Dierig. Ein erster<br />

Ansatz auf diesem Weg ist das Software<br />

Defined Radio: So wie man einen<br />

Videorecorder auf einem PC nachahmen<br />

kann und dies heute breite Anwendung<br />

findet, so lässt sich durch<br />

spezielle Software ein Funkgerät auf<br />

dem Computer in einem Panzer nach-<br />

bilden. Vorteil: Je nachdem, welche<br />

Nationen in einem Verband zusammengefasst<br />

sind, werden die entsprechenden<br />

Konfigurationen ihrer Funkgeräte<br />

durch das Programm aufgerufen<br />

und virtuell nachgebildet. Die<br />

Kommunikation zwischen unterschiedlichen<br />

Funkgeräten und deren<br />

Techniken findet so von Einsatz zu<br />

Einsatz je nach Bedarf statt.<br />

Als Anbieter von Führungssystemen<br />

ist auch Rheinmetall Defence von die-<br />

se Aufgaben könnten durch einen<br />

Schützenpanzer abgedeckt werden,<br />

es kann aber auch ganz andere Möglichkeiten<br />

geben. <strong>Das</strong> heißt für Rheinmetall<br />

Defence, dass wir unsere Sichtweise<br />

bei der Entwicklung neuer Systeme<br />

ändern. Wir gehen also derzeit<br />

weg vom rein plattformorientierten<br />

Denken.<br />

Profil: Aber Plattformen gab es doch<br />

immer und gibt es weiterhin?<br />

Dierig: Ja, aber die militärischen<br />

Doktrinen haben sich geändert. Früher<br />

gab es die drei Gefechtsarten Angriff,<br />

Verteidigung und Verzögerung,<br />

in der beispielsweise die Plattform<br />

Kampfpanzer eine fest umrissene un-<br />

umstrittene Rolle hatte. Operationen,<br />

mit denen Streitkräfte heute konfrontiert<br />

werden, fordern eine deutlich<br />

breitere Fähigkeitspalette. Für zukünftige<br />

Beschaffungen wird grundsätzlich<br />

gefragt, mit welchem System kann ich<br />

optimal und möglichst viele der geforderten<br />

Fähigkeiten abdecken. Ein<br />

Kampfpanzer kann auch hier durchaus<br />

weiterhin eine Rolle spielen. Die Plattformen<br />

der Zukunft können jedoch<br />

auch ganz anders aussehen, als wir es<br />

uns heute vorstellen können.<br />

Profil: Was ergibt sich für Rheinmetall<br />

Defence daraus?<br />

Dierig: Als Rheinmetall Defence<br />

werden wir diese Anforderungen im<br />

sen Entwicklungen betroffen. „Wenn<br />

die Funkschnittstelle nicht offen ist,<br />

können die Daten dahinter nicht kommuniziert<br />

werden. Dies wollen wir mit<br />

der Open Community angehen“, sagt<br />

Joachim Dierig. So sei künftig denkbar,<br />

dass eine Panzerbesatzung nicht von<br />

Hand einen aufgeklärten Feindpanzer<br />

in ihre Karte einträgt und per Funk meldet,<br />

sondern dies in einen Computer<br />

eingibt und diese Meldung automatisch<br />

und online auf den Systemen des<br />

ganzen Verbandes und im Gefechtsstand<br />

erscheint. Transparenz für alle im<br />

Verbund, so lautet das Stichwort.<br />

Derzeit wird vor allem im Rahmen von<br />

Experimenten und Simulationen erprobt,<br />

wie bereits vorhandene Systeme<br />

durch Öffnen und Anpassen der<br />

Schnittstellen vernetzt werden können.<br />

Darüberhinaus können die Fähigkeiten<br />

neuer Systeme frühzeitig überprüft<br />

werden. Durch dieses als CDE (Concept<br />

Development and Experimentation)<br />

bekannte Prinzip lassen sich Möglichkeiten<br />

ausloten, bevor mehr investiert<br />

wird. So wie etwa die Bundeswehr die<br />

Experimentreihe Common Umbrella<br />

aufgesetzt hat.<br />

Die Open Community hat hierzu entsprechende<br />

Konzeptvorschläge unter-<br />

Verbund aller Unternehmensteile erfüllen.<br />

Hier spielen alle Bereiche zusammen:<br />

Fahrzeuge, Flugabwehr,<br />

Waffen und Munition sowie Vernetzungstechnik.<br />

Für uns bedeutet das:<br />

Im Verbund mit der ertragsorientierten<br />

Ausrichtung unserer vier Geschäftsbereiche<br />

kommt künftig deren<br />

intensivere Kooperation untereinander<br />

hinzu. Dies wird dann in Systeme<br />

münden, die die Transformation der<br />

Streitkräfte hin zu neuen Fähigkeiten<br />

wie der vernetzten Operationsführung<br />

ermöglichen.<br />

Profil: Können Sie konkreter werden?<br />

Dierig: Wir werden noch stärker im<br />

Auge haben, dass wir unseren Kun-<br />

den nicht nur Lösungen aus den einzelnen<br />

Bereichen anbieten können,<br />

sondern auch Kombinationen als Gesamtsysteme<br />

– so zum Beispiel Drohnen<br />

inklusive der notwendigen Fahrzeuge<br />

und Führungseinrichtungen.<br />

<strong>Das</strong> möchte ich, gemeinsam mit dem<br />

Vorstand, in die einzelnen Bereiche<br />

hineintragen. Von diesem – wenn Sie<br />

so wollen – fächerübergreifenden<br />

Denken und Handeln hängt zu einem<br />

guten Teil unser Erfolg in der Zukunft<br />

ab.<br />

Profil: Die Einsatzverbände sind bereits<br />

heute über alle Streitkräfte gemischt<br />

und zwar auf Kompanieebene,<br />

und da müssen sie kommunizieren<br />

breitet. „Wir sehen so schnell, ob bei<br />

eingeführten Systemen die Vernetzbarkeit<br />

nachhaltig verbessert werden kann<br />

oder ob ein neues System die gewünschten<br />

Fähigkeiten hat, indem wir<br />

Szenarien durchspielen“, blickt Dierig<br />

in die Zukunft.<br />

Vor allem kommt es zunächst darauf<br />

an, die eingesetzten Altsysteme anzupassen.<br />

Dies macht – auch international<br />

gesehen – Sinn. Viele Standards<br />

werden durch den US-Markt und das<br />

NCOIC (Network Centric Operations Industry<br />

Consortium) vorangetrieben, in<br />

dem Rheinmetall Defence Mitglied ist.<br />

„Mit der Open Community haben wir<br />

in Deutschland und europaweit die<br />

Chance, ein eigenes Gewicht aufzubauen“,<br />

betont Dierig. Dies setze auch<br />

Kreativität frei. Zwar könnten nach der<br />

Offenlegung von Schnittstellen auch<br />

heutige Konkurrenten bei Aufträgen<br />

mitbieten, die vorher durch Eigenentwicklungen<br />

abgeschottet waren. Davor<br />

sollte man aber die Scheu verlieren,<br />

sagt Joachim Dierig: „Denn es<br />

gibt ja auch immer die Chance, gemeinsam<br />

technisch weiterzukommen<br />

– wenn man enger zusammenarbeitet,<br />

auch mit Mitbewerbern.“ (Siehe<br />

auch „Profil“-Seite 7)<br />

können. Klassischerweise läuft die<br />

Kommunikation . . .<br />

Dierig: ...aber noch nach dem Prinzip<br />

der Drehstuhl-Schnittstelle: Ein Soldat<br />

empfängt Informationen einer Waffengattung<br />

am Bildschirm und überträgt<br />

sie manuell in ein anderes System.<br />

Was an Aufklärungsinformationen<br />

in einem Schützenpanzer oder durch eine<br />

Drohne anfällt, wird nur mühsam an<br />

eine Artilleriestellung übertragen. Will<br />

heißen: Wenn wir, wie in der Open<br />

Community, Informationen über Plattformen<br />

hinweg übertragen wollen, um<br />

die Kommunikation der Streitkräfte effizienter<br />

zu gestalten, dann werden wir<br />

das auch intern systematisch angehen.<br />

„Müssen fächerübergreifend arbeiten“<br />

Profil: Wie könnte das aussehen?<br />

Dierig: So wie etwa beim Projekt<br />

Feldlagerschutz. Hier haben wir aus<br />

allen Bereichen der Defence-Sparte<br />

die leistungsfähigen Lösungen aller<br />

vier Geschäftsbereiche zusammengefügt.<br />

Im September dieses Jahres werden<br />

wir in Unterlüß demonstrieren,<br />

wie sich durch eine intelligente Vernetzung<br />

und das Zusammenspiel von<br />

Sensoren und Effektoren Feldlager wesentlich<br />

besser als heute schützen lassen.<br />

Ich denke, es gibt noch viele solcher<br />

Möglichkeiten, Synergien der Bereiche<br />

zu nutzen und nach außen als<br />

Gesamtpaket zu präsentieren.<br />

Detlev Karg<br />

Composing: frei-stil/Fotos: IMZBw-Bildarchiv


Cartoon: Dirk Meissner<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Seite 7<br />

dk Bremen. Interoperabilität istdas<br />

Gebot der Stunde bei den Streitkräften.<br />

Es gilt, neue Fähigkeiten durch<br />

das Zusammenwirken von Teilstreitkräften<br />

zu entwickeln. Diese neuen Fähigkeiten<br />

durch vernetzte Kommunikation<br />

sind durch Einsatzszenarien<br />

wie etwa friedensstiftende Missionen<br />

bedingt und prägen die Transformation<br />

der Streitkräfte maßgeblich mit.<br />

Bekanntlich werden die Streitkräfte in<br />

den USA und in der Nato im Rahmen<br />

der Transformation derzeit neu ausgerichtet<br />

und ausgerüstet. Moderne<br />

Streitkräfte operieren in Zukunft multinational<br />

und teilstreitkräfteübergreifend.<br />

<strong>Das</strong> heißt, Heer, Luftwaffe und<br />

Marine verschiedener Nationen arbeiten<br />

verstärkt im vernetzten Verbund<br />

zusammen. Eine Schlüsselrolle kommt<br />

dabei speziellen neuen Fähigkeiten,<br />

den so genannten Network Enabled<br />

Capabilities (NEC) zu: Sensoren, Effektoren<br />

sowie Führungs- und Unterstützungssysteme<br />

der verschiedenen<br />

Ebenen werden über eine IT-Architektur<br />

in einem Netzwerk verbunden.<br />

Gemeinsam im vernetzten Verbund mit Erfolg operieren<br />

erzeit erprobt die Rheinmetall<br />

Defence Electronics<br />

GmbH (RDE) in Bremen<br />

in einer NEC-Experimentalumgebung,<br />

wie<br />

das Zusammenwirken<br />

unterschiedlichster Systeme<br />

dereinst funktionieren könnte.<br />

Einsatzszenarien werden entwickelt<br />

und durchgespielt, bei denen wesentlich<br />

mehr automatisierte Vorgänge die<br />

Kommunikation zwischen Sensor- und<br />

Waffensystemen unterstützen, als dies<br />

heute der Fall ist. Die nicht kompatiblen<br />

Schnittstellen von Systemen, die in<br />

der Truppe eingeführt sind, machen<br />

derzeit häufig das Übertragen von Daten<br />

über verschiedene Systeme per<br />

Hand erforderlich. Diesen „Medienbruch“<br />

in der Kommunikation sollen<br />

NEC-fähige Systeme überwinden.<br />

Die Bedeutung<br />

von Six Sigma<br />

Neckarsulm. Six Sigma ist eine statistische<br />

Größe, die die Nullfehler-<br />

Qualität beschreibt. <strong>Das</strong> heißt, in einem<br />

von Six Sigma geprägten Prozess<br />

entstehen – bezogen auf eine<br />

Million Möglichkeiten – nur 3,4 fehlerhafte<br />

Ergebnisse. Anders gesagt,<br />

ist der Prozess mit einer Wahrscheinlichkeit<br />

von 99,99960 Prozent fehlerfrei.<br />

Basis bildet dabei die Gauß’sche<br />

Normalverteilung, bei der mit<br />

Sigma (Σ) die Standardabweichung<br />

eines Prozesses bezeichnet wird.<br />

Ein denkbares NEC-Szenario ist die gezielte Bekämpfung eines Terroristencamps. Künftig wäre dabei vorstellbar, dass die Aufklärungsdaten – etwa aus einem AWACS-Flugzeug –<br />

automatisiert an eine vor der Küste kreuzende Fregatte per Datenlink übermittelt werden. Diese könnte sie an eine zur Nahaufklärung eingesetzte KZO-Drohne weitergeben, die<br />

exaktere Bilder eines möglichen Zieles liefern kann. Diese wiederum stellt per Datenlink ebenfalls allen anderen Einheiten ihre Informationen zeitgleich und online zur Verfügung.<br />

Die Auswertung im Hauptquartier entscheidet dann über eine mögliche Bekämpfung des Ziels, die rasch erfolgen kann, weil alle Daten an allen Stationen bereits vorliegen.<br />

Ein durchaus realistisches Szenario für<br />

Network Enabled Capabilities ist die Bekämpfung<br />

eines terroristischen Lagers.<br />

Künftig wäre dabei denkbar, dass die<br />

Aufklärungsdaten – etwa aus einem<br />

AWACS-Flugzeug – automatisiert an eine<br />

vor der Küste kreuzende Fregatte per<br />

Datenlink übermittelt werden. Diese<br />

könnte sie an eine zur Nahaufklärung<br />

eingesetzte KZO-Drohne weitergeben,<br />

die exaktere Bilder eines möglichen Zieles<br />

liefern kann. Die Drohne stellt per<br />

Datenlink ebenfalls allen anderen Einheiten<br />

ihre Informationen zeitgleich und<br />

online zur Verfügung. Die Auswertung<br />

im Hauptquartier entscheidet dann über<br />

eine mögliche Bekämpfung des Ziels,<br />

die rasch erfolgen kann, weil alle Daten<br />

an allen Stationen bereits vorliegen.<br />

Ähnliches ließe sich für die Überwachung<br />

eines Luftraums denken, bei<br />

Die Methode zur Erreichung von<br />

Six Sigma folgt zwei Richtungen:<br />

Zum einen sollen bestehende Prozesse<br />

mit der DMAIC-Methode (Define-Measure-Analyze-Improve-Control)<br />

verbessert werden; zum anderen<br />

sollen nicht mehr funktionierende<br />

oder neue Prozesse mit der<br />

DMADV-Methode (Define-Measure-<br />

Analyze-Design-Verify) neu gestaltet<br />

werden. Im Geschäftsbereich KS<br />

Kolben ist man zunächst bestrebt,<br />

die DMAIC-Methode zu implementieren<br />

und hofft, dass Six Sigma in<br />

zwei Jahren ein fester Bestandteil<br />

der <strong>Kolbenschmidt</strong>-Firmengruppe<br />

sein wird. bja<br />

dem luft- und bodengestützte Aufklärung<br />

automatisiert zusammenwirken,<br />

um ein zeitnahes Lagebild an alle beteiligten<br />

Systeme und Stationen zu<br />

übermitteln, damit eine Flugabwehrstellung<br />

– ebenfalls weitgehend automatisiert<br />

– ein sich näherndes Flugobjekt<br />

bekämpfen kann. Die Offenlegung<br />

von Schnittstellen auch von anderen<br />

Herstellern ist bei diesen Szenarien<br />

entscheidend.<br />

Die Rheinmetall Defence Electronics<br />

GmbH ist das erste Unternehmen, das<br />

den entsprechenden Forderungen der<br />

Bundeswehr nachgekommen ist, eingeführte<br />

Sensoren und Effektoren in einer<br />

Experimentalumgebung zusammenzuschalten.<br />

Der NEC-Demonstrator der<br />

RDE bildet dabei im Wesentlichen eigen<br />

entwickelte und bereits in der Bundeswehr<br />

eingeführte Komponenten ab.<br />

Dabei lassen sich unterschiedlichste<br />

Szenarien durchspielen. Etwa die, bei<br />

der drei Führungssysteme verbunden<br />

werden, die jeweils das Fahrzeug eines<br />

Fennek-Spähwagens, eines Panzerzugführers<br />

und eines Einzelpanzers darstellen.<br />

Die drei Fahrzeugführungssysteme<br />

sind im Experiment miteinander über<br />

taktische Funkgeräte vernetzt. Weitere<br />

Teilnehmer dieses Führungsnetzwerks<br />

sind ein Waffenträger des leichten Flugabwehrsystems<br />

(LeFlaSys) und zwei<br />

Führungssystemarbeitsplätze für die<br />

Ebene Bataillon oder Brigade.<br />

Wie die Kommunikation in einem solchen<br />

Verbund abläuft, lässt sich im Experiment<br />

ebenso darstellen wie in einer<br />

weiteren, wesentlich komplexeren Umgebung:<br />

In diesem Fall wirken die Panzerhaubitze<br />

M109 A2, die Tares-Kampfdrohne,<br />

das Aufklärungsfahrzeug Fen-<br />

nek mit der Beobachtungs- und Aufklärungsausstattung<br />

und die Aufklärungsdrohne<br />

KZO zusammen. Angeschlossen<br />

ist zudem das taktische Simulationssystem<br />

TacSi von RDE. Dieses bietet die<br />

nötige virtuelle Realzeitsimulation und<br />

stellt so eine Umgebung zur Verfügung,<br />

wie sie sich im realen Einsatz zeigen<br />

würde: Fahrzeugpositionen, Geschwindigkeiten,<br />

aufgeklärte Ziele und Waffenwirkung<br />

– all das kann hier dargestellt<br />

werden, und zwar in einem Verbund,<br />

wie er sich künftig im Einsatz bewähren<br />

soll. Wo die Schwächen und<br />

Hürden liegen, wird hier ebenso sichtbar<br />

gemacht wie die mögliche Leistungsfähigkeit<br />

einer solchen Konfiguration.<br />

Die Ergebnisse dieser Experimente<br />

fließen in die Konzeption von Verbundsystemen<br />

ein, die die Transformation<br />

der Streitkräfte unterstützen.<br />

Six-Sigma-Projekt bei der KS <strong>Kolbenschmidt</strong> GmbH: Qualität produzieren!<br />

Mit Gauß die Prozesse verbessern<br />

bja Neckarsulm. Seit Anfang 2005 hat<br />

sich bei der KS <strong>Kolbenschmidt</strong> GmbH<br />

im Rahmen der kontinuierlichen Verbesserungssysteme<br />

ein weiterer Baustein<br />

hinzugesellt: Six Sigma. Aufbauend<br />

auf den zielorientierten und strukturierten<br />

Verbesserungsprozessen in<br />

den klassischen Problemfeldern Qualität,<br />

Kostenmanagement und Prozessoptimierung,<br />

soll mit Six Sigma ein<br />

stringentes Projektmanagement, gepaart<br />

mit den Methoden des Qualitätsmanagements<br />

und der Statistik, verfolgt<br />

werden.<br />

Globale und kurzlebige Märkte erfordern<br />

schnelle, hochflexible und anpassungsfähige<br />

Veränderungsprozesse.<br />

Die Erhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit<br />

macht daher eine<br />

stetige Verbesserung bei jedem Prozessschritt<br />

erforderlich. Dazu Rainer<br />

Fluhr, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

der KS <strong>Kolbenschmidt</strong> GmbH und<br />

Schirmherr des Projektes: „In allen<br />

Top-Unternehmen wird Qualitätsmanagement<br />

als fortlaufender Prozess verstanden.<br />

So hat beispielsweise der Geschäftsbereich<br />

KS Kolben in den vergangenen<br />

zehn Jahren an seinen weltweiten<br />

Standorten eine ganze Anzahl<br />

von Aktivitäten erfolgreich durchgeführt,<br />

die allesamt das Ziel einer kontinuierlichen<br />

Prozessverbesserung verfolgten.<br />

Wir setzen diesen Weg mit Six<br />

Sigma konsequent fort.“<br />

<strong>Das</strong> Ausbildungsprogramm für Six<br />

Sigma wird im Kolben-Geschäftsbereich<br />

seit Anfang dieses Jahres in drei<br />

Stufen top-down durchgeführt. Beginnend<br />

im Januar 2005 in Neckarsulm,<br />

fanden bis März drei weitere „Champion<br />

Trainings“ in Deutschland, Brasilien<br />

und USA statt, in denen auf Management-Ebene<br />

ein Überblick über Konzept<br />

und Methoden von Six Sigma vermittelt<br />

wurden. Mit den jeweils zwei Tage<br />

umfassenden Trainingsveranstal-<br />

tungen sollten die „Champions“ in die<br />

Lage versetzt werden, die nächste Ebene<br />

– die so genannten „Black Belts“ –<br />

zu unterstützen.<br />

Am zweiten Trainingstag hieß es für<br />

die „Champions“, Projektvorschläge zu<br />

sammeln. Ziel war es, mit Hilfe von<br />

praktischen Übungen Projektideen zu<br />

definieren, auf die Six Sigma anwendbar<br />

ist, und die interne Strategieumsetzung<br />

zu forcieren. „Dabei hat sich gezeigt,<br />

dass wir mit diesem System ein<br />

enormes Potenzial umsetzen können:<br />

Es wurden mehr als 130 mögliche Verbesserungsansätze<br />

festgehalten. Dies<br />

unterstreicht den starken Anklang und<br />

die große Unterstützung für dieses Projekt<br />

an allen Standorten weltweit, die<br />

uns darüber hinaus bei der Umsetzung<br />

der in der nächsten Zeit gewonnenen<br />

Erkenntnisse zugute kommen werden“,<br />

erklärt Fluhr.<br />

Die Six-Sigma-Methode kann zur Optimierung<br />

jeder Art von Prozessen mit<br />

Erfolg angewandt werden. Da das Ergebnis<br />

der meisten Prozesse die Gauß’<br />

sche Normalverteilung und die darin<br />

beschriebene Standardabweichung<br />

Sigma (Σ) als Grundlage hat, war es für<br />

die ersten Projekte wichtig, Vorgänge<br />

mit einem hohen Wiederholungsgrad<br />

zu definieren. Nur so können die statistischen<br />

Werkzeuge von Six Sigma greifen,<br />

die Prozesse messbar gemacht<br />

und das Erlernte geübt werden. 138<br />

Projektideen konnten die „Champions“<br />

identifizieren, die dann selektiert<br />

und auf drei Projektvorschläge je<br />

„Black Belt“ reduziert wurden.<br />

Seit Anfang April 2005 folgt die zweite<br />

Stufe der Ausbildung. 18 Teilnehmer<br />

aus Deutschland und Frankreich,<br />

Tschechien, USA und Brasilien sind angetreten,<br />

um sich für den „Black Belt“<br />

zu qualifizieren und das damit verbundene<br />

vierwöchige Training zu absolvieren.<br />

In einem kombinierten Wechsel<br />

aus einwöchigem Training und fünfwöchiger<br />

operativer Projektarbeit im jeweiligen<br />

Unternehmen sollen die Projektleiter<br />

ihr Expertenwissen mit statistischen<br />

Analysewerkzeugen ergänzen.<br />

Jedes Mitglied der Gruppe bearbeitet<br />

während dieser Zeit einen der durch<br />

die „Champions“ ausgewählten Projektvorschläge.<br />

„Wichtig ist es, dass die Black-Belt-<br />

Gruppe in den vier Trainingswochen<br />

gut zusammenwächst, denn nach<br />

Schulungsende sollen die Teilnehmer<br />

in der dritten Stufe der Einführung von<br />

Six Sigma als Trainer für die Green<br />

Belts fungieren“, meint Johann Stanek,<br />

der als Master Black Belt bei <strong>Kolbenschmidt</strong><br />

seit Anfang dieses Jahres<br />

für die Einführung von Six Sigma verantwortlich<br />

ist: „Da kann ein Austausch<br />

untereinander sehr hilfreich<br />

sein.“ Teilnehmer des Green-Belt-Trainings<br />

sollen in der Schulung Grundlagen<br />

und methodische Ansätze von Six<br />

Sigma erlernen und eigenständige<br />

Projekte geringerer Komplexität durchführen<br />

oder als Teammitglieder in den<br />

von den Black Belts geführten Projekten<br />

mitwirken.<br />

In ähnlicher Weise wie Volker von Ey,<br />

der seit Jahren das Thema Kontinuierlicher<br />

Verbesserungs-Prozess (KVP) bei<br />

<strong>Kolbenschmidt</strong> erfolgreich forciert, betreut<br />

Johann Stanek als Master Black<br />

Belt das Projekt Six Sigma. Der studierte<br />

Maschinenbauingenieur war in den<br />

letzten Jahren aufgrund seiner Aufgaben<br />

im Bereich der Arbeitsvorbereitung<br />

häufig mit Qualitätsthemen und<br />

Prozessoptimierungen konfrontiert<br />

und erkannte Six Sigma als zukunftsweisende<br />

Richtung. „Man muss Qualität<br />

produzieren und nicht prüfen. Dies<br />

bedeutet im praktischen Sinne, die Variation<br />

der Prozessergebnisse zu reduzieren.<br />

<strong>Das</strong> ist auch das Ziel von Six<br />

Sigma.“<br />

Composing: Thorsten Ohmes/RDE


Composing: René Dahlmanns<br />

Seite 8 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

ie international renommierteste<br />

„Fundgrube“<br />

für weltweit angewandte<br />

Normen und technische<br />

Dokumente – so lässt<br />

sich die 1949 von dem<br />

Engländer David Rowse<br />

gegründete ILI-Normendatenbank salopp<br />

umschreiben. 1969 brachte das<br />

Unternehmen mit Sitz in Ascot (Großbritannien)<br />

zum ersten Mal eine vollständige<br />

Sammlung der britischen<br />

Normen auf Mikrofilm auf den Markt.<br />

Anfang der achtziger Jahre des 20.<br />

Jahrhunderts aus der Initialen-Kombination<br />

der beiden (bis dato benutzten)<br />

Vermarktungsbezeichnungen<br />

„London Information“ und „Infonorme“<br />

entstanden, verfügt ILI heute als<br />

führende bibliografische Datenbank<br />

über jahrzehntelange Erfahrung und<br />

einen aktuellen Bestand, der mehr<br />

als 520 000 weltweite Normen (davon<br />

20 000 sofort versandfertig) aus allen<br />

nationalen bzw. internationalen Bereichen<br />

von Industrie und Wirtschaft<br />

umfasst (z.B. ISO, IEC, BS, EN, DIN,<br />

ASTM, US Mil Spes, ASME, NFPA und<br />

API).<br />

Nach dem Erfolg von ILI’s erster Datenbank<br />

– der 1989 erstmals publizierten<br />

„Standards Infobase“ – sind<br />

heute insgesamt neun spezielle Normendatenbanken<br />

im Angebot, die auf<br />

CD bzw. online erhältlich und nutzbar<br />

sind. In der Rheinmetall-DeTec-Firmengruppe<br />

und zukünftig auch im<br />

Unternehmensbereich Automotive<br />

werden derzeit die drei Datenbanken<br />

Standards Infobase, Material Infobase<br />

und Metall Infobase gezielt genutzt:<br />

★ Standards Infobase ist ein umfassender<br />

Informations-, Verwaltungsund<br />

Erwerbsservice für Normen. Diese<br />

bibliographische Normendatenbank<br />

Konzernweit über die „gate 2 ...“-Portale nutzbares Tool: Seit kurzem wird sowohl der<br />

Normenbestand von Rheinmetall-Defence als auch der des Unternehmensbereiches<br />

Automotive in der so genannten ILI-Normendatenbank gemeinsam verwaltet.<br />

oho Kiel. Für einen der größten Umzüge,<br />

die Kiel je gesehen hat, laufen bei<br />

der Rheinmetall Landsysteme GmbH<br />

(RLS) derzeit die Vorbereitungen auf<br />

Hochtouren. Auf die 482 Beschäftigten<br />

wartet ein neues Arbeitsumfeld, wenn<br />

die RLS im September 2005 ihren Betriebssitz<br />

von dem früheren MaK-Gelände<br />

im Stadtteil Friedrichsort ins rund<br />

zehn Kilometer entfernte Kiel-Suchsdorf<br />

verlegt. Erstmals werden dann alle<br />

Mitarbeiter unter einem Dach vereint<br />

sein – ein großer Vorteil gegenüber der<br />

Zersplitterung am bisherigen Standort,<br />

wo die Belegschaft über eine Vielzahl<br />

von Liegenschaften auf dem MaK-Gelände<br />

verstreut ist.<br />

„Mit dem Umzug erhält die Zentrale<br />

der Rheinmetall Landsysteme GmbH<br />

endlich ein zeitgemäßes Gesicht“, freut<br />

sich Geschäftsführer Gert Winkler: „Der<br />

neue Firmensitz unterstreicht die veränderte<br />

Identität unseres Unternehmens<br />

hier in Kiel vom Produktions- zum<br />

Engineering- und Verwaltungszentrum.“<br />

Und in der Tat entstehen in den<br />

überdimensionalen Produktionshallen,<br />

in denen in vergangenen Jahrzehnten<br />

zum Beispiel hunderte von Leopard-<br />

Kampfpanzern gebaut wurden, heute<br />

längst Lokomotiven unter der Regie der<br />

benachbarten Vossloh <strong>AG</strong>.<br />

RLS hingegen bündelt in der schleswig-holsteinischen<br />

Landeshauptstadt<br />

heute die verschiedenen Zentralfunktionen<br />

der Gesellschaft, hat den Stand-<br />

ort aber auch mit dem Entwicklungsbereich<br />

zum Kompetenzzentrum für Unterstützungs-<br />

und schwere Fahrzeugsysteme<br />

ausgebaut. Die Produktion wurde<br />

bereits 2001 weitgehend nach Kassel<br />

bzw. Unterlüß verlagert, so dass heute<br />

neun von zehn Kieler Beschäftigten als<br />

Angestellte dem nicht gewerblichen Bereich<br />

zuzuordnen sind. Am vierten Unternehmensstandort,<br />

dem bayerischen<br />

Gersthofen, sind die Kompetenzen rund<br />

um die Fahrzeugtürme konzentriert.<br />

enthält mehr als 520 000 weltweit eingesetzte<br />

bzw. geltende Normen; die<br />

Informationen schließen z.B. Nummer,<br />

Titel, Ausgabe, Zusammenfassung,<br />

Inhaltverzeichnis sowie eine<br />

Aufstellung international entsprechender<br />

Normen ein. Ebenfalls enthalten<br />

sind alle relevanten EU-Richtlinien,<br />

die für die CE-Kennzeichnung von<br />

Produkten erforderlich sind. Um stets<br />

„up to date“ zu sein, steht Standards<br />

Infobase in Checkkontakt mit mehr als<br />

250 internationalen Normenherausgebern.<br />

★ Die Material Infobase ist die weltweit<br />

führende Datenbank für nichtmetallische<br />

Materialien und deren Hersteller.<br />

Sie enthält ausführliche Infos<br />

Einheitliches Normendatenbanksystem wird bei Rheinmetall Wirklichkeit<br />

ILI nun konzernweit „auf Sendung“<br />

akn Düsseldorf. <strong>Das</strong> Ziel, bestehende<br />

Systeme über technische Dokumentationen<br />

im Rheinmetall-Konzern zu vereinheitlichen<br />

und eine einheitliche,<br />

zentrale sowie über die einzelnen<br />

„gate 2 ...“-Konzernportale gesteuerte,<br />

konzernweit nutzbares Normendatenbank<br />

anzubieten, ist jetzt in die Tat umgesetzt<br />

worden. Seit wenigen Wochen<br />

wird sowohl der Normenbestand von<br />

Rheinmetall-Defence als auch der des<br />

Unternehmensbereiches Automotive in<br />

der so genannten ILI-Normendatenbank<br />

gemeinsam verwaltet. Ein entsprechender<br />

Vertrag wurde kürzlich unterschrieben.<br />

Die Datenbank ILI (Infonorme London<br />

Information) gibt Auskunft über weltweite<br />

Normen und Werkstoffe aus allen<br />

nationalen bzw. internationalen Bereichen<br />

von Industrie und Wirtschaft. Neben<br />

einer Datenbank für Normen (Standards<br />

Infobase) gibt es zusätzlich eine<br />

Datenbank für nicht-metallische (Material<br />

Infobase) und eine für metallische<br />

Werkstoffe und Materialien (Metals<br />

Infobase).<br />

„Jeder berechtigte Nutzer hat die<br />

Möglichkeit, nach benötigten Normen<br />

zu recherchieren, und kann sich die im<br />

Rheinmetall-Konzern vorhandenen<br />

bzw. genutzten Normen in aktueller<br />

Ausführung als Volltext anzeigen lassen.<br />

Ansonsten erhält man allgemeine<br />

Informationen über die Norm und<br />

nimmt Kontakt mit der zentralen Normenstelle<br />

in Kiel auf, die die benötigte<br />

Norm erwirbt und ins System stellt, wo<br />

sie dann zur Verfügung steht“, erläutert<br />

Jürgen Heuer, Normenverantwortlicher<br />

bei der Rheinmetall Waffe Munition<br />

GmbH (RWM) in Unterlüß.<br />

Darüber hinaus können auch interne<br />

Unterlagen wie Rheinmetall-Liefervor-<br />

zu über zehntausend Materialien bzw.<br />

Produkten (z.B. Polymere, Gummi,<br />

Harze, Klebstoffe, Halbzeuge), die den<br />

so genannten Leistungsblättern der<br />

Hersteller entnommen sind. Ein weiterer<br />

wichtiger Vorteil: Bei Bedarf lassen<br />

sich auch Materialeigenschaften vergleichen<br />

– ein Nutzen, der die Suche<br />

nach Alternativen nachhaltig erleichtert.<br />

★ Metals Infobase analysiert rund<br />

65 000 weltweite Metallklassifikationen<br />

und spezifiziert deren chemische<br />

Zusammenfassung, mechanische und<br />

physikalische Stoffeigenschaften,<br />

Form und Wärmebehandlung. Weiterhin<br />

enthält diese Datenbank ein Verzeichnis<br />

der Hersteller und bibliogra-<br />

schriften, amtliche technische Lieferbedingungen<br />

des Bundesamt für Wehrtechnik<br />

und Beschaffung (Prüf- und Fertigungsverfahren)<br />

sowie so genannte<br />

Hausnormen von Rheinmetall-Standorten<br />

einschließlich der entsprechenden<br />

Ansprechpersonen recherchiert werden.<br />

Obwohl im Konzern ein unterschiedlicher<br />

Bedarf an produktspezifischen<br />

Normen besteht, existiert ein allgemeiner<br />

Grundbestand an Normen ( z. B.<br />

über Qualitätsmanagement und Qualitätsprüfung,<br />

Brandschutz, Angaben in<br />

Zeichnungen, Schweißverfahren und<br />

Mess- und Prüfnormen), die jede Gesellschaft<br />

immer wieder benötigt. Jetzt<br />

sind diese Normen in einer Datenbank<br />

schnell und unkompliziert recherchierbar.<br />

Weitere Vorteile:<br />

★ Durch den normtechnischen Zusammenschluss<br />

gibt es nur noch eine zentrale<br />

Normenstelle in Kiel, die sich um<br />

die Verwaltung, Pflege und Beschaffung<br />

der Normen, Gesetze und Verordnungen<br />

kümmert.<br />

★ Alle benötigten Normen werden nur<br />

noch einmal beschafft und zentral verwaltet<br />

sowie aktualisiert. Dies hat eine<br />

erhebliche Kostenersparnis zur Folge.<br />

★ Der gesamte Rheinmetall-Normenbestand<br />

wird recherchierbar – jeder<br />

weiß, welche Norm bereits im Konzern<br />

vorhanden ist.<br />

★ Informationen über Hausnormen<br />

werden unter Wahrung der Vertraulichkeit<br />

in die Datenbank integriert.<br />

★ Zusätzlich vorhanden ist eine spezielle<br />

Metall- und Werkstoffdatenbank.<br />

Auf den Weg gebracht wurde das Projekt<br />

Anfang 2001 durch den Arbeitskreis<br />

Wissensmanagement bei Rhein-<br />

phische Eingaben von metallurgischen<br />

Normen.<br />

Darüber hinaus bietet ILI für die jeweiligen<br />

Datenbanken eine speziell<br />

konzipierte Software an, die die Verwaltung<br />

von Normen mit minimalem<br />

Aufwand erlaubt. So können eigene<br />

Notizen zu jedem Datensatz eingegeben<br />

werden, um zum Beispiel relevante<br />

Informationen festzuhalten oder eige-<br />

Ideale „Fundgrube“ für Normen<br />

Bevor die insgesamt 10 600 Quadratmeter<br />

Bürofläche und rund 6000<br />

Quadratmeter für die in Kiel verbliebene<br />

Fertigung und das Lager von der<br />

RLS-Belegschaft auf dem früheren Gelände<br />

der Heidelberger Druckmaschinen<br />

<strong>AG</strong> bezogen werden können, sind<br />

umfangreiche Um- und Neubaumaßnahmen<br />

erforderlich. Im bestehenden<br />

Verwaltungstrakt werden die Büros<br />

umfassend modernisiert und auf den<br />

künftigen Bedarf zugeschnitten. Für<br />

Große logistische Herausforderung Foto:<br />

die Entwicklung und Montage der<br />

schweren Fahrzeuge – vor allem Pionier-<br />

und Bergepanzer, aber auch Prototypen<br />

wie des Modells Boxer – wird<br />

in Kürze eigens eine neue Halle errichtet<br />

und mit Schwerlastkranen ausgerüstet.<br />

Der Umzug ist eine gewaltige logistische<br />

Herausforderung, die sorgfältige<br />

Vorbereitung erfordert. Insgesamt rund<br />

350 Lkw-Ladungen werden den Weg in<br />

den Kieler Stadtteil Suchsdorf antreten,<br />

was einer Brummi-Karawane von mehr<br />

als fünf Kilometern Länge entspricht.<br />

„Vom Aktenregal bis hin zum PC-Drucker<br />

werden alle Objekte per Scannercode<br />

erfasst und ihrem jeweiligen Zielort<br />

zugeordnet. Fast jeder Mitarbeiter<br />

weiß bereits heute, wo sein Schreibtisch<br />

künftig stehen wird“, so Dierk Bartels<br />

von der RLS-Projektleitung.<br />

Mit der Umzugslogistik wurde die<br />

Kieler Firma Max Jacobi beauftragt, die<br />

bereits beim Parlamentsumzug von<br />

ne Dateien für die im Unternehmen befindlichen<br />

Normen und Prozeduren in<br />

der Datenbank hinzuzufügen. Last but<br />

not least: Da Normen „lebende Dokumente“<br />

sind, die sich ständig ändern,<br />

kümmert sich ILI’s Tailored Updating<br />

Service um die regelmäßige Aktualisierung<br />

der Datenbestände. akn/rds<br />

metall Defence. Vor zwei Jahren legten<br />

RWM und Rheinmetall Landsysteme<br />

ihre Normenbestände in eine gemeinsame<br />

neue Datenbank mit dem Namen<br />

ILI (siehe auch Beitrag „Ideale Fundgrube<br />

für Normen“) zusammen, die<br />

die vor zehn Jahren eingeführten Softwaresysteme<br />

Perinorm und DocuWare<br />

ablöste. 2004 trat auch die Rheinmetall<br />

Defence Electronics GmbH (Bremen)<br />

dem gemeinsamen Datenbankprojekt<br />

bei.<br />

„Allein durch das Zusammenlegen<br />

der Normenbestände im Defence-Bereich<br />

ergaben sich für die einzelnen Firmen<br />

Einsparungen in erheblicher Höhe,<br />

da neue bzw. aktuelle Versionen<br />

von Normen nicht mehr doppelt gekauft<br />

werden müssen“, so Jürgen Heuer:<br />

„Zur Verdeutlichung: RDE, RLS und<br />

RWM hatten früher einen Gesamtbestand<br />

von 60 000 Normen. Durch das<br />

Zusammenlegen der Normenbestände<br />

konnten rund 20 000 Dubletten identifiziert<br />

und entfernt werden.“<br />

Zum Jahresende 2005 wird die Normen-<br />

und Werkstoffdatenbank-Lizenz<br />

auf den Status einer globalen Konzernlizenz<br />

angehoben „Dies hat den Vorteil,<br />

dass dann weltweit alle Rheinmetall-Standorte<br />

von der Datenbank und<br />

den – von allen beteiligten Firmen beigesteuerten<br />

– Normendokumenten<br />

profitieren können“, erklärt Jürgen<br />

Heuer.<br />

Zugang zu der ILI-Datenbank erhalten<br />

alle berechtigten Nutzer über die einzelnen<br />

Konzernportale „gate 2 detec“,<br />

„gate 2 automotive“ und „gate 2 rheinmetall“.<br />

Ihr Ansprechpartner bei allen Fragen<br />

zur Thematik: Heinz Jannig, Normenverantwortlicher<br />

bei der RLS in<br />

Kiel. E-Mail: Heinz.Jannig@Rheinmetall-LS.com<br />

Vogelperspektive: der zukünftige Sitz der Rheinmetall Landsysteme GmbH in Kiel.<br />

Bonn nach Berlin dafür gesorgt hat,<br />

dass jedes Teil seinen vorgesehenen<br />

Platz fand und die rasche Arbeitsfähigkeit<br />

des Bundestages wieder hergestellt<br />

wurde. Der Countdown für Bartels<br />

und seine Kollegen läuft: In zwei<br />

Schüben soll der Umzug der Verwaltung<br />

an den ersten beiden Wochenenden<br />

im September realisiert werden.<br />

Für die Verlagerung des Montagebereichs<br />

ist der Zeitraum vom 5. bis 18.<br />

September 2005 vorgesehen.<br />

Uwe Ullmann


<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />

Seite 9<br />

ie Spaltung Deutschlands im Jahre 1949 und der ein Jahr später beginnende Korea-Krieg stehen<br />

am Anfang des rund vier Jahrzehnte andauernden Ost-West Konfliktes mit seiner dominierenden<br />

Wirkung auf die westliche Sicherheitspolitik. Die Bundesrepublik Deutschland wurde<br />

in das westliche Sicherheitsbündnis einbezogen, und folgerichtig wurden die Aufgaben<br />

und Ausrüstung der deutschen Bundeswehr bis Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts<br />

durch den Kalten Krieg geprägt. Die Sicherheitspolitik bestimmt die nationalen verteidigungs- und rüstungspolitischen<br />

Positionen und damit den Streitkräfte-Auftrag. Wesentliche Größen für die Ausrüstung<br />

der Streitkräfte sind der Streitkräfte-Auftrag, die Bedrohungslage, das verfügbare Budget, die vorhandenen<br />

industriellen Fähigkeiten und Technologien. Die sicherheitspolitischen Gegebenheiten blieben während<br />

des Kalten Krieges nahezu unverändert. Verteidigungspolitisch gab es Entwicklungen mit Ausprägungen<br />

wie Einsatz taktischer Nuklearwaffen im Rahmen der flexiblen Antworten (Flexible Response<br />

Implikationen für die Heeresrüstung von 1955 bis 2005<br />

Bundeswehr wandelte<br />

sich zur Einsatzarmee<br />

Düsseldorf. <strong>Das</strong> Ende des Zweiten<br />

Weltkrieges war auch ein vorläufiges<br />

Ende der deutschen Rüstungsindustrie.<br />

Vorläufig, weil das westliche Sicherheitskonzept<br />

angesichts des Ost-<br />

West-Konfliktes bereits 1950 die Aufstellung<br />

deutscher Streitkräfte vorsah<br />

und, wie an anderer Stelle dieser Ausgabe<br />

ausführlicher berichtet, der personelle<br />

Aufbau der Bundeswehr seit<br />

Ende 1955 anlief.<br />

<strong>Das</strong> deutsche Heer erhielt zunächst<br />

schwere Waffen und Fahrzeuge ausländischer<br />

Hersteller. Bei den leichten Waffen<br />

griff man auf nationale Entwicklungen<br />

des Zweiten Weltkrieges zurück. Parallel<br />

zur Wiederaufrüstung mit Fremdgerätbegannen<br />

deutsche wehrtechnische Unternehmen<br />

mit eigenen Entwicklungen. Die<br />

Firma Rheinmetall und andere, überwiegend<br />

mittlerweile zum Rheinmetall-Konzern<br />

gehörende Unternehmen entwickelten<br />

Türme, Waffenanlagen, Munition und<br />

Fahrzeuge für die junge Bundeswehr, die<br />

nach und nach dem Heer zuliefen.<br />

er 12. November 1955 ist<br />

die offizielle Geburtsstunde<br />

der Bundeswehr. Denn<br />

an diesem Tag, dem 200.<br />

Geburtstag des preußischen<br />

Reformers Gerhard<br />

von Scharnhorst, nahmen<br />

die ersten 101 Freiwilligen ihre Ernennungsurkunden<br />

entgegen. Nachdem die<br />

Pläne zur Bildung einer „Europäischen<br />

Verteidigungsgemeinschaft“ gescheitert<br />

waren, wurde der Beitritt der Bundesrepublik<br />

Deutschland zur Nato vorbereitet<br />

und mit Inkrafttreten der „Pariser Verträge“<br />

am 5. Mai 1955 umgesetzt. Als logische<br />

Folge war damit die Aufstellung<br />

westdeutscher Streitkräfte verbunden.<br />

Am 1. April 1956 erhielten diese Streitkräfte<br />

offiziell den Namen „Bundeswehr“.<br />

Drei Monate später wurde durch<br />

das Wehrpflichtgesetz aus der Freiwilligen-<br />

eine Wehrpflichtarmee. Hiermit begann<br />

eine Erfolgsgeschichte: Millionen<br />

junger Männer – seit 1975 kamen Frauen<br />

hinzu (zuerst im Sanitätsdienst, inzwischen<br />

in allen Bereichen der Streitkräfte)<br />

– haben seither in der Bundeswehr<br />

ihren Beitrag zur Erhaltung des<br />

Friedens geleistet. Der 50. Jahrestag der<br />

Gründung der Bundeswehr ist damit<br />

gleichzeitig Sinnbild gewachsener Demokratie<br />

in der deutschen Nachkriegsgeschichte:<br />

Ohne die Verankerung einer<br />

demokratischen Gesinnung in der Truppe,<br />

politischer Neutralität und des Leitbildes<br />

vom „Staatsbürger in Uniform“<br />

hätte die Bundeswehr wohl niemals ein<br />

so positives Image in der Gesellschaft<br />

erlangen können; sie zählt laut Umfragen<br />

zu den Institutionen mit der höchsten<br />

Glaubwürdigkeit.<br />

Die Bundeswehr wurde kraft der Londoner<br />

und Pariser Abkommen von 1955<br />

als deutscher militärischer Beitrag zur<br />

gemeinsamen Verteidigung Westeuropas<br />

in der Atlantischen Allianz geschaffen<br />

und von vornherein als Bündnisarmee<br />

in den militärischen Integrationsrahmen<br />

der alliierten Streitkräfte Europas<br />

eingefügt. Dies war gewissermaßen<br />

die politische Geschäftsbasis für<br />

die Zulassung der Bundesrepublik<br />

Mit Konzepten der Bundeswehr und<br />

der Nato, die als „Kampf der verbundenen<br />

Waffen“ und „Air Land Battle“ bekannt<br />

wurden, konnten überlegene<br />

Streitkräftefähigkeiten hergestellt werden.<br />

Im Rahmen großer Manöver wurden<br />

die Fähigkeiten der Soldaten und<br />

der Führung ständig überprüft und die<br />

notwendigen Konsequenzen für Training<br />

und Ausrüstung abgeleitet.<br />

Ein wesentliches Merkmal der Heeresrüstung<br />

des Kalten Krieges war die<br />

technische Weiterentwicklung von<br />

Komponenten und Waffensystemen.<br />

<strong>Das</strong> war eine unmittelbare Folge aus<br />

dem Streitkräfte-Auftrag. Die Streitkräfte<br />

des Kalten Krieges mussten einen<br />

zahlenmäßig überlegenen Gegner<br />

schlagen können. Dieser Auftrag konnte<br />

nur durch überlegene Technik, überlegene<br />

Doktrin und besser ausgebildete<br />

Soldaten erfüllt werden.<br />

Die ständige Weiterentwicklung des<br />

vorhandenen Gerätes hat eine anhal-<br />

(Fortsetzung auf Seite 10)<br />

Deutschland zur Nato und die Freigabe<br />

der deutschen Souveränität durch die<br />

drei westlichen Siegermächte.<br />

Damit war die Bundeswehr von Anfang<br />

an Ausdruck und Mittel der Gleichberechtigung<br />

der Bundesrepublik im<br />

Bündnis und in Westeuropa.<br />

Dieser staats- und außenpolitische<br />

Charakter ist auch 1990 nach der Wiedervereinigung<br />

nicht verloren gegangen.<br />

Die Bundeswehr war also im Unterschied<br />

zu allen anderen europäischen<br />

Armeen stets eine internationale<br />

politische Größe, die nie zur alleinigen<br />

Disposition nationaler Entscheidung<br />

stand. Sie war von Anfang an integraler<br />

Bestandteil der Nato und zudem die<br />

einzige nationale Armee, deren Truppen<br />

– bis auf die der Territorialverteidigung<br />

mit den Heimatschutzbrigaden –<br />

sämtlich schon im Frieden dem Nato-<br />

Oberbefehl unterstellt wurden.<br />

Eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung der Transformation spielt die Fähigkeit zu Network Enabled Capabilities (NEC): Sensoren,<br />

Effektoren sowie Führungs- und Unterstützungssysteme der verschiedenen Ebenen werden zu einem Netzwerk verbunden.<br />

Während des Ost-West-Konflikts war<br />

das Bedrohungspotenzial des Warschauer<br />

Pakts bestimmend für die<br />

Struktur der Bundeswehr. Nach dessen<br />

Ende war deshalb eine Grundreform<br />

notwendig geworden. Dabei mussten<br />

anfangs eine mögliche Restbedrohung<br />

aus dem osteuropäischen Raum und<br />

sich zunächst nur vage abzeichnende<br />

neue Aufgaben miteinander in Einklang<br />

gebracht werden.<br />

Auch die innenpolitische Diskussion<br />

in Deutschland, die sich unter anderem<br />

zwischen 1990 und 1994 in der so genannten<br />

„out of area“-Debatte niederschlug,<br />

stand einer schnellen und<br />

gründlichen Reform im Wege. Erst nach<br />

dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />

vom 12. Juli 1994 über die Auslandseinsätze<br />

der Bundeswehr waren<br />

die Voraussetzungen gegeben, die Bundeswehr<br />

gezielt auf derartige Aufgaben<br />

auszurichten. Es blieb jedoch vornehmlich<br />

aus innenpolitischen Gründen zunächst<br />

bei Veränderungen in kleinen<br />

Schritten. Die Anschläge des 11. September<br />

2001 und der darauf beginnende<br />

militärische Kampf gegen den Terror<br />

haben weitere Veränderungen der Reformen<br />

erforderlich gemacht.<br />

Inzwischen ist die Erkenntnis erwachsen,<br />

dass es nicht mehr möglich ist, einen<br />

am Ende der Reform anzustrebenden<br />

dauerhaften Sollzustand zu definieren,<br />

wie es für frühere Bundeswehrreformen<br />

unter den statischen Bedingungen<br />

des Kalten Krieges typisch war. Die sich<br />

schnell verändernde Lage erfordert es<br />

vielmehr, dass sich die Bundeswehr zu<br />

einer lernenden Organisation entwickelt,<br />

die ihre Umwelt kontinuierlich<br />

analysiert und sich dem Wandel anpasst.<br />

Um künftigen Gefahren gemeinsam<br />

mit internationalen Partnern dort zu<br />

begegnen, wo sie entstehen, passt sich<br />

die Bundeswehr mit diesem Prozess der<br />

Transformation an die neuen sicherheitspolitischen<br />

Herausforderungen an.<br />

Ziel ist dabei die nachhaltige Verbesserung<br />

ihrer Fähigkeit in dem Einsatzspektrum,<br />

das in den Verteidigungspolitischen<br />

Richtlinien vorgegeben wird.<br />

Dieses sind vor allem multinationale<br />

Einsätze zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung.<br />

Strukturen, Organisationsabläufe<br />

und Ausbildung werden<br />

hieran angepasst, Material- und Ausrüstungsplanung<br />

auf diesen Schwerpunkt<br />

konzentriert und an den finanziellen<br />

Möglichkeiten ausgerichtet. Daneben<br />

wird die grundsätzliche Befähigung<br />

zur herkömmlichen Landesverteidigung<br />

gegen einen Angriff mit konventionellen<br />

Kräften durch die allgemeine<br />

Wehrpflicht erreicht.<br />

Kern der Transformation ist die Schaffung<br />

von drei Kräftekategorien: Eingreifkräfte,<br />

Stabilisierungskräfte und<br />

Unterstützungskräfte. Diese werden für<br />

ihre jeweiligen Einsätze zielgerichtet<br />

ausgebildet und ausgerüstet. Die Entfaltung<br />

der Gesamtfähigkeit entsteht<br />

im streitkräftegemeinsamen Handeln<br />

von Heer, Luftwaffe, Marine, Streitkräftebasis<br />

und Zentralem Sanitätsdienst.<br />

Der beginnende Transformationsprozess<br />

findet Ausdruck in neuen Strukturen,<br />

einer angepassten Material- und<br />

Ausrüstungsplanung und einer bedarfsgerechten<br />

Stationierung. Die neu<br />

gestaltete Bundeswehr wird besser in<br />

der Lage sein, den Herausforderungen<br />

des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden<br />

und den Schutz der Bürgerinnen und<br />

Bürger sicherzustellen.<br />

Mit anderen Worten: Die Entwicklung<br />

der Bundeswehr gleicht – heute mehr<br />

denn je – einem permanenten Prozess<br />

des Wandels. Und auf diesem Weg hat<br />

Rheinmetall sie in den vergangenen<br />

Neue Herausforderungen in der Sicherheitspolitik<br />

Neue Herausforderungen in der Sicherheitspolitik: deutsche Soldaten in Kabul.<br />

Doktrin der Nato) oder die Verteidigung eines Angriffes des Warschauer Paktes durch Bekämpfung der<br />

nachrückenden Truppen (Follow on Forces Attack). Dies hatte rüstungstechnische Konsequenzen wie<br />

etwa die Aufstellung von konventionellen Mittelstreckenraketen. – Die rüstungsrelevanten Größen<br />

Politik, Streitkräfteauftrag, Industrie und Technologie haben sich in den neunziger Jahren drastisch<br />

verändert. Mit den im Mai 2003 erlassenen Verteidigungspolitischen Richtlinien hat der Bundesminister<br />

für Verteidigung den Streitkräfteauftrag der Bundeswehr mit der heute vorherrschenden sicherheitspolitischen<br />

Lage in Einklang gebracht. Im folgenden „Profil“-Beitrag betrachtet Dr. Burkhard Theile von<br />

der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong> die Entwicklungen des politischen Umfeldes, den Streitkräfte-Auftrag und<br />

die Technologieentwicklung in 50 Jahren Bundeswehr. Dabei steht die Heeresrüstung im Vordergrund.<br />

<strong>Das</strong> hat nahe liegende Gründe: <strong>Das</strong> Heer hat einen überproportional hohen Anteil am derzeitigen<br />

Streitkräfteauftrag, und Rheinmetall Defence ist das größte europäische Unternehmen für Landsysteme.<br />

Foto: Michael Kappeler/ddp<br />

fünf Jahrzehnten als verlässlicher Partner<br />

auf dem Gebiet der Ausrüstung<br />

stets begleitet. Mit der Konsequenz,<br />

dass die veränderten Aufgaben und<br />

Rahmenbedingungen der Bundeswehr<br />

auch ihre Auswirkungen auf die Arbeitsgebiete<br />

und Strukturen Rheinmetalls<br />

hatten. In dieser „Profil“-Sonderausgabe<br />

wird dargestellt, wie sich die<br />

Aufgaben Rheinmetalls in den vergangenen<br />

fünf Jahrzehnten gewandelt haben.<br />

Angefangen bei herkömmlichen<br />

Infanterie- und Artillerie-Waffen für die<br />

Verteidigungsarmee im Rahmen des<br />

Nato-Bündnisses über die Turm- und<br />

Waffenentwicklung der Panzerfahrzeuge<br />

sowie deren Munition, ist Rheinmetall<br />

heute das führende europäische<br />

Systemhaus für Heerestechnik, das sowohl<br />

seinen Aufgaben beim Einsatz der<br />

Bundeswehr in internationalen Einsätzen<br />

als auch in der immer mehr an Bedeutung<br />

gewinnenden Homeland Security<br />

voll gerecht wird. dp<br />

Composing: frei-stil/Fotos: IMZBw-Bildarchiv


Seite 10 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

Implikationen für die Heeresrüstung von 1955 bis 2005<br />

Bundeswehr wandelte<br />

sich zur Einsatzarmee<br />

(Fortsetzung von Seite 9)<br />

tende technologische Spitzenstellung<br />

der deutschen Heerestechnik gewährleistet.<br />

Die stetige Verbesserung vorhandenen<br />

Gerätes wird auch als Nachfolgedenken<br />

bezeichnet. So gehören<br />

der aus dem Kampfpanzer Leopard I<br />

weiterentwickelte Leopard II, die Waffenanlagen<br />

und Munition von Rheinmetall<br />

und die unter Federführung der<br />

heute zu Rheinmetall gehörenden Firma<br />

MaK entwickelte Panzerhaubitze<br />

2000 zur weltweit führenden Heerestechnologie.<br />

Die 120 mm Glattrohrkanone<br />

des Leopard II wurde an andere<br />

Nationen, darunter die USA, lizensiert.<br />

Der Leopard und die Panzerhaubitze<br />

2000 erreichten wegen ihrer technologischen<br />

Spitzenstellung Exporterfolge.<br />

★ Neuorientierung nach dem Fall der<br />

Mauer: Die durch den Fall der Berliner<br />

Mauer (November 1989) symbolisierte<br />

veränderte sicherheitspolitische Lage<br />

führte zunächst zu einer Verunsicherung<br />

über die verteidigungspolitische Ausrichtung<br />

der Nato und deren Mitglieder.<br />

Die westliche Öffentlichkeit setzte mit<br />

dem Zerfall des Warschauer Paktes den<br />

Wegfall aller sicherheitspolitischen Risiken<br />

gleich, und die Politik und Wähler<br />

wollten die „Friedensdividende“ einnehmen.<br />

So wurde der Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums<br />

zum<br />

„Steinbruch“, um vor allem die Kosten<br />

für die Wiedervereinigungaufzubringen.<br />

Der investive<br />

Anteil des<br />

Verteidigungshaushaltes<br />

fiel<br />

von 8,7 Milliarden<br />

€ im Jahre 1989<br />

auf jährliche Werte<br />

zwischen 5,1<br />

und 6,1 Milliarden<br />

€ in den Folgejahren<br />

bis 2005. In-<br />

flationsbereinigt<br />

ergibt sich eine<br />

Dr. Burkhard Theile<br />

Reduktion von rund 50 Prozent, wenn<br />

man die Jahre 1989 und 2004 direkt miteinander<br />

vergleicht. <strong>Das</strong> hat natürlich<br />

Konsequenzen für die Heeresrüstung:<br />

Beschaffungsprogramme wurden verkleinert,<br />

verschoben oder gar gestrichen.<br />

Die Budgetkürzungen der neunziger<br />

Jahre hatten einen dramatischen Rückgang<br />

der rüstungsindustriellen Kapazitäten<br />

zur Folge. Die Heeresindustrie<br />

konnte die technologischen Fähigkeiten<br />

weitgehend durch Konsolidierung erhalten.<br />

Rheinmetall übernahm die Firmen<br />

MaK Systemtechnik, die Mauser Werke,<br />

Henschel Wehrtechnik, KuKa Wehrtechnik,<br />

WNC Nitrochemie, Buck und STN-Atlas.<br />

STN-Atlas wurde gemeinsam mit<br />

BAE Systems gekauft und nach rund<br />

fünf Jahren in zwei Unternehmen aufgeteilt,<br />

von denen eines die ganz zum Konzern<br />

gehörende Rheinmetall Defence<br />

Electronics GmbH (RDE) ist. Aus den beiden<br />

Fahrzeugfirmen Krauss-Maffei und<br />

Wegmann wurde das Gemeinschaftsunternehmen<br />

Krauss-Maffei Wegmann.<br />

Spezialist für<br />

die Flugabwehr<br />

eb/lb Zürich. Die Oerlikon Contraves<br />

<strong>AG</strong> bildet zusammen mit den Tochtergesellschaften<br />

in Deutschland, Italien,<br />

Kanada und im Fernen Osten den Geschäftsbereich<br />

Air Defence; sie ist die<br />

führende Rheinmetall-Firmengruppe<br />

im Bereich der Luftverteidigung. <strong>Das</strong><br />

Schweizer Unternehmen hat eine enge<br />

Verbindung zur Bundeswehr, und<br />

das bereits seit deren Aufbau 1955.<br />

Unter anderem bot Oerlikon der neuen<br />

Bundeswehr eine 2-cm-Kanone an.<br />

Auf dem Exportmarkt waren Rheinmetall<br />

und Oerlikon-Bührle bei der 2-cm-<br />

Bewaffnung jahrzehntelang Konkurrenten,<br />

was sich mit der Übernahme<br />

des technischen Know-how von Hispano<br />

Suiza durch Oerlikon in den siebzi-<br />

Die Industrie hat durch diesen Prozess<br />

die technologischen Fähigkeiten der<br />

Heeresindustrie in Deutschland erhalten<br />

können. Die Eingliederung von<br />

Elektronik, Simulation und Aufklärungsdrohnen<br />

in den Rheinmetall-Konzern<br />

war ein wichtiger Schritt zur Anpassung<br />

der industriellen Fähigkeiten an die Erfordernisse<br />

der modernen Heeresrüstung.<br />

Mechanische Systeme können<br />

durch den Einsatz von Elektronik in der<br />

Leistung erheblich gesteigert werden.<br />

Die Simulation wird über die reine Ausbildung<br />

hinaus für Systemuntersuchungen<br />

und Szenarienanalysen eingesetzt.<br />

1991 gingen die ersten deutschen Soldaten<br />

in einen Auslandseinsatz, um humanitäre<br />

Hilfe in Kambodscha zu leisten.<br />

Damit kam auf die Bundeswehr die Aufgabe<br />

zu, ihre Soldaten selbständig zu<br />

führen, eine Aufgabe, die bis dahin im<br />

Einsatzfall durch die Nato wahrgenommen<br />

worden wäre. Erste Grundsätze für<br />

die Entwicklung der Bundeswehr in einem<br />

neuen sicherheitspolitischen Umfeld<br />

waren im Weißbuch 1994 des Bundesministeriums<br />

für Verteidigung aufgestellt.<br />

In der neuen Bundeswehrstruktur<br />

finden wir die Führungskommandos der<br />

Teilstreitkräfte. Für die Heeresrüstung<br />

zeigte sich der Trend zu leichterem Gerät,<br />

das für die nun zunehmenden Einsätze in<br />

großer Entfernung benötigt wurde.<br />

Rüstungswirtschaftlich betrachtet,<br />

sind die neunziger Jahre durch die Verwaltung<br />

des Mangels gekennzeichnet.<br />

Neue Akzente wurden durch die Weizsäcker-Kommission<br />

im Jahre 2000 gesetzt.<br />

Die Kommission hatte die Aufgabe,<br />

Vorschläge für die Grundstrukturen<br />

einer neuen Bundeswehr zu machen.<br />

Der Kommissionsbericht löste mehrere<br />

Konzeptpapiere des Verteidigungsministers<br />

und des Generalinspekteurs<br />

aus. Viele geforderte Veränderungen<br />

wurden jedoch wegen fehlender Budgetmittel<br />

nicht umgesetzt.<br />

Die Heeresrüstung blieb zunächst konzeptionell<br />

plattform-orientiert, also z.B.<br />

bezogen auf ein gepanzertes Fahrzeug<br />

mit verschiedenen Missionseigenschaften.<br />

Der Bedarf richtete sich für die Zwecke<br />

von Auslandseinsätzen mehr in<br />

Richtung leichteren Gerätes aus.<br />

Die Diskussion um die sicherheitspolitischen<br />

Veränderungen in Europa und<br />

die problematische Budgetlage lenkten<br />

in den neunziger Jahren vor allem<br />

in Europa von den Auswirkungen der<br />

Entwicklung bei den Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien und ihrem<br />

zunehmenden Stellenwert in der<br />

Rüstungstechnik ab.<br />

Die Kehrseite der Technologiemedaille<br />

ist die Verfügbarkeit von Hochtechnologien<br />

für Terroristen, organisierte Kriminalität<br />

und Staaten, die das Völkerrecht<br />

nicht achten. Dies hat sicherheitspolitische<br />

Konsequenzen, die durch<br />

den 11. September 2001 schlagartig der<br />

Weltöffentlichkeit bewusst wurden.<br />

★ Streitkräftetransformation und Rüstungskonzepte:<br />

Die sicherheitspoliti-<br />

ger Jahren des 20. Jahrhunderts noch<br />

verstärkte. Wichtige Beschaffungen waren<br />

zudem das Feuerleitgerät „Superfledermaus“,<br />

der eigenentwickelte Flak-<br />

Panzer „Gepard“ sowie das Feuerleitgerät<br />

„Fera“ für die Raktenartillerie. Aber<br />

es gab auch zahlreiche Kooperationen<br />

mit anderen, heute zur Rheinmetall-<br />

Gruppe gehörenden Wehrtechnik-Gesellschaften,<br />

zum Beispiel mit den Mauser-Werken<br />

Oberndorf, mit KUKA beim<br />

„Arrow“-Flugabwehrsystem und mit der<br />

RWM im Projekt Corect, ein Modul zur<br />

Flugbahnkorrektur von Artillerieraketen.<br />

Die Contraves <strong>AG</strong> wurde 1936 als<br />

Studiengesellschaft für artilleristische<br />

Flugabwehr, die Instrumente zur Flugbahnvermessung<br />

und Ausbildungsgeräte<br />

produzierte, gegründet. 1944<br />

übernahm Oerlikon-Bührle die Aktienmehrheit<br />

der Contraves und erwarb<br />

damit das Geschäftsfeld elektronische<br />

Feuerleitsysteme. 1989 wurden der<br />

Rheinmetall verfügt in den Bereichen Fahrzeuge (z.B. Fuchs-Spürpanzer), Waffen und Munition, Nahbereichsflugabwehr, Simulation,<br />

Führungssysteme und Elektronik über das industrielle Leistungsspektrum für die Heeres-Ausrüstung von heute und morgen.<br />

schen Risiken der westlichen Industrienationen<br />

sind vielfältig – Terrororganisationen<br />

mit politischen oder ideologischen<br />

Handlungsmotiven, autoritär geführte<br />

Staaten, die das Völkerrecht<br />

missachten, Staaten mit unzureichender<br />

Regierungsautorität, deren Territorium<br />

als Basis von Terroristen genutzt<br />

wird, und schließlich die organisierte<br />

Kriminalität.<br />

Zur Abwehr dieser Risiken erhielt die<br />

Bundeswehr mit den Verteidigungspolitischen<br />

Richtlinien 2003 einen neuen<br />

Streitkräfteauftrag. Deutsche Streitkräfte<br />

werden, abgesehen von Evakuierungsmissionen,<br />

nur im Rahmen von<br />

Bündnisoperationen eingesetzt. Mit<br />

den Kategorien Eingreifkräfte, Stabilisierungskräfte<br />

und Unterstützungskräfte<br />

wurde eine fähigkeitsorientierte<br />

Streitkräftestruktur gebildet. Die operative<br />

und organisatorische Selbständigkeit<br />

der Teilstreitkräfte wird zugunsten<br />

der Streitkräftegemeinsamkeit verringert.<br />

Militärische Fähigkeiten werden<br />

durch miteinander vernetzte Systeme<br />

und Teilsysteme unterschiedlicher<br />

Teilstreitkräfte erzeugt. Der Strukturwandel<br />

des Militärs mit den einhergehenden<br />

Veränderungen der Doktrin,<br />

der Ausbildung, des Materials und der<br />

Ausbildung wird im Begriff Transformation<br />

zusammengefasst. Die Streitkräftetransformation<br />

wurde gleichermaßen<br />

durch die sicherheitspolitische wie die<br />

technologische Entwicklung ausgelöst.<br />

Die Bundeswehr hat den Transformationsprozess<br />

eingeleitet, und das Heer<br />

hat als eigenen Beitrag das Konzept<br />

„<strong>Das</strong> Heer in der Transformation“ erstellt.<br />

<strong>Das</strong> Heer muss über Fähigkeiten<br />

und Kräfte verfügen. Die schweren<br />

Kräfte werden wegen des Schutzes und<br />

der Feuerkraft, mittlere Kräfte wegen<br />

der Kombination von Mobilität, Durchsetzungsfähigkeit<br />

und Schutz und<br />

leichte Kräfte wegen ihrer Mobilität<br />

und Schnelligkeit benötigt. Durch die<br />

vernetzte Operationsführung werden<br />

die Streitkräfte optimal geschützt und<br />

eingesetzt. Die mechanische Schutzkomponente<br />

kann durch Aufklärung<br />

und rechtzeitige Gegenmaßnahmen ergänzt<br />

werden. Durch ein vollständiges<br />

und aktuelles Lagebild können auch<br />

mit geringem Waffeneinsatz große Effekte<br />

erzielt werden.<br />

<strong>Das</strong> moderne Heer versteht sich als<br />

System. <strong>Das</strong> setzt neue Maßstäbe für<br />

die Heeresrüstung. Die Plattformen<br />

werden bleiben, aber sie müssen vernetzt<br />

einsetzbar sein. Elektronische<br />

Systeme werden einen größeren Anteil<br />

am Wert des Heeresgerätes haben. Die<br />

Entwicklung neuer Konzepte für das<br />

System Heer wird auch durch die Methode<br />

der Konzeptentwicklung mit experimenteller<br />

Überprüfung (Concept<br />

Die Feuereinheit „Skyguard“ besteht aus zwei 35-mm-Ahead-Zwillingsgeschützen<br />

und einer Feuerleitung. Als Option läßt sich ein Lenkwaffenwerfer integrieren.<br />

wehrtechnische Teil von Oerlikon-<br />

Bührle und die Contraves <strong>AG</strong> zur Oerlikon<br />

Contraves <strong>AG</strong> fusioniert.<br />

Rheinmetall übernahm die Oerlikon<br />

Contraves <strong>AG</strong> im Jahre 1999 zwecks Stärkung<br />

des eigenen Mittelkaliberbereiches<br />

und tat damit einen weiteren Schritt zur<br />

notwendigen Konsolidierung der europäischen<br />

wehrtechnischen Industrie. Durch<br />

die technische Zusammenarbeit zwi-<br />

schen Oerlikon Contraves und dem<br />

heutigen RWM-Standort Oberndorf entstand<br />

ein weltweit führendes Kompetenzzentrum<br />

für mittelkalibrige Waffenund<br />

Munitionssysteme. Die Flugabwehrsysteme<br />

„Skyguard“, „Skyshield“<br />

und das Multi-Mission-System „Skyranger“<br />

gehören heute zu den bedeutendsten<br />

Aktivitäten von Oerlikon Contraves.<br />

Die „Skyshield“-Feuereinheit besteht<br />

Foto: Blattner<br />

Development and Experimentation =<br />

CD&E) geschehen. Diese Methode<br />

greift auf Modellbildung und Simulation<br />

zurück.<br />

Die Heeresrüstung war durch die Vielfalt<br />

und Anzahl von Plattformen und<br />

Gerät gekennzeichnet. Die heutige<br />

Heeresrüstung beruht auf Systemen.<br />

Heeresausrüster müssen die Forderungen<br />

des Systems „Heer“ verstehen und<br />

Lösungen anbieten können. Dazu müssen<br />

in der Industrie Plattform- und<br />

Elektronikkompetenz, Komponentenwissen<br />

und Systemfähigkeit nebeneinander<br />

vorhanden sein. Rheinmetall hat<br />

diese Entwicklung frühzeitig erkannt<br />

und verfügt in den Bereichen Fahrzeuge,<br />

Waffen und Munition, Nahbereichsflugabwehr,<br />

Simulation, Führungssysteme<br />

und Elektronik, einhergehend mit<br />

übergeordneten Systemfähigkeiten,<br />

über das industrielle Leistungsspektrum<br />

für die Ausrüstung des Heeres von<br />

heute und morgen.<br />

Dr. Burkhard Theile*<br />

* Dr. Burkhard Theile hat an der Technischen Universität<br />

Braunschweig Maschinenbau und Physik studiert und<br />

das Studium Diplom-Physiker abgeschlossen. Nach einem<br />

Forschungsaufenthalt am NASA Goddard Space<br />

Flight Center und der Promotion mit einem Thema der extraterrestrischen<br />

Physik war er, zuletzt als Oberassistent,<br />

in der raumfahrtwissenschaftlichen Forschung und Lehre<br />

tätig. Es folgten Tätigkeiten als Projektleiter bei der Firma<br />

Dornier mit einem zweijährigen Aufenthalt in Frankreich<br />

und – von 1985 bis 1990 – die Leitung der Dornier of North<br />

America in Washington, D.C. Von 1991 bis 2000 war er Bereichsleiter<br />

bei der heutigen Rheinmetall Defence Electronics<br />

GmbH in Bremen. Seit Februar 2000 ist er Hauptabteilungsleiter<br />

Strategische Unternehmensentwicklung bei<br />

der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong>. Im August 2005 wird er altersbedingt<br />

diese Aufgabe an einen Nachfolger übergeben,<br />

aber weiterhin beim Bundesverband der Deutschen Industrie<br />

(BDI) und bei der AeroSpace and Defence Industries<br />

Association of Europe (ASD) in Brüssel Rheinmetall-<br />

Interessen vertreten.<br />

aus zwei einrohrigen Revolvergeschützen<br />

und einem Feuerleitgerät mit hochsensitivem<br />

3D-Suchradar, Verfolgungsradar<br />

und einer optronischen Sensorik.<br />

Die jüngste Version des Feuerleitgerätes<br />

„Skyguard“ ist mit zwei unabhängigen<br />

3D-Zielverfolgungssystemen ausgerüstet.<br />

<strong>Das</strong> Multi-Mission-System<br />

„Skyranger“ ist das neueste Produkt<br />

des Schweizer Flugabwehrspezialisten.<br />

Es wurde konzipiert zum Konvoischutz<br />

im internationalen Krisenmanagement<br />

und kann gegen Luft- und Bodenziele<br />

eingesetzt werden. <strong>Das</strong> 35mm-Ahead-<br />

Marinegeschütz „Millennium“ mit der<br />

35/ 1000-Revolverkanone, das Flugbahnkorrektur-Modul<br />

„Corect“ für Artillerieraketen<br />

oder die in Zusammenarbeit<br />

mit RWM Schweiz <strong>AG</strong> entwickelte<br />

Ahead-Technologie sind nur einige Beispiele<br />

aus dem aktuellen Entwicklungs-<br />

und Produktionsprogramm von<br />

Oerlikon Contraves.<br />

Composing: frei-stil/Fotos: IMZBw-Bildarchiv


<strong>Das</strong> Profil 3/20053 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />

Seite 11<br />

Die politisch-strategische Bedeutung der Branche für Deutschland und Europa<br />

Rüstungsindustrie – ein<br />

Werkzeug für die Politik<br />

in Staatsbesuch ohne Ehrenformation<br />

der Streitkräfte?<br />

Undenkbar! Die Soldaten<br />

der Ehrenformation gar<br />

ohne Gewehre? Gleichfalls<br />

nicht vorstellbar! Bestimmte<br />

Rituale werden beachtet<br />

und eingehalten, wenn ein Staat den<br />

Repräsentanten eines anderen Staates<br />

durch sein Oberhaupt begrüßen lässt.<br />

Dazu zählt, dass der ankommende<br />

Staatsgast mit festgefügtem Zeremoniell<br />

empfangen wird: Roter Teppich, Entlangführen<br />

an der das Gewehr präsentierenden<br />

Abteilung von Soldaten, das<br />

empfangende Staatsoberhaupt geht<br />

höflich mit. Nationalhymnen. All das<br />

wird inszeniert und geschieht, um dem<br />

Staatsgast die ihm gebührende Ehre<br />

zuteil werden zu lassen. Und damit<br />

dem Staat, den er/sie repräsentiert.<br />

Erwähnenswert ist das deshalb, weil<br />

sich die Vorstellung von Staat kaum ohne<br />

die Verbindung zu Macht denken<br />

lässt. Die Armee bildet – neben anderen<br />

nicht minder wichtigen Größen – einen<br />

wesentlichen Teil der Staatsmacht.<br />

In sehr weit zurückliegenden Jahren,<br />

als die Bundesrepublik Deutschland<br />

noch nicht über die Bundeswehr verfügte,<br />

vor 1955 also, ließ der damalige<br />

Bundeskanzler Konrad Adenauer eine<br />

Abteilung der Polizei als Ehrenformation<br />

für Staatsgäste auftreten. Staatsmacht<br />

ganz bescheiden. Aber immerhin:<br />

Es waren die ersten Jahre nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg. Die Deutschen<br />

hatten allen Grund zur Bescheidenheit.<br />

Sie hätten ihn heute nicht mehr,<br />

denn sie haben aus ihrer Geschichte<br />

gelernt. Doch tun sie sich im Verständnis<br />

der Öffentlichkeit und der Gesellschaft<br />

darüber, welche Rolle genau<br />

Streitkräften in dem 1949 gegründeten<br />

deutschen (Teil)-Staat übertragen werden<br />

muss, immer noch sehr schwer.<br />

Soll die Bundeswehr „nur“ humanitäres<br />

Hilfskorps sein und „nur“ im Einsatz<br />

zur Sicherung von Frieden, den im Übrigen<br />

andere durch Kampf herbeigeführt<br />

haben? Am liebsten wünschten sich die<br />

einen so die heutigen Streitkräfte in unserem<br />

Staate. Die anderen allerdings<br />

wissen, dass in einer Welt, wie sie ist,<br />

und nicht nur von „Gut-Menschen“ regiert,<br />

Soldaten immer noch zum Kampfeinsatz,<br />

der die zerstörerische Wucht<br />

von Waffen einschließt, ausgebildet<br />

werden müssen. Auch die ultima ratio,<br />

das Führen von Krieg zu planen – im<br />

Clausewitzschen Sinne zu verstehen als<br />

„äußerstes Mittel“, nicht als „allerletztes<br />

Mittel“ – darf man nicht zum Denk-<br />

Tabu erheben, wenn in der Politik nur<br />

so der Erfolg möglich scheint.<br />

Nicht nur bei der Betrachtung von militärischer<br />

Macht ist heute diese lähmende<br />

Unentschiedenheit bei der politischen<br />

Einordnung der Aufgaben für Soldaten<br />

festzustellen. Sie schließt auch<br />

die Geräte ein, die Soldaten benutzen.<br />

Auch ihre Waffen, ihre Ausrüstung wird<br />

von vielen selbst 60 Jahre nach Kriegsende<br />

mit Skepsis, Zweifel, Zögern –<br />

letztlich ablehnend – gesehen. Wehrtechnik,<br />

Rüstung, selbst das Wort Verteidigung<br />

– lauter Begriffe, die im politischen<br />

Vokabular von heute keine Preise<br />

für Beliebtheit gewinnen könnten.<br />

So tut sich offensichtlich zwischen<br />

den Ebenen der handelnden Politik und<br />

der des Bewusstseins in der Gesellschaft<br />

ein weiter Spalt auf. Ein irritierendes<br />

Phänomen. Der Bundesverteidigungsminister<br />

darf inzwischen sagen<br />

und wird von niemandem dafür noch<br />

ernsthaft kritisiert, dass Deutschland<br />

auch am Hindukusch verteidigt wird.<br />

Der Bundeskanzler gilt gar als der größte<br />

Befürworter eines ständigen deutschen<br />

Sitzes im Weltsicherheitsrat.<br />

Deutsche Außenpolitik wirkt immer<br />

ambitionierter und will immer ambitionierter<br />

sein. Nach dem Motto<br />

„Deutschland mischt sich ein“ möchte<br />

man in Berlin dabei sein, wenn die Großen<br />

dieser Welt die Themen auf die<br />

globale Tagesordnung setzen und über<br />

sie entscheiden. Auch in der Sicherheitspolitik<br />

verfährt man so. Wenn für<br />

die Bundeswehr Auslandseinsätze geplant<br />

werden, dann wissen die Regierenden<br />

heute, dass Verantwortung<br />

übernommen werden muss. Folglich<br />

gilt es dafür zu sorgen, dass die Mittel<br />

dazu bereitgestellt werden. Nur so hat<br />

man das Recht, auf der Weltbühne an<br />

Entscheidungen mitzuwirken.<br />

Reden wir von den Mitteln, den Streitkräften<br />

und der Industrie, die sie ausrüstet.<br />

Mit der schlagwort-ähnlichen<br />

Bemerkung des Verteidigungsministers,<br />

Deutschland werde auch am Hindukusch<br />

verteidigt, geriet die politische<br />

Debatte über die neue Ausrichtung<br />

der Bundeswehr, die sogar mit<br />

weltweiten Einsätzen rechnen müsse,<br />

geradezu blitzartig in eine neue Dimension.<br />

Ähnliches müsste geschehen, damit<br />

die Diskussion endlich darüber einsetzt,<br />

was Deutschland (solange Europa<br />

auf diesem Sektor sich noch als we-<br />

nig handlungsfähig darstellt) an Rüstungsindustrie<br />

braucht, um entsprechend<br />

souverän und handlungsfähig<br />

zu bleiben.<br />

Nach dem Erlass modernisierter „Verteidigungspolitischer<br />

Richtlinien“<br />

(VPR) steht ein weiterer Schritt an zu<br />

tun, der Schritt hin zu einem nationalen<br />

Sicherheitskonzept, einem allum-<br />

fassenden staatlichen Dokument, in<br />

dem alle Bereiche der Sicherheitsvorsorge<br />

für Bürger, Gesellschaft und Wirtschaft<br />

in ein sinnvolles Miteinander<br />

verzahnt sind. <strong>Das</strong> aber fehlt. Vor allem<br />

das für die Rüstungswirtschaft. Eine Art<br />

Weißbuch dazu macht wahrlich Sinn.<br />

In einem kürzlich vom „Arbeitskreis<br />

Wehrtechnik und Arbeitsplätze der IG<br />

Metall zu Fragen der Industriepolitik in<br />

der Rüstungswirtschaft“ veröffentlichten<br />

Papier heißt es politisch hellsichtig:<br />

„Die wehrtechnische und technologische<br />

Basis eines Landes hat mehr als<br />

eine nur verteidigungs- und sicherheitspolitische<br />

Funktion. Sie ist auch<br />

Voraussetzung für Mitsprache und Einfluß<br />

nicht nur bei der anstehenden<br />

Neustrukturierung der europäischen<br />

Verteidigungsindustrie und der EntwicklungstrategischerTechnologien,<br />

sondern darüber<br />

hinaus auch<br />

bei der politischen<br />

Gestaltung der EuropäischenUnion.“<br />

Und weiter:<br />

„ Deutschland<br />

kann an diesen<br />

Entwicklungen nur<br />

dann gestaltend<br />

teilnehmen, wenn<br />

es über eigene<br />

Rüdiger Moniac<br />

wehrtechnologische<br />

Fähigkeiten<br />

verfügt, die es in Kooperationsprogramme<br />

einbringen kann. Deshalb tut<br />

die Bundesregierung gut daran, die<br />

Wehrtechnik als strategische Branche<br />

und Instrument der Außenpolitik zu begreifen<br />

und durch eine aktive Industriepolitik<br />

zu unterfüttern. Sie steht vor der<br />

Aufgabe, die strategischen Interessen<br />

unseres Landes zu definieren und Konzepte<br />

zu ihrer Umsetzung zu entwickeln.“<br />

<strong>Das</strong> sind richtige Ansätze. Die IG-Metaller,<br />

denen niemand unterstellen<br />

kann, von einer „Großmacht Deutschland“<br />

zu träumen, fürchten, dass,<br />

wenn in Berlin nicht aktiver auch die<br />

Rolle der Rüstungsindustrie als gestaltendes<br />

Element der Außen- und Sicherheitspolitik<br />

gestützt wird, die Interessen<br />

unseres Staates von anderen leichter<br />

beiseite geschoben werden könn-<br />

Sfor-Patrouille „on the road“: friedenssichernder Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Bosnien-Herzegowina.<br />

ten und die der anderen zu dominant<br />

würden.<br />

Nicht nur die Bundeswehr braucht<br />

den Rückhalt der Politik und der Bürger.<br />

Auch die Rüstungsindustrie<br />

braucht ihn. Denn die Rüstungsindustrie<br />

versorgt nicht nur die Armee mit<br />

dem erforderlichen Material – und das<br />

zu angemessenen Preisen. Die wehr-<br />

Humanitäre Hilfe gehört seit jeher zum breitgefächerten Aufgabenspektrum der<br />

Bundeswehr. Hier helfen Soldaten während des Elbe-Hochwassers im Sommer 2003.<br />

technische Industrie kann und soll<br />

auch als Motor für technologische Innovation<br />

und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit<br />

auf dem Weltmarkt wirken.<br />

Diese Form der industriellen Basis<br />

treibt in Teilbereichen nicht nur die<br />

technologische Innovation. Von der<br />

Rüstungsindustrie werden auch Güter<br />

oder Technologien entwickelt, die nicht<br />

nur für die Streitkräfte zu nutzen sind,<br />

sondern der zivilen Wirtschaft Impulse<br />

geben für neue Produkte und Techniken<br />

(dual use). Eine zweifache Bedeutung<br />

also hat auch volkswirtschaftlich<br />

die Rüstungsindustrie. Nicht zuletzt<br />

diese Erkenntnis hat Eingang gefunden<br />

im Papier der IG Metall. Übrigens auch<br />

als „umgekehrte Spinn offs“ entdecken<br />

seine Autoren ein vielversprechendes<br />

Zukunftsfeld für die Rüstungsindustrie.<br />

Die Stellung Deutschlands ist zweifelsfrei<br />

auch durch Souveränitätsvorbehalte<br />

erschwert, sie krankt jedoch im<br />

Kern an Konzeptionslosigkeit und fehlender<br />

Strategie und Zukunftsvorsorge<br />

für diesen volkswirtschaftlich essentiellen<br />

Bereich. Angesichts der fiskalischen<br />

Situation müssen deshalb mit<br />

Blick auf die vorzüglichen Fähigkeiten<br />

der deutschen Industrie im zivilen Bereich<br />

‚umgekehrte Spinn offs‘ gesucht<br />

und gefördert werden. So ließen sich<br />

zum Beispiel die Mikrosystemtechnik<br />

und die optischen Technologien, aber<br />

auch die modernen Fertigungstechnologien<br />

und betrieblichen Organisationsformenprodukt-<br />

und prozessorientiert<br />

auf den<br />

Bereich der Wehrtechnikübertragen<br />

bzw. für ‚smarte‘<br />

Technologien<br />

Produkte der<br />

wehrtechnischen<br />

Zukunft nutzbar<br />

machen.<br />

Die Rüstungsindustrie,<br />

vor allem<br />

die deutsche,<br />

braucht folglich,<br />

wenn sie den<br />

Streitkräften nicht<br />

nur Rüstung im<br />

althergebrachten<br />

Sinne aus Stahl,<br />

Eisen und schwerer<br />

Panzerung anbieten<br />

will, technologisch<br />

eine<br />

neue Basis, aber<br />

auch im Denken<br />

der Politik und der<br />

Unternehmen selbst. Es genügt nicht,<br />

zähneknirschend anzuerkennen, dass<br />

eine gut funktionierende Armee Teil einer<br />

weit blickenden staatlichen Vorsorge<br />

für die Bürger ist. Streitkräfte zu haben,<br />

ist weder „gut“ noch „böse“. Erst<br />

die Absicht, Streitkräfte für bestimmte<br />

Ziele zu gebrauchen, lässt die ethische<br />

Kategorie hervortreten.<br />

Besser deshalb ist: Alle müssen den<br />

Sprung in eine völlig neue Sphäre wagen.<br />

Die Politik hat zu erkennen, dass<br />

eine Wirtschaftsbranche, die die Armee<br />

mit Waffen und Ausrüstung versorgt,<br />

ein strategisches Element von<br />

Außen- und Sicherheitspolitik ist und<br />

entsprechend staatlich gestützt und<br />

gefördert werden muss. Andere Staaten<br />

machen uns das vor.<br />

Die Unternehmen ihrerseits (und gewiss<br />

auch Rheinmetall) werden bei der<br />

Gestaltung ihrer Produktpalette im<br />

Rüstungsbereich analysieren, in welchen<br />

möglichen Konfliktszenarien<br />

künftig Soldaten sich durchsetzen<br />

müssen und welche technischen/technologischen<br />

Potenziale für ihre beste<br />

Ausrüstung dafür verfügbar sein werden.<br />

Dies verlangt sehr viel Wissen und<br />

Erfahrung, möglicherweise aber noch<br />

mehr Phantasie und wohl auch eine<br />

Prise Intuition – die Vorbedingung für<br />

Innovation.<br />

Darum die – für manchen wohl –<br />

phantastischen Fragen: Müssen Waffen<br />

überhaupt noch schießen, um den<br />

Gegner niederzuringen? Genügt es<br />

nicht, ihm den Gebrauch seiner Waffen<br />

zu verwehren? Oder auch, ihm Ziele<br />

vorzugaukeln, auf die er dann feuert,<br />

auch wenn diese gar nicht existieren?<br />

Wir stoßen mit solchen Fragen in völlig<br />

neue Technologiesphären hinein:<br />

Strahlung zur Ausschaltung gegnerischen<br />

Feuers. Oder: Informationstechnologie<br />

(IT), um die Sensoren des Gegners<br />

zu täuschen. Die Felder sind weit,<br />

auf denen derartige Innovationen stattfinden<br />

können.<br />

Auch dann, wenn nach einer kriegerischen<br />

Auseinandersetzung Aufbauarbeit<br />

zu leisten ist, wird moderne Ausrüstung<br />

von der Industrie bereitgestellt<br />

werden müssen. Denn die „Nachsorge“<br />

in vielen Kriegs- und Krisengebieten<br />

erfordert von Minenräumen über<br />

Kampfmittelbeseitigung und Umweltrekultivierung<br />

bis hin zum Aufbau einer<br />

funktionierenden Infrastruktur erhebliche<br />

technische und innovationsträchtige<br />

Tätigkeiten.<br />

Aber eins soll zum Schluss klargestellt<br />

werden: <strong>Das</strong> Wachbataillon der<br />

Bundeswehr braucht beim Staatsbesuch<br />

zum Präsentieren des Gewehrs<br />

– trotz aller Innovation – keine futuristische<br />

Strahlenwaffe. Der alte Karabiner<br />

tut’s auch. Rüdiger Moniac*<br />

*Rüdiger Moniac ist seit Jahrzehnten als Journalist auf<br />

den Gebieten Bundeswehr und Sicherheitspolitik tätig<br />

und hat sich in den jüngsten Jahren immer intensiver<br />

auch mit Fragen der Rüstungspolitik und der Rüstungsindustrie<br />

beschäftigt. Der 67-jährige Oberst der Reserve hat<br />

anfangs als Bonner Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen<br />

Zeitung, später der Tageszeitung „Die Welt“ alle<br />

deutschen Verteidigungsminister von Helmut Schmidt,<br />

den späteren Bundeskanzler, bis zum heutigen Amtsinhaber<br />

Peter Struck auf ihren Erkundungs- und Kontaktreisen<br />

durch die Kontinente und die Kulturen begleitet. Seit<br />

drei Jahren arbeitet Moniac als Selbständiger in Berlin<br />

und schreibt unter anderem für Tages- und Wochenzeitungen.<br />

Darüber hinaus redigiert er für den Verband der<br />

Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. als Chefredakteur<br />

das Magazin für Sicherheitspolitik loyal in enger<br />

Absprache mit dem Verbandspräsidium und vor allem<br />

dem beauftragten Herausgeber Michael Sauer.<br />

Als Europas größter Anbieter von Heerestechnik gestaltet Rheinmetall Defence den Prozess der Transformation der Streitkräfte aktiv mit – mit Know-how, Systemfähigkeit und hochmoderner Systemtechnik.<br />

Fotos (2): IMZBw-Bildarchiv<br />

Composing: frei-stil


Seite 12 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

n diesem Jahr jährt sich zum sechzigsten<br />

Mal das Ende des Zweiten<br />

Weltkrieges, das gleichzeitig den<br />

Zusammenbruch der deutschen<br />

wehrtechnischen Industrie bedeutete.<br />

Zahllose Produktionsanlagen<br />

wurden in den Monaten und Jahren<br />

nach dem 8. Mai 1945 geschlossen, beschlagnahmt<br />

und größtenteils demontiert.<br />

Der Plan der siegreichen Alliierten<br />

sah vor, dass im Deutschland nach Hitler<br />

nie mehr eine Waffe oder Patrone<br />

gefertigt werden sollte. <strong>Das</strong> Weiterbestehen<br />

deutscher Rüstungsfirmen war<br />

unerwünscht.<br />

Dennoch – und das ist das Außergewöhnliche<br />

an der Geschichte – bestanden<br />

viele dieser Unternehmen weiter.<br />

Unter anderem auch die zur Hälfte<br />

reichs- bzw. nach 1949 bundeseigene<br />

Rheinmetall-Borsig <strong>AG</strong>, die aufgrund<br />

der Kriegs- und Nachkriegsereignisse<br />

die meisten ihrer Werksanlagen und<br />

Vermögenswerte für immer verloren<br />

hatte. Vom wirtschaftlichen Aufschwung<br />

im Westen seit 1948 blieb die<br />

Gesellschaft dank der alliierten Vorschriften<br />

über den totalen Produktionsstop<br />

ausgeschlossen. Erst ab 1950<br />

versuchte Rheinmetall in Düsseldorf-<br />

Derendorf, einem Werk, das bis weit in<br />

die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts<br />

hinein fast nur aus Trümmern<br />

und Ruinen bestand, mit Büromaschinen,<br />

Kupplomaten, Tordrehkränen,<br />

Foto: Bundespresseamt/Denecke<br />

Historischer Akt mit symbolischer Bedeutung: Der damalige Bundeskanzler Konrad<br />

Adenauer spricht 1956 zu den ersten Freiwilligen der neu gegründeten Bundeswehr.<br />

Transport- und Verlademaschinen, Eisenbahn-Stoßdämpfern<br />

oder Gerbereimaschinen<br />

ein ziviles, wirtschaftlich<br />

erfolgreiches Produktprogramm aufzuziehen<br />

– nahezu vergeblich. Denn Erfahrungen<br />

in diesen Produktionszweigen<br />

besaß das Unternehmen nicht,<br />

und Facharbeiter waren schwer zu bekommen.<br />

Außerdem hatte die Konkurrenz<br />

einen Vorsprung von fünf Jahren<br />

gewonnen, der nicht mehr aufzuholen<br />

war.<br />

Warum aber unternahm man diese<br />

Anstrengung? Warum legte Rheinmetall,<br />

warum auch legte das Reich bzw.<br />

ab 1949 der Bund als neuer Eigentümer<br />

so großen Wert auf ein Weiterbestehen<br />

der Rheinmetall-Borsig <strong>AG</strong>, die nach Lage<br />

der Dinge keine Existenzgrundlage<br />

und -berechtigung mehr besaß?<br />

In den sechziger Jahren erlangt Rheinmetall Defence seine alte Stärke zurück<br />

Geschützentwicklung –<br />

made by Rheinmetall<br />

arallel zu den ersten waffentechnischen<br />

Aufträgen über<br />

die Lieferung des MG 42/59<br />

produzierte und bearbeitete<br />

Rheinmetall für die Bundeswehr<br />

seit 1956 auch automatische<br />

Waffen, Flak und<br />

Panzer-Waffenanlagen. Vorgesehen war<br />

seitens des Bundes die Einführung der<br />

automatischen 20-mm-Maschinenkanone<br />

HS 820 der Hispano Suiza S.A. in<br />

Genf, und zwar für die Bewaffnung des<br />

Schützenpanzers HS 30 wie auch für verschiedene<br />

Lastkraftwagen.<br />

Aufgrund bestehender Lizenzverträge<br />

– Rheinmetall hatte die Fertigungslizenz<br />

für die HS 820 einschließlich Munition<br />

im September 1956 von Hispano<br />

Suiza erworben – kam als Fertigungsfirma<br />

nur Rheinmetall in Frage, da die<br />

Waffe „weitgehend in Deutschland“<br />

gebaut werden sollte. Allerdings hatte<br />

Hispano Suiza wenig Erfahrung mit der<br />

Produktion von automatischen Maschinenkanonen<br />

und Panzerfahrzeugen.<br />

Die ursprüngliche HS 820 war deswegen<br />

nur ein Prototyp mit konstruktiven<br />

Mängeln gewesen, den erst Rheinmetall<br />

zur Serienreife entwickelte.<br />

Im rasch wiederaufgebauten Gebäude<br />

12 des Werkes Düsseldorf – entlang<br />

der Heinrich-Ehrhardt-Straße – begann<br />

im Februar 1958 die Serienfertigung<br />

der HS 820 unter dem Rheinmetall-eigenen<br />

Namen MK 20-1, deren erste<br />

Exemplare – zusammen mit der gleichzeitig<br />

gefertigten Munition – im selben<br />

Monat termingerecht an die Bundeswehr<br />

ausgeliefert wurden.<br />

In den sechziger Jahren kehrte Rheinmetall<br />

in einem weiteren Schritt zu seinem<br />

ureigenen Gebiet, der Entwicklung<br />

von schweren Waffen und Kanonen, zu-<br />

rück. Aus diesen Arbeiten gingen in<br />

den folgenden Jahren sowohl Weiterentwicklungen<br />

US-amerikanischer Systeme<br />

als auch Neukonstruktionen hervor.<br />

Die amerikanische 105-mm-Feldhaubitze<br />

M2 A1 sowie die Panzerhaubitze<br />

155 mm M 109 von Cadillac wurden<br />

von 1959 an kampfwertgesteigert<br />

und in ihrer Leistung den sowjetischen<br />

Geschützen angeglichen. Neben diese<br />

beiden Großprojekte trat die Eigenentwicklung<br />

einer 90-mm-Kanone, die als<br />

komplette Hauptbewaffnung in den<br />

„Jagdpanzer Kanone“ von Rheinstahl-<br />

Henschel übernommen wurde. Dieser<br />

Auftrag wurde 1967 erfolgreich abgeschlossen.<br />

Als Nachfolgemodell für die 20-mm-<br />

Kanone HS 820 plante der Bund eine<br />

Weiterentwicklung, die Rheinmetall unter<br />

der eigenen Bezeichnung Rh 202 anbot.<br />

Diese Waffe sollte nicht nur wesentlich<br />

preiswerter sein als die 20mm MK<br />

HS 820, sondern auch wesentlich besser:<br />

Sie musste „ein Maximum an Feuerbereitschaft,<br />

Lebensdauer, Wetterfestigkeit,<br />

Unempfindlichkeit gegen Schmutz,<br />

Flugsand und Wasser, Einfachheit der<br />

Bedienung und Wartung aufweisen“.<br />

Für die Verwendung der Rh 202 bot<br />

sich in erster Linie der von Henschel<br />

neu entwickelte und 1968 erstmals vorgeführte<br />

Schützenpanzer Marder an.<br />

Aber nicht nur der Marder, sondern alle,<br />

aufgrund der politischen Situation<br />

1968 (Einmarsch der Sowjettruppen in<br />

Prag) gleichzeitig eingeführten Waffensysteme<br />

– die Illing- und Flak-Zwilling-<br />

Lafetten (diese von Rheinmetall) sowie<br />

der Späh-Panzer-Rad-Schwimm 8x8 –<br />

wurden mit insgesamt 6630 Kanonen<br />

MK 20mm Rh 202 ausgerüstet. Die Serienfertigung<br />

in Düsseldorf und in der<br />

zweiten Fertigungsstätte bei Mauser in<br />

Oberndorf begann im Mai 1970. Anfängliche<br />

Probleme in der Fertigung<br />

waren schnell gelöst, und die Rh 202<br />

avancierte im Dienste der Bundeswehr<br />

zu einer Rheinmetall-Erfolgsgeschichte:<br />

1967 nahm das Bundesverteidigungsministerium<br />

diese automatische<br />

Kanone für die Einführung in allen<br />

Truppengattungen an: „Durch die einheitliche<br />

Verwendung der 20 mm Rh<br />

202 bei Heer, Luftwaffe und Marine ist<br />

damit in der Bundesrepublik Deutschland<br />

für eine überschaubare Zeit die<br />

waffen- und munitionsmäßige Standardisierung<br />

sichergestellt.“<br />

Weitere Einsatzmöglichkeiten ergaben<br />

sich, als Rheinstahl-Henschel 1976<br />

der Bundeswehr den neuen amphibischen<br />

8x8-Spähpanzer „Luchs“ vorstellte.<br />

Für diesen Panzer hatte Rheinmetall<br />

die Turmanlage (TS 7) entwickelt,<br />

und als Bewaffnung bekam der<br />

Luchs die Rh 202. Ebenfalls eine 20-<br />

mm-Waffe war die bereits erwähnte,<br />

seit 1968 entwickelte Zwillingsflak. Deren<br />

Einführung entsprach dem Auftrag<br />

an die Tieffliegerabwehr in der Luftwaffe,<br />

„tief und sehr tief anfliegende feindliche<br />

Luftfahrzeuge mit allen geeigneten<br />

Mitteln so rechtzeitig zu bekämpfen,<br />

dass sie vor Auslösen ihrer Waffen<br />

und Kampfmittel vernichtet oder zumindest<br />

am gezielten Angriff auf eine<br />

Luftwaffenanlage gehindert werden“.<br />

Im Dezember 1969 wurde ihre Einführung<br />

vom Haushaltsausschuss des<br />

Bundestages genehmigt; 1972 begann<br />

die Serienfertigung, und am 12. Oktober<br />

desselben Jahres wurden die ersten<br />

Seriengeräte der Zwillingsflak an<br />

die Einheiten der Bundeswehr ausgeliefert.<br />

Die letzten Geräte dieser Art lieferte<br />

Rheinmetall 1976.<br />

Ebenfalls zu erwähnen ist die Feldhaubitze<br />

155, auch – in Anlehnung an<br />

das damalige Jahrzehnt – FH 70 genannt.<br />

Diese war von Beginn an als trilaterales<br />

Projekt – das erste in der Geschichte<br />

der europäischen Nato-Staaten<br />

überhaupt – geplant: Neben<br />

Deutschland waren England und Italien<br />

an Konstruktion und Fertigung beteiligt.<br />

Von der englischen Firma Vickers<br />

stammte die Lafette, Oto Melara lieferte<br />

u.a. Wiege, Zieleinrichtungshalterung<br />

und Höhenrichtgetriebe, und<br />

Rheinmetall konstruierte die Waffe. Außerdem<br />

oblag diesen Hauptfertigern<br />

die Aufgabe der jeweilige Endmontage<br />

für die eigenen Truppen.<br />

Am 13. Oktober 1978 wurden die ersten<br />

Serien-Feldhaubitzen FH 70 an das<br />

Feldartillerie-Lehrbataillon 51 in Unterlüß<br />

ausgeliefert, die Serienfertigung<br />

wurde 1981 abgeschlossen. Und an<br />

Stelle des bereits in der Prototypenfertigungsphase<br />

gescheiterten – ebenfalls<br />

trilateralen – Projekts Panzerhaubitze<br />

70 präsentierte Rheinmetall eine erneut<br />

leistungsgesteigerte „gute alte“ Panzerhaubitze<br />

M 109 G, die mit dem Rohr der<br />

FH 70 ausgerüstet worden war. Damit<br />

wurde beim Testschießen mit dieser<br />

Der im Juni 1950 ausgebrochene Korea-Krieg<br />

hatte die weltweite Nachkriegsordnung<br />

sichtbar verändert. Aus<br />

den einstigen Alliierten Großbritannien<br />

und USA einer- und der Sowjetunion<br />

andererseits waren Feinde geworden.<br />

Der beginnende Ost-West-Konflikt hatte<br />

mit der Gründung der Bundesrepublik<br />

Deutschland und der DDR 1949 einen<br />

ersten Höhepunkt erreicht, in Korea<br />

wurde er erstmals militärisch ausgetragen.<br />

Berlin bildete den Mittelpunkt dieses<br />

weltweiten Konfliktes, die westlichen<br />

Alliierten verteidigten die Freiheit<br />

des Westens künftig an der Grenze zur<br />

DDR. Und dazu brauchte man auch die<br />

militärische Hilfe des früheren Gegners<br />

– in Form einer demokratisch gesinnten<br />

Armee, der Bundeswehr. Und damit war<br />

auch die Frage nach der Ausrüstung der<br />

Bundeswehr gestellt – und die einer<br />

einheimischen wehrtechnischen Industrie.<br />

Da die Bundesrepublik Deutschland<br />

keinen eigenen Rüstungsbetrieb unterhalten<br />

durfte, musste als erster Schritt<br />

mit dem Verkauf der Rheinmetall-Borsig<br />

<strong>AG</strong> an die Familie Röchling eine Pri-<br />

vatisierung des Unternehmens durchgeführt<br />

werden. Die neue Eigentümerfamilie<br />

erhielt eine einzige, aber wichtige<br />

Auflage: Sie musste im Auftrag des<br />

Bundes die wehrtechnische Produktion<br />

für die neu aufzustellende Bundeswehr<br />

sicherstellen.<br />

Bei Rheinmetall in Düsseldorf fehlte<br />

zunächst jede Grundlage für die Wiedereinrichtung<br />

einer wehrtechnischen Konstruktion<br />

und Fertigung. Der frühere<br />

Stamm von Facharbeitern und Konstrukteuren<br />

war längst in anderen Branchen<br />

untergekommen, und die Düsseldorfer<br />

Unternehmen, die seit einem Jahrzehnt<br />

am deutschen Wiederaufbau und Wirt-<br />

Vor 50 Jahren began<br />

Waffe eine bis dahin nie erzielte Reichweite<br />

von 24 Kilometern erreicht.<br />

Nicht alle Projekte auf dem Gebiet der<br />

Rohrartillerie, die im Laufe der fünf<br />

Jahrzehnte bei Rheinmetall geplant<br />

worden waren, wurden auch umgesetzt.<br />

Als die Mk 20mm Rh 202 auslief,<br />

konnte Rheinmetall für sein Erfolgsmodell<br />

eine Nachfolgevariante anbieten.<br />

Auf eigene Kosten hatten die Techniker<br />

und Ingenieure eine moderne Waffe<br />

entwickelt, die unter der Bezeichnung<br />

Mk Rh 205 erstmals 1977 in Unterlüß<br />

beschossen wurde. Der Bund stellte<br />

Mit der doppelkalibrigen Maschinenkanone Rh 503 fertigte Rheinmetall ein Waffensystem,<br />

mit dem unter anderem der kampfwertgesteigerte Marder 1 bewaffnet ist.<br />

Report-Verlag (Bonn) aus „Bundeswehr – 50 Jahre Einsatz für den Frieden“<br />

schaftswunder beteiligt waren, hatten<br />

den Markt der qualifizierten Kräfte<br />

längst abgeschöpft. Aber viele ehemalige<br />

Mitarbeiter kehrten gerne zurück zu<br />

Rheinmetall, nachdem es sich herumgesprochen<br />

hatte, dass im Stadtteil Derendorf<br />

wieder im größeren Rahmen gefertigt<br />

werden sollte. Allmählich gelang es,<br />

eine Kernmannschaft zusammenzustellen,<br />

die die konstruktions- und entwicklungstechnische<br />

Grundlage der neuen<br />

Waffenfertigung bildete.<br />

Neben dem Bau eigener Geschütze führte Rheinmetall auch Kampfwertsteigerungen<br />

fremder Systeme durch, z. B. für die 155-mm-Panzerhaubitze M 109 von Cadillac.<br />

Fotos (2): Rheinmetall<br />

dafür allerdings keine weiteren Mittel<br />

mehr zur Verfügung. Besser erging es<br />

Rheinmetall dagegen mit der Eigenentwicklung<br />

der fremdangetriebenen Rh<br />

503 – sowohl als 35-mm- als auch als<br />

50-mm-Bewaffnung, also als Doppelkaliberwaffe,<br />

konzipiert –, die seit 1986<br />

für einen neuen Schützenpanzer der<br />

Bundeswehr entwickelt wurde. Die Präsentation<br />

im November 1987 hatte zur<br />

Folge, dass im BWB die Entscheidung<br />

fiel, den neuen Schützenpanzer Marder<br />

2 von Henschel mit der Rh 503 auszustatten.<br />

Überraschend wurde der Marder 2 jedoch<br />

aus dem neuen Bundeswehrplan<br />

für 1994 gestrichen. <strong>Das</strong> bedeutete aber<br />

– zum Glück – nicht das Ende der Rh<br />

503. Anstelle des Marder 2 wurde die<br />

Maschinenkanone nun weiterentwickelt<br />

für die Kampfwertsteigerung des Marder<br />

1. Im September 1996 war es schließlich<br />

soweit: Rheinmetall präsentierte die<br />

Maschinenkanone Rh 503 mit der inzwischen<br />

leistungsgesteigerten Munitionsfamilie<br />

FAPDS 35/50mm. Mit dieser ersten<br />

fremdangetriebenen Maschinenkanone,<br />

die für die Bundeswehr entwickelt<br />

worden war, stand für die neue Schützenpanzergeneration<br />

ein Waffensystem<br />

auf höchstem technischen Niveau bereit.<br />

Die Entwicklung der Mk Rh 503 war<br />

damit abgeschlossen. lb


<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />

Seite 13<br />

Die Waffe, mit der Rheinmetall den<br />

Neubeginn der wehrtechnischen Produktion<br />

starten sollte, war das Maschinengewehr<br />

42. Dieses war während des<br />

Zweiten Weltkrieges das Standard-MG<br />

der Deutschen Wehrmacht gewesen<br />

und konstruktiv die beste automatische<br />

Handfeuerwaffe weltweit. Mitte<br />

Oktober 1955 fiel seitens des Bundesamtes<br />

für Wehrtechnik und Beschaffung<br />

(BWB) die Entscheidung für die<br />

Einführung des MG 42. Der Bund verlangte<br />

eine Grundausstattung von<br />

10324 Stück, eine Bevorratung von<br />

6100 Stück und veranschlagte einen<br />

Nachholbedarf von 510 Stück pro Jahr.<br />

<strong>Das</strong> hieß, „das Werk muss so ausgerichtet<br />

sein, dass es jährlich 24 400<br />

Stück in einer Schicht liefern kann“.<br />

Bis zur Auslieferung der ersten MG<br />

wollte sich der Bund mit amerikanischen<br />

Handfeuerwaffen behelfen. Damit<br />

waren die deutschen Ausbilder und<br />

Rekruten allerdings nicht zufrieden. Am<br />

21. August 1956 schloss Rheinmetall<br />

den Vertrag mit der Bundesrepublik<br />

Deutschland zur Lieferung von 16 400<br />

MG 42 für Nato-Patronen 7,62 mm ein-<br />

schließlich Ersatzteilen. Damit war der<br />

Grundstein für die Ausstattung der Bundeswehr<br />

mit eigenem Gerät gelegt.<br />

In einem angemieteten Betrieb in<br />

Neuenburg (Baden) begann im Juli<br />

1956 der Umbau von alten MG 42 aus<br />

Weltkriegsbeständen, danach auch die<br />

Fertigung der neuen und verbesserten<br />

Geräte. Nach dem Wiederaufbau des<br />

Gebäudes 27 im Werk Düsseldorf-Derendorf,<br />

dem heutigen „Living Office“,<br />

wurde die MG-Fertigung im Juni 1957<br />

dorthin verlegt. Die ersten Maschinengewehre<br />

aus der Düsseldorfer Fertigung<br />

wurden im Dezember 1957 an die<br />

Truppe ausgeliefert, die Neukonstruk-<br />

n die MG-Fertigung<br />

tionen kamen 1959 – mit besserer Treffbildleistung<br />

und einer erleichterten Beseitigung<br />

von Hülsenfängern – als MG<br />

42/59 oder MG 1 erstmals zur Auslieferung.<br />

Bis dahin hatte es lange Verhandlungen<br />

mit dem BWB über die Fertigungsabläufe,<br />

den Materialeinsatz, die<br />

Qualität von Entwicklungs- und Zulieferfirmen,<br />

die Forderungen der Güteund<br />

Abnahmestellen, das Probeschießen,<br />

selbst über die Art der Verpackung<br />

und vieles andere gegeben. Und natür-<br />

Spezialist für die Waffe des Kampfpanzers Leopard 2<br />

Ein Standardpanzer<br />

für die Bundeswehr<br />

Düsseldorf. Während des zweiten<br />

Weltkrieges hatte die deutsche Wehrmacht<br />

ein Panzerwaffenpotenzial besessen,<br />

das, wie sich besonders bei<br />

den Panzerschlachten mit der Sowjetunion<br />

gezeigt hatte, dem ihrer Gegner<br />

in vielen Fällen weit überlegen gewesen<br />

war. Nach der Kapitulation und der<br />

völligen Entwaffnung der Wehrmacht<br />

durch die alliierten Streitkräfte gab es<br />

diese technologische Überlegenheit allerdings<br />

nicht mehr. So kam es, dass<br />

nach Gründung der Bundeswehr die<br />

neue Truppe unter dem Dach der Nato<br />

zunächst auf ausländisches Material<br />

zurückgreifen musste, und das galt<br />

auch für die Panzerfahrzeuge und deren<br />

Bewaffnung. Gleichwohl sah der<br />

Bund die deutschen Unternehmen der<br />

Wehrtechnik in der Pflicht, sich an einer<br />

völligen Neubewaffnung der Truppe<br />

zu beteiligen. Diese verlangte nach einem<br />

Panzer, der die Erfordernisse des<br />

modernen Bewegungskrieges erfüllen<br />

musste. Ein besonderer Wunsch der<br />

noch ohne eigene Panzer dastehenden<br />

jungen Bundeswehr war es, die frühere<br />

technische Überlegenheit in einem einzelnen<br />

Fahrzeug zu bündeln.<br />

Sie forderte deshalb einen möglichst<br />

niedrigen „Standardpanzer mit einem<br />

Gefechtsgewicht von maximal 30 Tonnen<br />

und einem Leistungsgewicht von 30<br />

PS/t“. In einem Forderungskatalog vom<br />

November 1956 wurde aufgezählt:<br />

„Durchschlagsleistung der Waffe und Abstoßwirkung<br />

der Panzerung müssen sich<br />

gegenseitig so ergänzen, dass ein schwerer<br />

Feindpanzer (Stalin III) auf eine Entfernung<br />

vernichtet werden kann, die diesem<br />

noch keine vernichtende Wirkung gegen<br />

den eigenen mittleren Panzer ermöglicht.<br />

Ein solcher Panzer würde zugleich die<br />

Aufgaben des leichten Panzers im Rahmen<br />

der Panzer- und Panzergrenadierverbände,<br />

nämlich Gefechtsaufklärung und<br />

Sicherung, erfüllen können.“<br />

Ein beweglicher Standardpanzer, mit<br />

der entsprechenden Bewaffnung versehen,<br />

sollte auch die Aufgaben eines<br />

schweren Panzers übernehmen können.<br />

Die Höchstgeschwindigkeit des<br />

Panzers sollte 65 Kilometer pro Stunde<br />

betragen und die Hauptbewaffnung<br />

aus einer 105-mm-Kanone bestehen.<br />

Die Militärs erwarteten nicht nur eine<br />

„übereilte“ Überarbeitung des M 47<br />

oder M 48 der USA, sondern „eine echte<br />

Neu-Entwicklung“, und das möglichst<br />

schnell: Der Standardpanzer sollte<br />

bereits 1961 eingeführt werden.<br />

Während die Bundeswehr in den ersten<br />

Jahren mit dem Kampfpanzer Patton<br />

M 48 A2C ausgerüstet wurde, der jedoch<br />

nur etwa halb so schnell war wie es der<br />

Forderung an den Standardpanzer entsprach,<br />

und aus der Schweiz den Schützenpanzer<br />

HS 30 bekam, arbeiteten zwei<br />

deutsche Konsortien an der Entwicklung<br />

des Standardpanzers. Rheinmetall hatte<br />

durchgesetzt, auf jeden Fall an der Turmentwicklung<br />

beteiligt zu werden, unabhängig<br />

davon, wessen Entwurf schließlich<br />

ausgewählt wurde. Für die Bewaffnung<br />

des Panzers beschloss der Bund,<br />

eine britische 105-mm-Kanone einzuführen,<br />

die in der Nato bereits verwendet<br />

wurde und zur Standardisierung von<br />

Waffe und Munition beitragen sollte. En-<br />

de August 1958 schloss Rheinmetall mit<br />

dem Bundesverteidigungsministerium<br />

einen Vertrag über die Entwicklung eines<br />

Geschützturmes einschließlich der 105mm-Waffenanlage<br />

mit britischen Rohren.<br />

Nach gründlicher Erprobung der von<br />

den Arbeitsgruppen entwickelten Panzer<br />

entschied sich der Bund für einen<br />

Prototypen, der im Herbst 1962 dem<br />

Von 1966 bis 1979 fertigte Rheinmetall das Maschinengewehr MG 3. Die Waffe war eine<br />

Fortentwicklung des MG 42, mit dem die Produktion 1956 wieder begonnen hatte.<br />

lich, immer und immer wieder, über<br />

den Preis.<br />

In den nächsten Jahren wurde eine<br />

Reihe kleiner konstruktiver Verbesserungen<br />

am MG 42/59 durchgeführt,<br />

zum Beispiel mit Blick auf die Laufhärtung,<br />

das Verriegelungsstück, die Dreibeinlafette,<br />

den Drehkranz für das Aufsetzen<br />

auf Fahrzeuge und die Härtung<br />

der Gurtglieder im Patronengurt. Er-<br />

schwerend wirkten sich dabei häufig<br />

die mangelnde Qualität eingekaufter<br />

Zulieferteile oder nicht eingehaltene<br />

Liefertermine durch die Unterlieferanten<br />

aus. Geradestehen gegenüber dem<br />

Bund musste letztlich Rheinmetall als<br />

Generalunternehmer.<br />

Problematisch waren auch die Verhandlungen<br />

über Anschlussaufträge.<br />

Im September 1959 lief der erste Liefer-<br />

Fotos (2): Rheinmetall<br />

auftrag aus, was zur Folge hatte, dass<br />

Arbeitskräfte entlassen werden mussten.<br />

Außerdem bestand bei Ausbleiben<br />

des Auftrages oder einer großen zeitlichen<br />

Lücke die Gefahr, dass Unterlieferanten<br />

absprangen, Maschinen verschrottet<br />

oder verkauft und später erneut<br />

teuer angeschafft werden mussten,<br />

oder dass Produktionsflächen<br />

brachlagen. 1959 schließlich erhielt<br />

Rheinmetall einen Anschlussauftrag<br />

auf weitere 5300 MG 42, 1963 erneut<br />

über 7300 Geräte. Dazu kam eine Reihe<br />

von Exportaufträgen: In enger Abstimmung<br />

mit dem Bundesverteidigungsministerium<br />

lieferte Rheinmetall das MG<br />

42 nach Dänemark, Norwegen, Indonesien<br />

(1960), Pakistan, Italien (1963),<br />

Sudan, Iran (1966) England, Burma<br />

oder Chile (1967).<br />

Mit technischen Verbesserungen<br />

vollzog sich die Entwicklung vom MG<br />

42/59 bzw. MG 1 zur Version MG 1 A6,<br />

das als MG 3 ab Juli 1966 an die Bundeswehr<br />

geliefert wurde. Danach verlor<br />

die MG-Fertigung für Rheinmetall<br />

an Bedeutung. Nach insgesamt<br />

139 000 gefertigten Maschinengewehren<br />

für den Bund und den Export lief<br />

die Fertigung schließlich 1979 aus.<br />

Alleiniger Lieferant für eine mittlerweile<br />

neue Generation von Maschinengewehren<br />

ist seitdem Heckler & Koch in<br />

Oberndorf am Neckar.<br />

Dr. Christian Leitzbach<br />

Modernster Kampfpanzer der Welt: Im März 2001 wurde der erste von 225 Leopard 2A6 an die Bundeswehr ausgeliefert.<br />

Panzerlehrbataillon 93 in Munster zur<br />

Verfügung gestellt wurde. „Der Versuch<br />

erhielt durch die Truppe schon damals<br />

den Decknamen ‚Leopard‘ – in der<br />

Hoffnung, dass dieser Name einstmals<br />

die nichtssagende Bezeichnung ‚Standardpanzer‘<br />

ablösen würde.“ Für die<br />

Null-Serienfertigung wurde am 17. Juli<br />

1963 die Münchner Krauss-Maffei als<br />

Generalunternehmer ausgewählt. Seit<br />

1964 entwickelte und fertigte Rheinmetall<br />

gemeinsam mit der Firma Wegmann<br />

aus Kassel die 105-mm-Waffen-<br />

So sah er als „Blaupause“ aus: der 1956 definierte „Standardpanzer mit einem Gefechtsgewicht<br />

von maximal 30 Tonnen und einem Leistungsgewicht von 30 PS/t“.<br />

anlage für diesen modernen Panzerprototypen.<br />

Im September 1965 übergab<br />

Krauss-Maffei den ersten Kampfpanzer<br />

„Leopard“ an die Bundeswehr.<br />

Er erfüllte in vollem Maße die Anforderungen,<br />

die zehn Jahre zuvor an den<br />

Standardpanzer der Bundeswehr gestellt<br />

worden waren. Insgesamt wurden<br />

bei Krauss-Maffei Wegmann als Generalunternehmer<br />

und der heutigen RLS<br />

sechs Lose gefertigt, von denen das<br />

letzte Los mit 250 Fahrzeugen Ende<br />

März 1976 ausgeliefert wurde.<br />

Die Kampfpanzerentwicklung hatte<br />

mit dem Leopard keineswegs ihr Ende<br />

erreicht. Kaum rollte dieser über die<br />

Truppenübungsplätze, dachte der<br />

Bund bereits über ein neues Projekt<br />

nach. Gemeinsam mit den USA sollte<br />

ein „Kampfpanzerprojekt der 70er Jahre“<br />

entwickelt werden, ein Panzer mit<br />

einer völlig neuartigen Waffenanlage<br />

und mit einem nie zuvor gebauten<br />

Rohrkaliber. Die Amerikaner, die von<br />

der Bewaffnung eine andere Vorstellung<br />

hatten als die Deutschen, stiegen<br />

bald aus dem Projekt aus, und der<br />

Bund betrieb das Projekt nun in eigener<br />

Regie unter dem Namen Leopard 2.<br />

War Rheinmetall beim Leopard 1 mit<br />

der eigenen 105-mm-Millimeter Kanone<br />

nicht zum Zuge gekommen, so änderte<br />

sich das bei der zukünftigen Bewaffnung<br />

des Leopard 2 grundlegend: Bereits<br />

im Jahr 1965 hatte unter der Federführung<br />

des späteren Rheinmetall-Geschäftsführers<br />

Dr.-Ing. Raimund Germershausen<br />

die Entwicklung der 120mm-Glattrohrkanone<br />

begonnen. <strong>Das</strong><br />

bisher übliche und nach dem damaligen<br />

Stand der Rohr-Technik nicht übertroffene<br />

Kaliber 105 mm sollte in puncto<br />

Panzerdurchschlagskraft und Treffgenauigkeit<br />

– unter möglichst weitgehender<br />

Einhaltung der Abmessungen und<br />

Gewichte der 105-mm-Waffe – leistungsgesteigert<br />

werden. Rheinmetall<br />

konnte nach zweijähriger Entwicklungsarbeit<br />

nachweisen, dass eine flügelstabilisierte<br />

Wuchtmunition aus glatten<br />

Rohren mit genügender Treffsicherheit<br />

verschossen werden konnte. Die Glattrohrkanone<br />

wurde 1975 bei einem trilateralen<br />

Vergleichsschießen gegen eine<br />

105-mm-US-Kanone mit gezogenem<br />

Rohr und eine englische 110-mm-Kanone,<br />

ebenfalls mit gezogenem Rohr, vorgestellt.<br />

Sie erwies sich gegenüber der<br />

Konkurrenz als überlegen. Eine weitere<br />

Erfolgsgeschichte aus dem Hause<br />

Rheinmetall nahm somit ihren Anfang.<br />

Seit Mitte der achtziger Jahre entwickelte<br />

sich der Leopard 2 zum Hauptprojekt<br />

der Fertigung bei Rheinmetall.<br />

Die Kampfwertsteigerung des Leopard<br />

1, die Serienfertigung der Rohre für die<br />

Panzerhaubitze M 109 A3 G oder die<br />

Entwicklung der fremdangetriebenen<br />

35-mm-Kanone Rh 503 nahmen wesentlich<br />

geringere Auftragsvolumina ein.<br />

<strong>Das</strong> hatte zur Folge, dass, als 1986 vom<br />

Bund nur ein kleines 6. Los von 150<br />

Fahrzeugen geordert wurde, Rheinmetall<br />

für 122 Mitarbeiter Kurzarbeit beantragen<br />

musste. Die schlechte Auftragslage<br />

hatte besonders für den Standort<br />

Düsseldorf seine Folgen: Die arbeitsintensive<br />

Prototypenfertigung wurde<br />

1986 stillgelegt und nach Unterlüß verlagert.<br />

1991 folgte die Panzerturmfertigung,<br />

die 1992 nach Beendigung des 8.<br />

Loses schließlich eingestellt wurde.<br />

959 Serientürme waren bis dahin allein<br />

für die Bundeswehr hergestellt worden.<br />

In den Folgejahren beschäftigte sich<br />

Rheinmetall weitgehend mit der<br />

Kampfwertsteigerung der beiden Leopard-Panzer.<br />

<strong>Das</strong> bislang letzte dieser<br />

Modernisierungsprogramme für den<br />

Leopard 2, nun für die Version A 6, lief<br />

1995 an. Dazu wurde der Panzer mit einem<br />

neuartigen L/55-Rohr und der dazugehörigen<br />

LKE II-Munition, der weltweit<br />

stärksten Panzermunition, ausgestattet,<br />

deren Erprobung 1997 erfolgreich<br />

verlief. Im März 2001 konnte der<br />

erste der 225 Kampfpanzer Leopard<br />

2A6, der modernste Kampfpanzer der<br />

Welt, an die Bundeswehr ausgeliefert<br />

werden. Dr. Christian Leitzbach<br />

Fotos (2): Rheinmetall


Seite 14 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

2004 wurde Rheinmetall Waffe Munition gegründet<br />

Kooperationspartner<br />

seit fünf Jahrzehnten<br />

it der Gründung der<br />

Rheinmetall Waffe<br />

Munition GmbH, die<br />

zusammen mit der<br />

Nitrochemie-Gruppe<br />

und der RWM Schweiz<br />

<strong>AG</strong> (frühere Oerlikon<br />

Contraves Pyrotec <strong>AG</strong>) seit Mitte 2004<br />

das Rheinmetall-Geschäftsfeld Weapon<br />

Ammunition (Rheinmetall Waffe<br />

Munition = RWM) bildet, wurde eine<br />

Entwicklung fortgesetzt, die – wie im<br />

Bereich Landsysteme auch – einen<br />

wichtigen Beitrag zur Konsolidierung<br />

der deutschen Heerestechnik leistet.<br />

Bereits in den fünf Jahrzehnten seit<br />

Gründung der Bundeswehr hatte es immer<br />

wieder Kooperationen zwischen<br />

den Unternehmen Rheinmetall W&M,<br />

Mauser, Buck, Nitrochemie und Nico<br />

gegeben, deren Kernkompetenzen,<br />

Kräfte und Ressourcen heute unter einem<br />

gemeinsamen unternehmerischen<br />

Dach gebündelt sind – eine Zusammenarbeit,<br />

die trotz der Konkurrenz auf<br />

manchen Gebieten immer möglich und<br />

auch notwendig war. Der Bund als Auftraggeber<br />

vergab seine Fertigungsaufträge<br />

meist an zwei Unternehmen, um<br />

das Risiko bei einem möglichen Ausfall<br />

einer Betriebsstätte gering zu halten.<br />

Rheinmetall suchte sich darüber hinaus<br />

immer wieder Kooperationspartner<br />

oder Unterauftragnehmer, zu denen<br />

eben auch die heute unter RWM operierenden<br />

Gesellschaften gehörten.<br />

Die 1872 gegründeten Mauser-Werke<br />

Oberndorf Waffensysteme hatten als renommierter<br />

Hersteller von Handfeuerwaffen<br />

Berühmtheit erlangt, für die Bundeswehr<br />

u.a. mit dem Hochleistungsgewehr<br />

SP 66 für Scharfschützen. In den<br />

siebziger Jahren baute das Unternehmen<br />

den Fertigungszweig Bord- und Maschinenkanonen<br />

für den Mittelkaliberbereich<br />

auf. Die MK 20 Rh 202 von<br />

hne Munition schießt<br />

eine Waffe nicht – das<br />

galt auch für die 2-cm-<br />

Maschinenkanone HS<br />

820, deren Prototyp<br />

von Hispano Suiza entwickelt<br />

und von Rheinmetall<br />

zur Serienreife gebracht sowie<br />

in Serie produziert wurde. So lag es<br />

nahe, Rheinmetall auch den Auftrag<br />

zur Entwicklung einer deutschen Munition<br />

zu geben, die – vergleichbar mit<br />

der bereits existierenden HS-Munition<br />

– in der HS 820 verschossen werden<br />

konnte. Um eine zügige Abwicklung<br />

des 1959 erteilten Auftrages zu gewährleisten,<br />

wurden mit Nachdruck<br />

die Errichtung eines Zylinderbaus in<br />

Düsseldorf, in dem die Stahlhülsenfertigung<br />

vorgenommen werden sollte,<br />

und die Wiederinbetriebnahme<br />

des im Krieg nur leicht beschädigten<br />

Laborierwerkes Neulüß durchgeführt.<br />

Im Zusammenhang mit dem Kampfpanzer<br />

Leopard 2 erhielt Rheinmetall<br />

den Auftrag zur Entwicklung einer neuen<br />

Munitionsgeneration. Beeindruckend<br />

war dabei nicht nur die Kalibergröße<br />

für Rohrwaffen, die von 105 mm<br />

(Leopard 1) auf 120 mm ausgedehnt<br />

wurde; innovativ war zudem die Forderung<br />

nach verbrennbaren Hülsen.<br />

Rheinmetall kooperierte auf diesem<br />

Sektor mit der Nitrochemie GmbH, einer<br />

Tochtergesellschaft des Essener<br />

Chemieunternehmens Wasag <strong>AG</strong>. Dieses<br />

Unternehmen selbst war führend in<br />

der technologischen Entwicklung der<br />

Rheinmetall wurde in Oberndorf als<br />

zweiter Fertigungsstätte in hohen Stückzahlen<br />

produziert. Im März 1995 übernahm<br />

Rheinmetall die Gesellschaftsanteile<br />

von der Diehl-Gruppe.<br />

Ob rückstoßfreie Kanone im Kaliber<br />

30 mm mit hülsenloser Munition, das<br />

Marineleichtgeschütz MLG 27 oder die<br />

Bordkanone BK 27 für die Kampfflugzeuggenerationen<br />

Tornado und Eurofighter<br />

– die früheren Mauser-Werke in<br />

Oberndorf nehmen im Mittelkaliberbereich<br />

eine führende Rolle bei der Ausstattung<br />

der Bundeswehr und der Nato-Streitkräfte<br />

ein. Der zur RWM GmbH<br />

gehörende Standort Oberndorf bildet<br />

heute gemeinsam mit der RWM<br />

Schweiz <strong>AG</strong> (Zürich) innerhalb des Geschäftsfeldes<br />

Weapon Ammunition das<br />

Kompetenzzentrum für automatische<br />

Maschinenkanonen, Waffensysteme<br />

und Munition im Mittelkaliberbereich.<br />

Flugzeugbordwaffen, Marinegeschütze<br />

und Fahrzeugbewaffnungen einschließlich<br />

deren Munition sind die<br />

Hauptprodukte.<br />

Die Standorte der früheren Gesellschaften<br />

Nico Pyrotechnik, Pyrotechnik<br />

Silberhütte und Buck Neue Technologien<br />

bilden heute das RWM-Geschäftssegment<br />

Schutzsysteme/Pyrotechnik. In<br />

Trittau und Silberhütte sind die Unternehmen<br />

der Nico-Gruppe seit etlichen<br />

Jahren in der Herstellung von Übungsmunition,<br />

Nebelwurfgranaten, Täuschkörpern<br />

und nicht-letaler Wirkmittel erfolgreich<br />

tätig. Ein 1986 vorgestellter<br />

„Tarnkappen“-Nebel, System „Alberich“,<br />

der von Infrarot- und Laserpeilstrahlen<br />

nicht durchdrungen werden kann, dient<br />

neben vielen anderen Produkten dem<br />

Schutz von Truppen oder militärischer<br />

Einrichtungen vor feindlichen Angriffen.<br />

Auch am Standort Neuenburg und<br />

Fronau ist RWM für die Bundeswehr in<br />

der Fertigung von künstlich erzeugten Ne-<br />

verbrennbaren Hülse, wohingegen Nitrochemie<br />

Spezialist für die Herstellung<br />

von Nitrozellulose war, die sich<br />

als idealer Grundstoff erwiesen hatte.<br />

Für die 1979 startende Serienproduktion<br />

der neuen 120-mm-Munition<br />

wurde in Neulüß 1978 eine neue Halle<br />

zur Laborierung errichtet, während die<br />

Treibkäfige sowie die Hülsenböden für<br />

die KE- und MZ-Munition im Düsseldorfer<br />

Zylinderbau gefertigt wurden.<br />

Für die nach Aschau gegebene Produktion<br />

der verbrennbaren Formteile<br />

richtete die Nitrochemie eine spezielle<br />

Anlage ein. Daneben wurden bei<br />

Rheinmetall eine 155-mm-Munition für<br />

die Feldhaubitze FH 70 sowie eine 35mm-Munition<br />

für die Verwendung im<br />

Fla-Panzer Gepard gefertigt.<br />

Sowohl die 105-mm- als auch die<br />

120-mm-Munition erfuhren seitdem<br />

Innovationen, die zu leistungsgesteigerten<br />

Versionen führten. Bei der 105mm-Munition<br />

betraf dies die erstmalige<br />

Anwendung eines Lochkegelleit-<br />

werkes. Der präzise mit neun Bohrungen<br />

durchlöcherte Kegel ermöglichte<br />

für Übungsmunition eine weitgehend<br />

identische, aber erheblich kürzere<br />

Flugbahn wie für scharfe Geschosse.<br />

So konnte die Munition auch auf kleinen<br />

Schießplätzen verschossen werden.<br />

Bei der 2. Generation der 120mm-Bewaffnung<br />

bestand die Neuerung<br />

in einer KE-(Monoblock)-Munition,<br />

deren Kernstück ein einheitlicher<br />

Penetrator war. Der Bund erteilte 1982<br />

über diese leistungsgesteigerte<br />

Foto: Bundeswehr/Martin Stollberg<br />

Kompetenter Partner nicht nur der Bundeswehr: Für die moderne, modular aufgebaute Panzerfaust 3, die derzeit bei den Streitkräften<br />

in Deutschland, der Schweiz, Japan, Italien und Südkorea in Verwendung ist, liefert RWM seit vielen Jahren die Übungsmunition.<br />

beln tätig. Dieser Tätigkeitsbereich hat eine<br />

große Bedeutung für das neue Geschäftsfeld<br />

Homeland-Security, u.a. bei<br />

der Vernebelung von Kraftwerken zwecks<br />

Schutz vor terroristischen Angriffen. Der<br />

Bereich Selbstschutzsysteme nimmt in<br />

der Produktpalette für militärische Abnehmer<br />

eine prominente Stellung ein.<br />

Besonders hervorzuheben ist das System<br />

„Maske“, das führende Produkt im Bereich<br />

infrarot-wirksamer Selbstschutznebel<br />

für Gefechtsfahrzeuge. Es wurde gemeinsam<br />

mit der Schweizerischen Munitionsgesellschaft<br />

in Thun entwickelt und<br />

ging im Jahre 2000 bei der Schweizerischen<br />

Armee in die Erprobungsphase.<br />

Auch die Marinescheinziele „Bullfighter“<br />

und „Mass“ sind wesentliche Umsatzträger.<br />

Gemeinsam mit der Nitrochemie-Gruppe<br />

arbeitet der Standort Neuenburg<br />

an der Entwicklung eines<br />

Täuschkörpers zum Schutz von Flugzeugen<br />

und Helikoptern vor modernen Flugkörpern.<br />

Außerdem wurde mit „Ramses“<br />

ein Gerät zum Personenschutz entwickelt,<br />

bei dem eine künstlich erzeugte<br />

Nebelwand zur Unterbrechung von<br />

Übungsmunition einen Auftrag über<br />

100 000 Stück.<br />

Die derzeit letzte, beim Kunden eingeführte<br />

Entwicklungsstufe bei der<br />

120-mm-Munition ist deren kampfwertgesteigerte<br />

Version LKE II (KE-Patrone<br />

DM 53), die weltweit stärkste<br />

Panzermunition für den Kampfpanzer<br />

Leopard 2 A6. 1997 ging diese Munition<br />

in die Erprobungsphase, auf die im<br />

Jahr 2000 die Serienfertigung folgte.<br />

Diese neue Munitionsgeneration, mit<br />

der Rheinmetall seine Stellung als<br />

weltweit größter Hersteller von Wolframmunition<br />

festigen konnte, wird zukünftig<br />

ergänzt durch eine neue Zweitmunition<br />

120mm HE, die durch die<br />

Verwendung neuartiger, insensitiver<br />

Sprengstoffe erhebliche Leistungsfortschritte<br />

aufweist und mit unterschiedlichen<br />

Zünderkonzepten ausgerüstet<br />

wird. Die neue Patrone soll den Leopard<br />

2 in die Lage versetzen, sich gegen<br />

ein neues breites Spektrum ungepanzerter<br />

oder leicht gepanzerter Be-<br />

drohungen, insbesondere gegen panzerbrechende<br />

Waffen, Ziele hinter<br />

Deckungen oder auch beim Kampf gegen<br />

weitreichende Panzerabwehrwaffen<br />

zu verteidigen.<br />

Eine ureigene Rheinmetall-Entwicklung<br />

stellte das im Oktober 1986 erstmals<br />

in Unterlüß vorgestellte Modulare<br />

Treibladungssystem (MTLS) dar.<br />

<strong>Das</strong> Prinzip dieser neuen Art der Bewaffnung,<br />

z.B. in Form der 155-mm-<br />

Munition für die Panzerhaubitze<br />

2000, war die exakte Ladungsbestim-<br />

Sichtlinien führt. Selbst mit einem<br />

Nachtsichtgerät oder via Laserentfernungsmesser<br />

ist die durch „Ramses“<br />

verdeckte Person nicht zu erkennen.<br />

Der Standort Aschau der Nitrochemie<br />

Wimmis <strong>AG</strong> war in der Vergangenheit<br />

ein wichtiger Kooperationspartner<br />

Rheinmetalls in der Herstellung verbrennbarer<br />

Hülsen für die 120-mm-Munition<br />

des Kampfpanzers „Leopard 2“.<br />

Seit der Gründung der Bundeswehr<br />

sind ein- und mehrbasige Treibladungspulver<br />

Bestandteil des umfangreichen<br />

Herstellungsspektrums des<br />

seit 1992 zu Rheinmetall gehörenden<br />

Werkes in Aschau. Ein großer Fertigungszweig<br />

ist seit 1995 die Serienfertigung<br />

des modularen Treibladungssystems<br />

155mm für die Artillerie – kurz:<br />

MTLS. Dieses hochmoderne, standardisierte<br />

Ladungssystem, bestehend<br />

aus zylindrischen Modulen, ersetzte<br />

nach und nach die verschiedenartigen<br />

Treibladungssysteme der Artillerie.<br />

Mit der Gründung der Nitrochemie <strong>AG</strong><br />

in Wimmis, einem Zusammenschluß der<br />

Nitrochemie Aschau GmbH und der Nit-<br />

mung pro abzufeuerndem Schuss. Der<br />

Vorteil der modularen Treibladung gegenüber<br />

herkömmlichen Ladungen<br />

bestand in der Standardisierung der<br />

bisherigen Typenvielfalt nicht kombinierbarer<br />

Ladungen. Dazu kam, dass<br />

durch die vereinfachte Zuführung der<br />

Treibladung die Kadenz erhöht wurde,<br />

keine Restladung als Abfall anfiel, die<br />

Module leicht verstaubar waren und<br />

zudem sowohl als Übungs- als auch<br />

als Gefechtsladungen verwendet werden<br />

konnten, so dass keine Überalterung<br />

mehr entstand.<br />

Rheinmetall ist auch in der Entwicklung<br />

so genannter „Intelligenter Munition“<br />

tätig. Um im Verteidigungskampf<br />

die Zivilbevölkerung nicht in allzu starke<br />

Mitleidenschaft zu ziehen, wird eine<br />

hohe Treffergenauigkeit verlangt,<br />

die bei direkt schießenden Waffen (z.<br />

B. bei den Kampfpanzern) bereits gegeben<br />

war. Die Rheinmetall-Entwicklung<br />

trug maßgeblich dazu bei, dass<br />

diese Forderung auch bei der indirekt<br />

Bahnbrechend mit viel Durchschlagskraft<br />

schießenden Artillerie (z.B. der Haubitze)<br />

erfüllt wurde. Unter dem Dach<br />

der mit der Firma Diehl gemeinsam gegründeten<br />

Entwicklungsgesellschaft<br />

GIWS begann 1988 die Arbeit an der<br />

Suchzündermunition ZEPL 155mm, die<br />

fortan unter dem Kürzel SMArt (Suchzündermunition<br />

für Artilleriesysteme)<br />

Bedeutung erlangte. Die ersten 250<br />

Systeme wurden im Dezember 1999<br />

an die Bundeswehr ausgeliefert.<br />

Erfahrungen internationaler Truppen<br />

im Kosovo oder in Bagdad, die ihre<br />

rochemie Wimmis <strong>AG</strong>, nahm 1998 ein<br />

deutsch-schweizerisches Gemeinschaftsunternehmen<br />

seine Arbeit auf,<br />

das vor dem Hintergrund der Bündelung<br />

nationaler Wehrtechnikpotenziale in Europa<br />

ein wichtiger Anbieter von Treibladungen,<br />

Ladungssystemen und Munitionskomponenten<br />

sowie von chemischen<br />

Zwischenprodukten ist. Die Produktion<br />

von Nitrozellulose, Rohmasse<br />

und einbasiger Treibladungssysteme ist<br />

seitdem in Wimmis im Berner Oberland<br />

angesiedelt; in Aschau findet die Herstellung<br />

mehrbasiger Treibladungspulver,<br />

verbrennbarer Formteile und der<br />

Chemieprodukte statt. Die Nitrochemie-<br />

Gruppe ist heute Generalunternehmer<br />

für Ladungssysteme der Artillerie und<br />

Partner der Munitionshersteller für Antriebskomponenten<br />

klein- bis großkalibriger<br />

Munitionssysteme. Seit Herbst<br />

2001 beliefert Nitrochemie im Rahmen<br />

eines Partnerschaftsabkommens auch<br />

den größten Munitionshersteller in Großbritannien,<br />

Royal Ordnance Defence, mit<br />

Treibladungspulvern und verbrennbaren<br />

Formteilen. Dr. Christian Leitzbach<br />

Munition aller Kaliber liefert die Rheinmetall<br />

Waffe Munition GmbH. <strong>Das</strong> Bild<br />

zeigt eine Auswahl von in Unterlüß hergestellter<br />

Munition aus dem Jahre 1997.<br />

Gegner meist im Häuserkampf stellen<br />

mussten, führten bei Rheinmetall seit<br />

2002 zur Entwicklung einer sogenannten<br />

sprengstofflosen „Pele“-<br />

Technologie (Penetrator mit erhöhtem<br />

Lateral-Effekt). Ziel dieser Entwicklung<br />

ist es, herkömmliche Mehrzweck-<br />

(MZ) oder High-Explosive-Munition<br />

(HE) so anzupassen, dass sie in<br />

bebautem Gebiet zur Truppenunterstützung<br />

eingesetzt werden kann, ohne<br />

erhebliche Schäden an der Außenseite<br />

des Ziels oder aber – wie mit<br />

durchschlagkräftiger Kinetic Energy-<br />

Wolfram-Anti-Panzer-Munition (KE) –<br />

auch noch hinter dem Ziel unabsehbare<br />

und unbeabsichtigte Folgen zu<br />

verursachen. lb<br />

Foto: Rheinmetall<br />

Report-Verlag (Bonn) aus „Bundeswehr – 50 Jahre Einsatz für den Frieden“


Fotos: IMZBw-Bildarchiv/Rheinmetall<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />

Seite 15<br />

Erfolgreich in der Entwicklung von Flugsimulatoren für zivile und wehrtechnische Anwendungen: Die RDE in Bremen ist am Bau von Simulatoren zur Schulung künftiger Piloten für das größte und modernste<br />

Kampfflugzeug Eurofighter (M.) beteiligt. Auch Simulatoren zur Ausbildung im Kampfhubschrauber-Einsatz – etwa im „Tiger“ (l.) oder im Mehrzweckhubschrauber NH 90 (r.) – gehören zum RDE-Programm.<br />

Rheinmetall Defence Electronics: führend in der wehrtechnischen Elektronik<br />

„Fliegende Augen“ für die Artillerie<br />

lb Bremen. Von den Gesellschaften<br />

der Rheinmetall-DeTec-Gruppe hat ohne<br />

Zweifel die Rheinmetall Defence<br />

Electronics GmbH (RDE) die bewegteste<br />

Geschichte. Die RDE ging 2004 aus<br />

der früheren STN Atlas Elektronik<br />

GmbH mit Standorten in Bremen und<br />

Hamburg hervor, die wiederum ein Zusammenschluss<br />

zweier Unternehmen<br />

gewesen war: Die frühere Atlas-Werke<br />

<strong>AG</strong> war ursprünglich im Schiffsbau engagiert,<br />

die STN Systemtechnik Nord in<br />

der Elektronikentwicklung für den zivilen<br />

und militärischen Schiffbau.<br />

Die 1911 in Bremen gegründete Atlas-<br />

Werke <strong>AG</strong>, die ihre Ursprünge in einer<br />

1843 errichteten Eisengießerei und Maschinenbauanstalt<br />

hatte, war zu Beginn<br />

ein Werftbetrieb, in dem nach dem Ersten<br />

Weltkrieg auch schiffstechnische<br />

Apparate (besonders Echolote) hergestellt<br />

wurden. 1964 wurde – unter dem<br />

Dach des Krupp-Konzerns – die Abteilung<br />

Elektronik in einer eigenen Gesellschaft<br />

in Bremen-Sebaldsbrück ausge-<br />

gliedert. Im Laufe der nächsten Jahre<br />

avancierte dieser Bereich – besonders<br />

nach der Einstellung des Schiffsbaus<br />

1969 – zum eigentlichen Tätigkeitsschwerpunkt<br />

der Atlas-Gruppe. Die Aktivitäten<br />

der neuen Krupp Atlas Elektronik<br />

GmbH konzentrierten sich jedoch nicht<br />

allein auf die Schifffahrtsindustrie. Besonders<br />

nach dem Einstieg in die Simulationstechnik<br />

konnten Kunden aus allen<br />

Bereichen der Wirtschaft gewonnen<br />

werden, auch das Heer der Bundeswehr<br />

war darunter. Erste Großprojekte waren<br />

Europas modernste Schiffsführungs-<br />

und Simulationsanlage, die 1982 an der<br />

Fachhochschule in Hamburg in Betrieb<br />

genommen wurde, und der erste, im<br />

Jahre 1980 bei der Bundeswehr eingeführte<br />

Panzersimulator zur Ausbildung<br />

am Kampfpanzer Leopard 2.<br />

Ein wichtiger Einschnitt für die Geschichte<br />

der Krupp Atlas Elektronik bedeutete<br />

1991 die Integration in den Verbund<br />

der Vulkan-Werft in Bremen. Dieses<br />

Großunternehmen hatte bereits<br />

1990 die Marine- und Wehrtechnikbereiche<br />

von AEG und MBB aufgenommen,<br />

die Daimler-Benz aufgrund kartellrechtlicher<br />

Vorschriften verkaufen<br />

musste. Die unter dem Namen STN Systemtechnik<br />

Nord GmbH vereinigten Bereiche<br />

wurden innerhalb des Werftenverbundes<br />

Vulkan mit Atlas Elektronik<br />

zur STN Atlas Elektronik GmbH fusioniert.<br />

Beim Konkurs des Werftenverbundes<br />

wurde die STN Atlas Elektronik<br />

GmbH gerettet und gelangte 1997 gemeinschaftlich<br />

zum Rheinmetall-Konzern<br />

und zu British Aerospace.<br />

Auf den Gebieten der Heeres-, Marine-<br />

und Simulationstechnik leistete<br />

STN Atlas Elektronik Bahnbrechendes.<br />

In der Marinetechnik machte sich das<br />

Unternehmen vor allem mit Sonarsystemen,<br />

mit Waffeneinsatzsystemen für U-<br />

Boote, aber auch mit Schiffsführungsanlagen<br />

und VTS-Systemen (Vessel Trafic<br />

Service) einen Namen.<br />

Die Heerestechnik wird unter anderem<br />

von der Drohnenentwicklung bestimmt.<br />

Neben dem unbemannten<br />

Flugsystem „Taifun“, für das der Bund<br />

1997 einen Entwicklungsauftrag erteilte,<br />

waren es die Aufklärungs- und Überwachungsdrohne<br />

„Brevel“ und die<br />

Stördrohne „Mücke“, die auf der Internationalen<br />

Luft- und Raumfahrtausstellung<br />

von 1998 in Berlin Aufsehen erregten.<br />

<strong>Das</strong> KZO – Kleinfluggerät Zielor-<br />

tung – wurde an die Feuerkraft der Panzerhaubitze<br />

2000 angelehnt. Deren<br />

Leistungsfähigkeit, bis über 40 Kilometer<br />

punktgenau Ziele bekämpfen zu<br />

können, erforderte ein entsprechendes<br />

Aufklärungssystem für diese bisher<br />

noch nicht da gewesene Reichweite<br />

und Präzision – sozusagen das „fliegende<br />

Auge“ der Artillerie.<br />

1999 begannen die Truppenversuche,<br />

in deren Rahmen KZO den ersten erfolgreichen<br />

Testflug absolvierte. Bei<br />

weiteren Truppenübungen erwies es<br />

sich als das weltweit einzige System,<br />

das sowohl feste als auch bewegliche<br />

Ziele identifizieren, lokalisieren und<br />

die Koordinaten zur Bekämpfung direkt<br />

an die schießende Artillerie senden<br />

konnte. Im September 2004 startete<br />

KZO eine Mission auf der Lehrübung<br />

„System Artillerie“, auf der das Sichern<br />

und Überwachen einer demilitarisierten<br />

Zone demonstriert wurde. <strong>Das</strong> KZO-<br />

System übernahm dabei die präzise<br />

und schnelle Aufklärung der Feindlage,<br />

verzögerungsfreie Datenverarbeitung<br />

und -übermittlung sowie die Überwachung<br />

der Bekämpfung von ortsfesten<br />

und mobilen Zielen.<br />

Neben KZO konnte Rheinmetall Defence<br />

Electronics die Weiterentwicklung<br />

von „Taifun“ von einer weitestgehend<br />

autonom operierenden Kampfdrohne zu<br />

einem hochpräzise geführten Waffensystem<br />

präsentieren. Als Fernzielsuchund<br />

-bekämpfungsdrohne „Tares“ kann<br />

das neue taktische Waffensystem mit einer<br />

Reichweite von 200 Kilometern<br />

Feinderkundungen auf große Entfernung<br />

durchführen und ist für das Radar<br />

nahezu unsichtbar.<br />

Neu in der Drohnenfamilie ist die seit<br />

2004 in Zusammenarbeit mit der Technischen<br />

Universität Braunschweig entwickelte,<br />

wiederverwendbare Mini-<br />

Drohne „Carolo“. <strong>Das</strong> Mikroflugzeug,<br />

das völlig autonom und satellitengestützt<br />

fliegt, dient der unbemannten<br />

Aufklärung bzw. Überwachung und unterstützt<br />

aus der Luft den Soldaten bei<br />

der Aufklärung hinter einem Hügel<br />

oder um eine Häuserfront. „Carolo“ ist<br />

auch zivil einsetzbar, zum Beispiel in<br />

der Verkehrsüberwachung.<br />

Ein weiteres wichtiges Arbeitsgebiet<br />

im Bereich Landsysteme ist die Ausstattung<br />

des Kampfpanzers „Leopard<br />

Moderne Streitkräfte setzen heute alles daran, ihre Ausrüstung an die gestiegenen<br />

Anforderungen im Bereich Aufklärung und Informationsgewinnung anzupassen<br />

und dadurch eigene Menschen und Material zu schützen. Die von der Rheinmetall<br />

Defence Electronics GmbH (RDE) entwickelten Drohnensysteme erfüllen diese Aufgabe<br />

und bieten eine weltweit unerreichte Leistungsfähigkeit. Mit der Auslieferung<br />

der Aufklärungsdrohne KZO an das deutsche Heer zeigt RDE erneut kompetent Flagge.<br />

2“ mit modernster Feuerleittechnik.<br />

Diese findet auch in anderen Fahrzeugen<br />

Anwendung, zum Beispiel in modernen<br />

Schützenpanzern: Die Feuerleitanlagen<br />

„Faust“ und „SEOSS“ wurden<br />

für das bewegliche Gefecht gegen<br />

Land- und Luftziele konzipiert. Seit<br />

1997 war die heutige RDE verantwort-<br />

Herzstück des neuen Spähpanzers „Fennek“ (links mit dem Spähpanzer „Luchs“ im Hintergrund) ist die Beobachtungs- und Aufklärungsausstattung (BAA) von RDE. Der dazugehörende<br />

Sensorkopf besitzt eine Tagsicht-Kamera, ein Wärmebildgerät und einen Entfernungsmesser. Ebenso zum Produktprogramm des Bremer Unternehmens gehört<br />

das Leichte Flugabwehrsystem (LeFlaSys), das beispielsweise im luftverlastbaren „Wiesel 2“, einer Eigenentwicklung der Rheinmetall Landsysteme, zum Einsatz kommt.<br />

lich für die Entwicklung eines Leichten<br />

Flugabwehrsystems (LeFlaSys) für die<br />

Bundeswehr und arbeitete an dessen<br />

Exportvariante „ASRAD-R“. Nach<br />

sechsjähriger Entwicklungstätigkeit<br />

wurde das System Ende 2000 von der<br />

Bundeswehr in Dienst gestellt, die Auslieferung<br />

des kompletten Systems im<br />

Jahre 2003 abgeschlossen.<br />

Der Geschäftsbereich Simulation ist<br />

sowohl auf militärischen als auch auf zivilen<br />

Geschäftsfeldern tätig. Zu den<br />

Großprojekten im Auftrag der Bundeswehr<br />

sowie einzelner Nato-Staaten gehören<br />

Simulatoren zur Gefechtsausbildung<br />

von Panzerbesatzungen, Fahrschulsimulatoren<br />

zur Fahrausbildung an<br />

Radfahrzeugen der Bundeswehr oder<br />

Flugsimulatoren. Seit 1998 ist die RDE<br />

an dem internationalen Joint Venture<br />

Eurofighter Simulation Systems in München<br />

beteiligt, um das weltweit größte<br />

und modernste Kampfflugzeug-Schulungsprogramm<br />

unter Einsatz von Ausbildungssimulatoren<br />

für zukünftige „Eurofighter“-Piloten<br />

zu entwickeln.<br />

Außerdem arbeitet das Bremer Unternehmen<br />

an Flugsimulatoren, die für<br />

Kampfflugzeuge, Hubschrauber – beispielsweise<br />

für den Kampfhubschrauber<br />

„Tiger“ oder den Mehrzweckhubschrauber<br />

NH 90 – und für zivile Verkehrsflugzeuge<br />

eine realistische Ausbildung<br />

ermöglichen. Ebenfalls zu erwähnen<br />

ist das Großprojekt Gefechtsübungszentrum<br />

(GÜZ), ein Trainingsgelände<br />

des Heeres, das 1997 auf dem<br />

Truppenübungsplatz Altmark in der<br />

Colbitz-Letzlinger Heide in einer ersten<br />

Ausbaustufe in Betrieb genommen<br />

wurde. In dieser Simulations-Ausbildungsstätte<br />

können unter realitätsnahen<br />

Bedingungen sämtliche Truppenteile<br />

des Heeres mit modernster Elektronik<br />

u.a. für Einsätze innerhalb internationaler<br />

Friedenstruppen trainieren.<br />

Fotos (3): IMZBw-Bildarchiv<br />

Composing: frei-stil/Fotos: IMZBw-Bildarchiv


Foto: Bundeswehr<br />

Seite 16 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

Der von Rheinmetall Landsysteme produzierte Marder 1 kommt – neuerdings in kampfwertgesteigerter Version mit verbessertem Minenschutz – auch bei internationalen Militärmissionen wie hier im Kosovo zum Einsatz.<br />

Rheinmetall Landsysteme GmbH steht für Konsolidierung in der Heerestechnik<br />

Kompetenz: gepanzerte Fahrzeuge<br />

eit dem Jahr 1990 befindet<br />

sich Rheinmetall kontinuierlich<br />

auf dem Wege zum<br />

größten Wehrtechnik-Systemhaus<br />

in Europa. Lag<br />

das Tätigkeitsfeld der<br />

Rheinmetall GmbH seit<br />

1956 vor allem auf den Gebieten Handfeuerwaffen,<br />

Rohrartillerie, Turm- und<br />

Waffenfertigung für Panzer und gepanzerte<br />

Fahrzeuge sowie Munition, kam<br />

1991 mit der damaligen Krupp-Tochtergesellschaft<br />

MaK Systemgesellschaft<br />

das große Segment der Panzerfahrzeuge<br />

hinzu, das 1999 um die Wehrtechnikbereiche<br />

der Gesellschaften Henschel<br />

und KUKA erweitert wurde. Alle drei Firmen<br />

wurden 2000 zur Rheinmetall<br />

Landsysteme GmbH (RLS) mit den<br />

Standorten Kiel, Unterlüß, Kassel und<br />

Gersthofen (früher Augsburg) fusioniert.<br />

Der heutige RLS-<br />

Standort Kiel hatte<br />

sich bereits 1958<br />

mit Partnern an<br />

der Prototypenentwicklung<br />

des Standardpanzersbeteiligt,<br />

der unter der Generalunternehmerschaft<br />

von Krauss-Maffei als „Leopard“<br />

1965 erstmals an die Bundeswehr<br />

ausgeliefert wurde. Auf dessen<br />

Fahrgestell-Basis wurden auch einige<br />

Sondermodelle gefertigt: der Pionierpanzer<br />

„Dachs“, der Brückenlegepanzer<br />

„Biber“ und nicht zuletzt der Bergepanzer<br />

„Büffel“, der seit 1994 in der<br />

kampfwertgesteigerten Version „Bergepanzer<br />

3“ bei der Bundeswehr im<br />

Einsatz ist.<br />

Auch an der Fertigung des Kampfpanzers<br />

„Leopard 2“ war Rheinmetall<br />

Landsysteme beteiligt, und zwar neben<br />

Generalunternehmer Krauss-Maffei als<br />

Fahrzeughersteller. Ein weiteres wesentliches<br />

Produkt, der Schützenpanzer<br />

„Marder“, wurde in den heutigen<br />

Werken der RLS in Kiel und Kassel zwischen<br />

1970 und 1975 in 2000 Exemplaren<br />

gefertigt. 1971 wurde das erste Serienfahrzeug<br />

in den Dienst der Bundes-<br />

wehr gestellt. <strong>Das</strong> mit der 20-mm-Kanone<br />

Rh 202 von Rheinmetall bewaffnete<br />

Fahrzeug ist bis heute neben den<br />

beiden Kampfpanzern „Leopard 1“ und<br />

„Leopard 2“ das wichtigste gepanzerte<br />

Fahrzeug der Bundeswehr.<br />

Internationale Einsätze im Rahmen<br />

von UNO-Missionen (u. a. auf dem<br />

Balkan) hatten dazu geführt, dass für<br />

einen Schützenpanzer der Infanterie<br />

ein deutlich verbesserter Minenschutz<br />

nötig war. Dieses Erfordernis erfüllt<br />

heute im Wesentlichen der kampfwertgesteigerte<br />

„Marder 1 A5“, der im<br />

Juni 2001 die letzten Truppen- und Erprobungsversuche<br />

absolvierte. <strong>Das</strong><br />

erste Fahrzeug ging im Dezember<br />

2002 an die Panzergrenadiere, weitere<br />

neun Fahrzeuge wurden zum Beispiel<br />

Mitte März 2003 an die Kfor-<br />

Truppe im Kosovo ausgeliefert.<br />

Seit den frühen siebziger Jahren war<br />

der Kieler Standort auch mit dem Thema<br />

Beseitigung von Landminen befasst.<br />

Den ersten Einsatz erlebte der Prototyp<br />

des Minenräumpanzers „Keiler“ im früheren<br />

Kriegsgebiet Bosnien-Herzegowina.<br />

Dessen Räumsicherheit war es im<br />

Wesentlichen zu verdanken, dass die<br />

Flugzeuge der internationalen Hilfstruppen<br />

sicher in Mostar landen konnten.<br />

Insgesamt 24 Serienfahrzeuge wurden<br />

1997 und 1998 ausgeliefert. Bereits im<br />

Juni 1998 nahm ein zweites Minenräumsystem,<br />

die Bodenfräse „Rhino“, seinen<br />

Dienst in Kroatien auf und erzielte bei<br />

der Räumung von Minen in Ostslawonien<br />

außerordentlich gute Ergebnisse.<br />

Seit den achtziger Jahren fertigt RLS<br />

den kleinen luftverlastbaren Transportpanzer<br />

„Wiesel“, der in der Version<br />

MK20 mit der 20-mm-Waffenanlage Rh<br />

202 von Rheinmetall ausgestattet ist.<br />

Die Turmentwicklung fand am früheren<br />

RLS-Standort Augsburg statt. Die ersten<br />

Exemplare wurden 1990 an die 1.<br />

Luftlandedivision ausgeliefert. Im Juni<br />

1994 stellte die RLS eine in großen Teilen<br />

optimierte Version, den „Wiesel 2“,<br />

vor. Von diesem Fahrzeug wurden verschiedene<br />

Versionen entwickelt, z.B.<br />

als Trägerfahrzeug für das von der heutigen<br />

Rheinmetall Defence Electronics<br />

GmbH (Bremen) entwickelte „Leichte<br />

Flugabwehrsystem“, als Sanitäts-, Gefechtsstands-<br />

oder Pionierfahrzeug.<br />

Die bislang letzte Entwicklung aus der<br />

„Wiesel“-Serie betrifft den so genannten<br />

„digitalisierten Wiesel 2“. Dieser ist<br />

in der Lage, rechnergestützt, unbemannt<br />

und autonom zu fahren.<br />

1990 wurde die heutige Rheinmetall<br />

Landsysteme GmbH mit der Entwicklung<br />

und Fertigung des Fahrzeuges für<br />

die Panzerhaubitze 2000 und als Unterauftragnehmer<br />

für die Fertigung<br />

der 155-mm-Waffenanlagebeauftragt.<br />

Der Prototyp<br />

der Panzerhaubitze<br />

2000 konnte im<br />

Mai 1994 der Bundeswehr in Meppen<br />

vorgestellt werden.<br />

Rund 60 Prozent aller von der Bundeswehr<br />

genutzten gepanzerten Rad- und<br />

Kettenfahrzeuge stammten Ende der<br />

neunziger Jahre vom RLS-Standort Kassel,<br />

der früheren Henschel Wehrtechnik.<br />

Neben dem Schützenpanzer „Marder“<br />

sind der Spähpanzer „Luchs“ und<br />

der Transportpanzer „Fuchs“ in ihren<br />

zahlreichen Varianten international im<br />

Einsatz. Von besonderer Bedeutung ist<br />

dabei der ABC-Schutz, der in dem bei<br />

den amerikanischen Streitkräften eingeführten<br />

NBC-RS-FOX und im kampfwertgesteigerten<br />

„Spürfuchs“ bis zur<br />

Perfektion weiter entwickelt wurde.<br />

Am Standort Gersthofen ist die Turmentwicklung<br />

der Rheinmetall Landsysteme<br />

GmbH untergebracht. Auch die<br />

Teilefertigung für den neuen Schützenpanzer<br />

„Puma“ sichert in den nächsten<br />

Jahren Arbeitsplätze: RLS entwickelt in<br />

Technik für die Streitkräfte-Transformation: Dem Puma-Schützenpanzer fällt zukünftig eine<br />

zentrale Rolle bei der Verbesserung der Krisenreaktionsfähigkeit der Bundeswehr zu.<br />

Gersthofen die Waffenlafettierung und<br />

das Waffengehäuse sowie die Munitionszuführung<br />

und -magazinierung. Einschließlich<br />

Munitionshandling konnten<br />

diese Bauteile bereits erfolgreich erprobt<br />

werden. Der Standort Unterlüß<br />

schließlich dient der RLS als weiteres<br />

Kompetenzzentrum für die Turmfertigung<br />

und die Wiesel-Produktion, darüber<br />

hinaus für die Instandhaltung und<br />

den Kundendienst der Gesellschaft.<br />

Die größten Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte<br />

der Bundeswehr<br />

stellen heute das Gepanzerte Gruppentransport-Kraftfahrzeug<br />

(GTK) und der<br />

Schützenpanzer „Puma“ dar. An beiden<br />

Projekten ist die Rheinmetall Landsysteme<br />

maßgeblich beteiligt. <strong>Das</strong> GTK<br />

soll den in der Bundeswehr seit 1962<br />

eingesetzten Mannschaftswagen M 113<br />

ersetzen. Unter dem Namen „Boxer“<br />

wurde 2003 der erste Prototyp vorgestellt.<br />

Der Puma-Schützenpanzer, dem<br />

zukünftig eine zentrale Rolle bei der<br />

Verbesserung der Krisenreaktionsfähigkeit<br />

der Bundeswehr zukommen<br />

wird, soll sukzessive an die Stelle des<br />

„Marder“ treten. Der Haushaltsausschuss<br />

des Deutschen Bundestages<br />

bewilligte das Projekt Anfang Dezember<br />

2004.<br />

Im Zuge der Privatisierung von ursprünglichen<br />

Bundeswehraufgaben<br />

wird die RLS als Teilhaberin an der neuen<br />

Heeresinstandsetzungslogistik<br />

GmbH gemeinsam mit Krauss-Maffei<br />

Wegmann, der Industriewerke Saar<br />

und dem Bund über einen Zeitraum<br />

von acht Jahren die Einsatzfähigkeit<br />

von mindestens 70 Prozent aller einbezogenen<br />

Waffensysteme des Heeres<br />

gewährleisten. Dr. Christian Leitzbach<br />

Der Räumsicherheit des Minenräumpanzers „Keiler“ (Foto links) war es zu verdanken, dass die Flugzeuge der internationalen Hilfstruppen auch im früheren Bürgerkriegsgebiet in Kroatien sicher landen konnten.<br />

Neuer Mannschaftswagen für die Bundeswehr (Foto rechts) : Der unter der Beteiligung der Rheinmetall Landsysteme GmbH entwickelte „Boxer“ ersetzt zukünftig das seit 1962 eingesetzte Transportfahrzeug M 113.<br />

Fotos: Rheinmetall/IMZBw-Bildarchiv Composing: frei-stil/Fotos: IMZBw-Bildarchiv<br />

Report-Verlag (Bonn) aus „Bundeswehr – 50 Jahre Einsatz für den Frieden“


<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Aus dem Konzern<br />

Seite 17<br />

Fotos (12) + Collage: Thomas Klink


Foto: Ariane Gehlert<br />

Seite 18 <strong>Das</strong> aktuelle Thema<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

er Schutz der Mitarbeiterdaten hat erste Priorität!“, so definiert Dr.<br />

Klaus Pottmeyer seine Hauptaufgabe als Datenschutzbeauftragter der<br />

Rheinmetall <strong>AG</strong>. Bereits seit April 1993 in diesem Aufgabengebiet in<br />

der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong> tätig und von Mai 2004 an in gleicher Funktion<br />

für die Konzern-Holding und die anderen Rheinmetall-Gesellschaften<br />

am Standort Düsseldorf im Amt, trägt der gebürtige Essener pragmatisch<br />

dazu bei, dass sensible Daten nicht in falsche Hände gelangen. <strong>Das</strong> „Profil“<br />

sprach mit dem 49-jährigen Juristen, der seit 1988 im Unternehmen und<br />

heute als Syndikus der Rechtsabteilung der Rheinmetall <strong>AG</strong> sowie als Prokurist<br />

der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong> und der Rheinmetall Waffe Munition GmbH tätig ist.<br />

„Profil“-Interview mit Dr. Klaus Pottmeyer<br />

Daten der Mitarbeiter<br />

genießen hohen Schutz<br />

Profil: Datenschutz – welchen Sinn<br />

und Zweck hat das?<br />

Pottmeyer: Anliegen des Datenschutzes<br />

ist es, die personenbezogenen Daten<br />

bestimmter natürlicher Personen<br />

gegen unbefugte Verarbeitung und<br />

Weitergabe an Dritte zu schützen.<br />

Profil: Was meinen Sie konkret damit?<br />

Pottmeyer: Man muss zum Beispiel<br />

ganz konsequent dafür Sorge tragen,<br />

dass es keinen unkontrollierten bzw.<br />

missbräuchlichen Datenaustausch zwischen<br />

verschiedenen Institutionen wie<br />

etwa Banken, Unternehmen und Behörden<br />

gibt. <strong>Das</strong> ist etwa dann der Fall,<br />

wenn der Datentransfer nicht durch eine<br />

spezielle Rechtsgrundlage gedeckt<br />

ist. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen,<br />

ob ein Gesetz die Weitergabe von Daten<br />

erlaubt. Derartige Rechtsgrundlagen<br />

finden wir im Bundesdatenschutzgesetz<br />

(BDSG), aber z.B. auch im Einkommensteuergesetz<br />

und in den Gesetzen,<br />

die sich mit den Sozialversicherungsträgern<br />

befassen.<br />

Profil: Welche Angaben fallen konkret<br />

unter den Begriff „personenbezogene<br />

Daten“?<br />

Pottmeyer: Alle Angaben von natürlichen<br />

Personen über bestimmte Sachverhalte.<br />

Beim Mitarbeiter eines Unternehmens<br />

sind das so sensible Daten<br />

wie Personalnummer, Geburtsdatum,<br />

Konfession, Gehalt und Fehlzeiten.<br />

Bei einem Geschäftspartner fallen unter<br />

diese Kategorie unter anderem Kundennummer,<br />

Liefer- und Rechnungsadresse,<br />

Ansprechpartner, Bonität sowie<br />

Daten über die Liefer- und Zahlungstreue.<br />

Profil: Welche Daten genießen besonderen<br />

Schutz?<br />

Pottmeyer: Jeder Bürger ist Herr seiner<br />

personenbezogenen Daten. <strong>Das</strong><br />

bedeutet: Er allein entscheidet, wem er<br />

seine Daten preisgibt und ob diese danach<br />

verarbeitet oder an Dritte weitergegeben<br />

werden dürfen. Im Kleingedruckten<br />

von Verträgen oder auch auf<br />

Gewinnspielkarten findet man häufig<br />

einen Passus „Sind Sie einverstanden,<br />

dass Ihre Daten gespeichert und verarbeitet<br />

werden?“. Hier hat man die Mög-<br />

lichkeit, eine weitere Adressnutzung zu<br />

untersagen. <strong>Das</strong> Bundesverfassungsgericht<br />

spricht hier vom Recht auf „informationelle<br />

Selbstbestimmung“ als<br />

Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.<br />

Profil: Elektronische Datenverarbeitung<br />

spielt dabei eine wichtige Rolle.<br />

Pottmeyer: Zentral ist in diesem Zusammenhang<br />

der Begriff „Datei“. <strong>Das</strong><br />

ist eine Datensammlung, die nach be-<br />

stimmten Kriterien sortiert und ausgewertet<br />

werden kann. Wenn beispielsweise<br />

im Tabellenkalkulationsprogramm<br />

Excel oder im Datenbankprogramm<br />

Access jeweils zwei Daten wie<br />

Name und Anschrift erfasst sind, kann<br />

daraus eine alphabetisch nach Name<br />

oder numerisch nach Postleitzahl oder<br />

Ort sortierte Datei erstellt werden.<br />

Durch das Bundesdatenschutzgesetz<br />

sind sowohl elektronische als auch<br />

nicht automatisierte Dateien geschützt.<br />

Die guten alten Karteikarten, auf denen<br />

z.B. Mitarbeiterdaten niedergelegt werden,<br />

sind auch als Datei zu qualifizieren.<br />

Denn auch diese können – per<br />

Hand – nach verschiedenen Kriterien<br />

sortiert werden. Beim gewöhnlichen<br />

Geschäftsbrief sprechen wir auch davon,<br />

dass dieser in einer Datei auf dem<br />

PC gespeichert wird. Dies ist aber keine<br />

Datei im Sinne des BDSG. Es fehlt die<br />

Sortiermöglichkeit. Anders mag dies<br />

wiederum beim Serienbrief sein.<br />

Profil: Warum ist Datenschutz überhaupt<br />

notwendig?<br />

Pottmeyer: In unserer hochtechnisierten<br />

Welt wird es immer einfacher,<br />

Daten zu verarbeiten und auszuwerten.<br />

Viele öffentliche und private Einrichtungen<br />

– darunter das Finanzamt, die<br />

Staatsanwaltschaft, die Sozialversicherungsträger<br />

und Versandhäuser –<br />

sammeln Daten. Durch gezieltes Vergleichen<br />

und Zusammenführen der an<br />

verschiedenen Stellen gespeicherten<br />

Daten wird der Mensch regelrecht<br />

durchleuchtet. Auf diese Weise entsteht<br />

ein persönliches Profil, aus dem man<br />

bestimmte Schlüsse ziehen kann – zum<br />

Beispiel über sein Freizeit- oder Kaufverhalten,<br />

seine Musikvorlieben sowie<br />

seine Ess- und Trinkgewohnheiten.<br />

Profil: Zukunftsvisionen holen uns<br />

sehr schnell ein.<br />

Pottmeyer: Die Vision des gläsernen<br />

Menschen, wie sie George Orwell in<br />

seinem Roman „1984“ dargestellt hat,<br />

ist keine reine Utopie mehr. Datenschutz<br />

dient dazu, derartige Szenarien<br />

zu verhindern und dem Einzelnen einen<br />

Teil Anonymität zu gewährleisten.<br />

Profil: In Verbindung mit dem „Gesetz<br />

zur Förderung der Steuerehrlichkeit“<br />

trat am 1. April 2005 eine viel dis-<br />

kutierte Neuregelung der Abgabenordnung<br />

in Kraft.<br />

Pottmeyer: Diese Neuregelung ermöglicht<br />

es bestimmten Behörden, einfacher<br />

als bisher in Erfahrung zu bringen,<br />

ob jemand bei einer bestimmten<br />

Bank ein Konto oder Wertpapierdepot<br />

unterhält. Daten wie Konto- und Depotnummer,<br />

Anschrift und Geburtsdatum<br />

des Inhabers sowie Tag der Einrichtung<br />

und Auflösung des Kontos können automatisiert<br />

abgerufen werden.<br />

Profil: <strong>Das</strong> bedeutet im Klartext?<br />

Pottmeyer: Hier wurde der bis dato<br />

bestehende Schutz der Daten gelockert,<br />

um so genannten Steuersündern<br />

gezielter und schneller auf die Schliche<br />

zu kommen. Bei allen anerkennenswerten<br />

Gründen für das Vorgehen, Geldwäsche<br />

und Steuerhinterziehung im Interesse<br />

des Gemeinwohls aufzudecken<br />

und zu unterbinden: Wenn dies bis zur<br />

Perfektion betrieben wird, haben wir<br />

den gläsernen Menschen – das Szenario<br />

von George Orwell wird Realität.<br />

Eine gewichtige juristische Quelle: das Bundesdatenschutzgesetz – die gesetzliche Grundlage der Arbeit von Dr. Klaus Pottmeyer.<br />

„Hände weg“ von personenbezogenen Daten! Deren Schutz vor unbefugtem Zugriff hat bei Rheinmetall einen hohen Stellenwert.<br />

Profil: Der Datenaustausch via Internet…<br />

Pottmeyer: …birgt die Gefahr, dass<br />

der Nutzer zahlreiche Informationen<br />

über sich und sein Verhalten preisgibt.<br />

Beim Aufrufen bestimmter Seiten wird<br />

man registriert. Die besuchten Seiten<br />

werden protokolliert, wodurch ein Profil<br />

des InternetUsers erstellt werden<br />

kann. Außerdem gibt es eine Menge<br />

Fragebögen, die online ausgefüllt werden<br />

können. Wenn man diese Daten zu-<br />

sammenträgt, kann ein sehr individuelles<br />

Profil über den einzelnen Menschen<br />

erstellt werden. Dies setzen z.B. Marketing-Unternehmen<br />

oder Adresshändler<br />

ganz bewusst ein, um gezielt Werbung<br />

verbreiten zu können. Man muss sich<br />

darüber hinaus im Klaren sein, dass<br />

sich Firmen, die im Internet aktiv sind,<br />

gezielt austauschen. Deshalb sollte<br />

man im Internet auch nicht jeden Fragebogen<br />

ausfüllen und dadurch unnötig<br />

oft Angaben über sich preisgeben.<br />

Profil: Wenn man eine Internetbestellung<br />

aufgibt, muss man seine Adresse<br />

angeben…<br />

Pottmeyer: …und hat damit schon<br />

wichtige Auskünfte über sich preisgegeben.<br />

Wenn meine Angaben an Adresshändler<br />

weitergereicht werden,<br />

kann es passieren, dass ich mit Werbebriefen<br />

unterschiedlichster Firmen bedacht<br />

werde.<br />

Profil: Der rasante technische Fortschritt<br />

fördert diese Entwicklung.<br />

Pottmeyer: <strong>Das</strong> ist in der Tat so! Als<br />

Datenschutzbeauftragter muss man<br />

sich ständig mit den neuen technischen<br />

Möglichkeiten der Datenverarbeitung<br />

auseinandersetzen. Vor zehn<br />

Jahren hatten wir bestimmte Techniken<br />

der Vernetzung und Verlinkung noch<br />

nicht. Deswegen wird das Thema Datenschutz<br />

immer wichtiger werden. Je<br />

ausgereifter die technischen Möglichkeiten<br />

und Systeme sind, desto intensiver<br />

muss der Schutz persönlicher Daten<br />

betrieben werden.<br />

Profil: Seit wann ist Datenschutz<br />

überhaupt ein Thema?<br />

Pottmeyer: Noch in den siebziger Jahren<br />

des 20. Jahrhunderts wurde das<br />

Thema Datenschutz sehr stiefmütter-<br />

lich behandelt. Erst seit Anfang der<br />

achtziger Jahre wird ihm besondere Bedeutung<br />

beigemessen. Dies hat vor allem<br />

mit der technischen Entwicklung zu<br />

tun, die auf dem IT-Sektor seither eingetreten<br />

ist.<br />

Profil: Welche gesetzlichen Pflichten<br />

hat ein Unternehmen hinsichtlich des<br />

firmenspezifischen Datenschutzes?<br />

Pottmeyer: Ein Unternehmen hat sicherzustellen,<br />

dass Daten nur dann<br />

verarbeitet oder an Dritte weitergegeben<br />

werden, wenn dafür eine gesetzliche<br />

Grundlage besteht. Wenn in einem<br />

Unternehmen mindestens 20 Personen<br />

mit der Verarbeitung von Daten befasst<br />

sind, ist ein Datenschutzbeauftragter<br />

zu bestellen. Dieser hat dafür zu sorgen,<br />

dass ein entsprechender organisatorischer<br />

Rahmen geschaffen und<br />

auch eingehalten wird. In dieser Funktion<br />

ist der Datenschutzbeauftragte damit<br />

unter anderem auch Anlaufstelle<br />

für alle Beschwerden, die sich auf Verstöße<br />

gegen die datenschutzrechtlichen<br />

Bestimmungen beziehen.<br />

Profil: Welche schützenswerten Daten,<br />

etwa Betriebsgeheimnisse über<br />

Produkte, gibt es neben den bereits genannten<br />

Mitarbeiterdaten (z.B. Gehalt,<br />

Fehlzeiten)?<br />

Pottmeyer: Neben personenbezogenen<br />

Daten gibt es viele andere schützenswerte<br />

Informationen. Man denke<br />

nur an Sachverhalte, die im sicherheitspolitischen<br />

Interesse behördlicherseits<br />

als Verschlusssachen eingestuft<br />

sind. Derartige Geheimnisse sind<br />

gesetzlich geschützt durch Geheimhaltungsvorschriften<br />

(VS – Einstufung als<br />

geheim, vertraulich, nur für den Dienst-<br />

(Fortsetzung auf Seite 19)<br />

Composing: René Dahlmanns


Composing: René Dahlmanns<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005 <strong>Das</strong> aktuelle Thema<br />

Seite 19<br />

„Profil“-Interview mit dem Rheinmetall-Datenschutzexperten Dr. Klaus Pottmeyer – Pragmatismus als Leitlinie<br />

Die Daten der Mitarbeiter genießen einen hohen Schutz<br />

(Fortsetzung von Seite 18)<br />

gebrauch), aber das ist in anderen<br />

Vorschriften (z.B. im Geheimschutzhandbuch<br />

des Wirtschaftsministeriums)<br />

geregelt. Über diese Belange<br />

wacht der Sicherheitsbevollmächtigte<br />

des Unternehmens.<br />

Profil: Welchen Nutzen hat Datenschutz<br />

für das Unternehmen und seine<br />

Mitarbeiter?<br />

Pottmeyer: Gut funktionierender Datenschutz<br />

dient dazu, das Vertrauensverhältnis<br />

innerhalb des Unternehmens<br />

nachhaltig zu fördern und zu festigen.<br />

Profil: Welche gesetzlichen Vorgaben<br />

gibt es für den Rheinmetall-Konzern,<br />

und wie werden sie umgesetzt?<br />

Pottmeyer: Bei Rheinmetall steht der<br />

Schutz der Arbeitnehmerdaten im Vordergrund.<br />

Besondere Aufmerksamkeit<br />

gilt dabei zum Beispiel den Daten über<br />

Gehalt, Krankheit, Fehlzeiten und Arbeitszeit.<br />

In den einzelnen Unternehmen<br />

des Düsseldorfer Konzerns gibt es<br />

rechtsverbindliche Organisationsanweisungen<br />

zum Datenschutz. Diese<br />

sind auch im Intranet der einzelnen Unternehmen<br />

hinterlegt. Darin wird das<br />

Anliegen des Datenschutzes erläutert.<br />

Alle Mitarbeiter haben sich an die vorgeschriebenen<br />

Verhaltensweisen zu<br />

halten.<br />

Profil: Was sind dabei Ihre Hauptaufgaben?<br />

Pottmeyer: Neben den organisatorischen<br />

Fragen und den Mitarbeiterschulungen<br />

heißt dies, vor allem Beschwerden<br />

von Mitarbeitern aufzugreifen, die<br />

sich in ihren Rechten bezüglich des<br />

Schutzes ihrer persönlichen Daten verletzt<br />

sehen. Dabei ist es mein Ziel, nach<br />

rechtlicher Prüfung, zwischen den Beteiligten<br />

eine einvernehmliche Lösung<br />

zu finden. Außerdem führe ich in meinem<br />

unmittelbaren Betreuungskreis regelmäßig<br />

Mitarbeiterschulungen zum<br />

Thema Datenschutz durch. Bei der<br />

RWM GmbH ist diese Aufgabe auf die<br />

Bereichsdatenschutzbeauftragten und<br />

die einzelnen Abteilungsleiter übertragen.<br />

Profil: Sind Ihnen Fälle von Datenmissbrauch<br />

aus Ihrer langjährigen Tätigkeit<br />

bei Rheinmetall bekannt?<br />

Pottmeyer: Man kann sagen, dass<br />

sich bei Rheinmetall bisher keine größeren<br />

Verstöße gegen die datenschutzrechtlichen<br />

Bestimmungen zugetragen<br />

haben. Der „Datenschutz-<br />

GAU“ ist – Gott sei Dank – ausgeblieben.<br />

Kleinere Schwachstellen sind beseitigt<br />

worden. Dies zeigt, dass wir<br />

auch in den Belangen des Datenschutzes<br />

organisatorisch gut aufgestellt<br />

sind. Allerdings hat sich vor etwa zehn<br />

Jahren ein sehr spezieller Fall ereignet,<br />

der aus meiner Sicht sehr bedenklich<br />

ist. Insbesondere leitende Angestellte<br />

wurden systematisch von Vertreibern<br />

von Bauherrenmodellen angerufen.<br />

Dies geschah naturgemäß nach 17<br />

Uhr, wenn das Sekretariat nicht mehr<br />

besetzt und der leitende Angestellte<br />

unmittelbar das Telefon bediente. Offenkundig<br />

muss ein Rheinmetall-Mitarbeiter<br />

das firmeninterne Telefonbuch<br />

weitergegeben haben. <strong>Das</strong> ist<br />

strafbar! Hat der Mitarbeiter hierfür eine<br />

Provision erhalten, so kann dies mit<br />

einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren<br />

geahndet werden. Derjenige, der das<br />

Telefonbuch weitergegeben hat, konnte<br />

allerdings nicht ermittelt werden.<br />

Profil: Der Betreiber dieses Bauherrenmodells<br />

ist …<br />

Pottmeyer: … trotz seiner cleveren,<br />

aber nicht ganz legalen Vertriebsmethoden<br />

zwischenzeitlich in die Insolvenz<br />

gegangen; dadurch hat sich dieser<br />

Fall erledigt. In diesem Zusammenhang<br />

noch ein anderes Beispiel: In letzter<br />

Zeit werde ich häufiger von Verlagen<br />

angerufen, die ihre<br />

Produkte auf dem<br />

Gebiet des Datenschutzesvermarkten<br />

möchten. Woher<br />

haben die wohl meine<br />

Daten? Mit meiner<br />

Einwilligung erlangt<br />

haben sie diese<br />

sicherlich nicht.<br />

Hier vermute ich,<br />

dass Daten von bestimmtenTagungsundKonferenzveranstaltern<br />

unbefugt<br />

weitergegeben worden<br />

sind. Dies empfinde<br />

ich als skandalös!<br />

Verlage, die<br />

mit dem Datenschutz<br />

ihr Geld verdienen,<br />

sollten sich<br />

in besonderer Weise<br />

an die gesetzlichen<br />

Spielregeln halten.<br />

Profil: Wie viele<br />

Beschwerden erhalten<br />

Sie?<br />

Pottmeyer: Durchschnittlich<br />

zwei bis<br />

drei Beschwerden<br />

von Mitarbeitern<br />

pro Jahr. Einmal<br />

jährlich erstelle ich<br />

für den Vorstand einenRechenschaftsbericht,<br />

in dem u.a.<br />

diese Beschwerden<br />

aufgeführt werden.<br />

Profil: Welche konkreten<br />

Anfragen oder<br />

Beschwerden erreichten<br />

Sie zuletzt?<br />

Pottmeyer: Abrechnungenprivater<br />

Telefonate, die in<br />

unverschlossenen<br />

Umschlägen verschickt<br />

wurden. In Zusammenarbeit mit<br />

unserem Dienstleister IMS wird dieses<br />

Problem jetzt geklärt und sichergestellt,<br />

dass den gesetzlichen Vorgaben<br />

Genüge getan wird.<br />

Profil: Mit welchen Anfragen haben Sie<br />

sich außerdem auseinander gesetzt?<br />

Pottmeyer: Ein Kollege wollte eine<br />

Datenbank über bestimmte Mitarbeiter<br />

eines großen Kunden aufbauen. Darin<br />

wollte er auch Privatdaten aufnehmen.<br />

Die Kernfrage lautet nicht nur in diesem<br />

Kontext: Brauche ich diese Informationen<br />

für meine geschäftlichen Zwecke?<br />

Die Anschrift kann sinnvoll sein, wenn<br />

man jemanden außerhalb der Dienstzeiten<br />

erreichen muss. Bei Geburtstagen<br />

ist das schon eine ganz andere Frage.<br />

Gehört es zum Geschäftszweck,<br />

meinen Kunden zum Geburtstag zu<br />

gratulieren? Da kann man durchaus<br />

geteilter Meinung sein.<br />

Profil: Ein weiterer Fall?<br />

Pottmeyer: Vor einiger Zeit musste ich<br />

mich mit der Bußgeldstelle der Stadt<br />

Düsseldorf mit folgender Frage ausei-<br />

nander setzen: Wenn man im Auto geblitzt<br />

wird, ist es dann datenschutzrechtlich<br />

zulässig, dass auch die Person<br />

auf dem Beifahrersitz mit abgebildet<br />

wird? Der Datenschutzbeauftragte<br />

in Nordrhein-Westfalen sagt, dies sei<br />

absolut unzulässig. Die Bußgeldbehörden<br />

sind mittlerweile dazu übergegangen,<br />

den Beifahrer auszublenden.<br />

Telefon und Computer sind im Kommunikationszeitalter unverzichtbar. Datenverarbeitung<br />

bietet dabei große Chancen, aber auch Risiken. Personenbezogene<br />

Mitarbeiterdaten (z.B. Name, Gehalt und Fehlzeiten) genießen besonderen Schutz.<br />

Profil: Bestimmt werden ab und zu<br />

auch Dienstwagen geblitzt.<br />

Pottmeyer: <strong>Das</strong> lässt sich nicht immer<br />

vermeiden. Die Bilder von Dienstfahrzeugen<br />

kommen in unserer Poststelle<br />

an, und zwar in nicht verschlossenen<br />

Umschlägen mit dem Zusatz „persönlich/vertraulich,<br />

für den Leiter des Fahrdienstes“.<br />

So kann eine Vielzahl von<br />

Personen von dem Sachverhalt Kenntnis<br />

erlangen, obwohl dieser sie rein gar<br />

nichts angeht. Der Versand in unverschlossenen<br />

Umschlägen ist in diesen<br />

Fällen absolut unzulässig. Mir hat der<br />

NRW-Landesdatenschutzbeauftragte<br />

immer Recht gegeben und gesagt,<br />

dass die kompromittierenden Fotos im<br />

verschlossenen Umschlag verschickt<br />

werden müssen. Die Bußgeldstellen<br />

halten sich aber beharrlich nicht an<br />

diese Vorgaben.<br />

Profil: Wer unterstützt Sie in Ihrer Tätigkeit<br />

als Datenschutzbeauftragter?<br />

Pottmeyer: Wir haben ein Team von<br />

Bereichsdatenschutzbeauftragten. Diese<br />

sind an den einzelnen Standorten tä-<br />

tig. Sie gehen vor Ort Beschwerden<br />

nach und berichten mir darüber.<br />

Profil: Was kann jeder einzelne Mitarbeiter<br />

in der Praxis gegen Datenmissbrauch<br />

tun?<br />

Pottmeyer: Telefonisch keine Auskünfte<br />

über personenbezogene Daten geben.<br />

Am Telefon ist besondere Vorsicht<br />

geboten – egal, wer anruft, ob dies nun<br />

Gerichte, Staatsanwaltschaft,Finanzbehörden,Sozialversicherungsträger<br />

oder Anwaltskanzleien<br />

sind. Kritik<br />

ist stets angebracht<br />

– auch im<br />

Verhältnis zu tatsächlichenAutoritätspersonen<br />

und<br />

erst recht zu selbst<br />

ernannten. Selbst<br />

an das Kanzleramt<br />

würde ich personenbezogeneDaten<br />

nicht ohne vorherige<br />

Prüfung der<br />

Zulässigkeit weitergeben,<br />

und schon<br />

gar nicht am Telefon.<br />

Man sollte Autoritätspersonen,<br />

die am Telefon mitunter<br />

sehr selbstbewusst<br />

auftreten,<br />

niemals unkritisch<br />

antworten oder voreilig<br />

Daten ungeprüft<br />

weitergeben.<br />

Eine schriftliche Anfrage<br />

ist notwendig.<br />

Unsere entsprechende<br />

Antwort<br />

folgt, nachdem wir<br />

im Einzelfall überprüft<br />

haben, ob es<br />

für die konkrete Anfrage<br />

eine Rechtsgrundlage<br />

gibt.<br />

Dies ist der korrekte<br />

Weg.<br />

Profil: Wie kann<br />

jeder Mitarbeiter<br />

darüber hinaus da-<br />

zu beitragen, dass<br />

sensible Daten unter<br />

Verschluss bleiben?<br />

Pottmeyer: Die betriebsinterne Weitergabe<br />

von personenbezogenen Daten<br />

darf nur im verschlossenen Umschlag<br />

erfolgen. Sie ist grundsätzlich<br />

nur an den Betroffenen selbst oder seinen<br />

Vorgesetzten gestattet. An andere<br />

betriebsinterne Personen dürfen die<br />

Daten nur weitergereicht werden, wenn<br />

ein „need to know“ besteht.<br />

Die Weitergabe an Dritte außerhalb<br />

des Unternehmens erfolgt nur, wenn<br />

zuvor geprüft wurde, ob dafür eine<br />

rechtliche Ermächtigung besteht. In<br />

Zweifelsfällen bei mir nachfragen!<br />

Profil: Wann und wo sind Sie für die<br />

Mitarbeiter in Sachen Datenschutz erreichbar?<br />

Pottmeyer: Ständig über den Hausruf<br />

0211/473-4644 oder via Handy 0172/<br />

2688882.<br />

Profil: Was war Ihr erster Berührungspunkt<br />

mit der Thematik Datenschutz?<br />

Pottmeyer: Mein persönlicher Einstieg<br />

in die Computerwelt war 1992 der<br />

Kauf eines PC. Damals der letzte Stand<br />

der Technik: ein 486er (heute mega-<br />

out!). Seither interessiere ich mich sehr<br />

für die Computertechnologie. Ich finde<br />

es spannend, hier immer mehr dazuzulernen.<br />

Es fasziniert mich, was auf diesem<br />

Gebiet alles möglich ist und wie<br />

schnell die Entwicklung fortschreitet.<br />

Auf der anderen Seite erkennt man<br />

aber auch, mit welchen Gefahren dieser<br />

Fortschritt verbunden ist.<br />

Profil: Welche Akzente möchten Sie<br />

als Datenschutzbeauftragter setzen?<br />

Pottmeyer: Meine oberste Zielsetzung<br />

ist, die datenschutzrechtlichen<br />

Bestimmungen genauestens einzuhalten.<br />

Diese Tätigkeit übe ich mit einem<br />

hohen Maß an Pragmatismus aus.<br />

Profil: Bestimmt schwierig, die gesetzlichen<br />

Vorgaben 1:1 umzusetzen?<br />

Pottmeyer: Ja, wie das Beispiel Geburtstagslisten<br />

hautnah zeigt: Diese<br />

werden bekanntlich in vielen Abteilungen<br />

geführt. Erstellung und Unterhaltung<br />

solcher Listen sind nach dem Datenschutzrecht<br />

ohne schriftliche Einwilligung<br />

der Betroffenen verboten. Trotzdem<br />

liegen diese Daten mutmaßlich im<br />

Interesse der Mitarbeiter. Die freuen<br />

sich halt, wenn die lieben Kollegen zum<br />

Geburtstag gratulieren. Zumindest gilt<br />

dies fürdie überwiegende Zahl der Mitarbeiter.<br />

Hier sollte man nicht das Kind<br />

mit dem Bade ausschütten. In derartigen<br />

Fällen werde ich pragmatisch handeln<br />

und nur dann einschreiten, wenn<br />

konkrete Beschwerden vorliegen.<br />

Profil: In der „Profil“-Printausgabe<br />

werden Dienstjubiläen und Sterbefälle<br />

veröffentlicht.<br />

Pottmeyer: Dies ist richtig und wichtig.<br />

Die Veröffentlichung dieser Daten<br />

ist ein Teil unserer Unternehmenskultur.<br />

Ich denke, dass einem Mitarbeiter, der<br />

dem Unternehmen 25, 40 oder gar 50<br />

Jahre treue Dienste geleistet hat, auch<br />

auf diese Weise Dank und Anerkennung<br />

ausgesprochen werden soll. <strong>Das</strong>selbe<br />

gilt bezüglich des Gedenkens verstorbener<br />

Kolleginnen und Kollegen. Die<br />

weitaus überwiegende Zahl der Jubilare<br />

bzw. der Angehörigen verstorbener Mitarbeiter<br />

legt großen Wert darauf, im<br />

„Profil“ mit einer Nennung geehrt zu<br />

werden. Von daher sollte diese Tradition<br />

fortgesetzt werden, obwohl der<br />

Buchstabe des Gesetzes ein anderer ist.<br />

Sollte im Einzelfall eine Erwähnung in<br />

der Rheinmetall-Konzernzeitung nicht<br />

gewünscht sein, finden wir in Zusammenarbeit<br />

mit der jeweiligen Personalabteilung<br />

eine pragmatische Lösung.<br />

Profil: Elektronische und herkömmliche<br />

Briefkästen werden immer mehr<br />

mit Werbung verstopft. Was tun Sie, um<br />

Ihre persönlichen Daten vor unerwünschter<br />

Nutzung zu schützen?<br />

Pottmeyer: Ich glaube, dagegen kann<br />

man sich in unserer computerisierten<br />

Welt nicht vollständig schützen. Schutz<br />

ist nur möglich, wenn man sich beharrlich<br />

weigert, seine Email-Adresse über<br />

das Internet weiterzugeben. Heute ist<br />

das kaum noch möglich.<br />

Profil: Welche Entwicklungen sehen<br />

Sie in der Zukunft?<br />

Pottmeyer: Die Entwicklung der Informationstechnologie<br />

wird rasant vorwärts<br />

gehen – vermutlich sogar noch schneller<br />

als in den vergangenen Jahren. Innerhalb<br />

eines Zeitraumes von nur einem<br />

halben Jahr erleben wir hier jeweils<br />

Quantensprünge. Je feinsinniger die<br />

Möglichkeiten sind, je kleiner die Prozessoren<br />

werden, umso wichtiger werden<br />

die Datenschutzaspekte für uns alle.<br />

Hendrik Schuur


Cartoon (2): Dirk Meissner<br />

Seite 20 Aus dem Konzern<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

Was macht eigentlich … Product Manager Mike Trepte bei der RLS in Kiel?<br />

„Offenes Ohr“ für die<br />

Sorgen der Anwender<br />

släuft gut, das Geschäft<br />

mit dem Wiesel. Mike<br />

Trepte kann zufrieden<br />

sein, ausruhen darf er sich<br />

jedoch nicht. Der 33-jährigeDiplom-Wirtschaftsingenieur<br />

kam im August<br />

2004 zur Rheinmetall Landsysteme<br />

GmbH in Kiel (RLS). Dort ist er als Product<br />

Manager für das leichte, luftverladbare<br />

und gepanzerte Wiesel-Fahrzeug<br />

verantwortlich. Über Auftragsnot<br />

kann sich der gebürtige Hesse (Wolfhagen)<br />

nicht beschweren. <strong>Das</strong> Bundesamt<br />

für Wehrtechnik und Beschaffung<br />

(BWB) erteilte erst vor kurzem einen<br />

Auftrag über 36 Fahrzeuge und<br />

signalisierte die Order von 42 weiteren<br />

Fahrzeugen in den kommenden<br />

zwei Jahren. Instandsetzungsprojekte<br />

mit den in Krisengebieten (z.B. Afghanistan)<br />

eingesetzten Wiesel laufen zudem<br />

parallel.<br />

Als Product Manager koordiniert Trepte<br />

ein Produktteam, das sich aus einem<br />

Systemingenieur, dem Konstruktionsteam<br />

(elektrische und mechanische<br />

Konstruktion), den Disponenten, dem<br />

Einkauf in Unterlüß und in Kiel, der Fertigung,<br />

dem ebenfalls an beiden<br />

Standorten arbeitenden Vertrieb (neuerdings:Produktmanagementunterstützung)<br />

sowie der Qualitätssicherung<br />

zusammensetzt.<br />

In diesem fachlich-funktionellen Umfeld<br />

wird klassische Projektarbeit geleistet:<br />

Trepte kalkuliert Ablaufpläne<br />

und versucht vor allem, sowohl den<br />

Zeitplan als auch das Budget strikt einzuhalten.<br />

Er begleitet sein Produkt federführend<br />

von der ersten Konstruktion<br />

bis zur Auslieferung und ist darüber<br />

hinaus auch für<br />

die spätere Betreuung<br />

der im Einsatz<br />

befindlichen Wiesel<br />

verantwortlich.<br />

Seine Zuständigkeit<br />

endet letztlich<br />

erst, wenn das<br />

Fahrzeug zum Beispiel<br />

aus der aktiven<br />

Nutzung der<br />

Bundeswehr herausgenommen<br />

wird – was bei<br />

wehrtechnischen<br />

Systemen mitunter<br />

erst nach drei Jahrzehntengeschehen<br />

kann.<br />

Doch nicht nur<br />

interne Dienstleister<br />

müssen koordiniert<br />

werden; es<br />

gibt auch externe<br />

Firmen, die wichtige Zulieferer für das<br />

vielfältig einsetzbare Fahrzeugsystem<br />

sind. So arbeiteten die Rheinmetall Defence<br />

Electronics GmbH zusammen mit<br />

dem Pforzheimer Unternehmen Thales<br />

Defence Deutschland GmbH und der<br />

Firma Telefunken Racoms (Ulm) an<br />

dem Aufklärungs- und Führungssystem<br />

des Aufklärer Wiesel. Für das hochmoderne<br />

Navigations- und Kartographisiersystem<br />

ist die Liftec GmbH (Freiburg)<br />

verantwortlich.<br />

Für Mike Trepte ist Kommunikationsfähigkeit<br />

eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen,<br />

um als Product Manager<br />

erfolgreich arbeiten zu können.<br />

Zu seinen Aufgaben gehört denn auch<br />

die ständige Kontaktpflege mit den jeweils<br />

verantwortlichen Fachleuten. So<br />

spricht Trepte zum Beispiel mit seinem<br />

Einkäufer über die aktuelle Situation<br />

bei der Stahlbeschaffung, schaut in der<br />

Fertigung vorbei, ob die jeweiligen Ar-<br />

beiten im Zeitplan liegen, und ist auch<br />

bei der Ausbildung von Soldaten im<br />

Hinblick auf neue Elektronik in den<br />

Fahrzeugen vor Ort. Zielorientiertes<br />

Denken und die Fähigkeit zu strukturierter<br />

und strategisch ausgerichteter<br />

Planung (etwa der Ablaufpläne oder<br />

der Kostenentwicklung) sind weitere<br />

wichtige persönliche Fähigkeiten, die<br />

für einen Produktmanager unabdingbar<br />

sind.<br />

Zu seinem früheren Metier hält der<br />

ehemalige Bundeswehrsoldat und<br />

heutige Hauptmann der Reserve immer<br />

noch gerne Kontakt. So befragt er zum<br />

Beispiel die jungen Soldaten nach ihren<br />

Erfahrungen und Meinungen mit<br />

dem Wiesel, um ein direktes Feedback<br />

zu erhalten. Eigentlich ist dies nicht üblich,<br />

da der Kontakt über die verantwortlichen<br />

Offiziere erfolgt, die Probleme<br />

intern mit ihren Soldaten besprechen.<br />

Trepte hört jedoch gerne zu,<br />

wenn es um Erfahrungen aus erster<br />

Hand mit „seinem“ Produkt geht: „Aus<br />

eigener Erfahrung weiß ich, dass für<br />

die Soldaten, die ein Produkt letztlich<br />

bedienen, der Komfort besonders<br />

wichtig ist.“ So wurde zum Beispiel der<br />

Schalensitz in den neuen Wiesel-Modellen<br />

gegen einen bequemeren Hängesitz<br />

(ähnlich einer Hängematte) getauscht.<br />

Dieser absorbiert Stöße deutlich<br />

besser und ermöglicht einen längeren<br />

Aufenthalt in dem Fahrzeug.<br />

Andere Aufgabenstellungen im Rahmen<br />

von Systemmodifizierungen ergeben<br />

sich in der Regel aus der rasanten<br />

Entwicklung der Technik: Sie erfordert<br />

im Zweifelsfall den Austausch von Instrumenten,<br />

wobei das Gewicht des<br />

Wiesel jedoch nicht die definierten<br />

Stets ein „offenes Ohr“ für die Sorgen der Anwender: Product Manager Mike Trepte<br />

von der RLS im Gespräch mit einem Soldaten. Trepte ist verantwortlich für das<br />

leichte, luftverladbare und gepanzerte Wiesel-Fahrzeug des Kieler Systemanbieters.<br />

2,75 Tonnen übersteigen darf – oberste<br />

Richtschnur und Bedingung ist hier die<br />

Luftverladbarkeit per CH-53-Helikopter.<br />

Bei Einhaltung dieser Gewichtsklasse<br />

ist es möglich, zwei der Wiesel 1 zu verladen.<br />

Der Aufklärer Wiesel ist durch<br />

seine umfangreiche Aufklärungs-, Führungs-<br />

und Kommunikationsausstattung<br />

schwerer – er kann, so wie die bis<br />

zu 4,5 Tonnen schwere Wiesel-2-Variante,<br />

nur einzeln verladen werden.<br />

Auch bei derartigen Optimierungs-<br />

bzw. Nachrüstprojekten hält Trepte als<br />

verantwortlicher Product Manager alle<br />

Fäden in der Hand.<br />

<strong>Das</strong> ausgeprägte Verständnis, sein<br />

„offenes Ohr“ für die „Sorgen und Nöte“<br />

der Soldaten lässt sich aus Treptes<br />

langjähriger beruflicher Beziehung zur<br />

Bundeswehr erklären. Nach dem dreieinhalbjährigen<br />

Studium (bis 1998) an<br />

der Helmut-Schmidt-Universität (Universität<br />

der Bundeswehr Hamburg) war<br />

er im zweiten Halbjahr 1999 als Nachrichten-Auswerteroffizier<br />

in Bosnien-<br />

Herzegowina tätig. Zuvor arbeitete er<br />

„beim Bund“ in diversen Bereichen:<br />

Zunächst als Zugführer und Batterie-<br />

Offizier verantwortete er im Jahr 2000<br />

als Projektleiter die Hardware-Einführung<br />

eines vernetzten E-Learningsystems,<br />

ein Jahr später dann als Leiter<br />

der Softwareentwicklung die Programmierung<br />

eines Ausbildungssimulators.<br />

Beide Bereiche vereinte er von Ende<br />

2002 an als Dezernatsleiter bei der<br />

Heeresflugabwehrschule in Rendsburg<br />

im Softwarepflege- und Änderungsdezernat.<br />

„Den Ausbildungssimulator – damit<br />

ist die Softwareversion eines Flugabwehrkanonenpanzers<br />

Gepard 1A2 gemeint<br />

– habe ich in die Bundeswehr<br />

eingeführt, im Rahmen einer Erprobungsphase<br />

auf Herz und Nieren getestet<br />

und in diesem Zusammenhang<br />

meine (damals) industriellen Partner<br />

mit unseren Wünschen sicherlich auch<br />

genervt – ich stand ja damals auf der<br />

anderen, der Kundenseite“, konstatiert<br />

Trepte nicht ohne Schmunzeln. Heute<br />

arbeitet er für den Wiesel-Systemhersteller<br />

RLS. Er kennt beide Seiten – ein<br />

unschätzbarer Wert für den Erfolg im<br />

Geschäft.<br />

Weitere Erfahrungen in der Projektkoordination<br />

sammelte Trepte 2003 bei der<br />

Firma Formel D, einem privaten Dienstleister<br />

mit Sitz in Troisdorf, der der Automobilindustrie<br />

bei der Einführung neuer<br />

Produkte mit kundenorientierten Leistungen<br />

zur Seite steht. Während dieser<br />

Zeit studierte der passionierte Hobbybörsianer<br />

an der Fernuniversität Hagen<br />

sowie an der Universität of Wales und<br />

machte im März 2004 seinen Master of<br />

Business Administration (MBA).<br />

Durch beide Studien ist Mike Trepte<br />

heute bei allen Fragen der Wirtschaftlichkeit<br />

bestens gerüstet. Kalkulation<br />

und Budgetplanung der Aufträge fallen<br />

ebenso in seinen Zuständigkeitsbereich<br />

wie die Entscheidung,<br />

ob<br />

bzw. welche externen<br />

Firmen bei<br />

den jeweiligen<br />

Projekten unter<br />

Vertrag genommen<br />

werden –<br />

einschließ lich<br />

der damit verbundenenKostenermittlung.<br />

Oberstes Ziel ist<br />

in diesem Kontext<br />

das betriebswirtschaftlichoptimale<br />

und ertragsorientierte<br />

Foto: Uwe Ullmann<br />

Arbeiten. Genauigkeit<br />

in jeder Beziehung,<br />

vor allem<br />

auch im Hinblick<br />

auf die mit<br />

dem Auftraggeber<br />

vereinbarte Zeitschiene, hat dabei<br />

oberste Priorität. „So müssen beispielsweise<br />

die fixierten Auslieferungstermine<br />

sehr genau eingehalten werden;<br />

andernfalls könnten zum Teil<br />

empfindliche Konventionalstrafen greifen“,<br />

erläutert Trepte.<br />

Um den von ihm erstellten Zeitplan<br />

einzuhalten, ist der junge Product Manager<br />

stets darum bemüht, seine Projekt-Mitstreiter<br />

zu motivieren. Er leistet<br />

dabei immer wieder Überzeugungsar-<br />

beit, etwa, indem er den ständigen Dialog<br />

zu den jeweiligen Ansprechpartnern<br />

im Unternehmen oder bei den externen<br />

Projektleitern sucht. Ein besonders zeitaufwändiger<br />

Ausdruck dieser engen<br />

und notwendigen Kommunikation sind<br />

zum Beispiel sein ständiges Pendeln<br />

und die Videokonferenzen zwischen<br />

Kiel und Unterlüß, den beiden RLS-<br />

Standorten, an denen der Wiesel gefertigt<br />

bzw. gewartet wird. Nils Mertens<br />

ereits in mittelalterlichen<br />

Handelsorganisationen<br />

der Hanse, Fugger und<br />

Welser soll es ihn gegeben<br />

haben – den Product<br />

Manager. Doch so, wie wir<br />

ihn heute kennen, gibt es<br />

ihn erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts.<br />

Damals wurde beim amerikanischen<br />

Waschmittelkonzern Procter &<br />

Gamble der junge Neil H. McElroy damit<br />

beauftragt, sich ausschließlich um<br />

die Entwicklung der Seife „Camay“ zu<br />

kümmern. Die Intensivbetreuung des<br />

Produktes machte sich bezahlt –<br />

Camay enthielt gegenüber den meisten<br />

Import-Seifen keine Farbstoffe. <strong>Das</strong><br />

Weiß suggerierte Reinheit, und Frauen<br />

liebten den reinigenden Artikel<br />

nicht zuletzt wegen seines Namensursprungs<br />

– Camay, abgekupfert vom<br />

französischen Wort „Camee“, das für<br />

„cameo“ (der Diamant) steht.<br />

Um den Ablauf von Neuentwicklungen<br />

von der Idee bis zum werbe- bzw.<br />

verkaufsreifen Produkt zu koordinieren,<br />

setzen Unternehmen seit langem<br />

Produktmanager ein. Diese sind an allen<br />

Entwicklungsstufen eines Produktes<br />

beteiligt und müssen bereits bei<br />

der Planung - oft auch schon in deren<br />

Vorfeld - Marktanalysen durchführen,<br />

um später effizient und erfolgreich verkaufen<br />

zu können. Aber auch nach der<br />

Markteinführung ist es von Interesse,<br />

welche Position das Produkt erreicht<br />

hat. Reporting und Marktanalyse sind<br />

daher stark mit dem Produktmanagement<br />

verwurzelt. So können etwaige<br />

Beschwerden vorhergesehen und<br />

rechtzeitig sinnvolle bzw. notwendige<br />

Modifikationen vorgenommen werden<br />

– einschließlich Kritikmanagement,<br />

wenn zum Beispiel verärgerte Verbraucher<br />

ihrem Unmut Luft machen.<br />

Natürlich – und notabene vor vielem<br />

anderen – wird der Wettbewerb<br />

beobachtet, um zum Beispiel den<br />

Zeitpunkt der eigentlichen Produktpositionierung<br />

„just in time“, also<br />

zum genau richtigen Zeitpunkt,<br />

punktgenau festzulegen. Ziel ist es<br />

schließlich, nicht ein Produkt von<br />

vielen herzustellen (bekannt als so<br />

genannter „me too“-Effekt), sondern<br />

es besonders, wenn nicht einzigartig,<br />

darzustellen und entsprechend<br />

im Markt zu positionieren.<br />

Zum Anforderungsprofil: Exakte<br />

Zielplanung sowie die Fähigkeit zur<br />

konstruktiven Zusammenarbeit mit<br />

Forschung- und Entwicklungsbereichen<br />

gehören ebenso zu den beruflichen<br />

Voraussetzungen wie die Bereitschaft,<br />

international tätig zu sein. Resultierend<br />

aus der Breite seines Aufgabengebietes,<br />

arbeitet der Produktmanager<br />

meistens im Team. Kommunikation<br />

und Flexibilität sind denn<br />

auch weitere primäre Eigenschaften,<br />

die in diesem Beruf unabdingbar<br />

sind. Als kreativer Kopf seines Aufgabenbereiches<br />

muss der Produktmanager<br />

Fantasie haben – und diese<br />

auch anderen greifbar bzw. begreifbar<br />

machen können.<br />

<strong>Das</strong> Tätigkeitsfeld eines Produktmanagers<br />

ist sehr weitläufig und va-<br />

riiert je nach Industriezweig. In der<br />

Konsumgüterindustrie steht beispielsweise<br />

die Konzeptionierung eines Prototyps<br />

oder Gestaltung der Produktverpackung<br />

bezüglich Form- und Farbgestaltung<br />

im Vordergrund, während es<br />

in der Chemie- und Pharmaindustrie<br />

vermehrt um Forschung und klinische<br />

Entwicklungsprogramme geht.<br />

In beiden Industriezweigen ist die<br />

Marktforschung Kern des Berufs –<br />

stehen doch Qualität und Zufriedenheit<br />

des Kunden im Vordergrund. Dabei<br />

muss natürlich beachtet werden,<br />

dass Produkte grundsätzlich im<br />

Wettbewerb stehen und vor allem<br />

bestehen müssen.<br />

In diesem Zusammenhang spielt<br />

auch die Lifecycle-Planung eine<br />

wichtige Rolle. Hierbei werden die<br />

Lebensdauer eines Produktes beobachtet<br />

und der Zeitpunkt einer<br />

Neuauflage festgelegt. Die Komplexität<br />

des Berufs hängt hier vor allem<br />

davon ab, ob ein Produkt neu- oder<br />

„lediglich“ umgestaltet wird. In jedem<br />

Fall muss der zuständige Produktmanager<br />

auch als Projektmanager<br />

fungieren können. Er trägt von<br />

der Idee bis zur Realisierung Verant-<br />

Ideen-Koordinator für<br />

das spätere Endprodukt<br />

wortung und ist – trotz Einbindung<br />

entsprechender Spezialisten – bei<br />

jeder Entscheidung maßgeblich<br />

involviert.<br />

Unternehmen stellen bevorzugt<br />

Wirtschaftsingenieure als Produktmanager<br />

ein, weil diese als Generalisten<br />

sowohl über den technischen<br />

als auch wirtschaftlichen Background<br />

verfügen, um die interdisziplinären<br />

Aufgaben eines Produktmanagers<br />

zu meistern. Der Weg vom<br />

Hörsaal in den einzelnen Betrieb ist<br />

so breit gefächert wie sich das zukünftige<br />

Zuständigkeitsfeld differenziert<br />

zeigt. Der am häufigsten genannte<br />

Berufseinstieg geschieht<br />

über ein Praktikum.<br />

Auf der Suche nach einem direkten<br />

Ausbildungsweg zum Produktmanager<br />

findet man häufig einen Hinweis<br />

auf den Beruf des Projektmanagers –<br />

ein weiteres Indiz für die operative<br />

und inhaltliche Nähe beider Berufsfelder.<br />

In der Regel wird für den Zugang<br />

eine Ausbildung als Diplom-Wirtschaftsingenieur<br />

gefordert; aber auch<br />

Ingenieure anderer Branchen sowie<br />

Diplom-Kaufleute, -Volkswirte, -Betriebswirte<br />

oder diplomierte Medienwissenschaftler<br />

haben bei entsprechender<br />

Qualifikation gute Chancen.<br />

Die österreichische Fachhochschule<br />

in Wels bietet darüber hinaus den Studiengang<br />

„Innovations- und Produktmanagement“<br />

mit Abschluss zum<br />

Diplom-Ingenieur an.<br />

Der Einstieg selbst sieht jedoch<br />

schwieriger aus. Um sich bei der Vielzahl<br />

von Interessierten hervor zu heben,<br />

müssen zukünftige Produktmanager<br />

bereits bei der Bewerbung zeigen,<br />

dass sie potenziertes Denkvermögen<br />

und die Fähigkeit zur ständigen Weiterentwicklung<br />

besitzen. Und damit frühzeitig<br />

dokumentieren, dass sie das<br />

Zeug zum ldeen-Koordinator für das<br />

(jeweilige) Endprodukt haben . . . mts


<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Aus dem Konzern<br />

Seite 21<br />

Die Auswahl der KS <strong>Kolbenschmidt</strong> GmbH (links) gewann das 25. Fußballturnier der Rheinmetall <strong>AG</strong> mit einem 5:0 Kantersieg gegen die Mannschaft der KS Gleitlager GmbH (Standort Papenburg).<br />

Team der KS <strong>Kolbenschmidt</strong> GmbH aus Neckarsulm gewinnt 25. Rheinmetall-Fußballturnier gegen KS-Gleitlager-Mannschaft aus Papenburg<br />

Kicker zeigten Treffsicherheit trotz tropischer Temperaturen<br />

ckr Neuss. Die Auswahl der KS <strong>Kolbenschmidt</strong><br />

GmbH (Standort Neckarsulm)<br />

hat Ende Mai 2005 das 25. Fußballturnier<br />

der Rheinmetall <strong>AG</strong> in<br />

Neuss gewonnen. Dabei erzielten die<br />

Neckarsulmer im Endspiel einen 5:0<br />

Kantersieg gegen die Mannschaft der<br />

KS Gleitlager GmbH (Standort Papenburg).<br />

Bei 34 Grad im Schatten dominierten<br />

die Baden-Württemberger in<br />

der Partie von Beginn an und ließen<br />

dem Gegner keine Chance.<br />

Lobenswert äußerte sich Organisator<br />

und Turnierleiter Josef Trierweiler, Betriebsratsmitglied<br />

der <strong>Pierburg</strong> GmbH,<br />

vor allem über die „sportliche und vorbildhafte<br />

Disziplin der Teilnehmer“. Im<br />

gesamten Turnierverlauf gab es nur eine<br />

einzige gelbe Karte. Der Titelvertei-<br />

itte der siebziger<br />

Jahre des 20. Jahrhunderts<br />

erhielt die<br />

heutige RLS (damals<br />

MaK) von der Bundeswehr<br />

den Auftrag,<br />

einen luftverlastbaren<br />

Transportpanzer zu entwickeln,<br />

der den Namen Wiesel bekommen<br />

sollte. Dieser hatte allerdings zunächst<br />

keine besonders gute Lobby<br />

bei den Verteidigungshaushältern.<br />

Selbst die fünf Millionen D-Mark, die<br />

nötig gewesen wären, die Entwicklung<br />

wenigstens als Schubkastenlösung zu<br />

Ende zu führen, wurden nicht bewilligt.<br />

Dabei benötigten ihn die Fallschirmtruppen<br />

sehr dringend, und auch aus<br />

dem Ausland wurde nachgefragt.<br />

Schließlich setzte sich der Wiesel allerdings<br />

gegen alle Bedenken durch,<br />

und zu Beginn der achtziger Jahre<br />

konnte die Serienfertigung des kleinen<br />

Fahrzeuges beginnen – in der Version<br />

MK20, ausgestattet mit einem<br />

Turm der Kuka-Wehrtechnik und der<br />

20-mm-Waffenanlage Rh 202 von<br />

Rheinmetall. Der erste Wiesel wurde<br />

1990 an die 1. Luftlandedivision aus-<br />

diger, die Kicker von <strong>Pierburg</strong>-Neuss,<br />

errangen beim diesjährigen Wettkampf<br />

den 3. Platz. Im kleinen Endspiel, das<br />

aus organisatorischen Gründen nur<br />

durch Elfmeter-Schießen entschieden<br />

wurde, setzten sich die Gastgeber mit<br />

4:3 gegen die Ballkünstler der <strong>Pierburg</strong><br />

GmbH vom Standort Hartha durch. Den<br />

5. Platz errang die <strong>Pierburg</strong> GmbH<br />

(Standort Nettetal) gegen die Rheinmetall-Sportfreunde<br />

aus Unterlüß mit einem<br />

klaren 2:0 Sieg.<br />

570 Kilometer und damit am weitesten<br />

war die Mannschaft aus Hartha gereist,<br />

um bei dem Turnier mit den Kollegen<br />

dabei sein zu können. Sechs<br />

Mannschaften und insgesamt 102 Aktive<br />

kamen zum Wettstreit auf die Sportanlage<br />

des VfR Neuss.<br />

geliefert, und zwar in den beiden Bewaffnungen<br />

MK 20 Rh 202 und dem<br />

nachtkampffähigen Raketensystem<br />

TOW. Im Juni 1994 stellte MaK eine<br />

weitere Version eines gepanzerten,<br />

luftverlastbaren Fahrzeuges vor, den<br />

Wiesel 2.<br />

Mit dem Wiesel 1 weitgehend logistisch<br />

identisch, schließt das Wiesel-2-<br />

Konzept in seinen Ausführungen als<br />

Mannschaftstransport-, Führungsoder<br />

Sanitätsfahrzeug sowie als Trägerfahrzeug<br />

für Waffensysteme bestehende<br />

Ausrüstungslücken. <strong>Das</strong> betraf<br />

unter anderem die Forderung nach höherer<br />

Nutzlast, einem wesentlich vergrößerten<br />

Innenraum (sieben statt drei<br />

Mann Besatzung), einer niedrigeren<br />

Silhouette, geringerem Bodendruck<br />

(wichtig in Schnee- und Sumpfgelände),<br />

einer höheren Zuladungsfähigkeit<br />

von bis zu einer Tonne sowie veränderten<br />

und höheren Motorleistungen.<br />

Für das von der heutigen Rheinmetall<br />

Defence Electronics GmbH entwickelte<br />

Leichte Flugabwehrsystem Le-<br />

FlaSys wurde der Wiesel 2 1995 erstmals<br />

als Trägerfahrzeug geordert.<br />

Rheinmetall und die frühere MaK ent-<br />

Trierweiler weiß, welche positive innerbetriebliche<br />

Bedeutung der Fußball<br />

hat: „Solche sportlichen Ereignisse<br />

binden. Im Laufe der Zeit entstehen so<br />

manche Freundschaften. Auch die Unternehmen<br />

profitieren davon. Denn<br />

wenn man Leute braucht und die schon<br />

kennt, verkürzt das den Dienstweg. <strong>Das</strong><br />

ist einfach ideal.“ Konzern-Betriebsratsvorsitzender<br />

Wolfgang Tretbar pflichtete<br />

ihm bei: „<strong>Das</strong> bringt viel für die Gesamtzusammenhänge<br />

bei Rheinmetall. Denn<br />

jede gemeinsame Aktion wirkt sich dauerhaft<br />

auf das Betriebsklima aus.“<br />

<strong>Das</strong> positive Gelingen des diesjährigen<br />

Turniers war unter anderem auch<br />

auf das Engagement des Teams um<br />

Christoph Sauer zurückzuführen. Sieben<br />

ehrenamtliche Helfer, darunter vier<br />

wickelten 1997 gemeinsam einen<br />

hoch mobilen Panzermörser auf Basis<br />

des Fahrzeuges Wiesel 2, der ebenso<br />

wie dieser im Hubschrauber luftverlastbar<br />

war. Ausgestattet war dieses<br />

unter Schutz bedienbare Gerät mit einer<br />

rücklaufbeweglichen 120-mm-<br />

Mörserwaffenanlage. Mit der Vorstellung<br />

eines Truppenversuchsmusters<br />

1999 gelang es der Rheinmetall-Gruppe,<br />

erstmals ein – dazu eigenfinanziertes<br />

– komplexes Waffensystem<br />

vollständig auf der Basis konzerneigener<br />

Resourcen (Fahrzeug, Waffe, Munition,<br />

Aufklärungsmittel, Feuerleitung)<br />

zu realisieren.<br />

Eine weitere Version stellt ein Wiesel-Sanitätsfahrzeug<br />

dar, das im November<br />

1997 als Truppenversuchsmuster<br />

ausgeliefert wurde und 1999<br />

die technische Reife und Truppenver-<br />

Wiesel für viele Einsatzvarianten<br />

wendbarkeit bescheinigt bekam. In<br />

den Jahren 2002 und 2003 wurden davon<br />

in Unterlüß 20 von der Bundeswehr<br />

georderte Serienfahrzeuge gefertigt<br />

und an die Truppe ausgeliefert.<br />

Auch ein Truppenversuchsmuster<br />

„Wiesel 2 Gefechtsstand“ kam 1999<br />

zur Auslieferung. Im Mai 2001 wurde<br />

Azubis aus Neuss, waren im Akkord damit<br />

beschäftigt, die durstigen Spielerkehlen<br />

zu löschen.<br />

Nach Auslosung der Gruppen wurden<br />

die Vorrundenspiele ausgetragen. Danach<br />

setzte sich in Gruppe 1 die Mannschaft<br />

aus Neuss durch, gefolgt von den<br />

Teams aus Hartha und Nettetal. Währenddessen<br />

ergab sich für Gruppe 2 folgende<br />

Klassifizierung: Papenburg, Neckarsulm,<br />

Unterlüß. Somit trafen im ersten<br />

Halbfinale Neuss auf Neckarsulm<br />

und im zweiten Spiel Hartha auf Papenburg.<br />

Dabei siegte Neckarsulm nach leidenschaftlichem<br />

Kampf mit 2:1. Nach regulärer<br />

Spielzeit konnte die 2. Partie zunächst<br />

nicht entschieden werden (0:0).<br />

Die Hobbykicker aus Papenburg erreichten<br />

nach Elfmeterschießen (4:3) das Fi-<br />

Eine von zahlreichen Einsatzmöglichkeiten: der luftverlastbare Wiesel in der Sanitätsversion<br />

(r.), hier zusammen mit einem Sanitätstransporter vom Typ Bv206Sw, den<br />

die RLS in Kooperation mit dem schwedischen Hersteller Alvis Hägglunds vermarktet.<br />

zudem – nunmehr von der Rheinmetall<br />

Landsysteme – in Kiel das erste<br />

Fahrzeug der Version Wiesel 2 Pionier-<br />

Erkundungstrupp als Truppenversuchsmuster<br />

an die Bundeswehr<br />

übergeben. Diese, ebenfalls uneingeschränkt<br />

luftverlastbare Wiesel-Variante<br />

war mit einer ABC-Schutzanlage<br />

und mit unterschiedlichen pionierspezifischen<br />

Gerätesätzen für verschiedene<br />

Einsatzmissionen (z. B. für den<br />

Sperr-, Spreng- oder Gewässererkundungseinsatz)<br />

ausgestattet.<br />

nale. Im Vordergrund dieses sportlichen<br />

Ereignisses stand jedoch „die<br />

Freude der Sportler am Spiel getreu<br />

dem olympischen Motto: Dabei sein ist<br />

alles. Trotz tropischer Temperaturen war<br />

das eine Riesensache“, so Trierweiler.<br />

Drei Schiedsrichter sorgten für den korrekten<br />

Ablauf der Spiele. Für die Erfassung<br />

der statistischen Daten während<br />

der elf Einzelspiele war „Punktestandsammler“<br />

Tobias Maukel verantwortlich.<br />

Bei der traditionellen Abschlussfeier<br />

mit Siegerehrung durch Trierweiler in<br />

der Kantine der <strong>Pierburg</strong> GmbH in Neuss<br />

erhielt jede Mannschaft einen Pokal und<br />

eine Fairness-Urkunde. Als Torschützenkönig<br />

wurde Ayhan Tunc geehrt. Viermal<br />

hatte der Neckarsulmer seine Treffsicherheit<br />

unter Beweis gestellt.<br />

Die bislang letzte Entwicklung aus<br />

der Wiesel-Serie betrifft den so genannten<br />

„digitalisierten Wiesel 2“. Bei<br />

diesem Projekt wurde 1997 erstmals<br />

ein gepanzertes Kettenfahrzeug ohne<br />

mechanische Ansteuerung der Funktionen<br />

Lenken, Gas, Bremse und<br />

Gangwahl realisiert. Der Vorteil dieses<br />

Fahrzeuges: Es ist in der Lage, rechnergestützt,<br />

unbemannt und autonom<br />

zu fahren und somit befähigt, in Gebieten<br />

zu operieren, die der Mensch<br />

nicht unbedingt betreten sollte. lb<br />

Fotos (7): Danetzki + Weidner


Foto: Atelier Lüning/Bad Friedrichshall<br />

Seite 22 Aus dem Konzern<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005<br />

Dialog am Schaumodel (Foto l.): Kundendienstleiter Dustin Smith (l.) erklärt Techniker Carlos Andrade von der Firma Krauti Portugal die Funktion und Wirkungsweise von Abgasrückführung und Sekundärluft. MSI-<br />

Trainer Achim Villmow (Foto M. – 2.v.r.) erläutert den Einsatz eines Scann-Tools zum Auslesen von Fehlercodes; aufmerksame Zuhörer sind (v.l.n.r.) Mick McGuire, Paul Mooney, Sam Andy, Lloydt Parchment, Simon<br />

Schnaibel und Carlos Andrade. MSI-Mitarbeiter Bernd Stauden (Foto r. – 2.v.r.) stellt – v.l.n.r. – Leonardo Zappella, Uwe Schilling, Joseph Voda und Jakob Roos die <strong>Pierburg</strong>-Produktpalette im Aftermarket-Geschäft vor.<br />

Train-the-Trainer-Seminar bei der MSI in Dormagen<br />

Technik-„Schulbank“<br />

für die Multiplikatoren<br />

rds Dormagen. Gezielter Know-how-<br />

Transfer an kompetente Multiplikatoren:<br />

Zum ersten Mal fand jetzt am MSI-<br />

Standort Dormagen eine international<br />

besetzte Schulungsveranstaltung statt,<br />

in deren Rahmen elf Servicetechniker<br />

bzw. Ingenieure intensiv mit den weltweit<br />

im Aftermarket offerierten <strong>Pierburg</strong>-<br />

Produkte zur Schadstoffreduzierung.<br />

Produkten vertraut gemacht wurden.<br />

<strong>Das</strong> dreitägige Seminar unter dem Motto<br />

„Train the Trainer“ (TtT) vereinte elf<br />

Vertreter wichtiger MSI- bzw. <strong>Pierburg</strong>-<br />

Kunden aus Italien, Irland, Großbritannien,<br />

Frankreich, der Volksrepublik China<br />

sowie den USA, die ihrerseits von einem<br />

kompetenten Expertenteam unter Leitung<br />

des Dormagener Kundendienstleiters<br />

Dustin Smith betreut wurden.<br />

Dieser erläutert den strategischen Hintergrund<br />

des TiT-Projektes, dessen Premiere<br />

im vergangenen Jahr in Neckarsulm<br />

stattfand: „Die weltweite Nachfrage<br />

an Schulungen steigt. Diesem ausdrücklichen<br />

Wunsch unserer Kunden –<br />

immerhin liefert die MSI das Produktspektrum<br />

von <strong>Kolbenschmidt</strong> und <strong>Pierburg</strong><br />

in gut 120 Staaten der Welt – stehen<br />

begrenzte personelle und finanzielle<br />

Ressourcen gegenüber. Um dennoch<br />

unser Know-how an die jeweiligen<br />

Marktpartner weiterzugeben, arbeiten<br />

wir mit so genannten Multiplikatoren zusammen.<br />

Diese werden von uns intensiv<br />

auf unsere Produkte geschult und geben<br />

später ihr Wissen – gewissermaßen<br />

als verlängerter Arm der MSI – an die<br />

Kunden in den einzelnen Ländern bzw.<br />

Regionalmärkten weiter.“<br />

Zum Aufgabenspektrum der Multiplikatoren<br />

gehören denn auch – und zwar<br />

jeweils vor Ort – die Durchführung technischer<br />

Schulungen, die Etablierung eines<br />

technischen Services, der Ausbau<br />

der technischen Hotline, der Verkauf<br />

sowie die Bewertung und das Handling<br />

von Reklamationen. Smith: „Unser Market-Service-Team<br />

betreut, unterstützt<br />

und schult diesen Personenkreis sehr<br />

intensiv – per Telefon ebenso wie per E-<br />

Mail, vor Ort und eben auch durch regelmäßige<br />

Train-the-Trainer-Seminare.“<br />

Über die Resonanz auf die TiT-Schulungspremiere<br />

am MSI-Standort Dormagen<br />

freut sich der 34-jährige Kundendienstleiter<br />

für <strong>Pierburg</strong>-Produkte<br />

ganz besonders. Smith: „<strong>Das</strong> Schulungsprogramm<br />

und dessen Präsentation<br />

erhielten von den Seminarteilnehmern<br />

durchweg sehr gute Noten – was<br />

uns natürlich freut. Ebenso gut kam bei<br />

unseren internationalen Gästen die<br />

Möglichkeit zur Kontaktpflege und zum<br />

Erfahrungsaustausch untereinander<br />

an. Begrüßt wurde darüber hinaus das<br />

neue MSI-Angebot, zukünftig regelmäßige<br />

Schulungen via ‚Virtual Classroom‘<br />

– also online per Internet –<br />

durchzuführen.“ Die erste Schulung<br />

dieser Art für <strong>Pierburg</strong>-Produkte geht in<br />

wenigen Wochen „auf Sendung“.<br />

<strong>Das</strong> Allradfahrzeug Caracal verfügt über ein hohes Niveau an modularem ballistischem<br />

Schutz und Minenschutz. <strong>Das</strong> Fahrzeug bietet Platz für bis zu fünf Personen,<br />

eignet sich für vielfältigste Missionen (z.B. Aufklärung, Führung, Transport und<br />

Patrouille) und ist als Waffenträger in unterschiedlichsten Varianten einsetzbar.<br />

Neues aus dem Hause <strong>Pierburg</strong>: Dr. Ludwig Dammer vor dem modernen Company Information Board am Firmensitz in Neuss.<br />

Weltweit einheitliches Visualisierungskonzept bei der <strong>Pierburg</strong> GmbH<br />

<strong>Das</strong> „Schwarze Brett“<br />

in modernem Gewand<br />

ckr Neuss. In der <strong>Pierburg</strong>-Gruppe wird<br />

seit einigen Monaten eine neue Informationsstrategie<br />

umgesetzt. Dabei handelt<br />

es sich um ein einheitliches, übersichtliches<br />

und optisch ansprechendes<br />

Visualisierungskonzept, zu dessen Bestandteilen<br />

auch das neuartige Company<br />

Information Board (CIB) gehört.<br />

„Dieses moderne Infoinstrument gibt<br />

ab sofort detaillierte Hintergrunderläuterungen<br />

zum jeweiligen Werk“, skizziert<br />

Dr. Ludwig Dammer, Leiter Strategische<br />

Produktionsplanung bei <strong>Pierburg</strong>.<br />

Mehr noch: Mit CIB werde, so<br />

Dammer weiter, firmenweit und deutlich<br />

sichtbar dokumentiert, dass der<br />

Neusser Automobilzulieferer „für hohe<br />

Dynamik, fortschrittliche Technik und<br />

offene Kommunikation“ stehe.<br />

Beim Company Information Board handelt<br />

es sich keineswegs um das altbekannte<br />

und bewährte „Schwarze Brett“<br />

oder die klassische Pinnwand. CIB<br />

kommt in modernem Gewand daher: Eine<br />

1,3 mal zwei Meter große Plexiglaswand<br />

mit glänzend metallenen Seitenhaltern<br />

dient – an jeweils zentraler Stelle<br />

in den einzelnen Werken – als Informati-<br />

af/oho Düsseldorf/Kiel. Rheinmetall<br />

und IVECO-Magirus haben eine Vereinbarung<br />

zur Zusammenarbeit auf dem<br />

Gebiet der geschützten Radfahrzeuge in<br />

der 6- bis 8-Tonnen-Klasse für den deutschen<br />

Markt geschlossen. Die Rheinmetall<br />

Landsysteme GmbH (RLS in Kiel) erhält<br />

die Rechte an dem von IVECO neu<br />

entwickelten Fahrzeug LMV (Light Modular<br />

Vehicle) für den deutschen Markt.<br />

Damit ist die RLS systemverantwortlich<br />

für die Anpassung des Fahrzeugs<br />

auf den Bedarf der Bundeswehr sowie<br />

die Integration verwendungsbezogener<br />

Baugruppen und Waffenstationen.<br />

Die Vereinbarung legt ferner die Grundlage<br />

für eine mögliche Vermarktung<br />

des Fahrzeugs im Ausland auch durch<br />

Rheinmetall. <strong>Das</strong> neue RLS-Fahrzeug<br />

wird unter dem Namen „Caracal“ vertrieben.<br />

Bei der Namensgebung stand<br />

onsträger. Seitliche Taschen, ebenfalls<br />

aus Kunststoff, enthalten Broschüren<br />

zum Mitnehmen. In der Mitte, sozusagen<br />

im Herzen des Infobaords, befinden sich<br />

eine Übersicht und die Statusberichte<br />

des jeweiligen Standortes. Alle elf weltweiten<br />

<strong>Pierburg</strong>-Produktionsstätten werden<br />

ab sofort über diese auf den jeweiligen<br />

Standort zugeschnittene, individuelle<br />

Infoquelle für Kunden, Lieferanten und<br />

Mitarbeiter verfügen.<br />

Mittels CIB kann der Betrachter mit<br />

einem Blick detailliertes Wissen über<br />

wichtige Standortfaktoren erwerben.<br />

Dazu gehören unter anderem die Aspekte<br />

Qualität, Anlageneffizienz (OEE),<br />

Lieferservicegrad, Krankenstand, Housekeeping<br />

und Umweltverträglichkeit.<br />

„So gibt beispielsweise eine Tabelle<br />

zum Thema Lieferservicegrad Aufschluss<br />

über die Lieferperformance<br />

nach Menge und Zeit. Die Grafik zur<br />

Qualität wiederum zeigt den Status der<br />

Lieferanten-, Prozess- und Kundenqualität<br />

der letzten zwölf bzw. sechs Monate<br />

sowie der zurückliegenden vier Wochen<br />

für das gesamte Produktionswerk auf“,<br />

erläutert CIB-Projektleiter Dammer.<br />

die bewegliche und mutige afrikanische<br />

Großkatze Pate, die auch unter<br />

dem Namen Wüstenluchs bekannt ist.<br />

<strong>Das</strong> Fahrzeug wurde bereits in intensiven<br />

Erprobungen auch in außereuropäischen<br />

Einsatzszenarien erfolgreich<br />

qualifiziert und wird in großer Stückzahl<br />

von den Armeen Großbritanniens<br />

und Italiens beschafft. Die Bundeswehr<br />

hat im Rahmen des Vorhabens<br />

„Geschützte Führungs- und Transportfahrzeuge“<br />

entsprechenden Bedarf an<br />

gut geschützten und zugleich hochmobilen<br />

Fahrzeugen angemeldet.<br />

Ein Interessenbekundungsverfahren<br />

läuft seit Anfang März dieses Jahres.<br />

Mit dem Caracal bieten Rheinmetall<br />

und IVECO nunmehr ein Fahrzeug an,<br />

das den vielfältigen Anforderungen gerecht<br />

wird und einen wesentlichen Beitrag<br />

zum Schutz der Soldaten im Ein-<br />

Details zum Thema Arbeitssicherheit<br />

werden ebenso präsentiert wie Informationen<br />

zum Stichwort Umwelt: Hier<br />

können Interessierte zum Beispiel erfahren,<br />

welche umweltpolitischen Ziele<br />

– etwa Umweltbelange und Energiesparmaßnahmen<br />

– Bestandteil des jeweiligen<br />

standortspezifischen Umweltprogramms<br />

sind. Last but not least findet<br />

man an jedem CIB auch „Newsline“,<br />

die englischsprachige Ausgabe<br />

der Rheinmetall-Konzernzeitung „<strong>Das</strong><br />

Profil“. Die Boards selbst sind an prägnanter<br />

Stelle, in der Regel im Eingangsbereich,<br />

zu finden.<br />

Dr. Hans-Joachim Esch, Vorsitzender<br />

der <strong>Pierburg</strong>-Geschäftsführung, hatte<br />

die neue, einheitliche und übersichtliche<br />

Info-Strategie Anfang dieses Jahres<br />

initiiert. Der erste Standort, an dem<br />

das neue Visualisierungskonzept der<br />

<strong>Pierburg</strong>-Gruppe umgesetzt wurde, war<br />

das Werk in Livorno (Italien).<br />

Alle <strong>Pierburg</strong>-Werke rund um den Globus<br />

verfügen mittlerweile über das Company<br />

Information Board. In Deutschland<br />

sind das die Produktionsstätten in<br />

Neuss, Berlin, Hartha und Nettetal. Hinzu<br />

kommen die Standorte in Frankreich<br />

(Thionville), in Spanien (Abadiano), in<br />

Italien (Lanciano und Livorno), in den<br />

USA (Fountain Inn) und in Brasilien (Nova<br />

Odessa). Neu ist das Werk in Ústí<br />

(Tschechien), das vor wenigen Wochen<br />

offiziell eingeweiht wurde.<br />

Kooperation zwischen der Rheinmetall Landsysteme GmbH und IVECO-Magirus<br />

„Caracal“ ist Schutz für Soldaten<br />

satz leisten kann. Gleichzeitig schließt<br />

Rheinmetall seine bislang bestehende<br />

Portfoliolücke bei den Radfahrzeugen<br />

und baut damit seine weltweit anerkannte<br />

Position als kompetentes Systemhaus<br />

und Hersteller hochwertiger<br />

geschützter Radfahrzeuge weiter aus.<br />

Der Caracal ist ein hochmobiles, geländegängiges<br />

Allradfahrzeug. Er verfügt<br />

über ein hohes Niveau an modularem<br />

ballistischem Schutz und Minenschutz.<br />

Er ist mit einem modernen<br />

Dieselmotor der neuesten Generation<br />

ausgestattet und verfügt über eine<br />

leistungsfähige Einzelradaufhängung.<br />

<strong>Das</strong> Fahrzeug bietet Platz für bis zu<br />

fünf Personen, eignet sich für vielfältigste<br />

Missionen (z.B. Aufklärung,<br />

Führung, Transport und Patrouille)<br />

und ist als Waffenträger in unterschiedlichsten<br />

Varianten einsetzbar.<br />

Foto: Danetzki + Weidner<br />

Foto: Ariane Gehlert


Fotos (4): Danetzki + Weidner<br />

<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Menschen im Blickpunkt<br />

Seite 23<br />

Hubertus: Ehedem<br />

ein „wilder Gesell“<br />

Bonn. Früher war die römische Göttin<br />

Diana die Schutzpatronin der Jäger.<br />

Heute hat diese „Funktion“ der<br />

Heilige Hubertus übernommen. Ganz<br />

jung ist dieser Patron allerdings auch<br />

nicht: Denn er wurde um 655 geboren<br />

und starb 727. Wegen angeblicher<br />

Wundertaten wurde Hubertus, der<br />

erst in Lüttich und dann in Maastricht<br />

als Bischof tätig war, bereits 16 Jahre<br />

nach seinem Tod heilig gesprochen.<br />

Bevor Hubertus allerdings ein<br />

Mann mit edlen Tugenden geworden<br />

war, soll er laut der „Hirschlegende“<br />

ein recht wilder Gesell gewesen sein<br />

und sogar an kirchlichen Feiertagen<br />

seiner Jagdleidenschaft gefrönt ha-<br />

<strong>Pierburg</strong>-Mitarbeiter Hans Hubert Broich<br />

mit dem Blaser-Jagdgewehr (Großkaliberbergstutzen<br />

mit zwei Kugelläufen) …<br />

elche Hülsenlängen<br />

sind bei Schrotpatronen<br />

üblich?“ „Was ist ein<br />

Monokular?“ „Welche<br />

Anschlagarten gibt es<br />

beim Büchsenschuss?“ „Wo kommt<br />

Rotlauf beim Wild vor?“ Dies sind nur<br />

einige Beispiele, die im Fragenkatalog<br />

im theoretischen Teil (schriftlich und<br />

mündlich) der Prüfung zur Erlangung<br />

eines Jagdscheins auftreten können.<br />

Denn wer den grünen Rock anziehen<br />

will, und das sind jährlich etwa 11 000<br />

Bundesbürger, muss erst einmal büffeln,<br />

was das Zeug hält. Wildbiologie,<br />

Wildhege, Naturschutz, Jagdbetrieb,<br />

ben. Erst als ihm das Kreuz Christi<br />

zwischen den Geweihstangen eines<br />

Hirschen erschienen ist, hat sich der<br />

Jäger eines besseren besonnen und<br />

gelobte, nie mehr an kirchlichen Feiertagen<br />

zu jagen.<br />

Die Legende, die seit dem 15. Jahrhundert<br />

mit dem Heiligen Hubertus<br />

in Verbindung gebracht wird, soll als<br />

Warnung vor übertriebenen Leidenschaften<br />

verstanden werden. Jedes<br />

Jahr am 3. November ist das Fest des<br />

Heiligen. Ihm zu Ehren werden Gottesdienste<br />

abgehalten und Gesellschaftsjagden<br />

veranstaltet. Übrigens<br />

haben einige Länder - so zum Beispiel<br />

Österreich - einen eigenen<br />

Schutzpatron. <strong>Das</strong> ist in diesem Fall<br />

der Heilige Eustachius, dem immer<br />

am 20. September jeden Jahres gehuldigt<br />

wird. ckr<br />

und 339 940 Jagdscheininhaber<br />

gibt es in der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Mit<br />

79 410 Jägern liegt Nordrhein-Westfalen<br />

an der Spitze,<br />

gefolgt von Niedersachsen mit<br />

58 814 Waidmännern. Rund 90 Prozent<br />

aller Jäger sind Mitglied im Deutschen<br />

Jagdschutzverband (DJV), der<br />

bedeutendsten Organisation der Jäger<br />

hierzulande. Der DJV mit Sitz in<br />

Bonn ist die 1949 gegründete Dachorganisation<br />

aller 16 Landesjagdverbände.<br />

Als anerkannter Naturschutzverband<br />

hat er sich unter anderem<br />

den Schutz und die Erhaltung einer<br />

artgerechten Tierwelt auf die Fahne<br />

geschrieben. Auch die Vertretung der<br />

Jägerschaft auf nationaler und internationaler<br />

Ebene ist eine der Aufgaben<br />

der Organisation.<br />

Eine bedeutende Rolle spielt neben<br />

der Aus- und Weiterbildung der Waidmänner<br />

vor allem die Pflege des<br />

Brauchtums. Dazu gehören nach traditionellem<br />

Verständnis unter anderem<br />

die Jägerlieder, die -sprache mit<br />

rund 3000 Wörtern, das Töten von<br />

verletztem Wild, die Ehrung erlegter<br />

Tiere, HubertusGottesdienste und<br />

das so genannte Tottrinken. Dabei<br />

handelt es sich um den Genuss eines<br />

guten Tropfens, wenn ein Jäger besonderes<br />

Waidmannsheil hatte. Viele<br />

der Bräuche gelten spätestens seit<br />

den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts<br />

als ungeschriebenes Gesetz,<br />

dürfen jedoch nicht unreflektiert<br />

<strong>Pierburg</strong>-Mitarbeiter Hans Hubert Broich ist Waidmann aus Leidenschaft<br />

„Wildschweinjagd ist Adrenalin pur“<br />

Grevenbroich/Neuss. Die Liebe zur<br />

Jagd ist Hans Hubert Broich wahrscheinlich<br />

schon von seinen Eltern unbewusst<br />

in die Wiege gelegt worden. Denn als sie<br />

ihrem Filius den Namen gaben, wussten<br />

sie noch nichts von seiner späteren Passion.<br />

Hubertus ist der Schutzpatron der<br />

Jäger, die im Leben des 54-jährigen Abteilungsleiters<br />

Vertrieb Fabriken Ersatz<br />

VL1 immer schon eine große Rolle gespielt<br />

haben. Bereits als kleiner Junge<br />

hatte Broich viel Zeit auf dem Bauernhof<br />

der Großeltern im linksrheinischen<br />

Münchrath verbracht. Dort half der<br />

Dreikäsehoch die Hühner zu füttern,<br />

Kartoffeln zu ernten und Bohnen zu<br />

pflücken. „Ich war der Natur immer etwas<br />

näher als ein Städter“,<br />

so der ausgeprägte<br />

Landmensch. Doch auch<br />

das Interesse an den unterschiedlichsten<br />

Waffen<br />

war bei Broich schon sehr<br />

früh ausgeprägt. Bereits<br />

im Alter von acht Jahren<br />

bekam der durchsetzungsstarke<br />

Junge, nach<br />

Abstimmung im Familienrat,<br />

das erste Luftgewehr<br />

geschenkt. Und auch als<br />

Treiber machte er schon<br />

im Kindesalter erste Erfahrungen<br />

mit der Jagd.<br />

Im Alter von 27 Jahren<br />

ging für den Münchrather ein großer<br />

Traum in Erfüllung: Er absolvierte die<br />

Jägerprüfung, die in Fachkreisen wegen<br />

ihres hohen Anspruchs auch „das grüne<br />

Abitur“ (siehe Infokasten auf dieser<br />

„Profil“-Seite) genannt wird. Als frischgebackener<br />

Jäger zog es ihn zunächst<br />

voller Tatendrang an die Mosel, wo ein<br />

Freund ein Jagdrevier gepachtet hatte.<br />

Denn auch nach der bestandenen Prüfung<br />

sind die Jäger, laut deutscher Gesetzgebung,<br />

drei Jahre lang nicht jagdpachtfähig<br />

und müssen daher auf Ein-<br />

Wildschadensverhütung, Führung von<br />

Jagdhunden – das sind nur einige der<br />

Wissensgebiete, auf denen der angehende<br />

Waidmann fit sein muss. Auch<br />

Paragraphen wie die der Fleischhygieneverordnung<br />

dürfen für den Schützen<br />

keine „böhmischen Dörfer“ sein.<br />

Denn der Umgang mit dem erlegten<br />

Tier, das oft als Wildbret die Feinschmecker-Tafel<br />

erreichen soll, ist gesetzlich<br />

festgelegt. Auch sind Kenntnisse<br />

im Jagd-, Waffen-, und Bundesartengesetz<br />

dringend erforderlich.<br />

Wissensgrundlagen werden in Kursen<br />

(ein- bis zweimal wöchentlich) gelegt,<br />

die je nach Bundesland zwischen<br />

ladungen Gleichgesinnter hoffen. An<br />

der Mosel haben Broich und sein<br />

Freund dann so manches Abenteuer erlebt,<br />

denn die beiden hatten sich dort<br />

auf die Wildschweinjagd spezialisiert.<br />

„<strong>Das</strong> ist Adrenalin pur“, gesteht der<br />

<strong>Pierburg</strong>-Mitarbeiter.<br />

Denn so richtig brenzlig kann es für<br />

den Jäger werden, wenn es ihm nicht<br />

gelingt, das Tier mit einem gezielten<br />

Schuss zu töten. Ist das Wild nur „angeschweißt“<br />

(angeschossen), so muss er<br />

sich auf die Nachsuche begeben. Und<br />

vor allem bei verwundeten Wildschweinen<br />

kann das sehr gefährlich sein. <strong>Das</strong><br />

Gewaff, die Eckzähne eines Keilers,<br />

sind furchterregend – und das beiliebe<br />

ist kein Jägerlatein. Beim Aufspüren angeschossenen<br />

Wildes ist auch heute<br />

der Einsatz von Hunden notwendig –<br />

bei Hans Hubert Broich macht das „Faty“.<br />

Hierbei handelt es sich um einen<br />

Kopov, eine slowakische Bracke, die ihren<br />

Herrn auf Schritt und Tritt folgt.<br />

Keineswegs handelt es sich bei der<br />

Jagd, so Broich, „um rücksichtsloses<br />

Abknallen“ der Tiere. Anzahl und Art<br />

des Wildes, das zum Abschuss freigegeben<br />

ist, unterliegen strengen Regelungen.<br />

Jäger müssen die festgelegten<br />

sechs und zwölf Monate dauern können.<br />

Diese Vorbereitungslehrgänge<br />

sind in elf Bundesländern Pflicht.<br />

Zu den Ausnahmen zählen Berlin,<br />

Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,<br />

Sachsen und Sachsen-Anhalt. In die-<br />

sen Bundesländern kann sich der Prüfungskandidat<br />

auch ohne vorherigen<br />

Lehrgang, der in der Regel von der zuständigen<br />

Kreisjägerschaft angeboten<br />

wird, zur Prüfung anmelden.<br />

Weil jedoch ohne praktische Erfah-<br />

übernommen werden. Einige sind<br />

mittlerweile sogar verboten.<br />

Traditionell und nach wie vor von großer<br />

Bedeutung sind die Jagdhörner, die<br />

der Verständigung untereinander dienen.<br />

Heutzutage sind fünf verschiedene<br />

in Gebrauch – wie etwa das 130 Zentimeter<br />

lange Fürst-Pleß- oder das Clewingsche-Jagdhorn.<br />

Sie werden für<br />

<strong>Das</strong> Jagdwesen in Deutschland<br />

Schonzeiten einhalten und sich an die<br />

Abschusspläne der Unteren Jagdbehörde<br />

halten. Jedes Frühjahr ist ein Pächter<br />

verpflichtet, eine Bestandsermittlung<br />

der Tiere vorzunehmen. Von Januar bis<br />

April muss er alle Tiere, unter Berücksichtigung<br />

ihres Alters und Geschlechts,<br />

in seinem Revier gezählt haben.<br />

Am einfachsten ist die Erfassung des<br />

Rehwildes. Denn „das ist meist standorttreu“,<br />

so der Waidmann. Nach Abstimmung<br />

mit der zuständigen Unteren<br />

Jagdbehörde wird dann der Abschussplan<br />

erstellt. Bei Missachtung allein<br />

dieser Vorgabe kann der Jäger seinen<br />

Jagdschein verlieren. Die Bestandsermittlung<br />

erfolgt allerdings hauptsächlich<br />

beim Hochwild. Dazu<br />

gehört Rot-, Muffel-,<br />

Schwarz- und Auerwild,<br />

das überwiegend noch in<br />

Bayern anzutreffen ist.<br />

Vor allem bei den Borstentieren,<br />

die oft auch an<br />

der Schweinepest erkranken,<br />

muss einer Überpopulation<br />

Einhalt geboten<br />

werden.<br />

Heute zieht es den Hobby-Jäger,<br />

der in der <strong>Pierburg</strong><br />

GmbH als Abteilungsleiter<br />

für den komplettenFabrikenersatzteiledienst<br />

(Erstausrüstung)<br />

verantwortlich ist, meistens nach Tschechien.<br />

„Vor allem die Gastfreundschaft<br />

der Menschen begeistert mich immer<br />

wieder aufs Neue“, so der 54-jährige<br />

Hobbyjäger. Besonders fasziniert ihn<br />

die Region um Jicin, die wegen ihrer malerischen<br />

Schönheit auch das „Böhmische<br />

Paradies“ genannt wird, und Petrovice<br />

in der Oberlausitz. Broichs größter<br />

Traum ist es, einmal in den Karpaten zu<br />

jagen. „Mich faszinieren die urigen Wälder<br />

und die absolute Einsamkeit“, gesteht<br />

der Naturfreund. Claudia Krahn<br />

rungen kein wirkliches Lernen möglich<br />

ist, muss der Anwärter an den Wochenenden<br />

auf dem Schießstand trainieren<br />

und im Revier unter anderem<br />

das Fährtenlesen lernen. So verrät die<br />

Tiefe eines Abdrucks Gewicht und Al-<br />

Büffeln für das „grüne Abitur“<br />

ter eines Tieres. Der Schütze lernt aus<br />

solchen Beobachtungen, Rückschlüsse<br />

über die Bestandsdichte und Zusammensetzung<br />

der Wildarten im Revier<br />

zu ziehen. Außerdem müssen die<br />

Jagdschein-Aspiranten lernen, wie<br />

Leitsignale wie etwa „Aufbruch zur<br />

Jagd“, allgemeine Botschaften (z. B.<br />

„Jagd vorbei“) und Wild- oder Totsignale<br />

(etwa „Fuchs tot“) eingesetzt. „Halali“<br />

ertönt immer als freudiger Abschluss<br />

und kann auch als Zeichen zur<br />

Fortsetzung der Jagd in den nächsten<br />

Tagen verstanden werden. ckr<br />

… und mit dem so genannten Pirschstock,<br />

der zwecks sicherer Schußabgabe<br />

auch als Zielstock eingesetzt wird.<br />

man Ackerrandstreifen, Hecken und<br />

Wildäcker anlegt, um auch den nichtjagbaren<br />

Tierarten neuen Lebensraum<br />

zu schaffen.<br />

Um die Treffsicherheit der angehenden<br />

Jäger zu kontrollieren, gibt es die<br />

Schießprüfung. Dabei muss der sichere<br />

Umgang mit der Jagdwaffe unter Beweis<br />

gestellt werden. Mindestens 16<br />

Jahre alt müssen die zukünftigen<br />

Waidmänner sein. Allerdings erhalten<br />

sie dann erst bis zur Vollendung des<br />

18. Lebensjahres den Jugendjagdschein.<br />

Dieser gestattet die Jagd nur<br />

in Begleitung einer fachkundigen Aufsichtsperson.<br />

ckr<br />

Composing: frei-stil


Eine Partnerschaft, die verbindet<br />

Rheinmetall DeTec zählt zu den größten und bedeutendsten Partnern der Bundeswehr.<br />

Fünfzig Jahre vertrauensvolle Zusammenarbeit, langjährige Erfahrung, innovative<br />

Stärken und vielfältige Kompetenzen auf dem Gebiet der Heerestechnik zeichnen<br />

Rheinmetall DeTec als einen kompetenten Partner aus. Rheinmetall DeTec unterstützt<br />

heute und in Zukunft den Transformationsprozess der Bundeswehr – von der Landesverteidigung<br />

hin zu einer Armee im Einsatz – durch innovative Lösungen bei der<br />

Ausrüstung und zum Schutz der Soldaten.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter: www.rheinmetall-detec.com<br />

Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong><br />

Rheinmetall Allee 1<br />

40476 Düsseldorf<br />

Telefon 0211 473-01<br />

Telefax 0211 473-4746<br />

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